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wahrlosten Kinder dringend au- Hexz gelegt wird. — Die Strafbarkeit einet Betrüge.» wird nach einem Urtheil de» Reich-ge richt S/I. Strafsenats, vom 8. Juni d. I. nicht dahuxch ausgeschlossen, daß der Beschuldigte sich der eingetretenen Vermögen«- befchädigung nicht bewußt gewesen, vielmehr genügt zur Bestrafung schon da» Bewußtsein, daß eine Schä digung möglich sei. L. Kassel, 12.September. Heute setzten sämmtliche Abtheilungen de« XVI. deutschen Juristentag« ihre Berathungen fort. Die erste Abtheilung behau» delt zunächst die Frage: Unter »eichen Voraursetzvngen soll ein nachstehender Glänbiger da» Recht haben, den Zwang-verkaus eine» Grundstück« seine« Schuldner« zu veranlassen? und beantwortete dieselbe unter Ablehnung de« von den beiden Referenten Reütz-gericht-senat-präsident Dr. Drechsler und OberlandeSgenchtSpräsident Dr. Kühne» Celle übereinstimmend gestellten Antrag«, entsprechend einer von Landgericht-Präsidenten Bardeleben-Berlin beantragten Resolution, mit einem Amendement de« Präsidenten Dr. Kühne dahin: Der deutsche Juristentag bestätig« in Beantwortung der gestellten Frage die hierüber vom X, XI. und XII. deutschen Juriftentage gefaßten Beschlüsse und spricht seine Besriedi» gung au«, daß damit übereinstimmend« Grundsätze ru dem prrvßischm Untwurse eine« Gesetze«, betreffend die Zwang«- Vollstreckung in unbewegliche« Vermögen, Aufnahme gesunden haben. Hinauf vnfchritt die Abiheilung zur Berathung der Frage: Soll da« Recht auf die LrbenSversichtrung«summe »um Nachlass« d«« verstch«rt«u geh»r«n- Dem im Lauf« der Debatte modificirten Anträge de« Correferrenten Prof. Dr. Leonhardt-Göttingen, mit welchem sich dn Referent Rechtsanwalt Dr. Mayer- Straßburg einverstanden erNärte, dahin gehend: >) El empfiehlt sich, bei der Abfassung de« deutschen Civil- gejetzducht« Anordnungen zu treffen, nach welchen bei örtru-verstcherung-vtrtrtgen, denen zufolge die Versiche- rung«summe entweder nach der ursprünglichen Vertrags- beftimmung oder einer spätern giltigen «ersügung, nicht aus den Namen de« Pramlenzahler« noch zu Gunsten seine« Nachlasse«, sondern zu Gunsten anderer Personen sällig wird, di« VersicherungSsummr nicht den Nachlaß- ql^udigern hastet, sondern den begünstigten Personen un berührt von den Nachlaßschulden zusällt; Ü) Durch dir Anordnung zu I sollen die allgemeinen Rechte der Gläubiger aus Anfrchwng betrüglicher Veräußerungen sowohl dem Bertrag«abschlusse al« auch der einzelnen Prämienzahlung gegenüber nicht berührt werden, ertheilt die Abtheilung ihre Zustimmung; dagegen wur den die weitergehenden Anträge: L« empfiehlt sich, e« dem richterlichen Ermessen zu über- lassen, im einzelnen Falle seftzustellen, ob bei einer Ver sicherung zu Gunsten der Erben diese den Nachlaßgläubigern yintangefttzt werde« sollen oder ob ihre Erbeseigenschast al» blo» zur Vezeichuung der zu begünstigendeu Per;on erwähnt gelten soll, «ventuell: E» empfiehlt sich, im Gesetzbuch« auSzujprechen, daß bei Versicherungen zu Gunsten der Erden im Zweifel angenom men werden soll, daß die Erbe-eigenjchast nur erwähnt ist, die Begünstigung zu bezeichnen, nicht aber um sie den Nach- laßgläubigeru hintanzusetzen, abgelehnt. Sämmtliche Beschlüsse sollen dem Plenum zur Kenntnißnahme mitgetheilt werden. — In der zweiten Sitzung der zweiten Abtheilung wurde nach Gehör und auf Antrag der Referenten Rechtsanwalt Dr. Heinsen-Hamburg und Prof. Dr. GareiS-Gießen