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W146 Dienstag, den 27. Juni. 1882. Ldvo»vmc»t»pr«t,: üv U«»««» s«ot»«d«» »Silk« I dLkrlick Stark. '^MUrUek: 4 Stark vo kf. Lin««Io« ^uwwsru: lv?5 Lu«,»rk»Id de, deutscbeo keicks» tritt?o»t- uod 8t«mpsl«u»ctdax bmru. Insoratenprelsor kLr den kaum einer xespattvnen ?etitreil» 20 ?f. Unter „Liaxesandt" di« 2eilo SO kt. 8«i I'»b«U«n- und Aiüsrnratr SO Fukiebtax. DreMerHournal. ln»er«1vnLiio»dm« »««vlet«: 2<>. Lrand«trtter, CorumiriionLr de« vreedner dournal«; S«md»r, L«rl>u -Vi,i» - l^tpiix L«»«I vr««!»ll rravk/urt «. Daar-nÄeia d' ^09/er, »«rUü-Vt«o S«mbur,- rr»ir-l.,ip«>^ r'«»Ilkllrt «. ».-»üocd«o: dc«d. //Ee,' L-rlia: /nraiid<«dant , Lr»w«o: i8c)>/otte,- Lr«»I«u: F LtanA-n'i Li«rea«« dtabaiS), kr«vkk«rr « H L darAer'»ctie Lucdballdiulix; ÜSrUt«: t-. ^/üAer/ L»oi»ov,r: 0. §cl>E/er, kart, Nsrliv-rraakeart » N - »tuttxart Daube F tÄ., Uamdorx: ^d. Lteiner. Lrvebelaen r HtxlioU mit Xuünadmg der 8ovn- und keisrtaxa ^b«od« für dsu folgenden Hx. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. llerauvxvdvrr Lüviel. Lipedition ds, Dresdner douroat^ Oresdoo, Aviaxerstrasss kio. 20. Abonnements - Einladung. Auf das mit dem 1. Juli beginnende neue vierteljährliche Abonnement des „Dresdner Jour nal- " werden Bestellungen zum Preise von 4 M. 50 Pf. angenommen für Dresden bei der unter zeichneten Expedition (Zwingerstr. Nr. 20), für auswärts bei den betreffenden Postanstalten. NßAukiudiguuge« aller Art finden im „Dresd ner Journal" eine sehr geeignete Verbreitung, und werden die Gebühren im Ankündigungs theile mit 20 Pf. für die kleingespaltene Zeile oder deren Raum berechnet; für Ankündigungen unter „Eingesandtes" sind die Gebühren auf 50 Pf. für die Zeile festgestellt. In Dresden - Neustadt können Bestellungen abgegeben werden in der Kunst- und Musikalien handlung des Herrn Adolf Brauer (Haupt straße 2), sowie bei Herrn Kaufmann Arthur Reimann (Albertplatz gegenüber dem Albert theater), woselbst auch Ankündigungen zur Be förderung an unser Blatt angenommen werden und einzelne Nummern des „Dresdner Journals" zu haben sind. ttömgl. Expedition des Dresdner Journals. (Zwingerstraße Nr. 20, in der Nähe des neuen Postgebäudes.) Amtlicher Ltml. Dretdeu, 26. Juni. Ihre Majestät die Königin sind gestern Abend 8 Uhr 45 Min. von Morawetz im Hoflager zu Pillnitz eingetroffen. Dresden, 24. Juni. Auf Allerhöchsten Beseht wird wegen erfolgten Ablebens Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Marie von Württemberg am Königlichen Host die Trauer auf eine Woche, vom 26. Juni bis mit den 2. Juli a. e. angelegt. Dresden, 26. Juni. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Geheim - Sekretär bei der Kanzlei des GesammiministeriumS Earl Adolf Fischer den Titel und Rang eines KanzleiratHS, unter An weisung de» Ranges in der V. Klaffe der Hofrang- ordnung, zu verleihen. Dresden, 23. Juni. Mit Allerhöchster Genehmi gung ist dem Marklhelfer Ernst Gustav Wehnert in Zittau für die von demselben unter großer Entschlossen heit, besonderer Anstrengung und eigener Lebensgefahr bewirkte Rettung zweier junger Leute vom Tode de« Ersticken» oder Verbrennens die silberne Leben-rettungS- medarlle mit der Erlaubniß zum Tragen am weißen Bande verliehen worden. Nichtamtlicher Theil. neberIicht: Telegraphische Nachrichten. Zeitung-schau. (L'OSmanli.) Tagesgeschichte. Znr Lage in Aegypten. Dresdner Nachrichten. Singesandtes. Beilage. Dresdner Nachrichten. Proviuzialuachrichten. (Leipzig. Wolkenburg. OelS- nitz. Meißen.) Vermischtes. Telegraphische Nachrichten. Trieft, Sonntag, 25. Juni. