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Dresdner Journal : 14.09.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-09-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188209148
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18820914
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18820914
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1882
-
Monat
1882-09
- Tag 1882-09-14
-
Monat
1882-09
-
Jahr
1882
- Titel
- Dresdner Journal : 14.09.1882
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SV 214 Donnerstag, den tä September. 1882. b» U»»»«» »«1^,: ^Urrliokr.... 18 II«,» ^MrrUek: 4 I1»rk 80 kk. Lüuivlo« Huwwsro: 10 ?5 L«»»,rv»lv 6«, 6«uticir«n keictr»« tritt ko»t- uvä 8t»mp«1»u»ct>i»^ tuoiu. Ia»»r»t«»pr«I»k, r kür 6eo L»uw vtLvr ^e«p»It«ovo Sa ?f. 0at«r ' äi« 2«il« L0 kk. ö« 1'»d«Ue»- uoä 2iir«rv,»tr »0 Fuk«-KI»^. Dres-ntrÄurml. ki-ve^sloev, »ut 6«r Sono- uvä keiortv^v Xdv«»« kür 6«v kot^sväso Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. loservteovovvlim« »a»«ie1»r F>. Lra»ci»eetter, 0ou»m»»»ionLr 6s, Oreväoer 6ouru»I»; »«wdur^ »,rIta-Vt«o l.»tp»iG »«»«> Lr««l»» rr«»Ilkvrt ». //aa»er»«tein F ^o-ter, 8,rU» -V>,a LEdarff- l-,ip,i^-^r»olltuit ». M.-Nvacd»»: ktu4 ^k»«e,» L«rUv' /nvatt6enetunt,' Nr«w«u. F' F Lterngen » Lureais (F'mit rr»nkkart »N: /?. Erreger'»sk« Nuedk»o6luo^; SvrUt»: te. Cülter; S^»or»r: O. Lct»Et«r, r»r>i »,rU»-kr»Lvkart ». » - >tatt^»rt: Daudet (So., s»wdirr^: ^16. §te»ner. ll « r « u « x v d « r r Lüoisl. Lrpsäitioa äs« vrs«6oer 6ourllLtv, Drs»6sll, Lvio^vrstr»«« Iso. SO. Nichtamtlicher Theil. Telegraphisch« Nachrichten. ZrttungSschau. Tagesgeschichte. Zvr ägyptischen Krage. Erv««a»vgev, »ersetz«»-«» ». im öffeutl. Dienke. Kenilletou. TageSkalevder. Inserate. Erste Beilage. Dresdner Nachrichten. Vr»pivzialnachrtchtev. LermischteS. Statistik nnd Lolkswirthschaft. Telegraphische WitterungSderichte. Inserate. Zweite Beilage. BSrsennachrichten. Telegraphische Nachrichten. BreSlau, Mittwoch, tS. September, Lormit- tagS. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Die „BreSlauer Zeitung" ist ermächtigt, die Behanptnngeu einiger Blätter betreffs der Abwesenheit deS Großfürsten Wladimir bet der Ankunft deS Kronprinzen von Oesterreich als jeder Begründung entbehrend zn be zeichnen. ES sei nicht Sitte, einen frrmden Kürsten ans fremde« Boden, wo er ein Gast deS Land«s- berrn sei, zu empfangen. Trotzdem habe der Groß fürst Wladimir beabsichtigt, den Kronprinzen Nu- dolf zu empfangen; eS habe ihm aber in dem Augenblicke, wo er sich zur Bahn begeben wollte, dir österreichische Uniform nicht zu Gebote gestan den. Die rassischen Offiziere seien jedoch zum Empfange deS Kronprinzen erschienen. Bon po litischen Motiven für d«S Kernbleibea deS Groß fürsten könne drmnach keine Rede sein. Loudon, Mittwoch, 18. September, Morgens. (Tel. d. Dresdn. Journ.) DaS Eabiaet tritt heute zu eiuer Berathuug zusammen. Di« „LtmeS" glauben, daß die letzten Hinder nisse überwanden seien »ad die euglisch - türkische Militircouveation vvverzüglich untrrzeichuet wer den dürfte. Die englische Negierung nehme dir Looprratiou der Türkei an, «eil dadurch die Ge fahr der Unzufriedenheit der «uftlmänuischeu und der britischen Unterthavev beendigt und der Ein mischung irgend einer evropiischen Macht vorge- beagt werd«. DaS türkische Contiugent übersteige 3VVV Mann nicht, gehe nach Port-Said und em pfange dort General Wolseley'S Weisungen be treffs deS LandangSortS. Oberst Wilson