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IM -ast» stellt, Gegner de« Bimetallitmu» wären. Der Berfaster ist sogar überzeugt. daß der Weltverkehr nicht früher wieder in geregt lte Bahnen einlenken wird, al« dr« in der aanzen Welt die freie Silberprägung wieder her- gestellt »ft. Die Meinungen in den Bereinigten Staaten gehen nur auseinander hinsichtlich der Wege die zum vimetalli«mu» einzuschlaaen sind. Die einen glauben, die freie Prägung in den Vereinigten Staaten werde schon zum Ziele führen, während andere lediglich von einer internationalen Vereinbarung etwa« erhoffen. Die Ein führung einer Welt Goldwährung, welcke jetzt geplant zu werden scheint, ist ein sehr ernste« Problem. Der gesamte Münzumlaus der Welt wird auf rund 7000 Mill. Doll, geschätzt Hiervon besteht die Hälfte au« Silber. Wenn nun Silber allgemein demonetisiert wird, so würde sich der Weltverkehr der Frage gegenüber befinden, ob der Umsatz mit der Hälfte der vorhandenen UmlausSmittel bewältigt werden könnte. Würde e« er wiesen, daß dieser Betrag genügte, den Weltverkehr zu tragen, dann wär« die allgemeine Demonetisierung de« Silber« eine gesunde Maßregel ; genügt dieser Betrag aber nicht, so würde eine Geldteuerung entstehen, welche den Kredit stören und allen Unternehmungsgeist fesseln würde, so daß man da» Silber wieder in seine alten Rechte ein setzen müßte. Kein Land, welches sich der Vorteile einer einfachen Währung erfreut, wird anderen Ländern zu Liebe die Doppelwährung annehmen, darum wird e« auch England nicht thun, solange e« noch Doppelwährung«- oder Srlder- länder aiebt. Wa« England aber thun würde, wenn eine universelle Demonetisierung de« Silber« einträte, da« weiß niemand zu sagen. Sollte aber die einfache Goldwährung Weltwährung werden, fo würden die Vereinigten Staatm eine stärkere Stellung einnehmen al« jede« andere Land. Sie produzieren nicht LuxuS', sondern Bedarfsartikel, in der Hauptsache Lebensmittel, und welches Metall auch da« Hauptwährungsmetall der Welt ist, so muß ein großer Teil derselben nach den Bereinigten Staaten fließen. Die Aufhebung der Parität zwischen Silber und Gold durch die Demonetisierung des ersteren, mag eine einschneidende und kurzsichtige Maßregel gewesen sein, aber ein einzelner Staat kann dagegen nicht« Wirksame» unternehmen. Silber wird wieder Münzmetall werden, wenn der Ver kehr e» erfordert und erst wenn alle handeltreibenden Völker die Folgen einer allgemeinen Demonetisierung er fahren haben werden, dann wird die gebieterische Notwendig keit gegeben sein zu einer allgemeinen und endgiltigen Lösung der Währungsfrage zu schreiten. Lagesgclchichte. Dresden, 14. Juli. Se. Majestät der König kamen heute Vormittag von Pillnitz ins Residenzschloß Dresden, nahmen die Vorträge der Herren StaatS- minister entgegen und erteilten mehrere Audienzen. Ihre Majestät die Königin begaben Allerhöchstsich von Pillnitz nach Deuben, um das dortige „Krönert stift" zu besichtigen und trafen mittags gleichfalls im Residenzschloß ein. Nachmittags kehrten Ihre König!. Majestäten nach Pillnitz zurück. Dresden, 14. Juli. Der Kaiser.ich Russische Ministerresident Baron v. Mengden hat einen mehr wöchentlichen Urlaub angetreten. Während seiner Ab wesenheit ist der Kaiserlich Russische Legationssekretär v. Baumgarten mit der Führung der gesandtschaft- lichen Gesä äfte betraut. * Berlin, 14. Juli. Se. Majestät der Kaiser stiegen gestern morgen um H6 Uhr zu Pferde und begaben Sich vom Neuen Palais nach Berlin. Hier arbeiteten Se. Majestät von 9 Uhr ad mit dem Chef des Militärkabiuetts, empfingen um 10 Uhr den bayerischen Kriegsminister, Generallieutenant