beschlossen, dem Juristrntag den Satz: Er empfiehlt sich nicht, Disserenzgeschäste gesetzlich zu verbieten oder zu beschränken und nach dem Zusatzantrag des Prof. Dr. Brunner- Berlin den Satz: Die ständige Deputation de« Juriftentage« zu ersuchen, dem nächsten Juriftentage aus Grund einzuholender Gut achten die Frage vorzulegen, ob und in welcher Weise e» im Wege der Gesetzgebung ausführbar sei, den schreiendsten Miß ständen de» Speculaiiontverkehr» in den Zeitkäufen durch Aufrichtung einer Börsenordnung entgegenzuwirken, welche die Handhabung einer Stras- und DiSciplinargewalt von Seiten der Börse und ihrer Organe sichert, zur Kenntnißnahme zu unterbreiten. Bezüglich der gestellten wcchselrechtllchen Frage erklärte sich die Ab theilung, dem Anträge de« Referenten Prof. Or. Brun ner gemäß, mit folgenden Sätzen einverstanden : I. Mit Rücksicht aus die allgemeine Wechsrlsähigkrit erscheint et als unzweckmäßig, den Aussteller eine« vor der Be gebung gestohlenen oder verlorenen Wechsels dem gut gläubigen Erwerbe: haften zu lassen. II. Wenn Geldpapiere aus den Inhaber in Masse emittirt werden sollen, ist eine Haftung des Aussteller» sür da vor der Begebung abhanden gekommene Papier gerecht fertigt, fall- die Emission öffentlich angekündigt worden oder der Beginn der Emisuon thatsächlich erfolg» war. In der zweiten Sitzung der dritten Abtheilung wurde zunächst Frage 10 verhandelt: Vormittag« und von 3 bi« 7 Uhr Nachmittag«, eine Anstrengung, infolge deren die Materialbewegung rafch bewältigt und da« Schiff wieder feebereit gemacht wurde. Für die auf der Jnfel selbst durchzuführenden umfangreichen Arbeiten wurden dem Chef der Station Jan Mayen, Linirnschiff«lieutenant v. Wohlgemuth, zunächst 10 au» der Bemannung auSgewählte, Hand- werk«kundige Leute, und später bl« zur Abfahrt de« Schiffe« noch eine Mannschaft-division täglich zur Ver fügung gestellt. Die klimatifchen Verhältnisse in den grönländischen Gewässern, insbesondere in der Nähe von Jan Mayen, waren sehr ungünstig. Bei einer Lufttem peratur von -I- 1" bi« 3", welche nur selten bi« — 05° oder 5° variirte, gab e« in der Zeit vom 23. Juni bi« 19. August nur 4 ziemlich klare, sonnige Tage. Während der übrigen Zeit herrschte dichter, nasser Rebel, zumeist mit regenärttgen Niederschlägen ver- hynden, durch welchen die Bemannuna viel zu leiden hatte. Die Verpflegung der Mannschaft war nicht nur eine genügende und dem Manne sehr zusagende, son dern entsprach auch vollkommen den nordischen Ver- hültniffrn. Bi« anfangs August erhielt dir Mannschaft frischt Fleisch; außerdem umrde der Speisezettel durch Verabfolgung von Erdäpfelsalat und Thee bereichert. Trotz der ungewöhnlichen Anstrengung und der äußerst ungünstigen WitterungSverhältnifse war der tsesund« heitSzustand Ver Mannschaft ein befriedigender; nur ein Matrose zweiter Klaffe, Thomas BiScovic, starb am 1b. Juli. Am 18. Juli schiffte sich da« ganze Expe- ditto*«personal inclusive de« Corvettenarzte« Dr. Fischer auf Jan Mayen au«. Die .Pola* trat am 16. August fff« Rückreise «u. (Dieselbe ist am 24. August m Leith Wie sind dir Befugnisse de« Amtsrichter« i« vordereitenden U»»ersuchung«verfahren fachgemäß zu constrniren? Auf Grundlage de» vom Amt»richier Dr. Kronecker erstatteten Gutachten» referirte zunächst OderstaatS» anwalt v. Köstlin-Stuttgart. Sein Antrag: Die Abtheilung wolle über die »hr vorgelrgte Frage in Erwägung, dnß d»e deutsch« Strasproceßordnung noch nicht S Jahre Mag in Sirtsamkit