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Reigen über Wiesen und Wellen, und in den Fluß schauen alte Burgen nieder, um deren bröckelndes Gestein geheimnisvolle Mären der böhmischen Geschichte raunen. Mit einmal engen den Lauf der Vltava, der bis jetzt idyllisch durch Wald und Flur gegangen, hohe starre Felswände ein: über die Steinblöcke des wild zerrissenen Flußbettes muß sie ihren Weg erkämpfen im Gebrause und Absturz der St. Johannis- Stromschnellen. Nachdem sie sich durchgerungen, fließt sie um so mächtiger dahin und strebt dem Symbol der altböhmischen Selbständigkeit und Herrlichkeit zu, der Burg der ersten heidnischen böhmischen Fürsten Vysehrad, und gelangt an dem steilen Felsen mit der Ruine der Burg vorbei in die Metropole Böhmens, nach Prag. Das Lied ihrer Wellen klingt dann wie die Vorahnung aus von einer schönen, hellen Zukunft. Das symphonische Gedicht „Aus Böhmens Hain und Flur“ ist der vierte Teil des sechsteiligen symphonischen Zyklus „Mein Vaterland“. Das Gedicht „Aus Böhmens Hain und Flur“ wurde im Oktober 1875 geschrieben. Der Gedankengang des Werkes ist folgender: An einem schönen Sommertage stehen wir mitten in einer weiten Gegend des böhmischen Landes, deren Blütenschmuck, deren lebendiges Treiben und duftiger Hauch die Seele mit inniger Begeisterung erfüllen. Aus der frohen Stimmung ringsum dringt frisch und schlicht der Widerhall des ländlichen Behagens. Wir verlassen das heitere Lärmen des Volkes und verlieren uns in den Frieden eines schattigen, stillen Haines. Von einem leichten Lüftchen geweckt, geht leises Rauschen von Zweig zu Zweig, bis mit einem Male der ganze weite Hain sein brausendes Lied anhebt, in das sich harmonisch der Vögel schwirrender endloser Jubel mischt. In diesen Hymnus der Natur tönt weich aus dem fernen Forst der träumerische Klang von Waldhörnern herüber. Die erhabene Stille wird von Zeit zu Zeit durch die Töne eines lustigen Volksreigens durchbrochen, die der Wind, seine Schwingen mächtiger regend, an unser Ohr trägt. Die Töne kommen rasch immer näher, und bald umbrandet uns ein* frohes ländliches Fest: Tanz und Sang fachen die Lebenslust des böhmischen Volkes an, und seine Glückseligkeit, in Liedern des böhmischen Volkes ausstrahlend, klingt weithin über die fruchtbaren Fluren. Antonin Dvorak (geb. 1841 in Nelahoseves, gest. 1. Mai 1904 in Prag). Die Symphonie in e-moll, op. 95, genannt „Aus der Neuen Welt“, ist die legte von Dvoräk’s acht Symphonien. Sie wurde Anfang 1893 in New-York geschrieben, wo Dvorak als Direktor des National-Konservatoriums der Musik in den Jahren 1892 bis 1895 wirkte. Seit ihrer Erstaufführung in Amerika ist sie eines der gespieltesten und der erfolgreichsten Werke Dvoräks, stellt seine anderen Symphonien sogar fast mit Unrecht in den Hintergrund. Sie erschien 1894 bei Simrock und zwar als „Fünfte“.