Frei herrn v. Asch und nahmen im Anschluß hieran einige militärische Meldungen entgegen. — Der Bundesrat erteilte in der am Dienstag, den 11. d. Mts, unter dem Vorsitze des Vizepräsi denten des Staatsministeriums, Staatssekretärs des Innern vr. v. Boetticher abgehaltenen Plenarsitzung dem Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Feststellung eines zweiten Nachtrags zum ReichShauShaltselat für 1893/94, und dem Entwürfe eines Gesetzes, betreffend die Aufnahme einer Anleihe für Zwecke der Verwal tung des Reichsheeres, die Zustimmung. Der Gesetz entwurf für Elsaß-Lothringen wegen Erhöhung der Weinsteuer für Feigen-, Johannisbrot- und Tama rindenwein wurde den Ausschüssen für Zoll- und Steuerwesen und für Elsaß Lothringen überwiesen. Mit der bereits erfolgten Überweisung des Antrags Badens, betreffend Maßnahmen zur Abhilfe des Futtermangels für den Betrieb landwirtschaftlicher Brennereien, an die Ausschüsse für Zoll- und Steuer- wesen und für Handel und Verkehr erklärte sich die Versammlung einverstanden. Endlich wurde über zwei Eingaben in Zollangelegenheitrn Beschluß gefaßt. — Der Bundesrat dielt gestern wieder eine Plenarsitzung. Vorher berieten die vereinigten Ausschüße für Zoll- und Steuerwesen und für Justizwesen, sowie die ver einigten Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesev, für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen — Der Reichskanzler Graf v. Eaprivi begab sich, wie die „Nordd. Allg. Ztg." berichtet, ungeachtet der Schmerzen, die er beim Gehen infolge seines Venen- leidenS empfindet, gestern mittag gegen 1 Uhr in den Reichstag. Nach Beendigung der Reichstagsverhand lungen gedenkt der Kanzler auf kurze Zeit zur Erholung in den Harz zu gehen. Zu den Kaisermanövern hofft er die Anstrengungen der letzten Zeit wieder über wunden zu haben. Für später dürfte noch, wenn der Rat der Ärzte befolgt wird, eine Kur in Karlsbad in Frage kommen. — Der Reichstag hat die auf seine patriotische Einsicht und Bereitwilligkeit gesetzten Erwartungen erfüllt, indem er in seiner gestrigen Sitzung tz 1 der Militärvorlage in zweiter Lesung annahm und damit seinen prinzipiellen Standpunkt zu der Frage der HeereSverstärkung endgiltig festgelegt hat. Die Militärvorlage ist nach der heutigen Abstimmung al- gesichert zu betrachten. Zwar beträgt die Mehrheit zu Gunsten der Regierung nur elf Stimmen, aber sie genügt ihren Zwecken und den Wünschen der Nation, und darauf allein kommt eS an. Es ist ja im übrigen — so führen die „B. P. N." aus — auch eine alte ErfahrungSthatsache, daß es nicht gerade die schlechtesten Gesetze sind, welche mit relativ geringen Mehrheiten zur Annahme gelangen. Der jetzige Reichstag war ausdrücklich unter dem Zeichen der Militärvorlage gewählt worden, die überwiegende Mehrheit der einsichtigeren Elemente unseres Volkes hat während der Wahlbewegung an ihrem ernsten Willen, dem Vaterlande alles zu seiner militärischen Sicherung Notwendige zu gewähren, keinen Zweifel gelassen; indem nun das heutige, mit 11 Stimmen Mehrheit erzielte Votum die logische Schlußfolgerung des Wahlergebnisses zog, dokumentierte sie neben ihrer eigenen patriotischen Einsicht auch, daß sie sich ihrer Pflicht, mit dem Wollen und Empfinden der Nation enge Fühlung zu halten, wohl bewußt ist. Die That- sache, daß sich im Reichstage eine Mehrheit zu Gunsten der Militärvorlage ausgesprochen hat, eröffnet im übrigen aber auch den Ausblick auf ein weiteres positives Wirken Hand in Hand mit der Regierung und ihrer Politik. Mit dieser Thatsache wird man rechnen müssen im Jnlande sowohl als im Auslande. WaS das Inland betrifft, so