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^7 Dienstag, den 10. Januar, abends. 1893 ILr l)r»»ct«o vi«rt«l)2vrlick 2 tl»r^ b» kk, t>« «>„ -»ii«rl. äeutieken l'o» t»a,t»I t« » v>ert«t- S Slarli; »u«>t rk»Il» de» ,teut»cl»a IteicU»« tritt ko»t- uad Ltewpelmickla^ üiL»». Liarel»« tiuwmera: »0?s. XallNaSIxuoxsxvbUIirenr >»r de» kaum einer xv»p»Iteoko Teil« Iilei»«» >»t>ritr SO kk. Unter „^wgesLuUt" Ui« Teils KO t^k. 8»» 'Uvelten - und Titkern»»tr entepr. Xuk»cdl»^. kreeketnen: IR^tret» mit Auinntnu« der 8oon- u k'eiert^e »kend». ksrniprecU-^riscliluis: Ur. I2SL. DresdnerMiMNl. Für di« Gesamtleitung verantwortlich: L)ofrat Gtto ^anck, Professor der titteratur- und Kunstgeschichte. Lnoadmv ran ^vtiünUxniixeu au8«2rt»r l-oiprix: />. 7<rund»t<ttrr, ldownii-iion^r de» Ore-duer dournnl»; Lemdorx »«rlm Vl»n I.»>p»i, »»„l vr«,l»a er«»ttert ». N.: //«arrnÄr,» 1'oAtrr,' LorUo-Visa - k!»mkurz- Nr»^ r.»ipk>z-kr»llkti»t ». X. Mui» cd,»: /kud. k»r>» London L«riln ?r»»>lkurt ,H. Sr«uz»rt: Dunü« «L L'o.,- N»rlin: /nt»i>dendanz, Lr«,l»u: L,n,l Xalxrt^,' N»noov»r: L'. ^'c^i«L«irr, S»U« » S.: L«rc^ <t L'e. llorauexeverr Lvoixl. Lrpedition de» Dresdner donrnnl». Drsiden, Tvio^eretr. 20. k«ln,prsctr-Lo»ckIu„: lkr. 12SS. Amtlicher Teil. Dresden, 10. Januar. Se. Hoheit der Herzog von Sachsen-Altenburg iit heute vormittag nach Altenburg abgereist. Dresden, 5. Januar. Se. Majestät der König haben dem Ministerialdirektor im Ministerium des CultuS und öffentlichen Unterrichts Geheimen Rath vr. jur. Friedrich Ernst Petzoldt in Dresden das Eomthurkreuz 1. Klasse deS Verdienstordens zu ver leihen Allergnädigst geruht. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Stadtrath a. D. Kunze zu Dresden das Ritter kreuz 1. Classe vom Verdienstorden zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Bürgermeister Reppchen in Dohna das Verdienstkreuz zu verleihen. DrrSkrn, 5. Januar. Se. Majestät der König haben dem Oberlehrer Ernst Ludwig Selbmann in Kirchberg daSVerdienstkrruz Allergnädigst zu verleihen geruht. Nichtamtlicher Teil. Letegrapkische und telephonische Mchrichten. Sigmaringen, 10. Januar. (Tel. d. Dresdn- Journ.) Gestern abend fand hier rin großes Diner und nachher Hofkonzert statt. Halle S. Januar. (D. B. Hd.) Heute vor mittag wurde in Gegenwart der Spitzen der Reichs und Staatsbehörden, der städtischen Kollegien und zahlreicher geladener Personen der neue, zwei Millionen kostende städtische Tchlacht- und Lirhhof mit einer Ansprache deS Oberbürger meisters Staude eröffnet. Bochum, 10. Januar. (Tel. d DreSdn. Jour,'.) Auf den nächstgelegenen Zechen sind dir Bürg schaften zur heutigen Frühschicht ruhig angefahren. Gelsenkirchen. 10. Januar. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Die Lage deS Streiks' ist unverändert; im Hermer und Dortmunder Bezirk sind alle Bersleutrn zur Frühschicht angefahren. AbrndS sieben Uhr werden hier die Wirtschaften geschloffen; in denselben sind Paragraphen bezüglich deS Auf ruhrs angeschlagen. Größer? Unruhen sind nicht vorgekommen. Die Dynamitrttentäter sind noch nicht entdeckt. Gelsenkirchen, 10 Januar. (Tel. d. Dresdn. Journ) Auf die Ermittelung der tynamitarden setzte der Bürgermeister 3000 M. auS. Lier Strrikführer wurden verhaftet, darunter Mattern. Die hiesige Bergarbriterversammlung wurde ver boten, daS Lokal polizeilich geschloffen. BreSlau, 10. Januar. (Tel. d Dresdn. Journ.) Auf der Grube „Deutschland" ist ein Viertel der Belegschaft angrfahren, sonst ist eS in Ober- schlefieu ruhig. Ein weiterer AuSstand ist nicht zu erwarten. Hamburg, S. Januar. (D. B. Hd.) Der hiesige Dampfer „Tiegelinde" brachte heute ein Lootsenschiff zum Sinken. Ein Lootse ist er trunken. — Der Maschinist Erbel vom Reichs- poftdampfer „Carl Wörmanu" wurde in Mon rovia von einem Faklorrineger erstochen. Paris, 10. Januar.