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Ettore" ist mit 256 und der Lloyd- dumpfer „Minerva" mit 217 Passagieren aus Alexandrien hier eingetroffen. London, Montag, 26. Juni. (Tel. d. DreSdn. Journ.) ES find umfassende Vorkehrungen ge troffen, um nötbigenfallS zur Beschützung deS SuezcanalS rin ErpeditionScorpS zu bilden. In folge dessen herrscht in den Garnisonen und Staat»- werften eine größere Tbätigkeit. Zwei TranS- portschiffe sollen Mittwoch nach Gibraltar und Malta abgehen, um eventuell dort Truppen einzu- schiffen. Graf Herbert BiSmarck begiebt sich heute nach Berlin und wird dort einige Zeit im auswärtigen Amte thätig sein. Riga, Montag, 26. Juni, Uhr. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Seit heute Vormittag ^12 Uhr brennt daS hiesige Theatergebäude. Belgrad, Sonntag, 25. Juni. (W. T. B.) Der König bat den von der Skupschtina ange nommenen Gesetzentwurf wegen Einschränkung der Preßfreiheit sanctionirt. Konstantinopel, Sonntag, 25. Juni. (W- T. B.) Die Conferenz hat heute die zweite Sitzung abgehalten. In derselben wären, wie rS heißt, die TouveränetätSrechte de» Sultans über Aegypten beratheu und aufS Neue bestätigt worden. Konstantinopel, Sonntag, 25. Juni. (Tel. d. Boh.) Die Pforte hat in Berlin um die Ent sendung einer Anzahl Polizeiagenten uachgrsucht, da sie beabsichtigt, die türkische Polizei nach preu- ßischem Muster zu reformiren. Der Sultan ließ den Generalconsuln Oester reichs, Deutschlands, Italien- und Rußlands in Aegypten für ihre der Mission Derwisch PaschaS geleistete Unterstützung den Dank au»- drücken. Konstantinopel, Montag, 26. Juni. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Dir Botschafter Englands und Frankreichs machten die Pforte aufmerksam auf einen in deren Rundschreiben vom 20. Juni enthaltenen Jrrthum. In dieser Circularnote sage die Pforte, daß der französisch-englische Con- ferrnzvorschlag dir Mission Derwisch Pascha» zu erleichtern bestimmt wäre; da aber der Conferenz- vorschlag vor der Mission Derwisch Pascha» ge stellt worden ist, konnte er nicht bestimmt gewesen sein, die Mission Derwisch Pascha'» zu erleichtern. Der Doyen der Botschafter der Mächte, Graf Corti, hat in einer Mtttheilung an die Pforte, in welcher er die Nichttheilnahme der Pforte an der Conferenz bedauerte, zugleich die Hoffnung ausgesprochen, daß die Pforte noch zur Theilnahme sich entschließen werde. Die Mitglieder der Con- ferenz seien überzeugt von den günstigsten Folgen der Conferenz für die Türkei und die Mächte. Die Conferenz suche Mittel, um Verwickelungen zu verhindern, und stehr der Türkei durchaus nicht feindlich gegenüber. Konstantinopel sei zum Orte der Conferenz gewählt, um die Ansichten der Pforte leichter kennen zu lernen und mit der Pforte von Punkt zu Punkt freundschaftlich sich verständigen zu können. Wie verlautet, hat die Mittheilung deS Grafe« Corti bei der Pforte einen günstigen Eindruck gemacht, und man erwartet eine ver söhnlich gehaltene Antwort der Pforte. In der gestern abgehaltevrn Sitzung der Cou- ferenz unterzeichneten die Vertreter