wird der Denkzettel, den die Richtersche Oppositionstaktik bei den ReichStagSneu- wahlen erhalten hat, um so intensiver nachwirken, je länger und offenkundiger sich die absolute Un fruchtbarkeit der Grundsätze des Führers der frei sinnigen Volkspariei erweist, und was die Opposition des ZentrumSführers Lieber anlangt, so mehren sich die Anzeichen dafür, daß in immer weiteren Kreisen der katholischen Bevölkerung sich die Er kenntnis Bahn bricht, wohin das Zentrum durch die demokratischen Tendenzen des vr. Lieber geraten ist. Das Ausland aber, welches durch seine Beziehungen zur Sozialdemokratie einen Haupttrumpf in dem Spiele des deutschen Parlamentarismus erlangt zu haben wähnte, mag jetzt siine Hoffnungen auf ein Minimum einschränken. So hat nach aller Richtung hin das gestrige Votum des Reichstages klärend und befreiend gewirkt. — Für Rinteln ist die Kandidatur Äilbrandt- Pisede zurückgezogen, dagegen ist sie für Alsfeld aufgestellt worden; in Rinteln wollen die Anhänger der frei sinnigen Vereinigung sofort für den nationalliberalen Kandidaten, !>r. Endemann, stimmen — Wie die „Germania" mitteilt, wäre die Ant wort des Grafen Hompesch auf das in der gestrigen Nummer des „Dresdn. Journ." erwähnte Schreiben des Hrn. v. Schalscha inzwischen abgegangen — Der von Hrn. v. Plötz, dem Vorsitzenden des Bundes der Landwirte, im Reichstag begründeten „wirtschaftlichen Vereinigung" sind, obgleich das Programm sich nicht auf die Vertretung agrarischer Interessen beschränkt, sondern auf die aller wirtschaft lichen Bedürfnisse erweitert worden ist, nur etwa 100 Mitglieder beigetreten. Damit ist, wie die „Nat. Ztg." schreibt, der Versuch, von dieser Vex- einigung aus die wirtschaftlichen Verhandlungen des Reichstags zu beherrschen, als gescheitert anzusehen. Hrn. v. Plötz schwebte das Beispiel einer derartigen Vereinigung vor, welche 1879 den damaligen handels politischen Umschwung durch die Thatsache ihrer Bildung und durch ihren Einfluß auf die Fraktionen wesentlich mit herbeisühren half. Aber dies war ihr damals gelungen, weil sie über 200 Mitglieder, somit die Mehrheit deS Reichstag«, umfaßte. Eine der artige Bereinigung von nur 100 Mitgliedern bedeutet praktisch nichts; sie kann Anträge und Vorlagen vor beraten, wie ihr Statut die« in Aussicht nimmt, aber sie kann keinen anderen Einfluß auSüben, al« den, welchen ihre Mitglieder ohnehin in den betreffenden Fraktionen besitzen Win», l3. Juli Der BerwaltungSgerichtS- Hof hat die Beschwerde deS Prager Stadtverordneten- kollegium» gegen die Entscheidung der Statthalterri, nach welcher die Einsühruug der böhmischen Sprache als Amts- und Geschäftssprache de« Magistrat« nicht zuzulassen sei, abgewiesen. — Gegenüber den Mel- düngen englischer Blätter von einem bevorstehenden Besuche de« Shedive in Wien, Berlin, Paris und London erfährt die „Politische Correspondenz" au« Konstantinopel, der Plan dieser Besuche sei für diese» Jahr definitiv aufgegebeu. — Wie die „Reue Freie Presse" au« St. Petersburg meldet, haben die handelspolitischen Verhandlungen zwischen Oesterreich-Ungarn und Rußland bereit« ihren Anfang genommen. Die Kaiser!, und Künigl Re gierung habe sich entschieden, Rußland die Meist begünstigung zu gewähren, wenn die russische Regierung den österrreichischen Produkten die Vorteile einräumt, welche Frankreich durch den gestern in» Leben ge tretenen Handelsvertrag erlangt hat. Der Vertreter der Kaiser! und König!. Regierung habe die betreffende Note, worin das Angebot Österreich-Ungarns enthalten ist, bereits dem russischen Ministerium überreicht. Man glaubt in St. Petersburg, daß Rußland auf