*) Auf dem Bahnhofe in MonS sind mehrere BurrauS durch Feuer zer stört worden. *) Nachdruck verboten. Kunst und Wissenschaft. Zwischen den Jahren. Novelle von Adolf Ster» 7 (Fortsetzung.) .Seltsam, daß sich Christine dieses Fräulein Münter gewählt hat, weil sie Erika heißt. Für mich wäre das ein Grund gewesen, sie nicht zu rufen", murmelte Heinrich und spähte vorsichtig die gefrorene Straße hin, ob er den einmündenden Reitweg, der durch den Wald zu feinem Wohnhaus hinführte, wohl erreichen werde, ohne mit dem Wagen zusammen zu treffen, der die neue HauSgenossin zur Villa des Kommerzienrats brachte. Er mußte über sich selbst und den Eiser lächeln, mit dem er der Gesellschafterin auszuweichen strebt?, aber er ritt dennoch rasch vorwärts, als er sich überzeugt hatte, daß der Landauer noch nicht in Sicht sei. Und erst als er die Waldecke mit den beiden breitästigen Blutbuchen erreicht hatte, an denen er zum Heimweg einbiegen mußte, hörte er aus der Entfernung Räderrollen und trieb seinen Schimmel in den Hohlweg, in dessen dichtem Schnee das Pferd über die Hufe einsank. Eben hatte Heinrich Hagen eine sonderbare Anwand lung verspür», seine Scheu und Mißlaune zu über winden, dem Wagen entgegen zu reiten und das Mädchen, daS er vielleicht jahrelang neben seiner kranken Base sehen mußte, ein erstes Mal in Augen schein zu nehmen. Da er aber zu gleicher Zeit mit London, 10. Januar. (Tel d. Dresdn. Journ.) Die „TimeS" melden auS Tanger, daß die eng lische Regierung in einer Note an die marokkanische Regierung dem Sultan nur 48 Stunden Frist ge geben habe, zu erklären, ob er die wegen der Er schießung eines britischen UnterthanS auS Gibraltar durch eine marokkanische Polizeiwache verlangte Genugthuung geben wolle »der nicht. Dublin, S. Januar. (D. B.Hd.) In Bodyk iu der Grafschaft Limerick erhoben sich die Pächter und besetzten bewaffnet die Land straßen; sie verhinderten die Gerichtsvollzieher, Ermissionen vorznnebmen. HerbeigeholteS Militär war unfähig, den Widerstand zu brechen. Bergen, v. Januar. (D. B. Hd.) Die hiesige Quarantünekommisfion hat für alle auS Hamburg kommenden Schifft eine BeobachtungSquarantäne von drei Tagen wieder eingefübrt. Christiani«, 0. Januar. (D. B. Hd) Die Direktion der norwegischen StaatSbahnrn ist be auftragt worden, mit den deutschen StaatSbahnen wegen einer neuen Betriebsordnung über Dänemark und Schweden in Unterhandlung zu treten. Cbristiania, 9. Januar. (D. B. Hd.) Auf Grund der HandelStraktate mit Österreich-Ungarn und Griechenland, welche Norwegen die Besteuer ung von Handelsreisenden ans diesen Ländern nicht gestalteten, sowie auf Grund drr Meist- drgünstigungSbestimmungen in anderen Traktaten war Norwegen tnSder verhindert, ausländische Handklsreisende zu bestelle n. Die norwegische Regierung hat deshalb im Herbst Unterbandluugen mit Österreich Ungarn eingeleitet und durch diese die Veränderung erreicht, daß dir norwegische Regierung und das Storthing jetzt freie Hand haben, die Handelsreisenden drr