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L» oK 3 d i e ihr bekannt erscheinenden Stimme geweckt wurde. „denn jeder Tag wundungen, bei blutung vorliegt, und den und Genevieve saß noch immer vollkommen aufgelöst absolut nicht Herr ihrer Gefüble in dem Stuhl, in sie hingesunken war, als sie aus dem Halbtraume vielleicht auch einer leichten Ohnmacht von einer denen Gefahr einer inneren Beo von Bedeutung und Nutzen. (Fortsetzung folgt.) und folgten den Jägern^ Eine Schwadron Ulanen stand abgesessen im Hof des Schlosses, leidlich gedeckt gegen das immer heftiger werdende Arlilleriefeuer. Nun sandten die Franzosen nicht mehr Granaten allein herüber, sondern überschütteten ganze Teile des Waldes und das Schloß nebst Park mit ganzen Hageln von Schrapnelltugeln, die kluckernd und pfeifend in die Dachziegel und zischend und laut klatschend in die Wände des Schlosses und der Wirtschaftshäuser fuhren. Diese Augenblicke waren für die armen Keller bewohner geradezu furchtbar. Schon beim ersten Schuß war Geneoieve auf und in ihre Kleider gefahren. Wo war Henry? Henry war im ganzen Hause nicht zu finden! Ratlos in diesem furchtbaren Durcheinander stürmte sie, noch mit offenen Haaren, die Treppe zum Erd geschoß empor. Wie erstarrt blieb sie mitten in der Tür stehen. Das war ja gräßlich ! Unter ihr tobte das wilde Hand gemenge, dazwischen knallte es, und dickt an ihrem Kopfe vorbei pfiffen ein paar Kugeln, so daß sie sich unwillkürlich duckte und beide Hände wie schützend vor das Gesicht hielt. Hier war sür sie zunächst nichts zu machen; von den ineinander wie wilde Tiere verbissenen Gegnern konnte sie keinerlei Hilfe erwarten. Aber auch an wen sollte sie sich in dem wilden Getümmel wenden? Doch nur an den Sieger, an den, der das Schloß in seinen Besitz bekam! Aber wer war das jetzt? Sie sprang schleunigst zurück. Da fegte auch schon die erste Granate-cheran! O, mon ckieu, auch das noch! Hatte sich denn alles verschworen, das Schloß und all das blühende Leben zu zerstören? Warum knallten denn die französischen Kanoniere die Häuser und Woh nungen ihrer eigenen Landsleute zusammen? Ja, wenn das dis Deutschen getan hätten, dann hätte man sagen können: Das ist der Krieg, und das sind ja die Barbaren! Aber so? Genevieve war in einen Stuhl dicht am Eingang niedergesunken und barg ihr tränen gebadetes Gesicht in ihre zitternden Hände; mühsam steckte sie sich mit ein paar Nadeln jetzt die Haare auf. O pfui über diese Franzosen, dachte sie, diese Re publikaner! In einem sranzösischen Königreiche oder gar unter einem Kaiser hätte so etwas nicht geschehen können. Nicht einmal einen Kaplan, der sie hätte trösten können, hatte man mehr im Schloß! Auch er hatte damals bei Austreibung der Kircke weichen müssen, und so war denn niemand da, der sie in ihrer großen Not stützen oder ihr gar Helsen konnte. Ja, was sollte nun mit den armen Verwundeten da unten geschehen? Wenn da nun eine Granate ein schlug ? Warum hatte Henry gerade diese Seite ge wählt? Ach ja, man hatte eben nur mit einem An griff der Franzosen gerechnet, der Kapitän der beiden Kompagnien sprach ja auch nur von dem großen Vormarsch an den Rhein und Lettin! Na, und da glaubte eben niemand, daß noch französische Granaten von Westen her geflogen kämen, sondern nur ein paar lumpige deutsche, aber von der anderen Seite her. Die waren aber nickt mehr der Rede wert, denn die Deut schen mußten ja nun zurück! Ganz Frankreich stand ja wie ein Mann unter den Waffen, und