iß, daß die Beibehaltung der bezüglichen Vorschriften derselben im Wesentlichen sich an- empfiehtt und daß di« in verschirdenem Maße wahrgenomme- nen Unzuträglichleiten zum großen Theile durch eine ver ständige, zweckentsprechend« Praxi« sich beseitigen, z. Z. zur Lage«ordnung übergehen. wurde nach kurzer Debatte zum Beschluß erhoben. — Hierauf ging die Abtheilung zur Verhandlung der Frage 9 über: Sind gleiche Grundsätze de« internationalen Straf recht» sür di« ruropäischen Staate» auzustreben und event. welche - Hierzu lag vor ein Gutachten des Prof. Dr. v. Liszt, über welche» Reichsanwalt Steuglein referirte. Den von ihm gestellten Anträgen wurde durchweg zuge stimmt; sie lauten: 1) E« ist wünscheniwerth, bah da- Seltungkgebiet der hei mischen Sirafrecht»sätze den ausländischen Etrasrechtesätzen gegenüber in allen Staaten nach demselben Grundsatz« bestimmt werde ») Bei dieser Regelung sind Lollisionen der Strafansprüche verschiedener Staaten, soweit irgend möglich, zu ver meiden. Die Regelung hat daher von dem Territorial- principe als ihrer Grundlage autzzugehen. 8) Soweit eine Lollision der Strasansprüche durch Ueber- schreituog der Territorialprincip» herbeigesührt wird, ist Existenz und Inhalt de» mit dem ausländischen con» currirenden inländischen Strasanspruch» lediglich nach in ländischem Rechte zu beurtheilen. «) Einheitliche Grundsätze über die Gewährung der inter nationalen Recht-Helse in Strafsachen, in-desondere der Auslieferung flüchtiger Verbrecher, sind dringend wün- schen-werth. ö) Di» Auslieferung ist ein Act der internationalen Rechts hilfe und nicht der kosmopolitischen Rechtspflege; sie setzt daher einen Strafanspruch deS requirirenden, nicht aber de« requirirten Staate- voraus. Entstehen und Bestehen de» behaupteten Strasanspruch» ist ausschließlich nach dem Rechte de- requirirenden Staate- zu beurtheilen. Die Entscheidung über da» Vorliegen der Voraussetzungen, von welchen die Bewilligung deS Au-lieserung-begehrenS abhängt, erfolgt durch die Gerichte de« requirirten Staate». S) E« ist wünjchen-wrrth, daß diejenige.» Rechtsgüter, gegen welche internationale Angriffe denkbar sind und welche deshalb eine- internationalen Schutze- bedürfen, durch international« Vereinbarungen geschützt werden. 7) Der sicherste Weg zur Erreichung vorstehender Ziele ist die Gründung eines StaatenvereinS. welcher sich die Re gelung der internationalen Recht-sätze, sowie die Rege lung der Grundsätze über Au-lieserung von Verbrechern zur Ausgabe stell«. 8) Insoweit durch vorstehende Thesen die gestellte Frage nicht erledigt ist, sei über dieselbe vorläufig zur Tages ordnung überzugehen. Nürnberg, 11. September. (N. C.) In Roß» bach wurde gestern in einer von dem Frhrn. v. Thüngen- Roßbach einberufenen, äußerst zahlreich besuchten Bauern- versammlung (dieselbe mußte wegen Mangel an zu reichenden Räumlichkeiten unter freiem Himmel abge halten werden) ein „fränkischer Bauernverein zum Schutze und zur Erhaltung des Bauernstandes" gegründet. Die Verfammlung nahm einstimmig da» nachstehende Programm an: .Bauernprogramm. Zur Hebung der schwer danieder- liegenden Landwirthschast, sowie zur Erhaltung eine» gesunden, leistungsfähigen Bauernstand«- und damit eine- blühende» Staatswesen- sind folgende wirthschastliche und gesetzliche Maßregeln unerläßlich: l) Größtmögliche Sparsamkeit im Haushalte de- Reich-, der Staat-, der Kreise, Districte und Gemeinden und Rückkehr zu einer durch die Verhältnisse dringend gebotenen weisen Beschränkung und Einfachheit, r) Revision der Gesetze über Heimath, Verehelichung und Armenwesen zur Verminderung der Gemeindelasten. 