grnannten Länder wie aller anderen fremden Länder besteuern zu können. Gothenburg, 9. Januar. (D. B. Hd) Zu den Wahlen für den VolkSrrichötag sind hier nur 1912 Stimmen abgegeben worden; viele Frauen rahmen an der Wahl teil. Die gemäßigten Liberalen enthielten sich der Wahl. Dresden, IO. Januar. Die Balkanstaaten im Jahre 1892. ** Aus die vorjährigen Ereignisse und Zustände in den Balkanstaaten am Beginn des neuen Jahres zurückzublicken, verlohnt sich schon deshalb, weil man auf diese Weise sich Rechenschaft geben kann über die Fortschritte, welche die Orientfrage, dieses traditionelle Schrcckbild der sriedenerhaltenden Politiker, in dem eben abgeschlossenen Zeiträume gemacht hat. Der heiße Boden der Balkanhalbinsel zeitigt seit je früh reife gordische Knoten, deren Lösungen so ost schon die Schwerter der Erben Alexanders des Großen aus der Scheide gelockt haben, und die gesamte poli tische Welt folgt seit langem den Vorgängen in dem sogenannten politischen Wetterwinkel Europas mit un geteilter Aufmerksamkeit. Im verflossenen Jahre waren es wiederum vornehmlich die beiden slawischen Balkan staaten Bulgarien und Serbien, welche sich in der Rolle der unfreiwilligen Ruhestörer gefielen. DaS bulgarische Fürstentum stand allerdings im letzten Jahre nicht, wie es in den vorhergegangenen Jahren zumeist der Fall gewesen, ununterbrochen im Vorder gründe der polinschen Ereignisse. Seine Regierung war ehrlich bemüht, sich den guten Ruf dec guten Frau zu verdienen, von der man wenig und nur dieser Regung der anderen Erika gedachte, deren Spur verweht und verloren war, und mit einmal die Augen wieder vor sich sah, die einen goldnen Sommer- tog hindurch auf ihm geruht hatten, so verflog die Anwandlung in einem schneeemporstiebenden Trab, er sah sich nicht wieder nach der Landstraße um, und haste beim letzten Blick von den Blutbuchen aus weder den Wagen von der Station her, noch den einzelnen Fußgänger wahrgenommen, der von der Papiermühle, zwischen den Schneewänden, die ihm fast bis zu den Schultern reichten, die Straße doher- kam Hätte er ihn gesehen und Bodo v. Graven- reuth in ihm erkannt, so würde Herr Heinrich Hagen kaum eine freundliche Deutung für den einsamen Spaziergang des jungen Offiziers gehabt haben. Und doch — was wäre ihm der Lieutenant v. Graven- reuth und dessen Vergangenheit und Gegenwart ge wesen — heute, jetzt, wo ihn bei der Dämmerung des beeisten engen Weges und des vorrückenden Abends ein tiefes Wehgefühl über einen versagten höchsten Wunsch seines Herzen- ganz und gar erfüllte. Bodo v. Gravenreuth hatte daS Haus, in dem er seit einer Woche ein begünstigter Gast war, kaum zehn Minuten später verlassen, als der einsame Reiter. Er war nach seinem Verlangen bei Fräulein Christine ongemeldet worden und eingetreten und hatte der Überraschten die Bitte ausgesprochen, das Bild deS Fräuleins Erika Münter sehen zu dürfen. Er glaube, dieser Dame gesellschaftlich begegnet zu sein und möchte sich gern vergewissern, ob dem so sei und ihn nicht bloß eine zufällige Ähnlichkeit des Namens täusche. Fräulein Christine hatte sich alsbald ein Album bringen lassen und auS diesem eine Photographie in Kabi- gutes spricht. Nicht Schuld der bulgarischen Macht haber war eS, wenn von Zeit zu Zeit Europa, wie dies anläßlich der Ermordung des Dr. Vulkovic in Konstantinopel, der Gerichtsverhandlung und Straf vollstreckung an den der Teilnahme am Morde des