die Vorschläge eingehen und daß eine Verständigung auf handelspolitischem Gebiete erzielt werden dürfte. Die Schwierigkeiten, welche sich hier bieten, werden als nicht sehr groß geschildert, und man erwartet, daß der Vertrag zwischen Oesterreich und Rußland in nicht ferner Zeit, vielleicht noch im heurigen Sommer oder Herbste, zu stände kommen wird. — Wie verlautet, soll die hiesige Regierung in den nächsten Tagen für Stroh, Heu und einige andere landwirtschaftliche Nebenprodukte ein Ausfuhrverbot beabsichtigen. Auf Getreide würde sich dieses Verbot nicht erstrecken. Diesem Gegenstände widmet das „Fremdenblatt" eine eingehende Besprechung. Eine derartige Maßregel sei nur daun zulässig un") be- greisl'ch. wenn sie unvermeidlich und unabwei-lich lei. Das Futteraussuhrverbot Österreich Ungarn» werde nur deshalb er wogen, weil Gründe der Selbfterhaltung dazu zwingen Halb Europa ISmpste seil Wochen einen erbitterten Kampf mit der Futternot. Die westeuropäischen Staaten haben ihren Mangel au Futter durch AnkSuse in Österreich Ungarn zu ersetzen ge- lucht. Dadurch werde Österreich Ungarn selbst von der Futter not bedroht, wodurch der Preis det eivheimsichen BiehS so lies herabstnke, wie man eS noch vor wenigen Monaten nicht für möglich gehalten habe. So stellte es sich denn als unvermeidlich her aus, dem stürmischen Andrängen deS Auslandes gegenüber fest zu bleiben und sür die Erhaltung der eigenen Stellung Sorge zu tragen Nicht bloß die Gegenwart, auch die nahe Zukunst begründe die Perhängung dieier Ausluhrsperre. Auch Rück sichten aus den ungeschmälerten Fortbestand der Schlagfertigkeit de» österreichischen Heeres können sür diese Maßregel geltend gemacht werven DaZ fortdauernde Hinanjschneüen der Futter preise müßte in jedem Falle au» aus das österreichische HerreS- dudget schädlich einwirken, und Pflicht und Ausgabe der vor- aussehendeu Staatspolitik ist eS sicherlich, auch in dieser Be ziehung die nötigen Schutzmanern auszurichten. Paris, 12. Juli. Die Ernennung Lvpi- neS zum Pvlizeipräfekten wird von der Presse ziemlich ungünstig ausgenommen. So heißt eS im „Figaro": „Diese Ernennung ist unter den gegenwärtigen Umständen schwer erklärlich ES kann nicht für guce Politik gelten, in dem Augenblicke, in welchem die Gemüter noch von den letzten Straßenereignifsen überreizt find, die rndgiltige Beschwichtigung der Hauptstadt einem Manne anzuvertraurn, der in etwas zu ausgesprochenem Ruse der „Euirgie' steht. Die Pariser wollen aus eine gewisse Art be handelt sein die Energie selber mißsällt ihnen nicht, wenn sie von Brutalität frei ist; aber eS ist zu befürchlen, daß Hr. Lö- pine nicht die erforderliche Klugheit, Erfahrenheit und Leichtig keit besitze Und dann fehlt eS ihm an Ansehen. Er ist kein Pariser und wird es niemals sein Sein hochfahrendes Be nehmen hat ihn bei dem ganzen Personal der Polizeipräfektur sehr unbeliebt gemacht." Die radikalen Blätter, deren Partei Dupuy mit der Entlastung Loz^S gefällig sein wollte, zeigen dem Nachfolger desselben ein noch unfreundlicheres Gesicht. „Dupuy," sagt die Sobletsche „Petite Röpublique", hat un»> von Loz« befrei», aber er Hai denfelben durch seinen Bruder Lupine ei setzt Dieser Lupine ist der nämliche, auf besten unverschämte Haltung und drohende Sprache den Sozialisten gegenüber wir jüngst auf merksam machten. Mau kennt seine glänzenden Leistungen; wie man weiß, zeigte er sich ehedem al» Generalsekretär der Po'izeipräsektur so brutal an der Spitze der Agenten und so grob auf der Tribüne de» Gemeinderats, daß er in aller Eile unter de» Hohngeschrei der Pariser Vertreter diese Präfektur verlosten mußte, in welche er heute al» Herr und Meister zurück- kehrt." Der Maujaniche „Germinal" meint: „Unter Lo,ä massakrierte man von Zeit zu Zeit, unter Läpme wird da» Gemetzel gewohnhett«mäßig werden " Paris, 13. Juli. Die Budgetkommisfion be willigte einen Kredit von 7 Millionen für Dahomey. Der Marineminister Rieuvier erklärte, e» würde möglich fein, den Effektivbestand der europäischen Truppen in Dahomey nach der definitiven Pacifizierung des Lanke» bktiächtllch herabzufetzev..