8) Gründ liche Steuerreform behuf« Entlastung de« Grundbesitze- und der erwerbenden Volk-klassen und schärferer Heranziehung de» z. Z. höchstbegünstigten großen Geldcapital». Abzug der Schuldzmfen bei der Grund-, Hau»- und Gewerbesteuer. S) Ausdehnung und Erweiterung de» indirekten Steuersystem» behuf» Gewinnung von Mitteln zum Erlaß directer Steuern und Minderung der Semeindeumlagen. Mäßige Verzollung der EingangSwaaren zum Schutz der vaterländischen Arbeit insonderheit der landwirthschastlichen Erzeugnisse gegen die übermäßige Loncurrenz des Auslände», b) Abänderung de» jetzigen Branntwrinstruergtsetze-, damit auch der kleine Bren ner bestehen kann. (Schanksteuer, Besteuerung de» Zwischen handel») S) Revision des Gebührengesctzes behufs Gleich stellung der Grundbesitze» mit dem beweglichen Vermögen. Demgemäß: Abminderung der Taxen bei Verträgen über Im mobilien und Besitzveränoerungen auf drei vom Tausend unter Abzug der Schulden, Aufhebung der Taxen bei Hypothelen- beftellungen und öffentlichen Versteigerungen. Einführung einer Börsensteuer nach Procenten de» Umsätze» mit mindesten« t vom Tausend. 7) Schaffung einer dem Wesen de» Grund besitze» entsprechenden Erbfolgeordnung, «nerbengefetz. 8) Uebernahme der bäuerlichen Hypoihekenschuldrn durch den Staat nach Art der Grundablöjung unter Verwandlung der selben in eine unkündbare Rentenschuld mit jährlicher Til gung. S) Abänderung der Bestimmungen über Zwangtver- steigerungen (Subhastation»- und Execution»ordnuag), damit nicht di« Bauerngüter um Schleuderpreise in di« Hände der Wucherer und Güterschlächter fallen Freilassung de« zur Fortführung der Wirthschaft nöthigen Theil» an Gebäuden, Grundstücken, Borräthen, Geräthschaften und Vieh von ».er Zwang»vrrsteigerung Heimstättengefetz. io) Schaffung staat- licher dez. genossenfLlifiUcher Pfanddrirsinftitnt« (Land chosten) für den »runderedit, drtgleichen Raiffeifen scher Darlehn»- kassen für den Perfonaleredit, letztere womöglich in allen Landgemeinden, und Unterstützung derselben au» öffentlichen Mitteln gegen mäßigen Zinsfuß. lt) Umwandlung der sogenannten Reichsdank in eine wirklich« Reiu,«anftalt Be- sritigung de» Vorrecht» der Zetlelbanken zur Geldsabrikation. Autgabe von Reich-noten an Stelle der Banknoten und Uebermittelung derselben an di« genoffcnfchastlichrn Geld institute gegen niedersten Zinsfuß, damit auch der kleine Mann zu billigem Gelbe gelangt iS) Einführung der ver- tragSmäßigen Doppelwährung an Stelle der Goldwährung, damit die durch die Srlberrnlwerthung herbeigesührte, nur den großen Geld- und Börsenmänoern zu Gul« kommende Vrrtheurrung deS Gelbe» beseitigt und die gesunkenen Büler- und Waarenpreise wieder gehoben werden.' Zugleich wurde folgende» Telegramm an den Fürsten Reichskanzler abgefendet: .Der heute dahier unter freiem Himmel gegründete fränkische Bauernverein sendet Ew Durchlaucht seinen ehrer bietigsten Gruß und spricht die Hoffnung au-, daß Gott Ihnen Leben und Gesundheit erhalten wolle zur Durchführung Ihrer großen, wahrhaft freisinnigen Gedanken über Steuer- und Eocialresorm trotz de» unverständigen und kleinlichen Wider stande» selbstsüchtiger Jnteressenkreis«. Der deutsche Bauer, wir überhaupt Alles, wa» ehrlich arbeitet und schafft im deutschen Reich«, wird und muß, wenn nicht verführt und