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Lin Paradies des Arauenrechks. In ein wahres Paradies des Frauenrechtes führt ein fesselnder Aufsatz über die Sitten und Bräuche eines eigenartigen Volks st ummes von Sumatra. Frau Catt, die dieses weit Wer eine Million Köpfe zahlende Volk zum Gegenstand eingehender Studien gemacht hat und darüber berichtet, schildert die Menangkabaus als die klassischen Hüter des Mutterrechtes und des Frauen- rechtes. Ehe islamitische Einflüsse das Land berührten, muß ten die Gatten von Töchtern in den Häusern der Schwiegermütter leben; als dann freilich die Polygamie eingeführt wurde, konnte dieser Brauch nicht fortbe stehen, und es kam zu einem eigenartigen Kompromiß, - der noch heute im Lande gang und gäbe ist. Ler polygame Gatte bleibt im Hause seiner Mutter wohnen, die Gattinnen im Hause ihrer Mütter; der Mann aber hat die Pflicht, feine verschiedenen Frauen zu bestimmten Zeitpunkten und auf bestimmte Zeit zu besuchen. Ist er beispielsweise der Gemahl der von dem Koran erlaubten vier Frauen, so hat er monatlich je eine Woche bei jeder seiner Frauen zu wohnen. Auf jeden Fall muß er jeder einzelnen Frau die gleiche Zeit widmen wie den anderen, die Schwiegermütter wachen eifersüchtig darüber, daß der Schwiegersohn hier in dem .Landesbrauche gehorsam bleibt. In noch nicht allzu fernen Zeiten hatte der Mann befand sich ein Schlagpfeifchen mit durchlöchertem Kopf. Ruth erzitterte. Ein leiser Schrei der Ueberraschung entfuhr ihren erblaßten Lippen. Auch Herbert Kraut schrak zusammen. „O weh, wie sieht mein Beutelchen aus, und war ein so reizendes Geschenk. Kam zwar ohne Adresse und trotzdem an den rechten Mann, diese liebe, sinnige Gabe aus mit leidiger Frauenhand. War ich doch tatsächlich der Ein same, Familienlose, dem niemand sonst Liebesgaben sandte. An dieser, meiner.einzigen, aber erwärmte sich mein Herz. Ich trug sie stets bßi mir. Nach jedem sparsamen Gebrauch wurde sie wieder sorgfältig einge wickelt und Ivie ein seltener Schatz gehütet. So hatte ich sie auch in jenen blutigen Kämpfen bei mir, die mir verhängnisvoll wurden." Er sah verloren dar aus nieder.- „Ja, ja, es ist alles vergänglich. Mein liebes Geschenk ist dahin, seine Schönheit zerstört." „Ich arbeite Ihnen ein anderes", stammelte sie erschüttert. „Sie, Schwester Ruth? Freilich, Sie Haben linde Feenhände. Also derartiges können Sie auch?" schloß er träumerisch. „So gut wie jenes", sagte sie leise und hatte feuchte Augen. Aber schon faßte sie sich, zeigte auf den durch- löcherten Pfeifenkopf und sprach in großer Bewegung: „Wunderbar sind Gottes Wege. Sehen Sie doch, der empfing die Kugel zunächst. So wurde ihr Lauf um ein Weniges verschoben, sonst " „Wäre sie mir wohl tödlich geworden", vollendete er rasch und sah tiefbewegt in ihr blasses Gesicht. „Ruth, liebe, teure Ruth, Sie haben mir zwiefach das Leben erhalten. Ach, daß ich die Spenderin dieser mich so innig beglückenden Liebesgabe finden darf! Gerade in Ihnen finde, die mich in dieser langen Leidenszeit abermals zum dankbaren Schuldner machte und mir nun doppelt teuer ist. Wahrlich, es geschehen noch Zeichen und Wunder. Ruth, der Herrgott hat hier zwei Ein same zueinander führen wollen, meinst du nicht?" Sie senkte den Kopf wie unter einem Schauer des Glücks. Ein seliges Lächeln erblühte in ihrem lieben, sanften Gesicht, als sie gläubig entgegnete: „Zwei Ein same, Herbert, denen er eine Brücke schlug über Seelen not und