ist bei dem türkischen Coutia geut zu« englischen Eo««iffar ernannt worden und nach Konstantinopel abgereist. „Nrutrr'S Office" meldet anS Kassassin von hrate früh: Die englische Armer vrrließ gestern Abend daS Lager und marschirt gegenwärtig auf Tell-el-Kebkr za. Der Angriff auf die Stellung Arabi'S wird noch vor Sonnrnaufgaug erwartet, (vgl. umstehend die Rubrik „Zur ägyptischen Frage".) AuS Alexandrien von 10 Uhr LormittagS meldet eine Depesche Sultan Paschas au den Khedive, daß der Angriff der Engländer gegen Tell-el-Khrbir ^5 Uhr früh hegonnen habe. AnS Port-Said wird gemeldet, daß die Eng länder an Terrain gewinnen. Loudon, Mittwoch, 13. September, Vor mittags K11 Uhr. (Tel. d. Dresdn. Journ.) General Wolseley hat Tell - el - Kebir Henle Morgen mit 40 Geschütze» eingenommen >«h dabei sehr zahlreiche Gefangene gemacht. Die Truppe« Arabi'S scheinen dollständig zersprengt z» sei». Die Cadallerie verfolgt die Flücht linge. London, Mittwoch, 13. September, Mit tags. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der Verlast der ägyptische» Tr»ppea bet Tell-el-Kebir wird a»f 2000 Ma»» geschätzt; der Verlust der Engländer beträgt 200 Mau«, einschließ lich zahlreicher Ossiziere. Die Armee Arabi'S ist vollständig demoralifirt. Die Infanterie stiehl gegen die Wüste, von der englische« LavaLerie lebhaft verfolgt. Dresden, 13. Scptember. Die Hetzereien gegen die Deutschen in Pari- Haben nunmehr nachgelassen; allein diese von Agita toren versuchte, von sämmtlichen angeseheneren fran zösischen Blättern verurtheilte, beziehungsweise lächer lich gemachte Erregung der Massen gegen unsere Lands leute giebt der deutschen Presse gegenwärtig zu Unter suchungen über die Stellung und den Einfluß Ver anlassung, welcher dem deutschen Element in Paris zukommt. BemerkenSwerth sind in dieser Beziehung folgende Auslassungen des Pariser Eorrespondenten der „Vossi scheu Zeitung", welcher darauf aufmerksam macht, daß ne Zahl von 60000 Deutschen, welche m Paris leben, keineswegs eine zu hohe ist, auch wenn man die vorübergehend in Paris anwesenden Deutschen nicht hinzurechnet. Bei einer Bevölkerung von über Millionen, worunter mehrere Hunderttausend andere Ausländer, heißt es, kann diese Zahl doch gewiß nicht in Betracht kommen, keinen Einfluß auf Lohn und Preis auSübev. Seit mehreren Jahren ist in der Oeffentlichkeit von einem Hasse gegen Deutsche kaum noch etwa» zu merken. Ader Thatsache ist doch, daß in vielen Kreisen, z. B. unter Studenten und jungen Leuten, ein Deutscher nicht geduldet oder wenigstent gemieden wird. In den Werkstätten und Handlungs geschäften wird ein neu ankommender Deutscher selten geduldet, wenn der Principal ihn einstellen will. Die Deutschen sind daher überwiegend bei Deutschen be schäftigt, oder aber sie finden sich in Geschäften, wo man sie nicht entbehren kann. Wir haben hier min destens 200 deutsche EommissionS- und Speditionshäuser, welche die Ausfuhr französischer Waaren nicht bloS nach Deutschland und Oesterreich, sondern auch nach denDonau- ländern, Rußland, Skandinavien, den Vereinigten Staaten und überhaupt Amerika, theilweise sogar noch nach Holland, der Schweiz, dem Orient und Afrika in Händen haben. Bei diesen finden die deutschen Handlungs gehilfen Anstellung, sonst nur ausnahmsweise, wenn daS betreffende Geschäftshaus Verbindungen nach Deutsch land u. s. w. hat oder anfangen will. Außerdem stellen nur noch die großen Bankhäuser Deutsche an, eben wegen ihrer Beziehungen zu Deutschland und