— Alle B älter weisen daraus hm, daß da» Kabinett Ribot am 30 März fiel, weil e» die Lo-lösuvg der Getränke steuer vom Staatshaushalt verlangt hatte, und geißeln in den härtesten Ausdrücken die Unbeständigkeit der Kammer, die sich fortwährend in den größten Wider sprüchen bewege So auch iu der Frage der Be gnadigung der verurteilten Aufrührer. Nachdem die Kammer mit großer Mehrheit PourqueryS Begna- digungSanttag abaelehnt hatte, beschloß der Gesuch ausschuß, dar Begnadigungsgesuch der Studenten- vereiniguvg zu befürworteu. Der Ausschußberichterstatter Faure begab sich in der Sache zu Dupuy, der sofort erklärte, er werde selbstverständlich alle Verurteilten, die nicht schon früher wegen gemeiner Verbrechen ver urteilt waren, begnadigen lasten. — Auf dem gestern eröffneten ArbeitSbörsenkongreß sind 484 Beruf»- genoffenschaften mit angeblich 300000 Mitgliedern vertreten Der Kongreß erhob Einspruch gegen die Schließung der ArbeitSbörse. In den folgenden Sitzungen wird über den allgemeinen Ausstand und die Errichtung einer unabhängigen ArbeitSbörse beraten. London, 13. Juli. Se. Königl. Hoheit der Groß- Herzog und die Großherzogin von Mecklenburg- Strelitz sind heute früh nach Brüssel abgereist. — Die Schwierigkeiten, Klausel 9 derHomerule- Bill unter Dach und Fach zu bringen, häufen sich für Gladstone, je mehr die Beratung ihrem Ende zu neigt. Heute abend 10 Uhr müssen nach der für die geschäftliche Behandlung der Vorlage maßgebenden Resolution Gladstone die Debatten, wenn sie uicht zu Ende gesührt sind, abgebrochen werden und die Ab stimmung erfolgen. Wenn Gladstone gehofft hatte, durch Einräumung voller Gleichberechtigung an die irischen Reichsparlamentsmitglieder bei Herabsetzung ihrer Zahl von 103 auf 80 gleichsam den Mittelweg zu finden zwischen der ursprünglichen Regierungs vorlage, die den Nationalisten und Radikalen nicht weit genug geht, und dem am Montag mit einer Mehrheit von nur 14 Stimmen verworfenen Antrag Redmond, der den Iren ihre jetzige volle Stärke von 103 Mandaten im Reichsparlament ohne jede Ein schränkung ihrer Stimmenberechtigung erhalten wissen will und daher der Mehrzahl der Liberalen unan nehmbar erschien, so hat er sich in seiner Berechnung getäuscht. Gladstone wird zwar schließlich seinen Anttag zur Annahme bringen, aber e- dürfte dies doch nur mit so geringer Stimmenmehrheit möglich sein, daß eine ungünstige Einwirkung auf die Stimmung im Lande kaum ausbleiben wird. Der ungünstige Eindruck auf die breiten Massen muß verstärkt werden, wenn der ganze Rest der Vorlage, die Klauseln 10 bis 26, ohne jede Beratung zur Abstimmung gestellt wird. Über die Stimmung im Unterhause giebt nachstehender Bericht der „Voss. Ztg." Auskunft: Der gestrige Antrag Gladstones wird heute abend vielleicht zu einer für die Regierung kritischen Stimmung führen. Die Glad- stoneaner Rathbone und Wallace erhoben bereits gestern gegen den Vorschlag der Regierung Einspruch, und man glaubt, daß sich andere Liberale dem Proteste anschließen und gegen den Anttag stimmen werden. Die radikale Fraktion fürchtet das Aufgeben des ursprüng lichen Planes; den irischen Abgeordneten im Reichs