Volltext Seite (XML)
»Dit- ist Mein Entschluß," fuhr Herr vonGrevulx fort, „einen andern weiß ich nicht zu fassen." ,Der Herr Baron kann Euch aber nicht gänzlich ent erben," sagte Veronika; „Ihr seid sein einziger Nachkomme in gerader^ Linie, und nach dem alten Herkommen in der" Provence wnnen Eure Ansprüche auf keinen andern Ver wandten übertragen werden." „Da habt Ihr Recht," erwiderte der Edelmann, nicht weniA erstaunt, die alte Frau mit den Rechten de- provenca- lischen Adel- so vertraut zu sehen; „allein unsere adeligen Lehen /find nicht unveräußerliche." , , „Ihr glaubt also, daß er so weit gehen könnte, sein Vermögen zu verschleudern, seine Güter verkaufen, um Euch PtEt«ben?" „Da kennt Ihr ihn schlecht, wenn Ihr ihm da- nicht zutrauet; er hat in seinem ganzen Leben kein« Drohung un- erfüllt gelassen; ich habe nüch seinem Verlangen «ntgegenge- ßcht, seinem Befehle nicht gehorcht, die- ist genug, um nie wieder Gnade vor seinen Augen zu erlangen; diese verlange ich aber gar nicht, denn ich weiß nur zu gut, wq- ich von ihm zu erwarten habe," „Man darf demuygeachtet nichts übereilen," sagte Su sanne nach kurzem Nachdenken; „der Baron wird Euch hier ungestört lassen, bleibt also vorläufig hier, und dann können wir immer weiter'sehen, was zu thun ist. So weit unsere kleinen Mittel htnreichen, soll eS Euch an Richt- fehlen; der Ritter von Greoulx kann nicht wie ein Advokatenschreiber le ben ; mir borgen Euch Geld " „Wie sollte ich Euch die- wieder hetybezahlen?" unter- brach fie ter junge Mann, „bedenkt, daß meine Zukunft sehr ungewiß ist, und daß vielleicht ich bet meinem Tode nicht so viel hinterlasse, um meine Beerdigungskosten davon bestreiten zu können, wer wird dann meine Verbindlichkeiten berichtigen?" „Macht Euch darüber keine Sorgen!" erwiderte d^Rabe kurz, „Ihr könnt unser Anerbieten unbedenklich annehmen, da» kann ich Euch versichern." (Fortsetzung folgt.) ' «SED«»-*' Tagesgeschichte „Meeresstille und glückliche Fahrt" ist der Name eines berühmten neueren Tonwerke-; Meeresstille und glückliche Fahrt ist in diesem Augenblicke auch die Parole öl der Politik. Gleichwie der große, wette Ocean bet völliger Windstille in majestätischer Ruhe daliegt im schönsten Glanze, gleich also ist die Ruhe und der Friede, der gegenwärtig über den europäischen Völkern lagert, eine erquickende und Herr- ltch« Erscheinung. In Spanten und Frankreich ruhen augenblicklich die Leidenschaften; die italienischen Wirren find nahe daran, völlig beigelegt zu werden; der österreich'- fche Kaiserstaat baut ruhig und emsig an seinem inneren Glück; Deutschland lebt in jeglicher Beziehung ruhig und glücklich; in Belgien ruht der Hader der Parteien; Ruß- land baut Eisenbahnen und Straßen und heilt emsig und umsichtig die Wunden des letzten Krieges; England raust sich zwar mit zwei großen mächtigen Völkern hitzig, doch der Kampfplatz liegt unS so unendlich ferne, daß wir bi- jetzt noch nicht davon bemhrt worden und hoffentlich auch sicher davon unberührt bleiben werden, nnd die Türket oder „ter kranke Mann" endlich liegt in seiner Schwäche darnieder, fällt von einer Ohnmacht in die andere, macht kein Wässerchen trübe und hielte gern, sehr gern Ruhe, wenn man nur ihr Kühe ließe. Stille, d. h. politische Stille also überall. Gleich wie nun aber nur bet völliger Meeresstille die Fahrt der riesigen Schiffe mit leichter Mühe eine wirklich glückliche sein kann, gleich also kann auch nur bet wahrhaft politischer Ruhe daS LebenSschtfflein jeder Einzelnen, so wie da- Fahrzeug ganzer Nationen sicher und leicht durch