dem Ausland. Daß die deutschen CommisfionShäuser dem französischen Export ungeheure Dienste leisten, ist ganz unbestreitbar. Gesetzt den Fall, alle diese Geschäfts vermittler wären mit einem Schlage weg, dann würde unbedingt der größte Theil ihrer Kunden in Deutschland und Oesterreich sich an keinen andern Vermittler wenden, noch wenden können, sondern einfach die betreffenden Ar tikel au» Berlin und Wien sich kommen lassen, wie dreS that- sächlich während deS deutsch-französischen Kriege- der Fall gewesen ist. Wären damals die deutschen Lommissio näre nicht nach Pari» zurückgekehrt, so hätte die hiesige Mode- und Luxusindustrie ganz sicher einen sehr be deutenden Theil ihres Absatzes in Deutschland für immer eingebüßt. Auch ein guter Theil der Kundschaft, welche diese EommissionS- und Exporthäuser in an deren Ländern und Welttheilen mit Pariser und fran zösischen Artikeln versorgen, würde in derselben Weise auf Deutschland übertragen werden können. Denn ehe die Franzosen sich die nöthigrn Sprach, und anderen Kenntnisse und Erfahrungen angeeignet hätten, um an Stelle dieser Geschäftshäuser treten zu können, wäre die Kundschaft schon an anderweitige Versorgung ge wöhnt. Daraus geht wohl zur Genüge hervor, wie Unrecht die Franzosen haben, wenn sie den hiesigen Deutschen vorwerfen, sie lebten auf Kosten Frankreichs, schmälerten dessen Einwohnern daS Brod. Gerade das Gegentheil ist der Fall. Ohne die Deutschen in Paris würde die französische Ausfuhr, gering angeschlagen, um 100 bi- 150 Millionen sich vermindern. Daß die Deutschen hier Buch- und Steindruck, Pianofortebau, Anfertigung von musikalischen und anderen Jnstru- menten eingeführt haben, daß sie unendlich viel zur Blüthe de» Kunsthandwerkes, der Moden- und LuxuS- waarenindustrie beitragen, ist öfter eingehend nachge wiesen worden. Daß e» auch zahlreiche Deutsche giebt, welche bloS ihr Geld hier verzehren, daß Tausende reicher Deutschen alljährlich Pari- zu ihrer Unterhal tung besuchen, will ich gar nicht einmal in Anschlag bringen, obwohl eine ansehnliche Zahl von Gasthöfen u. s. w. dadurch ihr Geschäft machen. DaS Vorstehende genügt, um zu beweisen, daß die Deutschen die ihnen hier nur sehr widerwillig gewährte Gastfreundschaft überreichlich entgelten. Wenn eS bloS auf das Ge schäftliche, Wirtschaftliche ankäme, so könnte Deutsch land nur wünschen, daß alle seine Angehörigen Paris und Frankreich vollständig räumen und auch ferner meiden würden. Nur Deutschland hätte Vortheil davon. Der Lorrespondent der „Voss. Ztg." schildert die Zustände jedenfalls in einer der Wahrheit entsprechen den Weise. Zunächst wird die Zahl der Deutschen in Paris bedeutend überschätzt. Wenn man dort über- all deutsche Laute hört, so ist dieses dem an Zahl in imposanter Weise überhaupt vertretenen germanischen Element, repräsentirt durch Elsässer, Oesterreicher, Deutsche, Schweizer, Flamänder u. s. w. zuzuschreibrn, dessen Gesammtheit mindestens auf 200000 Köpfe veranschlagt werden muß. Der Franzose, dem die UnterscheidungSgabe für die verschiedenen Idiome ab geht, schreibt Alles auf Rechnung der deutschen Natio nalität. Letztere ist keineswegs vorherrschend vertreten, und ihre Wirksamkeit ist, wie der Lorrespondent der „Boss.Ztg." mit Recht ausführt, eine Wohlthat für den französischen Export. Die Vertreibung der Deutschen au» Pari» während dcS letzten deutsch französischen Krie ge-, welche zur Gründung einer Reihe, nunmehr be deutender und blühender FabriketablissementS in