die Millionen wackerer Gallier mit ihrem sprichwörtlichen Elan wür den ja diese deutsche Barbarenbrut einfach über den Haufen rennen und vom Erdboden wegfegen! So hatten doch die Generale und die Minister ge- Vor ihr stand der deutsche Arzt. „Guten Tag, Gräfin. Wie geht es unseren Ver wundeten? Wo sind sie? Doch nicht mehr da oben?" und er zeigte eine Treppe hinauf. Da sprang sie' auf und sagte: „Nein, Herr Doktor, unten im Keller liegen sie, aber ich bin sehr in Sorge, daß ihnen bei dem Schießen etwas zustoßen kann, ich suchte den Diener, aber " „He da, kommen mal ein paar Mann her von euch! Ist denn der Blume " „Hier bin ich schon, Herr Stabsarzt," rief atemlos heranstürzend der brave Junge, „wo — wo ist mein Leutnant?" Und sein ganzes, hübsches jugendliches Gesicht war in Spannung. „Geh mit den anderen in den Keller und hilf da der Gräfin." Karl Blume hörte schon nichts mehr, sondern stürzte, gleich zwei und drei Stufen mit einmal nehmend, die Treppe hinab und kniete bald am Bett seines Leut nants. Der Doktor kam auch gleich und untersuchte sofort die beiden Verwundeten. „Ich bin leidlich zufrieden mit dem Zustande, trotz der wahrscheinlich überstandenen Aufregungen und An strengungen des Umtransportes," sagte er zu Gene- viöve gewandt. — „5>e, Leute," befahl er dann den nachgekommenen andern Ulanen, „verstopft mal, so gut es geht, die Fenster da mit dicken Sandsäcken, da mit wenigstens keine Sprengstücke oder Schrapnellkugeln hereinfliegen." Puiiiiiii, machte da gerade ein Eisenstück eines Schrapnells und war durch das eine Fenster herein geflogen und klatschend an die Wand geschlagen. „Seht ihr, wie nötig es ist, also nun man dalli!" Es bedurfte gar keiner Aufforderung zur Eile mehr, denn mit fieberhaftem Eifer arbeiteten alle; sie hatten mit Jubel gehört, daß ihr Leutnant lebt und nicht in Gefangenschaft geraten war. Karl Blume weinte dicke Freudentränen und jubelte dabei, immer dazwischen leise aufjauchzend: „Er lebt! Er lebt! Er ist da!" Gräfin Geneoiöve beobachtete den braven Jungen und war gerührt über diese Liebe und Anhänglichkeit des Soldaten an den Offizier. Immer neue Dinge er lebte sie an den Deutschen, und sie griff nun selbst auch gar krästig mit zu und half, so gut sie es vermochte. Wo nur der Henry blieb? fragte sie sich immer und immer wieder. Lange dauerte übrigens die Beschießung des Schlosses und seiner Umgebung nicht mehr, denn die deutschen Batterien, dis nun auffuhren, lenkten einmal das Feuer von dem ersten Ziele ab, Zwangen dann aber auch die Franzosen, mit ihren Geschützen weiter zurückzu gehen, so daß schon um Mittag herum keine französische Granate oder ein Schrapnell noch bis hierher flog. Der Vormarsch an den Rhein und ä Lettin war ein bißchen ins Stocken geraten, ja es schien sogar, als ob sich die Herren Franzosen, wie man zu sagen pflegt, ein wenig rückwärts konzentrieren wollten. Im Laufe des Tages traf dann ein Divisionsstab im Schlosse ein, und da jede Beschießungsgefahr nun vorüber war, so wurden die beiden Verwundeten zu sammen wieder in das Zimmer gelegt, in dem der Kapitän von Anfang an untergebracht gewesen war. Genevisve bezog ihr Zimmerchen nebenan und widmete sich wieder ganz der Pflege der armen Kranken. „Mit dem Abtransportieren können wir nun ruhig noch eine Zeitlang warten," hatte der Doktor gesagt, der Ruhe ist bei diesen beiden Ver ¬ sagt! Na und die Herren da oben an der Spitze, mußten's doch wissen! Hol's der Kuckuck, wenn's anders war! —