Ministers Beltschew überwiesenen bulgarischen Ver schwörern geschah, sich fast ausschließlich mit Bulgarien und dessen Verhältnissen beschäftigte. Die bulgarische Regierung hat keineswegs durch ihre Thätigkeit die an Or. Vulkovic vollführte Ahndung herausgefordert. Dieser büßte sein Leben ein, weil er seinem Vaterlande zu einer Zeit diente, wo daselbst eine Regierung am Ruder war, deren Ursprung nicht in der Zustimmung der panslawistischen Kreise in Ruß land wurzelte m d deren Bestand und Thätigkeit als bewußter und daher doppelt strafwürdiger Trotz in Betracht gezogen wurde. Daß der leitende bulgarische Staatsmann von da an mit um so größerem Eifer bemüht war, den Thron feines Herrschers und fein Vaterland gegen derartige — Eingriffe unberufener Hände sicher zu stellen und daß er bei feinen Maß nahmen sich nicht darum kümmerte, wie man in Ruß land dieselben beurteilt, ist unt.r solchen Umständen ganz begreiflich. In einer derar'igen Lage wird dem Leiter der Staatsgeschäste alles, was er auch unter nehmen mag, zum Verbrechen ungerechnet. Ter bul garische Ministerpräsident mußte es sich gefallen lassen, daß man im Zarenreiche nicht allein den den ver meintlichen Mördern seines Kollegen Beltschew gemachten Prozeß und später die Veröffentlichung der „gefälschten diplomatischen Aktenstücke" des Hrm Jakobsohn, sondern auch die zur Hebung der volkswirtschaft lichen Leistungsfähigkeit des Landts unternommene Landesausstellung und Aufnahme einer auswärtigen Anleihe als gegen Rußland g führte Streiche be urteilte. Allerdings war der Mißmut in Rußland darüber, daß Bulgarien auch nach dem Bruche mit der zaciichen Regierung fonfuhr, sich zu entwickeln und zu gedeihen, leicht erklärlich, zumal man dort bisher alle Welt glauben machen wollte, daß Bulgarien ohne die sHützende und fördernde Hand der russischen Regierung weder bestehen noch aus der einmal betretenen Bahn des Fortschritts sich forlbewegen könne. Selbst verständlich wurde auch der neuerdings in Scene ge setzte Versuch der Berfassungsreform unter die gegen Rußland gerichteten Anschläge des verfehmten „bul garischen Cavour" gereiht, al« ob derselbe nicht nur nicht verpflichtet, sondern auch nicht berechtigt wäre, dafür zu sorgen, daß die Landesverfassung sich stets mit den jeweiligen Bedürfnissen des Landes im Ein klang befinde. Bulgarien hat im verflossenen Jahre unstreitig — so dürfte das Enderkenntnis aller un befangenen Beurteiler der bulgarischen Verhältnisse laut-n — in eben dem Maße an innerer Kraft und günstiger Ausgestaltung gewonnen, als eS für seine eigene Sicherheit gegen auswärtige Beeinflussung und allerlei Schädigungsversuche vorgesorgt hat. Bulgarien tritt in das neue Jahr zwar immer noch als ein Staut ein, dessen Herrscher der Anerkennung der europäischen Mächte entbehrt, aber es hat im ver gangenen Jahre mit Erfolg dieser Anerkennung vor- gearbeitet und mit gleichem Erfolg dafür gesorgt, daß eS nicht wieder zum Werkzeug derjenigen herabgewürdigt werde, die die Orientfrage mcht zum Wohle der Balkanstaaten, sondern zur Durchführung ihrer eigenen selbstsüchtigen Absichten gelöst haben wollen. Ganz anders lagen die Dinge während des ver gangenen Jahres in Serbien. Dort war nicht das Verhältnis des Landes zu der slawischen Großmacht im Norden in Frage; die Triebfeder zu den in Ser bien während dieser Zeit erfolgten Veränderungen ist ausschließlich in der Sucht der großen