Deutsch land führte, hat zur Genüge bewiesen, welche Vortheile unserm Vaterlande erwachsen würden, wenn wir von unserer AuSlandSsucht abließen und wenn ein großer Theil unserer gewerb- und handeltreibenden Bevölke rung ihre Intelligenz im Interesse der inländischen Production verwerthen wollte. Vor 1870 hatte man 176000 Deutsche in Frankreich; heute sind deren nur halb so viele. Der größere Theil der Ausgewiesenen ist nicht zurückgekehrt, weshalb man 1872 nur 39000 Deutsche in ganz Frankreich zählte. In Bezug auf diese Rückwanderer bemerkt Hermann Kuhn in der „Kölnischen Volkszeitung": Von den besseren künstlerischen und gewerblichen Kräften sind viele in Deutschland geblieben. Selbstverständlich blieben aber Diejenigen nicht aus, deren Lebensstellung an Paris gebunden ist. Deshalb kam die den Franzosen gegen wärtig nützlichste Klasse von Landsleuten ganz voll ständig zurück, nämlich die Inhaber und Gehilfen der Pariser deutschen LommissionS- und Speditionsgeschäfte. Die Eomm.ssionäre stanoen so zu sagen hinter den Friedensunterhändlern, um sofort wieder in Pari einzuwandern, die Ersten am Platze zu sein. Sie schickten auch gleich ihre Reisenden, Preisverzeichnisse u. s. w. nach Deutschland und erhielten sich, und da durch natürlich Paris, die deutsche Kundschaft. Wären sie weggeblieben, so würden die Pariser nicht vermocht haben, den Absatz ihrer Erzeugnisse in Deutschland zu behaupten. Ehe sie Deutsch gelernt, sich Mit den deutschen Verhältnissen vertraut gemacht, wären Jahre hingegangen. Die deutschen EommissionShäuser führen vielfach gegen einander einen höchst nachtheiligen Wett kampf, eine» sucht da» andere zu unterbieten. Um sich einigermaßen unbequeme Nebenbuhler vom Leibe zu halten, nehmen die EommissionShäuser grundsätzlich nur unbemittelte Geschäftsgehilfen an. Die jungen Leute mit Vermögen gründen gar zu gern ein eigenes Geschäft und schnappen dann ihrem früher» Brodherrn möglichst die Kundschaft weg Ich glaube auch nicht, daß die von einem chauvinistischen Blatte („Siäcle", Organ deS Kammerpräsidenten Brisson) vorgeschlagene Kopssteuer von 100 FrcS. auf jeden Ausländer sich wirksam erweisen und die deutschen EommissionShäuser auS Paris vertreiben würde. Seit dem Kriege nehmen die ranzösischen Geschäftsleute grundsätzlich keine deutschen Handlungsgehilfen mehr an. Wenn sie ihrer Verbindungen halber deutschsprechende Gehilfen nicht entbehren können, suchen sich sich mit Elsässern, Schwei zern, Oesterreichern, Luxemburgern, Holländern, Bussen und Polen zu behelfen, stellen daher Deutsche nur im äußersten Falle ein. Diese finden dann hauptsächlich in den gedachten Commissionshäusern Anstellung,welche meist nur deutsche Gehilfen gebrauchen können. Die Bankhäuser, Actrengesellschaften rc. haben ebenfalls, wiederum wegen ihres Verkehrs mit Deutschland, einzelne Landsleute in ihren Diensten. Hier aber schädigen die Deutschen ihr Vaterland noch mehr, als durch da» EommissionS- geschäft. Denn die Bankhäuser und Aktiengesellschaften befassen sich alle mehr oder weniger damit, an ihren meist zweifelhaften, oft geradezu als Schwindelpapiere zu bezeichnenden Werthen möglichst viel in Deutsch land an den Mann oder vielmehr an die Dummen zu bringen. Durch die Schwindelzelt des Kaiserreiches, als Ersdit-Mobilier u. s. w. blühten, wie durch den letzten Krach (Januar 1882) ist daher Deutschland in Mitleidenschaft gezogen worden. Ohne ihre deutschen Angestellten vermöchten aber die Banken und Aktien gesellschaften nicht