parlament nur Sitz und Stimme bei Beratung über Reichsangelegenheiten zu geben, werde sich als ver hängnisvoll für die liberale Partei bei den nächsten Wahlen erweisen. Die irischen Nationalisten, die Parnelliten mit inbegriffen, werden einstimmig für den Antrag stimmen, ebenso, wie „Daily News" erfährt, zwei konservative und zwei liberale Unionisten. Schlimmsten falls dürfte die ministerielle Mehrheit nicht unter fünfzehn herabgehen. — In der heutigen Sitzung des Unter hauses erklärte der Parlamentssekretär deS Auswärtigen Grey, die Regierung habe keine Information hinsicht lich einer angeblichen Expeditton deS russischen Haupt manns Dannoff nach den Pamirs. Von der russischen Regierung sei versichert worden, daß während der Unterhandlungen keine Expeditton nach den Pamir» stattfinden solle. Was die Gerüchte über Truppen bewegungen betreffe, so sei nicht- weiter als der Ersatz nach dem Murghab für jene Truppen gesandt, welche dort überwinterten Die britische Regierung habe nicht die Absicht, eine Expedition »» entsenden. — Aus eine Er trat dicht vor Smeve hin und sah ihm fest in die Augen: „Du kannst ihr sagen, daß ich morgen abend zu Hause sein werde. Vor Einbruch der Dunkelheit wird sie schwerlich mein Haus betreten wollen, schon der üblen Nachrede halber, die daraus entstehen könnte. Und nachher? Pah, wir beide werden uns wohl nichts daraus machen Du kannst sie hier her begleiten, Johann, und auch wieder heimbringen. Denn für ein Frauenzimmer allein ist ein Ausgang bei Nacht immerhin ein Wagstück. Aber Du hältst reinen Mund, sonst sind wir geschiedene Leute." Johann Smede eilte spornstreichs zu Magdalena und teilte ihr den günstigen Erfolg seiner Sendung mit. Sie belohnte ihn reichlicher, als er gehofft hatte. Nachdem der Schreiber sie verlassen hatte, überflog ein triumphierendes Lächeln ihre Lippen. Der erste Schritt ist geschehen, dachte sie, an mir selbst liegt eS, daraus den Nutzen zu ziehen, auf den ich rechne. Lange Zeit noch überlegte sie, wie sie es am zweckmäßigsten anfangen könnte, den Mann in ihre Netze zu locken und ihren Plänen dienstbar zu machen, der allein vielleicht im stände war, sie und zahllose andere an den hochmütigen Geschlechtern zu rächen. In ihrer Kurzsichtigkeit erwog sie nickt die Folgen ihres Beginnens. Ünd doch, hätte sie dieselben vor- auSsehen können, sie wäre wahrscheinlich selbst dann nicht vor denselben zurückgeschreckt. In der Nacht hatte sie einen seltsamen Traum. Ihr Vater stand vor ihr und wies mit tteftraurigrr Miene aus einen blutroten Streifen Pergament hin, den er in der Hand hielt. Er warf denselben zu Boden, da schlugen Flammen empor, deren Hitze sie beinahe zu ersticken drohte und die ihn verzehrten, so daß nichts als ein Haufen Afche übrig blieb. Als sie mit einem Angstschrei erwachte, war alles ruhig in ihrem Stübchen, an dessen Wänden ein Strahl deS MondeS hinzitterte. 5. « Mit Ungeduld erwartete Magdalena das Schüben des nächsten Tages. Als die Sonne zur Rüste ging, öffnete sie die große Truhe, die ihre Kleidung in sich barg und entnahm daraus das beste Gewand. Das selbe war aus scharlachrotem flandrischem Tuch gefer tigt und nach oben sowie an den offenen Ärmeln mit goldenen Zierraten benäht, eine Erinnerung an den früheren Reichtum und Glanz ihres Hause». Sie legte feit Jahren zum ersten Male wieder dirse» prächtige Kleid an. Als sie dasselbe mit dem dazu gehörigen silbernen, reichvergoldeten Gürtel zusammen- grschnürt hatte, hob sich stolz ihre Gestalt und ein Ausdruck der Befriedigung umspielte ihre Lippen. Sie wußte, daß sie noch im stände war, Männern zu ge fallen. Der mit feinem