mit Blindheit geschlagen, Ew Durchlaucht treu zur Seile stehen im Kampfe gegen kurzsichtige und verkommene politische Krähwinkelei und parlamentarische Herrjchbegier. Namen» de« Verein» Frhr. v. Thüngen-Roßbach, Vorstand.' Auf diese» Telegramm traf folgende Antwort deS Fürsten Reichskanzler ein: .Varzin, II. September. Frhrn. v. Thüngen-Roßbach bei Zeitlos» Euer Hochwohlgeboren freundliches Telegramm habe ich mit verdi»dlichem Danke «rhalien Ich tyeile Ihre Hoffnung, daß alle Bauern, welche zur selbstständigen Prüfung ihrer Interessen gelangen, mit praktischem Verstände da» Rich tige wählen werden, und sehe in jedem Bauernverein, der ge gründet wird, ein neue- Organ bäu«rlicher Selbstständigkeit, v Bi-marck.' * Darmstadt, 12. September. Der Prinz und die Prinzeffin v. Wales find heute von hier über Blissingen nach England abgereist. Von Mainz aus werden sich der König und die Königin von Grie chenland auf der Reffe nach England denfelben an- schließen. Buda-Pest, 12. September. (Tel.) Die bereits angekündigte Verordnung, betreffend die Organisation und den Wirkungskreis der Bezirksämter und Kreisbehörden in Bosnien und der Herzegowina, wird in den nächsten Tagen erscheinen. Der „Pester Lloyd" meldet darüber: Di« Bezirksämter sollen die fämmtlichen Verwaltung--, Finanz- und Justizgeschäste m ihrem Wirkung-kreise vereinigen. Hrn v. Kallay scheint bei der Verwaltungsreform das Streben geleitet zu haben, di« Gesammtheit der politischen, administra tiven, finanziellen und culturellen gerichtlichen und im gewissen Sinne theilweise selbst der fachiechnischen Angelegenheiten au» dem Grunde in den Bezirksämtern zu vereinigen, um die Ver waltung möglichst einfach und wohlfeil zu gestalten. Dem Be- zirkSvorsteher ist das Recht eingeräumt jeden ihm untergeord neten Beamten nicht nur in den feiner Bedienstung entsprechen den Geschäften, sondern auch in jeder andern Thätigkeit zu verwenden, sür welche derselbe überhaupt die Eignung besitzt. Eine weitere Eigenthümlichkeit der Verordnung soll darin be stehen, daß dem Bezirk-vorsteher zur Pflicht gemacht wird, die unausgesetzte und engste Berührung mit der Bevölkerung sei ne- Bezirke- zu unterhalten. Es besteht dir Absicht, au» der einheimischen bester» Bevölkerung ohne Unterschied der Consession nur mit Rücksicht auf die sachliche Eig nung die Kräfte für den Verwaltungsdienst zu gkwinnen. Angesicht» de» Mangel» an schreibkundigen Individuen in den Landg.mrinden, sowie bei dem niedrigen Bildungsgrade der Bewohner werden die Bezirksämter auch mit der Leitung, Ueberwachung und selbst mit der unmittelbaren Unterstützung der Gemeinden betraut. Sie haben die Gemeindevorstehung und deren Organe bezüglich der Verwaliung der Gemeinde- angelrgenheiten zu belehren, mit entsprechenden Weisungen zu versehen, eventuell im eigenen Wirkungskreise deren Durch führung zu veranlassen. Da» zum Bezirk-amtc gehörige Steueramt arbeitet nicht mehr wie bisher in voller Selbst ständigkeit aus eigene Faust. Es können also nicht mehr Finanzmaßregeln getroffen werden, von denen der Bezirks- Vorsteher gar kein« Kenntniß hat, und die, wie die» häufig ge schehen, der momentanen wirthschastlichen Situation der Be völkerung, von welcher da» Steueramt nicht unterrichtet war, weil die bezüglichen Meldungen nur der politischen Behörde zugekommen sind, nicht entsprechen. Die Einhebung, Verrech nung und Abfuhr der Steuern, Gefälle, Taxen, Forst- und Domänenrenten, sowie die Verwahrung der