so leicht ihre Schwindelgeschäfte auf Deutschland auSzudehnen. Durchschnittlich dürfte Deutsch land jede- Jahr aus diese Weise mindesten- 100 Mil lionen verlieren. Ander- ist eS auch nicht zu erklären, warum der GeldcourS jetzt für Deutschland so un günstig ist, trotzdem Frankreich jährlich 40 bi- 50 Millionen, wegen Mehremfuhr au» Deutschland, dem selben herauszuzahlen hat. Lagesgeschichte. Dresden, 13. September. Bei den Herbstübungen deS XII. (königl. sächsischen) Armeekorps vom 14. dis 20. September d. I werden in Dresden die nachstehend genannten allerhöchsten und höchsten Herrschaften an wesend sein: Se. Majestät der Kaiser Wilhelm König von Preußen, Se. kaiserl. und königl. Hoheit der Kronprinz des Deutschen Reichs und von Preußen, Se. königl. Hoheit der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin, Se. kaiserl. und königl. Hoheit der Erzherzog Johann Salvator von Oesterreich, Se. kaiserl. Hoheit der Großfürst Wladimir von Rußland, Se. königl. Hoheit der Prinz Wilhelm von Preußen, Se. königl. Hoheit Feuilleton. Redigirl von Otto Baue». Wandlungen.*) Siovelle von F. L Dietmar. Der letzte an diesem Alund fällige Zug war ein- aetroffen und der geräumige Perron de» Bahnhofs für einige Minuten wie überschwemmt von den an kommenden Passagieren. Da aber jeder die größt möglichste Eile entwickelte, um entweder einen der harrenden Wagen zu erreichen, oder sich auch zu Fuß durch die kalte Winternacht zu bringen, so hatte sich die Fluth bald wieder verlaufen. „Haben Sie etwa» zu tragen", wandte sich einer der Kvfferträger an einen Passagier, welcher gerade einem Bediensteten in der Gepäckausgabe seinen Zettel hinreichte. E» war ein Herr von hohem Wuchs, dessen Ge sicht, obwohl eS von dem hoch hinaufgehrnden Kragen des Pelzmantels halb verdeckt wurde, eine gewisse Vornehmheit nicht verkennen ließ. Er wandte sich jetzt »ach dem Frager um und sagte mit einem flüch tigen Blick nach dem Zeichen an dessen Mütze: „Befördern Sie diesen Koffer nach der Wohnung der Frau Lommerzienräthin Wallburg! Ich selbst werde »och vor Ihnen dort sein." Eine Minute später hatte der Fremde bereits den Bahnhof hinter sich und ging rasch auf de« Wege »ach der Stadt fort. Der letztere mußte ihm sehr *) Kochsnut verböte«. wohl bekannt sein, denn eS bedurfte für ihn keiner Frage an irgend einen Begegnenden, um sicher auf ihm fortschreiten zu können. Plötzlich jedoch hemmte er seinen raschen Gang, al» sei ihm eine Ueberlegung gekommen; offenbar erinnerte er sich, daß sein Ziel noch auf einem nähern Wege, al» dem eingeschlagenen, zu erreichen sei, denn er bog jetzt von der breiten Straße in eine engere, seitwärts führende ein und seine Schritte beschleunigten sich mehr und mehr, je näher er sich dem Ziel seiner Wanderung fühlen durste. Richt viel freilich hätte gefehlt, so wäre er achtlos an einem dunkeln Gegenstand, der auf seinem Wege lag, vorübergeeilt, denn daS Licht einer Laterne, der einzigen, die jene Ecke der Straße erhellte, war zu schwach, al» daß e» ihn denselben beim flüchtigen Hin- schauen erkennen ließ; zum Glück aber hatte auch die Spihe seines Fuße» im Gehen jenen Gegenstand ge streift, und diese Berührung machte, daß er wie in einer Art Schreck zusammenzuckte und sich dann hastig zu dem räthselhaften Etwa» niederbrugte. Er konnte sofort erkennen, daß er dir Gestalt eine» weiblichen Wesens vor sich hatte; ob dasselbe jedoch todt, ob eS nur von einer Betäubung ergriffen war, vermochte er im ersten Augenblick nicht