de» Ocean der Zett dahin schaukeln. Und diese herrliche Erscheinung seiner glücklichen Fahrt" erquickt jetzt Herz und Gemüth des Beobachter-. Alle« waS Geschäslsleben und geschäftliche Unternehmungen, was Handel, wqS Ockonomte u. s. w. anlangt: Alles geht flott von Stat ten; überall Arbeit, überall rührige Hände, überall Unterneh mungsgeist. Und so möge eh. noch lange in.Bczug ausP olitik hei ßen: „Meeresstille und glückliche Fahrt!" Deutschland- Oesterreich. Wien, H.Septd» Da- heute an der Spitze de- amtlichen Theils der, Wiener Zeitung veröffentlichte kaiserliche Handschreiben aus Laxenburg, vom 9,- d. M. an den Generalgouverneur von U^garn^ Erz herzog Albrecht, ist ein Act von weittragender Bedeutung. Der Kaiser erklärt darin unter anderem: es werde seine an» gelegentlichste Sorge stet- auch dahin gedichtet sein,, daß dir „verschiedenen Volksstämme" fortan in ihrer nationalen Ei» genthümltchkeit erhalten werden, und daß ihnen bei der Pflege ihrer Sprache die gebührende Rücksicht gewährt werde. He- Majestät spricht dem gesammten Beamtenstayd Ungarns , dl« dankende Anerkennung seiner Leistungen auS.> Der Kaiser be auftragt nicht nur den Erzherzog-Generalgouverneur, seinen Behörden im Lande, „die unter vielfachen Schwierigkeiten mit Eifer und Hingebung ihrem Beruf obliegen," seine „beson dere Zufriedenheit" zu verkündigen, spndern er gibt auch sein« Ueberzeugung kund, daß die bestehenden Einrichtungen den „unverkennbaren Aufschwung des Lande- wesentlich gefördert" haben. Da- kaiserliche Wort constatirt also,, daß die Bemü hungen des BcamtenstandeS von Erfolg gewesen find, . und diese Thatsache darf nicht unterschätzt werden zu einer Zeit, wo es gleichsam Mode geworden ist, über das Beamtenthum und dessen Leistungen wegwerfende Urtheile zu fällen. Dies« Mode — die sich auch in Kreisen etngentstet hat, wo maa sich dessen gar nicht versehen sollte — mag in den altöster» retchischen Provinzen ganz unschädlich sein, in Italien, Ungar» und Polen ist fie höchst gefährlich. — Preußen. Berlin, 9. September. Der Deutfchen Allg. Zeitung wird über di« jetzigen Absichten des dänischen CabtnetS hinsichtlich der hole steintschen Frage geschrieben: „ES konnte in Kopenhagen kein Zweifel darüber obwaften,- daß die hen holsteinischen Provin zialständen ,pprgelegte Vorlage weder ftn Berlin nych in Wie« befriedigt habe. Bor qllem ist dasselbe gegenwärtig bestrebt, zu verhindern, daß die Angelegenheit von den beiden deutschen Großmächten dem deutschen Bunde zur Entscheidung vorgelegt werde. Wenn,, wie man versichert, Frankreich den Wunsch ausgesprochen hat, daß die deutschen Großmächte in der Hol stein. lauenburgischen Sache die Gränzen der diplomatischen Negociation in ihrer weisen Mäßigung nicht überschreiten möchten, so deutet dies darauf hin, dqß die Bemühungen Dänemarks am Pariser Hofe ,nicht vergeblich gewesen sind. Von Petersburg wird Ähnliches berichtet. Wir hören, daß das hiesige und das Wiener Cabiuet sich dadurch nicht ab halten lassen werden, die Frage schließlich vor dte Bundes versammlung zu bringen, falls von Seiten Dänemarks den bekannten Forderungen Preußen- und Oesterreichs nicht Ge nüge geschieht. Die würdevolle Haltung, welche die holstei nische Ständeversammlung bisher behauptet hat, macht ty den hiesigen höhern Kreisen einen sehr guten Eindruck, und trägt fehl viel dazu bei, da- Interesse für die holstein-lauenburgi» fche Angelegenheit noch zu erhöhen. — Heute, den 15. Sep tember, um 2 Uhr, ,fam Se. Majestät der Kaiser von Ruß land in Berlin an und wurde glänzend empfang«». —