Depositen u. s. w. hat zwar da» Steueramt unter eigener Haftung zu besorgen, der diese Obliegenheiten betreffende au-wärtigr Geschäft-Verkehr erfolgt jedoch im Wege de» Bezirksvorstehers der, von Allem unterrichtet, auch in der Lage ist, die Maßregeln de» Steuer- amt- in jedem besonder» Falle mit der allgemeinen Situation in Einklang zu bringen und Mißgriffe zu verhüten Mit den richterlichen Functionen ist der Bezirtsvorsteher selber oder in größeren Bezirken ein Adjunct belraut. Die Kret«behörde be sorgt alle administrativen und finanziellen, jedoch keine gericht lichen Angelegenheiten de» Kreises. Für letztere werden durch die Gerichtsordnung eigene GerichtSstellen zweiter Instanz geschaffen. sEdinburM eingetroffen.) Auf Jan Mayen waren bis Mitte August die Jnstallation-arbeiten der Expedition bis auf die Aufstellung der magnetischen Barlation«- instrumrnte bereit» vollendet. Die meteorologischen Beobachtungen aus den Gewässern von Jan Mayen dattren seit 27. Juni; auf der Station wird seit 1. August beobachtet. Die magnetischen Beobachtungen dagegen sind noch im Rückstände. Zu astronomischen Beobachtungen bot sich nur selten Gelegenheit, so daß die geographische Lage der Station, welche über 71° Nordbreite liegt, noch nicht genau angegeben werden kann. Al« Stationsplatz wurde da« Thal der Mary- Muso-Bai, welches längs de« SüdabhangeS de» Vogel- berge« nach Osten streicht, gewählt; demselben wurde der Name „Wilczesthal" beigelegt. Archäologie. Einen wichtigen etru«kischen Gräberfund erwähnt der „Hamb. Eorr.". Unweit der Eisenbahnstation Ehiusa stießen die Bauern auf dem Grundstück Boncia plötzlich auf ein etruskische« Grab, da« augenscheinlich noch von keiner profanen Hand entweiht worden war, denn man entdeckte darin eine Fülle von werthvollen Bronzeobjecten, welche ein früherer Entdecker wohl schwerlich verschont haben dürste. Unter Anderm befindet sich daruoter ein runde« Kohlenbecken, da« mit zwei ungemein fein ge arbeiteten Satyrn geschmückt war. Nicht minder in teressant ist ein Dreifuß, auf welchem eine große Taffe ruht; ferner eine ciselirte Base mit einem Meiffchen- kopfe al« Ornament, auf welchen sich die beiden Griffe stützen; der Deckel dieser Base läuft in eine Statuette au», deren Beine sich in gelungenster Position darüber au-fpreitzrn, um mit den Füßen den Verschluß zu regeln. Sodann eine große Tasse, deren Deckel ähnlich construirt ist wie bei der Base; nur ist er reicher und sinniger decorirt. Außer mehreren Goldkugeln und Salbenfläschchen fand man auch eine BenuSstatuette, die eine Schnecke in der Hand hält, und endlich ein kleine» Elsenbeinobject, da» einen mystischen Zweck ge habt zu haben scheint. — Einen ähnlichen Gräberfund machte man in Allumiere unweit Civitavecchia auf der Landstraße, die nach Tolfa führt. Jede Gruft ent hielt ein unversehrte« Ossarium, da» genauso arrangirt schien wie diejenigen, welche man bei Villanova und Galla- feeca bloß gelegt hatte. Mehrere enthielten noch daS Skelett de» Inhaber«. Auf den Basen, welche sich darin vor fanden, sind mehrere geometrische Figuren eingebrannt. WaS die Glasur anbelangt, so muß man über die Vollkommenheit staunen. — Endlich sind in dem Fran- ciScaner Kloster von Brindisi mehrere alte orien talische Gräber bloßgelegt worden. Ihre Construc- tion ist ganz ander« al« die etru«kffchc. Die Gruft selbst ist durch sechs mächtige Felsblöcke verschlossen. Der Leichnam lag stets mit dem Gesicht nach dem Orient, während