Tuch bekleidete und mit Perlen besetzte Kopfaufsatz, von dessen Spitze ein Schleier herabwallte, vollendete den Anzug. Endlich wurde es dunkel und Johann Smede klopfte an die Thür. Magdalena pochte das Herz etwa» stärker, doch nur einen Augenblick, dann hatte sie ihre Selbstbeherrschung wiedergewonnen. Sie griff langsam nach dem weiten, mit Pelz besetzten Mantel, legte denselben um ihre Schultern und trat zu dem Schreiber hinan». Wortlo» gingen die beiden durch die dunklen Straßen, kaum beachtet von den wenigen Menschen, die sich auf der Heimkehr verspätet hatten und sich in der Finsternis scheu an ihnen vorbei- drückten. Johann Smede ließ dreimal vorsichtig, damit eS nicht zu laut schallte, den metallenen Klöppel an der schweren Eichenthür deS Hauses PaternostermakerS anschlagen. Die Thür öffnete sich geräuschlos und wurde gleich wieder mit dem Riegel verschlossen, nach dem die beiden nächtlichen Besucher auf den dunsten Flur getreten waren. Sie hörten Paternostermakers Stimme: „verzieht einen Augenblick, ich werde Licht holen." Als er mit dem Lichte in der Hand erschien, er staunte er über den Anblick Magdalenens. So schön hatte er sie sich nicht gedacht. „Ich möchte allein mit Euch sprechen," sagte das Mädchen „Der Schreiber kann hier warten, um Euch später nach Hause zu geleiten," erwiderte der Hausherr. Wenige Minuten später stand er Magdalena in seinem Schreibgemach gegenüber und erwartete ihre Anrede. Sie holte tief Atem und hob an: „Heinrich Pater nostermaker! Ich habe viel von Euch gehört und seit langer Zeit schon war eS mein Wunsch, Euch einmal persönlich gegenüber »u stehen. Ihr kennt mich dem Namen nach und wlßt auch meine Schicksale. Ich habe Ursache anzunehmen, daß wir beide demselben Ziele zustreben, da» heißt auf anderem Wege. Denn einem Weibe sind enge Schranken gezogen, über die sich der Mann hinwegsetzen darf." (S»r«s fol^.) K»uzert. Die Kapelle de» l. Badischen Leib- Grenad-Regt. Rr 109 au» Karlsruhe unter Leitung de» Hrn. Musttdlrekror Ad. rvoenge har m ihrem gestrigen ersten historischen Konzert, dem ein vielhunder köpfiges Publikum auf dem Bergkeller beiwohnte, den ihr vorausgehenden trefflichen Ruf durch höchst interessante und künstlerisch wertvolle Leistungen glänzend bestätigt. Diese» Militärorcheper setzt sich aus überraschend guten Kräften zusammen, ist bewundernswert diszipliniert und wird von einem ausgezeichneten Musiker geführt. Auch tüchtige So listen scheinen sich in demselben zu befinden; ein Oboebläser zeigte gestern im Vortrag der Sonate von Fantini ein: hervorragende künstlerisch fertige Be handlung seines Instruments. In der Musik und in dlN für die Ausführung vei wendeten Instrumenten, hauptsächlich auf frühere Jahrhunderte zurückgehend, bietet uns die Kapelle unzemein fesselnde Rückblicke in die Musikbildung der Vergangenheit, wie sie sich namentlich militärischen und Hofzwecken dienstbar machte. Besonders anziehend waren die auf rinem Orgelpunkt marschierende Musik der Landsknechte und die historische Jagdmusik, letztere in melodischer und rythmrscher Haltung sowie in der Klangfarbe der Dampierre - Hörner ganz modern wie ein Borhall Weberfcher Freischütz-Musik berührend. Doch find auch neuere Tonstücke vom Programm nicht au«- geschlossen und gerade in der Produktion einiger Scenen au- WaanerS „Götterdämmerung" entfaltete da» Orchester gestern bei schärfster Präzision eine außerordentliche Klarheit und Noblesse in allen Klongeffekten. Wir kommen nach dem heutigen Kon zert, dessen Besuch wir unseren Lesern dringend em- pfrhlen, de- näheren auf die eigenartigen Darbietungen der Kapelle zu sprechen.