der Mächte daS UneigennützigkeitSprotokoll. Wie eS heißt, wird morgen wieder eine Sitzung abgehalten. Alexandrien, Montag, 26. Juni. (Tel. d. DreSdn Journ.) Die Nachricht, daß der franzö sische Geueralconsul Sienkiewicz au» Gesundheit»- rückfichten seinen Abschied nachgesucht hat, scheint sich zu bestätigen. Die Gerüchte, daß man, um die Passage durch den Suezcanal abzuschneiden, Torpedo» vorbereitet bade, find unbegründet. Dresden, 26. Juni. Die letzten Tage brachten in der ägyptischen Angelegenheit keine neue Wandlung; wohl aber kamen wichtige diplomatische Actenstücke, daS englische Blaubuch und das französische Gelbbuch an die Oeffentlichkeit. Wir beginnen mit dem, unsern Lesern bereits inhaltlich mitgetheilten (vergl. Nr. 145, Rubrik „Tagesgeschichte") Blaubuch, welches Sir CH. Dilke am 23. Juni auf Andringen der Opposition dem Par lament mittheilte. DaS englische Blaubuch ist ins besondere darum sür uns von besonderer Wichtigkeit, weil aus demselben die friedliche, correcte und klare Haltung der deutschen Politik schon von der ersten Entstehung der ägyptischen Verwickelungen an mit Deut lichkeit ersichtlich ist. Da» erste wichtige Schriftstück aus der Sammlung ist Granville'- Depesche vom 11. Februar an die englischen Vertreter bei den Ostmäch ten, tu welcher ein europäischer Meinungsaustausch über die ägyptische Frage angeregt ward. ES heißt darin, daß Ihrer Majestät Regierung jetzt mit der französischen dcr Meinung sei, daß angesichts der Er eignisse in Aegypten eS wünschenswerth wäre, zu wissen, ob die übrigen Mächte sich auf einen Meinungsaus tausch einlassen wollten über die beste Art der Be handlung dieser Frage auf Grundlage der Aufrecht erhaltung der Rechte deS Souveräns und deS Khedive, der internationalen Verpflichtungen und dcr Kraft ihrer getroffenen Abmachungen, der Bewahrung der durch deS Sultans Ferwane gewährleisteten Freiheiten in Verbindung mit der vorsichtigen Entwickelung ägyp tischer Einrichtungen. Eine Einmischung sei annoch durch die correcte Haltung der ägyptischen Notabeln- kammer ausgeschlossen; doch wünschten die Regierungen von Frankreich und England zu wissen, ob eine etwaige Einmischung mit der Autorität Europa» bckleidit werden dürfe. In dem Falle hielten sie e» sür billig, den Sultan zu dem nöthigen Vorgehen und den Berathungen hinzuzuziehen. Die erste Ant wort auf diese Anfrage kam auS Berlin in einer Depesche Lord Ampthill'S vom 15. Februar. Der stellvertretende Minister de» Acußern hatte ihm be merkt, Fürst Bismarck hielte den angeregten MeinungS- auStausch für förderlich zur Aufrechterhaltung de» unter den Mächten bestehenden guten Einvernehmen». Der Fürst sei der Meinung, daß England und Frank reich in Aegypten einen diplomatischen statu« auo er worben, an den nicht gerührt werden solle. Betreff» der Frage der Einmischung hoffe er, daß sie nicht ein treten werde; doch, obgleich er persönlich dem Sultan al» Souverän Aegypten» gewogen sei, werde er keinem von den versammelten Mächten genehmigten Vorschläge im Wege stehen. Ergänzt wird diese Depesche Ampthill'S durch eine Unterredung zwischen Granville und dem deutschen Botschafter in London, Grafen Münster, welche Unterredung in ihren Hauptzügen dem Lord Ampthill am 3. Mai nach Berlin telegra- phirt wurde. Sie ist für die Haltung Deutschland» rn Aegypten von großem