serbischen Parteien nach der Herrschaft im Lande zu suchen Das im vorvergangenen Jahre rekonstruierte radikale Ka- nettssormat hervorgezogen, die der Lieutenant in seine — wie es Christine vorkam, zitternden Hände nahm und lange aufmerksam betrachtete. Er hatte dann, ohne die Frage der Kranken, ob er in Fräulein Münter eine Bekannte erkenne, zu beantworten, da- Bild ge lobt, für dessen Vorweisung gedankt und um Ent schuldigung für die Störung gebeten — und war so rasch auS dem Gemach der Leidenden verschwunden, als er eingetreten war. Christine, die den Fahrstuhl mit einem Ruhebett vertauscht hatte, starrte noch lange nach der Thür, sie wußte bei dem Dämmerlicht, d>s schon im Zimmer herrschte, nicht, ob sie recht gesehen hatte, daß Herr v Gravenreuth bei der Betrachtung des Bildes bleich geworden sei. Hätte sie ihn er blicken können, wie er drunten neben dem Saal in das Gastzimmer geeilt, mit Degen, Mantel und Mütze wieder erschienen war und dann durch eine Hintere Pforte der Villa und die dichtesten Parkanlagen un beachtet die Landstraße zu erreichen getrachtet hatte, so würde sie an ihrer Wahrnehmung nicht gezweifelt haben Bleich freilich war das Gesicht deS jungen Offiziers, der mit großen Schritten die Landstraße dahin ging, jetzt nicht mehr, auf seinen Wangen glühte daS Fieber peinlicher Erwartung und sein scharfe- dunkteS Auge überflog die Landstraße, die er di- zu den Blutbuchen hinter sich ließ, ehe auch er daS Geräusch des heranrolleuden Wagens hörte und diesen bald darauf wahrnohm. Er sand die Lage, in der er hier am Rande deS Fahrwege-, die Füße in einem zusammengewehten Houfen Schnee, stand, seiner so unwürdig, daß er ein paar halblaute Flüche nicht unter drückte, aber dabei doch den Wagen rm Auge behielt binett Pasic kam dort wegen seiner Überhebung über die or deren StaatSgewaltcn zu Falle und nun be gann in diesem Balkanstrate ein innerer Parteikampf zu wüten, der die Grundpfeiler des jungen Staatswesens in bedenklichem Maße zu erschüttern droht Zur Stunde ist dieser Kampf noch nicht ent schieden, und es erscheint noch fraglich, wer von den beiden um die Macht ringenden Parteien siegreich auS demselben hervorgehen wird. Die Radikalen, deren Regierung zu Anfang deS verflossenen Jahres die be rühmten , des Landes hinter sich zu haben glaubte, haben allerdings diesen Besitzstand nicht zu behaupten vermocht. Ter liberalen Regierung ist es geglückt, jene aus der Gemeindevertretung nicht allein der Landeshauptstadt, sondern auch von vielen anderen Städtkn zu verdrängen, und sie auf kiese Weise der in der städtischen Selbstverwaltung ihnen zur Ver fügung stehenden Kampfmittel zu berauben. Hr. Ristic hat dadurch seinem nunmehr unversöhnlichen Gegner Pasic einen gewaltigen Vorsprung abgewonnen und die Aussichten der Liberalen aus den endlichen Sieg wesentlich gebessert. Das Verhältnis des Landes zu Rußland und der habsburgischen Monarchie blieb während dieser Zeit unverändert. Man scheint sich in Rußland nicht ganzklar zu sein, welche von den beiden um die Herrschaft rm Lande ringenden Parteien dem ru'sischen Volke und dessen Interessen näher steht, und daher befleißigie man sich dort einer unter solchen Verhält nissen sehr begreiflichen Zurückhaltung. Aber sehr bezeichnend sür die Abnahme des russischen Einflusses in Serbien ist es, wenn hervorragende Politiker, wie Pirocanac und Garasuhanin, am Vorabend der Ent scheidungsschlacht