die Etrusker ihre Todten von Süden nach Norden zu betten pflegen. Um die gemachte Stelle zu begleichen, errichteten die Orientalen einen ändert« halb Meter hohen Hügel, so daß die Auffindung dieser Grabstätten mit keinerlei Schwierigkeiten verknüpft ist. Die Todlenkommer ist beinahe 3 m lang, und auf den Wänden bemerkt man zahlreiche Inschriften. Auch sind noch fchwache Reste von Wandmalereien vorhan den. Wie e« scheint, waren die betreffenden Völker- D«m KreiSvorstehrr sind nicht nur all« politischen Beamten der KretSbehörde, sondern auch jene de« Eteurrinsperiorat« de» Forst-, Sanitäi», Bauamte» u. j. w untergeordnet, so daß auch bei der Kreiddehörde die Leitung der verschiedenen Grschast»zwrige »ine einheitlich« ist und der KreiSvorfteher über alle Augelegen- heiten zu versagen ha«. Die Krei»b«hörde erstatte« die simmt- Uchen Berichle an die Lande«regi»rung. Letztere ist sonach die einzige und oberste Leutraistelle in Bosnien und der Herzego wina, während früher neben dieser die FinanzlandeSdireetion »nd die Berghaupimannschast als coordinirte Stellen unmittel bar mit dem gemeinsamen F«nan,Ministerium correspondirteu und von demselben auch directe Weisungen erhalten haben. Da nunmehr die Gesammtheit der Geschäfte bei der Landes regierung centralisirt wurde, so ist auch der Eivilstellvertreler de» Chefs der Landesregierung mit allen Befugnissen zur Lei tung der Geschäfte vom einheitlichen Gesichtspunkte auSgestattet worden. Kallay beabsichtig», während feiner bis Ende deS MonatS dauernden Anwesenheit im Lande blo« da» neue Ver- «altungrsystem mit den Männern seine« Vertrauen» zu be gründen, sodann jedoch die Führung sämmtlicher Geschäfte ganz und ungetheil» der Landetiregirrung zu überlassen. Nur die Entscheidung über die wichtigsten personalen und sachlichen Angelegenheiten bleibt selbstverständlich dem gemeinsamen Finanzministerium Vorbehalten. — Die Neusatzcr Meldungen über den Irrsinn deS als serbischer Agitator bekannten Abg. Miletic» be stätigen sich, laut der „N. fr. Pr." Man erzählt, Miletics habe sich in die Donau gestürzt, sei jedoch noch lebend herauSgezogen worden. Sollte sein Zu stand sich nicht bessern, so wird er in die Lande-irlen- anstalt bei Ofen gebracht werden. St. Peter-burg, 12. September. (Tel.) Der Kaiser und die Kaiserin in Begleitung deS Thron folgers und der übrigen Großfürsten trafen gestern Morgen A11 Uhr aus Peterhof auf der Aacht „Alexandra" in St Petersburg ein. Bon der An- fahrtsstelle der Dampfer fuhren dieselben sodann in offener Equipage unter den begeisterten Hochrufen einer zahllosen Volksmenge durch die im reichsten Festschmuck prangenden Straßen zur Alexander-NewSkikathedrale. Nach Beendigung des Gottesdienste», welchem auch der Fürst von Montenegro an der Seite der Kaiserin beiwohnte, frühstückten die Majestäten bei dem Metro politen Isidor, worauf dieselben in offenem Wagen unter erneuten Hochrufen der Volksmenge nach dem AnischkowpalaiS und sodann über da« Mar-feld, wo ein Volksfest stattfand, nach der Festungskirche fuhren. Daselbst verweilten der Kaiser und die Kaiserin einige Zeit im Gebete an den Gräbern deS verewigten Kaiserpaare» und kehrten alsdann läng» de« Palai« und deS englischen Kai« zur Dampferansahrt zurück, wo die Aacht „Alexandra" dieselben wieder aufnahm und nach Peterhof zurückbrachte. — Die nach Korea geschickten chinesischen Truppen stellten die Macht deS König- ohne Kampf wieder her. Der Vater des König», früherer Führer