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Allerlei Verluste an Menschenleben in Krieg und Frieden. Uns, die wir diesen Weltkrieg miterlebten, erscheinen die Berluste an Menschenleben, die hier gefordert werden, außer ordentlich groß und in gar keinen Vergleich zu setzen mit den Verlusten, die die Gesamtbevölkerung in friedlichen Zeiten «leidet- Dennoch ist der Unterschied gar kein so ungeheurer wie wir wohl glauben. Der Tod ist im Frieden ein nicht diel seltenerer Gast als im Kriege; nur hinterläßt sein Er scheinen bei uns eine andere seelische Wirkung, hat viel des Gewaltsamen und Furchtbaren verloren. Dies betont Dr. Her mann Friedemann in einem Aufsatz der bei der Deutschen Verlags-Anstalt in Stuttgart erscheinenden Zeitschrift „Ueber Land und Meer". Selbst die gewaltigen Opfer dieses Welt krieges ändern, auf ein« längere Reihe von Jahren verteilt, an der Sterblichkeit der europäischen Völker nicht viel. Das deutsche Volk wird nach dem Kriege zahlreicher sein als vor ihm, denn sein Geburtenüberschuß genügt, um die Lücken auszufüllen. Die Sterblichkeit des russischen Volkes vergrößert sich für die Dauer des Krieges um schätzungsweise 18 Prozent, eine ungeheuere Ziffer, wenn man bedenkt, daß sich im russisch-japanischen Kriege die Sterblichkeit der Russen nur um U Prozent vermehrte. Trotzdem werden auch hier die Berluste wieder gedeckt. Nur Frankreich wird aus dem Kriege mit einer absolut verminderten Volkszahl hervor gehen, denn die Sterblichkeit des französischen Volkes wird durch den Krieg um 60—70 Prozent erhöht, und seine geringe geringe Geburtszisier reicht nicht aus, um die schon stets drohende Entvölkerung aufzuhalten. Auch im Frieden sterben in Europa durchschnittlich etwa 10 Millionen Menschen jähr lich, und wenn dies der natürliche Verlauf ist, so ist doch auch die gewaltsame Vernichtung von Menschenleben in Friedens zeiten ziemlich groß. In Deutschland allein gehen jährlich durch Unfall im Beruf 10000 Personen zugrunde, 14 000 enden durch Selbstmord, mindestens 1000 durch Verbrechen; im ganzen sterben 35 000 jährlich eines gewaltsamen Todes, also fast 3i/> Prozent der Gesamtsierblichkeit. Von den er wachsenen Männern der städtischen Jndustriebevölkerung endet jeder zehnte auf gewaltsame Weise; ein Bergarbeiter ist in seinem Arbeitsleben von tödlichen Ereignissen durch schnittlich ebenso stark bedroht wie der Soldat während eines Krieges. Europa zählt in jedem Jahre nach niedrigster Schätzung 150 000 Fälle gewaltsamen Todes; da ihre Zahl nicht abnimmt, wird sie im nächsten halben Jahrhundert mindestens 8 Millionen betragen. 44 000 Menschen tötete das letzte Erdbeben in Mittelitalien, das vor dem Donnern des Weltkrieges fast ganz überhört wurde; nicht mehr Menschen sielen 1870 auf deutscher, im mandschurischen Krieg auf russischer Seite. Di« Pest tötet in Englisch-Indien jähr lich mindestens 700000, und sie ist ein vermeidbares Uebel. jenige Heie, welche als Pflanzenabfälle von anderen Industrie-, z. B. der Stärkefabrikation, kommt, in Be- timcht käme, so würde man davon schon alljährlich 400 000 Doppelzentner Rohmaterial haben. Aus dieser Masse läßt sich aber Nährhefe für Menschennahrung Her stellen, deren Nährwert dem von wenigstens einer Mil lion Doppelzentnern Fleisch gleichkommt. Die Nach richt von diesem neuesten