mit Flugsckr ften hervortreten, in welchen der Anschluß Serbiens an Österreich-Ungarn als Ausweg bezeichnet wird, um das durch innere Kämpfe erschütterte Land zur Konsolidierung seiner Verhältnisse zu führen. Einen hocherfreulichen Verlauf nahmen die Dinge im Jahre 1892 in Rumänien. Nach langer Zeit kam dort bei der Erneuerung der Kam nur eine fest gefügte starke Regierungsmehrheit zu stände, welche die Gewähr für die Dauer geregelter Zustände und zugleich auch der dreibundfreundlichen Haltung der Regierung dn nöligen Rückhalt bietet. Die bevor stehende Vermählung des Thronfolgers mit der Enkelin der Königin von England bildet einen Schluß stein im Ausbau des rumänischen Staatswesens, indem dadurch der rumänischen Herrscherfamilie die Möglichkeit gegeben wird, sowohl im Lande selbst Wurzel zu fassen, als auch in der Anlehnung an mächtige Herrscherhäuser die Zukunst des Landes vor auswärtigen Gefahren thunlichst zu bewahren. Lagesgeschühte. Dresden, 10. Januar. Ihre Majestäten der König und die Königin und Se Hoheit der Her- zog von Sachsen Altenburg wohnten gestern, Montag, abend der Aufführung des Jntriguenspieles , Ein Glas Wasser oder Ursachen und Folgen" im Neustädter König!. Hostheater bei. Se. Majestät der König kamen heute Vormittag ins Residenzschloß, um die Vorträge drr Herren Staatsminister und Departementschess der Königl. Hofstaaten entgegenzunehmen. Der Monarch ver fügten Allerhöchstsich nachmittags wieder nach Villa Strehlen zurück. Für diejenigen Herren, die zu den Hoffestlich keiten dieses Winters zu Fuß nach dem Königl. Residenzschlosse kommen, ist der Eingang das Haupt - rhor im Königl. Palais am Taschenberg und befindet sich die betreffende Garderobe in der 1 Etage de- Königl. Schlosses am Übergänge nach dem Taschen berg Palais. und nach einer Minute ungeduldigen Harrens dem Kutscher zurief, zu halten. Wie der Landauer mit einem Ruck stillstand, klirrte das rechte Wagenfenster herab und ein schöne» Mädchengesicht, das in diesem Augenblick nichts als schmerzliche Bestürzung, unver hohlenen Schreck ausdrückte, bog sich nach der Straße und de« Anrufer hinaus. Dieser aber war mit einem Sprung am Wagenschlag und sagte mit halb erstickter Stimme: „Also doch! Du bist es, die al- Fräulein Münter in ein fremde- HauS eintreten will! Wozu der fremde Name Erika s Tas junge Mädchen hielt dem zornigen Blick des Zürnenden ruhig Stand und entgegnete leise: „Es ist der Name unserer Mutter, Bodo, und ich glaubte gerade in Deinem Sinne zu handeln, wenn ich das Notwendige unter diesem Namen thue. Daß es notwendig für mich ist, eine Stellung anzuneh men — wer weiß es besser als Du! Mein Bries hatte Dir nichts verhehlt! Doch wie kommst Du auS Deiner Garnison hierher und auf meinen Weg Der Lieutenant schlug sich unmutig vor die Stirn: „Hält' ich mir meine Briefe nachschicken lassen! Wer denkt, daß etwas anderes kommen kann, als die ver dammten Mahnzettel die wie Wespenstiche inS Fleisch gehen." Er hielt plötzlich inne, denn er sah beinahe zugleich den Ausdruck der Bestürzung in den Zügen seiner Schwester und denjenigen neugieriger Verwun derung im Gesicht des Kutscher«. Er rief der zittern den jungen Dame aus französisch zu: „Ich muß Dich eine Viertelstunde allein sprechen, muß eS durchaus," und wandte sich dann zu dem Kutscher: „Ich habe mit dem Fräulein, die eine gute Bekannte ist, eine notwendige Unterredung. Fahren Sie voraus, Eng-