Kriegsgefahren." die traurige Arbeit Eine Liebesgabe Kriegscrzählung von Herfried Laar. (Schluß.) (viachür. verboten.) Einen Inhaber des Eisernen Kreuzes erster Klasse, einen Kriegsfreiwilligen, dessen schlichter Waiscnrock mit ! der TapferkeitsmeLaille geschmückt ist, mußte man mit ! allen Mühen zu erhalten suchen. Und als man er- ! fuhr, dieser schlichte, tapfere Mann sei im zivilen Leben ! Gymnasialoberlehrer, verdoppelte inan womöglich noch ! die Anstrengungen. Solcher Jugenüerziehcr bedarf der i Staat ebensowohl, wie sich das Heer zu solchen Frei- ! willigen gratulieren kann, hieß es. Der Schwester Ruth ! war Herbert Frank insonderheit auch als Mensch sympa- ! thisch gewesen. „Er trägt die großen Schmerzen mit so erstaun- ! licher Geduld", dachte sie staunend. „Der mußte wohl stets allein mit sich fertig werden. Wer keinen um sich hat, dem er von äußeren Leiden, inneren Kämpfen reden kann, der nirgend Trost und Zuspruch weiß, dem geht keine Klage vom Herzen." Doch sie, die einsame, lediglich auf sich selbst ge stellte Waise, verstand in dieser verschlossenen Seele zu lesen und tat fast mehr als ihre Samariterpflicht an diesen Schwerverwundeten, der sie tiefer dauerte ! als ein anderer, und sie doch nicht näher anging als die übrigen. Als gälte es, dem Tode einen teuren Angehörigen abzuringen, so unablässig mühte sie sich um diesen, dessen verschwiegenen Kummer sie begriff. Ihre unerhörten Anstrengungen sollten nicht ver geblich sein. Es kam der Tag, da der Aufgegebene außer Ge fahr erklärt wurde, die Stunde, da er das Bett ver lassen und in der großen, luftigen Liegehalle des Laza rettgartens der vollständigen Genesung entgegenträumen durfte. Es war im August; die blaue Sommerluft sonne- erfüllt und schwer vom Blumenduft und dem Aroma reifender Frucht, denn im Waffenschutz seiner wehrstarken Heere durfte Deutschland unbesorgt auch in diesem ge waltigsten aller Kriege blühen und Frucht tragen, und ein reicher Erntesegen reifte auf den Aeckern. Ein warmer Schein lag auch auf Ruths zartem Gesicht, als sie sich jetzt um „ihren Mann", wie man im Lazarett schlichtweg ihren besonderen Pflegling hieß, mühte, indem sie ihn auf diesem ersten kleinen Aus gang sorglich stützte und ihm alsdann in der Lalle einen bequemen Ruheplatz zurechtmachte. „Schwester, Sie sind rührend gut zu mir", sagte der Genesende bewegt und reichte ihr aufrichtig dankbar die Hand. „Dvch gerade, weil Sie mich so verwöhnten, wage ich noch eine Bitte." ,FD, gern, alles, was möglich und gestattet ist." „Nun, der Arzt hat mir ein mäßiges Rauchen er laubt. Zwischen meinen Sachen muß noch ein wenig Tabak sein, möchten Sie nicht die große Freundlichkeit haben " „Würden Sie nicht leichte Zigaretten bevorzugen? Solche stehen Ihnen zur Verfügung, so viel Sie wollen. Kommen doch täglich neue Sendungen für unsere Ver wundeten." „Sehr gütig, liebe Schwester, aber Meine Lieb- lingssorte werden Sie nicht haben, und nach der ver langt es mich gerade. Bitte, bitte, holen Sie mir just dies Päckchen. „Meine einzige Liebesgabe" ist es bezeichnet. Daran werden Sie es gleich erkennen und nicht umständlich zu suchen haben." „Sofort, wenn Ihnen viel daran gelegen ist", ge währte Ruth freundlich. Bald darauf brachte sie es an, löste den papierenen Umschlag und gewahrte nun ein Tuchbeutelchcn, dessen ursprünglich purpurn leuch tendes Rot 'mit mißfarbenen Flecken gesprenkelt war. Eingetrocknete Blutstropfen, wie sie erkannte, hatten getan. Neben dem Beutel