Ergebnisse der deutschen Wissen schaft hat also dazu beigetragen, die englische Hoffnung auf Aushungerung Deutschlands zunichte zu machen. Humor. Das Beste. Stolze Mutter: „Herr Professor, was halten Sie von Adolfs Violinspiel?" Professor: „Oh, am besten gefällt mir, wie er die Geige in den Kasten legt/ <3-2 Pariser Amateur-Pflegerinnen. Eigenartige Szenen aus Pariser Lazaretten werden in einem Briefe der römischen „Tribuna" geschildert. Die Damen, die die Pflege von Ver wundeten übernommen haben, „übertreiben" manchmal ihre Aufmerksamkeit und den Eifer ihrer Hilfe. So kommt es, daß mancher Soldat es bei weitem vorzieht/ von einer berufs mäßigen Pflegerin bedient zu werden als von einer dieser Damen. In einem Lazarett, das von einer ausländischen Kolonie in Paris eingerichtet worden war, wurde vor kurzem ein Negerjüngling eingeliefert, um den sich verschiedene aristokratische Damen wie verrückt gebärdeten. Alls über häuften ihn mit Zärtlichkeiten und Geschenke», als ob es sich um das reizendste Weitze Baby gehandelt hätte. Eines Tages waren wieder die Geschenke auf das Bett des Schwarzen herabgercgnet, aber der Pflegling erschien doch weniger ver gnügt al- sonst. Ein Sturm von Fragen ging auf ihn nieder, die Damen zeigten ihm ihr holdestes Lächeln, sie wetteiferten, ihm hundert schöne Sachen zu versprechen. Eine der Damen hatte schließlich eine Idee. Sie eilte hinaus, sprang in ihr Automobil, und nach einer halben Stunde kehrte sie mit einem prächtigen Spielzeug zurück. Die anderen Damen hatten unterdessen einen Soldaten holen lassen, der Arabisch verstand und den Schwarzen fragen sollte. Als der Dol metscher eintrat, drehte der Neger gerade das Spielzeug, das die besorgte Dame ihm eben gebracht hatte, zwischen den Händen, ohne zu wissen, was er damit sollte. „Wolltest du das haben?" fragte ihn der Dolmetscher. Der Neger schüttelte den Kopf und sagte mit einem traurigen Seufzer: „Nein." „Aber was willst du denn eigentlich?" fragte der weiße Soldat. Worauf der Neger ihm zuflüsterte: „Ein Stückchen Brot . - -" Ein anderes Mal wurde in ein Laza rett ein Verwundeter eingeliefert, dessen Sauberkeit alles zu wünschen übrig ließ. Er kam augenscheinlich direkt aus dem Schützengraben bei schlechtem Wetter. Die vornehmen Pflegerinnen weigerten sich ganz entschieden, ihn auszu- kleiden, da der Geruch, den der Unglückliche verbrei tete, zu fürchterlich war. Es mußte also eine richtige Krankenpflegerin kommen, die ohne weiteres ihre Arbeit verrichtete, den Soldaten entkleidete, wusch und seine hestig schmerzenden Wunden behandelte. Als nun die Damen sich dem Bett des frisch gewaschenen und wieder menschenähnlichen Verwundeten näherten, sahen sie, daß sie augenscheinlich einen jungen Mann aus sehr vornehmer Familie vor sich hätten, und sie erfuhren, daß er den Namen eines der ältesten französischen Adelsgeschlechter trug. Jetzt drängten sie sich an sein Bett und wollten ihn alle Pflegen. Aber der junge Mann blieb völlig unberührt und würdigte sie kaum eines Blickes. „Wenn Sie irgendetwas brauchen, rufen Sie!" sagte eine der Damen. „Es wird uns ein großes Vergnügen sein, Sie zu bedienen." „Danke," antwortete der Soldat, „ich wünsche nur, daß die brave Pflegerin, die mich gewaschen hat, auch weiterhin meine Pflege übernimmt!" Die Damen verstanden die Lektion.