zu unterscheiden, jedenfalls blieb sein unwillkürlicher AuSruf, seine An rede ohne die geringste Erwiderung. Er bückte sich noch tieser über den regungslosen Körper und mit vorsichtiaer Bewegung griff er zuerst nach dem Kopf. Sofort fühlte er, daß seine Hand wie von rinnendem Blute benetzt ward, und nun tastete er nach der Stelle, wo daS Herz schlagen mußte. Eine leise Regung hatte er offenbar bemerkt, denn er richtete sich beftie- digt empor, während seine Augen zu gleicher Zeit nach Hilfe auSschauten. In demselben Augenblick ver nahm er den Schall von Fußtritten und ein rascher Anruf genügte, um dieselben zu beschleunigen. In der nächsten Minute stand ein Mann neben ihm, den sein Ansehen als einen Arbeiter kennzeichnete und welchem er nun sagte, daß eS sich um den Bei stand handle, der einer Verunglückten, durch eine Ver letzung ohnmächtig Gewordenen zu leisten sei. Der Mann schien nicht sehr gewillt, sogleich auf die Forderung der Barmherzigkeit cinzugehen. „He, von welcher Gesellschaft ist sie denn?" fragte er in seinem breiten Dialekt, auf die am Boden Liegende niederblickend, „was Vornehmes soll'S wohl nicht sein?" „DaS fragt mich nicht!" entgegnete der Fremde ungeduldig, „ich habe sie selbst jetzt erst an dieser Stelle gesunden. UebrigenS ist eS auch ganz einerlei, wer sie ist; nur fort von hier muh sie, denn wenn die Verwundung auch an sich nicht schwer sein sollte, so kann ihr die kalte Rachtluft doch leicht den Tod bringen!" „Wohin soll sie denn aber geschafft werden?" fragte der Mann wieder, indem er die Mütze auf seinem Kopse hm und her schob. „Nun, inS erste beste Haus natürlich, damit ich sie dort zunächst weiter untersuchen kann; ich bin selbst Arztl" rief der Fremde rasch „Ja, da müßten wir aber erst Lärm machen, daß die Leute aufwachen I Sie sehen wohl, in den Fenstern hier brennt nirgends mehr Licht; eS ist zehn Uhr vorbei." „So schaffen wir sie nach dem Hospital! rief er auS, in dem Drange, die Sache möglichst schnell zu Ende zu führen. „Ja, aber wie?" meinte der Andere bedächtig, „der Weg ist weit!" Der Fremde trat halb erzürnt mit dem Fuße auf; ehe er aber noch eine Erwiderung geben konnte, wurde sein Ohr von einem weitern Geräusch getroffen, dem er sofort gespannt lauschte. Diesmal war eS das Rollen von Rädern. „Ein Wagen!" rief er erfreut au». „Wahrhaftig!" entgegnete der Mann de» Volks, „und er kommt hierher. Nun, eS erklärt sich wohl, denn da» Theater wird zu Ende sein; aber die Wagen von dorther fahren sonst eben nicht durch diese Straße." Der Fremde hatte kaum noch auf diese Worte ge hört, sondern war dem Wagen entgrgengetreten. Sein Zuruf bewog den Kutscher sofort, die Pferde anzuhal ten, wenn schon derselbe weit entfernt war, die Ursache deS letzter» zu ahnen; er schien vielmehr zu glauben, daß man vor einer Gefahr, einem Hemmniß warnen wollte, denn er beugte sich halb vam Bock hernieder und rief dem aus der Dunkelheit Auftauchenden, dessen Umrisse er nur undeutlich erkennen mochte, zu: „Alle Wetter, kann man auch hier nicht durch? Ich habe diese Straße nur genommen, weil auf dem andern Wege, in der Lindenallee, daß Pflaster aufge rissen war!" Der Fremde schnitt die Erkundigung rasch ab. „Ich suche Hilfe und Unterstützung für einen Dritten, die dringend noth thut und schnell geleistet werden muß," sagte er; „ich werde Ihre Herrschaft im Wagen bitten, mir dieselbe zu aewährenl" Damit schritt er auf den Schlag zu, dessen Fenster
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