Werthe. Graf Münster fetzte darin dem Earl Granville auseinander, daß Fürst BiSmarck die Aufrechterhaltung des statu» guo in Aegypten von Herzen wünsche; dann aber im Falle ei nerDazwischen- kunftdietürkischefür die am wenigsten anfechtbare halte. Feuilleton. Rrdigirt von Otto Banck. Sonntag den 25. Ium fand in der Dreikönig»- kirche zu Neustadt-Dresden die zum Besten für arme Lonfirmanden veranstaltete geistliche Mufikaufführung deS Riedel'fchen Verein- aus Leipzig unter Leitung ihre» Direktors Hrn. Professor Riedel Statt. Die Productionen des Verein- bewährten sich ihrem seit lange begründeten Rufe entsprechend: al- ersten Range-. Zu den diesem Verein eigenen, in seltener Weise musikalisch vollendeten Eigenschaften musterhaften Ehor- gesange» treten noch besondere Vorzüge: eine edeln Wohlklang ergebende Tonfülle trefflichen Stimm- materialS mit richtigem Berhältniß der Stimmgattungen, rin Freibleiben von Manier und Affectation in der feinen, durch Wohlklang entzückenden Tonnüancirung, und eine künstlerisch so sichere und verständnißvolle Beherrschung des Vortrag«, daß dieser in allen Ab stufungen deS Ausdruck» frei und eigen empfunden erscheint, und um so mehr geistig belebend, ohne doch je die Einheitlichkeit de» Ensemble» und de» Stil» zu stören. Die Solisten, die Fräuleins Amalie Eichler, Sara Odrich, Louise Verhülst und Herr R. Vol- lersen fügten sich mit trefflichen Leistungen den Ehor- auSführungen an, ebenso die Herren Organisten F. P. Homeyer und A. Fischer. Herr Professor Rappoldi spielte mit außerordentlicher Virtuosität eine Fuge (A-woU) nebst Präludium von S. Bach für Violine allein, außerdem die Solovioline zu einem Liszt'schcn Psalm für Eopransolo mit Orgel, zu welchem Herr Ziech dl« Harfenpartie übernommen hatte. Hohes musikalisches Interesse erregte die Vorführung der 5 stimmigen Motette „Ltabat matsr äolorosa" de» genialsten Repräsentanten der niederländischen Schule gegen Ende deS 15. Jahrhunderts, JoSquin de Prd». DaS Programm gab über ihn ausführliche Auskunft. Der Tenor singt in dieser Motette den Text al- oautus Lrmus (mit Benutzung eines alten Volksliedes), während die anderen Stimmen ihn in polyphoner Figuration wie mit architektonisch aufge bauter Ornamentik umschlingen. DaS Auf- und Ab wogen diese» harmonischen Aufbaues kam durch die im Toncolorit meisterhafte Ausführung zu prächtiger Wirkung. Nach drei altdeutschen geistlichen Liedern, von E. Riedel sehr geschickt und stilvoll für Ehor gesetzt, bei deren letztem sich Frl. Verhülst durch Vortrag und fympathische Stimme auSzeichnete, folgte eine Litaney von Francesco Ducante und darauf Werke von S. Bach. DeS alten Meister- letzte Eomposition, Choralvorfpiel „Wenn wir in höch sten Nöthen sind" (gespielt von Hrn.Homeyer), leitete ein zu dem Dialog (Alt- und Baßfolo) mit dem groß artigen Schlußchoralchor auS der Eantate „O Ewig keit, du Donnerwort". Der Eindruck diese- dramatisch bewegten, tief empfundenen Werks, unterstützt durch eine Ausführung voll Hingebung und Berständniß (Frl. Eichler und Hr. Wollersen) war rin innerlichst ergreifender. Au« der zweiten, Lompositionen der Gegenwart gewidmeten Abtheilung de- Eoncert» seien nur besonder- die sehr reizenden, in charakeristischer Haltung gelungenen zwei Ehorcompositionen von E. Riedel, „böhmische WeihnachtSlegenden" und die schön