der Opposition, ist nach Tientsin gebracht worden. Bukarest, 7. September. (Allg. Ztg.) Die Ent wickelung der von einem übel berathenen National- patriotiSmuS erfundenen kutzowalochischen Frage hat bezüglich der Verwendung deS in Rumänien für Schulzwecke gesammelten Geldes zu einem artigen Skandälchen geführt. Seit Jahr und Tag wird in der hiesigen Presfe darauf verwiesen, daß e» eine Ehrenpflicht der rumänischen Nation sei, die Kutzo- walachen durch Giündung und Erhaltung rumänischer Schulen in Makedonien in geistigem Eontact mit ihren Brüdern im Norden der Donau zu erhalten. Ein eigenes Comitä, um dessen Förderung sich der frühere Unterricht-minister Urechia große Verdienste erworben hatte, bildete sich zu dem Zwecke, den kutzo- walachischen Brüdern die Segnungen eines nationalen Unterrichts zuzuwenden. Sammlungen wurden veran staltet, die Ausgabe eine- Prachtwerkes, de- sogenann ten macedonifchen Album-, zum Besten der rumänischen Schulen in Makedonien veranlaßt, und die Regierung selbst glaubte ihre nationale Gesinnung durch Be willigung nicht unansehnlicher Beträge zum gleichen Zwecke bekunden zu müssen. Und das Resultat aller dieser gewiß gut gemeinten, aber wohl etwa- über schwänglichen Bestrebungen? Wie sich nun heraus stellt, sind die für die rumänischen Schulen in Kutzo« walachien gesammelten Gelder auf dem Wege nach ihrem Bestimmungsort entweder fpurlo« verschwunden, oder doch nicht im Sinne der Spender verwendet wor den. Außerdem liegen Meldungen vor, nach welchen die Kutzowalachen für die ihnen zugedachte Wohlthat einer rumänifchen BolkSerziehung iehr wenig Verstand« niß bekunden, und daß sich die Schulen, wslchen die Borbercitung zu dieser hohen Aufgabe zugefallen war, in einem erbärmlichen Zustande befinden. Nun foll zwar unter Bestimmung der Regierung eine aus den Herren Burada und P. Lageano bestehende Commission mit der Untersuchung über die Verwendung, bez. über den Verbleib, der aus Rumänien nach Makedonien zu schäften schon in der Farbenkenntnißen sehr bewandert. Man fand außer den Skeletten noch einige dreißig Vasen darin vor. Jede davon besaß einen schwarzen Boden mit weißen Ornamenten. Unter letzteren domi- mrt merkwürdiger Weise die Taubenform. Danach scheint e«, als sei die Taube der damalige Todten- vogel gewesen. Auf den Basengriffen bemerkt man auch nicht selten eine Maske. Sämmtliche Funde werden an daS etru-kische Museum abgeliefert werden. * Zu welchen Mitteln Theaterunternehmer greifen, um da« Publicum anzulocken, beweist ein Beispiel in der Nähe Berlin«. Am vorigen Sonntag verkündeten Theaterzettel an allen Straßen und Häuserecken eine Theatervorstellung. Als Postskriptum auf den Theaterzetteln war aber mit großen Buchstaben zu lesen: „Die geehrten Herrschaften, welche ein Billet zum ersten Platze erstehen, haben morgen zwischen 11 und 1 Uhr bei Unterzeichnetem eine Zahnconsultation frei. Auch werden gegen geringe« Aufgeld Zähne gr- rissen und plombirt. Ä. S. Theaterdirector und frühe rer Zahntechniker." (Wörtlich) Vierzehn Personen wurden de« Abend- auf den mit weißen Servietten belegten Bänken de« ersten Platze- gezählt, und alle diese Vierzehn machten in der That eine so jämmer liche Miene, daß die« nicht allein auf da« aufgeführte Trauerspiel, sondern vielmehr auf die zahnärztliche Behandlung zu beziehen gewesen mag. Auch die« ist ein Fall, der dett ost ausgesprochenen Wünschen nach größerer Strenge bei den Tbeaterconcession-gesttzen Vorschub leistet.