gestaltende Ausführung der Ehorsätzc von Fr. Wüllner und L. Banck hervorgehoben. Verschwiegen sei nicht, daß durch einige Solostücke modernen Ursprung- da- Eoncert weniger musikalisch bereichert, als in ermüdender Weise verlängert wurde. Die- kann indeß die Anerkennung deS gebotenen, wahr haften, allen Musikfreunden willkommenen Kunstgenüsse« nicht mindern. Dem Riedel'fchen Verein und seinem Dirigenten sei dafür der wärmste Dank ausgesprochen. E. Banck. Verstoßen. Novelle von S. v. d. Horst. (Fortsetzung.) Der Rector stellte die Pfeife int Fenster. „Vorerst werde ich mich von der Sachlage persönlich über zeugen," versetzte er gelassen. „Triff übrigen- alle Vorkehrungen, um möglicherweise einem Kranken für den Augenblick Obdach gewähren zu können, Mama," fügte er hinzu, „der Junge sagte ja, wenn ich nicht irre, ,bei den Bohnenbetten liegt ein Mann!' also muß er wohl sehr leidend sein." Damit entfernte sich der alte Herr, ohne auf den erbitterten Protest seiner Frau irgendwie zu achten. Weniger ruhig, al- er eS äußerlich zu sein schien, gelangte er in den Garten und sah zunächst seinen Sohn an einem Baum lehnen, al- warte er. DaS war der Weg zu den Bohnenbeeten, und so begegneten sich Vater und Sohn, ohne einander au-weichen zu können. Otto sah finster zur Erde, sein Gesicht war sehr gervthet, er biß auf die Unterlippe, daß sie blutete, zuweilen sandte er in da- grüne Gewirre am Ende de- Pfade- einen forschenden Blick, dann verfiel er wieder in seine frühere Stellung. „Fürst Bi-marck," sagte Graf Münster, „sei einer englisch-französischen Eollectivbesitzung abgeneigt, weil er glaube, daß sie zu Zwiespalt und Streit zwischen England und Frankreich führen werde; und da- möchte er, wa- man auch von feiner an geblichen Politik halten möge, vermieden sehen (vtüosi, vbatsver mi^bt bs »aiä ok bis supposeä polie^, bs «oulä bs zlaä tv sv« avoiäsä)." Graf Münster fchloß mit der Bemerkung, daß Fürst Bis marck sich über den Vorschlag Ihrer Majestät, im Nothfalle drei Generäle, einen türkischen, einen eng lischen und einen französischen, nach Aegpten zur Wie derherstellung der DiSciplin in der Armee zu schicken, noch nicht bestimmt ausgesprochen, daß er aber irgend eine Art deS Vorgehens, über die sich England und Frankreich einigten, billigen würde. Angesichts der vielen, gegen die deutsche Politik in der letzten Zeit gerichteten Verdächtigungen, für welche uns die „Wiener Allg. Ztg.", erst vor Kurzem ein Beispiel lieferte, ist durch die Publication des Blau- buchS die Geradheit und Interesselosigkeit, welche die diplomatische Vertretung Deutschlands beobachtete, klar erwiesen. Wenn das bisherige Vorgehen Frankreichs und England- einen völligen Mißersolg im Gefolge hatte, so haben sie denselben dem an den Tag gelegten Mangel an Voraussicht zuzuschreiben. Es ist jeden falls wichtig, daß feiten der Westmächte kein Vorwurf gegen die deutsche Politik erhoben werden kann, wäh rend diese im Orient dazu gedient hat, da- Ansehen de« deutschen Namen- zu erhöhen, und sich vielfache Sym pathien erworben hat. So stellt da- Konstantinopeler Blatt „L'OSmanli" dem uneigennützigen Gebühren der deutschen Orrentpolitik ein Zeugniß warmer An erkennung auS: „Alles wohl erwogen — urtheilt der „OSmanli" — findet die deutsche Politik im Orient Sympathie und Prestige einfach um de-willen, weil sie deSinteressirt und correct erscheint. Sie strebt nicht dahin, die Dinge zu verwirren und durch grundlose Einmischungen und Herausforderungen überall Miß trauen zu säen. Man klagt über das Vorhandensein einer panislamitischen Agitation; aber die deutsche Presse bemerkt mit Recht, daß e» die abendländischen Herausforderungen sind, welche daS immer höhere An schwellen der paniSlamitifchen Fluthwelle verursachen. ES ist natürlich, daß sich im Angesichte irgend welcher Gefahr die Reihen fchließen. Sobald aber die Gefahr vorüber ist, die Herausforderungen aufhören, beruhigt und ordnet sich Alle» wieder. Wenn die deutsche Diplomatie sortführe, durch ihre klugen Rathschläge diese» Resultat herbeizuführen — wie Alles anzudeulen scheint — so würde sie gesteigerten Anspruch aus un sere Dankbarkeit und ihr Prestige einen neuen Glanz erhalten, der um so verdienter wäre, al» er zu Gunsten de» Rechtes und der Gerechtigkeit wirkte." Während der deutsche Reichskanzler sofort erkannte, daß in Aegypten nur eine türkische Einmischung zu lässig sei, sitzen wir de Freycinet von Anfang an dieser türkischen Dazwischenkunft widerstreben; da» f»an- zösifche Cabinet war sogar der Ansicht, man solle die Pforte ersuchen lassen, sich jeder Einmischung zu ent halten. Auch bereit- in dem Augenblicke, wo die Per son de- Khedive gefährdet erschien, fand de Freycinet noch sür nothwendig, sich gegen die türkische Ein mischung auszusprechen. „Die französische Regierung" heißt eS wörtlich, „sei auch jetzt noch gegen jede tür kische Einmischung, werde aber darunter nicht den Fall verstehen, daß türkische Streitkräfte von den Mächten nach Aegypten beordert würden, unter deren Beauf sichtigung und mit einem bestimmten von ihnen durch Bedingungen begrenzten Ziele. Wenn daher nach der Ankunft der Schiffe in Alexandrien die französische Regierung die Truppenlandung für angezeigt hielte, so sollten weder englische noch französische Truppen, son dern türkische unter den obigen Bedingungen ver- Der Rector schüttelte den Kopf. „Otto!" rief er. „Wo ist Fräulein Mildener?" Der junge Mann wandte sich ab. „Du kannst nicht zu ihr gehen, Vater, sie bat mich, ihrer Zu sammenkunft mit dem Fremden durchaus fern zu bleiben." „E» ist also wirklich Jemand da? Und ein Kranker noch dazu?" „Ein Mann, der regungslos auf dem Boden liegt, der dem ganzen Wesen de- Fräulein» nach kein Glied bewegen kann." Der alte Herr nickte vor sich hin. „Komm, Otto", sagte er ruhig. „WaS eS auch sei, da» dürfen wir nicht dulden." Sein Sohn folgte ihm zögernd, wenige Secunden später standen Beide vor einer kleinen GraSfläche, auf der ein bleicher Mann, offenen Auge-, aber todtkrank, auf dem Boden lag und schwer athmend die Brust hob und senkte. Neben ihm, den Arm unter seinen Kopf gelegt, kniete Anna: ihre rechte Hand trocknete zu weilen den Schweiß von der Stirn deS Fremden, oder bot ihm einzeln, mehr nur seine brennenden Lippen befeuchtend, die würzigen Früchte eine» Him beerstrauches. Jetzt sah sie verwirrt, erschrocken den Kommenden entgegen. Wie gebrochen sank ihr Kopf auf die Brust herab. „O, ich bitte Sie, Herr Rector, ich flehe Sie an — fragen Sie mich nicht, gehen Sw fort von hier." Auch Otto war näher getreten. Die Röthe auf feinem Gesicht wich einer jähen Bläffe, er streckte plötzlich den Arm au«. „Ferdinand v. Werdet!" lir^