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235 April 1888. Nr. 4. STAHL UND EISEN.“ bat und die eventuelle Anwendung desselben auf ihre Erzeugnisse für schädlich hält.“ Zu dieser Erklärung sind wir durch die nach theiligen Wirkungen veranlafst worden, welche die englische Warrant-Gesetzgebungauf dieEisenindustrie ausübt, und unter deren Schutz sich in Schottland heute — bei im ganzen zufriedenstellender Geschäfts lage — nahezu eine volle Jahresproduetion der dortigen Hochofenwerke auf Lager angesammelt hat. Dafs so grofse, nur mittels des Warrant-Credits aufgestapelte Vorräthe eine gesunde und ruhige Weiterentwicklung des Roheisengeschäfts geradezu hemmen, wird von den Eisen-Industriellen Gros- britanniens ziemlich übereinstimmend zugestanden; ja ihr schädlicher Einflufs macht für gewisse Roh eisensorten sich bis nach Deutschland und nach anderen europäischen Roheisenproductions-Bezirken geltend. Es ist ferner zu beachten, dafs in andern Län dern, in welchen die Warrants schon eingeführt sind, wie in Frankreich, Italien, Belgien und in der Schweiz, industrielle Halb- und Ganzfabricate nur ganz ausnahmsweise, Roheisen und Eisenfabricate aber, soviel uns bekannt geworden, auf Warrants gar nicht belieben werden — wahrscheinlich doch infolge der richtigen Erkenntnifs. dafs die Gelegen heit, in Zeiten schlechten Geschäftsganges auf nur schwer oder gar nicht verkäufliche Bestände leicht Credit zu erhalten, die Ueberproduction begünstigen und schwerwiegende Nachtheile für die Industrie herbeiführen würde. Diese Erwägungen sind es, welche uns veran lassen, den gehorsamsten Antrag zu stellen: „Das Hohe Ministerium wolle geneigtest dahin wirken, dafs bei einer etwaigen gesetz lichen Regelung des Warrant-Wesens Artikel der Eisenindustrie von der Beleihung durch Warrantscheine ausgeschlossen werden.“ Ueber die Entschliefsungen des Ministeriums sind uns Mittheilungen bis heute nicht zugegangen, doch verlautet, dafs dem gegenwärtig versammel ten Reichstage ein Warrant-Gesetzentwurf nicht zugehen wird. Beschlossen wurde ferner in der Vorstands- Sitzung vom 22. November v. J., bei dem Herrn Cultusminister zu beantragen, dafs mit dem Orientalischen Seminar eine officielle Ueber- Setzungsstelle verbunden werde, in der gegen entsprechende Gebühren die Uebertragung von in orientalischen Sprachen abgefafsten Correspon- denzen und Lieferungsverträgen in die deutsche Sprache ausgeführt werde. Die betreffende Ein gabe lautet: Berlin, den 12. December 1887. „Nachdem durch Ew. Excellenz dankenswerthe Fürsorge das Orientalische Seminar ins Leben ge rufen worden, ist in den Kreisen der Eisenindustrie der Wunsch laut geworden, dals mit demselben eine Stelle verbunden werden möchte, in welcher die in eine orientalische Sprache zu übertragenden oder in einer solchen verfafsten geschäftlichen Corre- spondenzen, Kauf-und Lieferungs-Verträge, selbstverständlich gegen Entschädigung, correct über setzt werden. Das Bedürfnifs einer solchen Ueber- selzungsstelle ist bei dem Wachsen des deutschen Exports nach dem Orient in der That ein dringen des; denn die von hier in deutscher Sprache nach dem Orient abgehenden Schriftstücke werden von den Dragomans und Dolmetschern der kaufmännischen Agenturen in die Landessprache nur zu häufig un genau übersetzt, so dafs Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung des Textes aufkommen, welche besonders bei Kauf- und Lieferungsverträgen von ganz bedenklichen Folgen sein können. Solchen Mifsständen würde durch die Einrichtung einer Uebersetzungsstelle in wirksamsterWeise vorgebeugt werden; wir geben uns daher der Hoffnung hin, dafs Ew. Excellenz das hierzu Erforderliche hoch- geneigtest in die Wege leiten werden.“ Auf das gleichzeitig an das Handelsministerium gerichtete Gesuch, unsere dem Herrn Cultus minister überreichte Eingabe wirksam zu unter stützen, ist das nachstehende Schreiben einge gangen : Berlin, den 31. Januar 1888. Auf die an den Herrn Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten gerich tete Eingabe vom 12. December v. J. erwidere ich dem Vereine, dafs der Herbeiführung der auch von dem Directorium des Gentralverbandes Deutscher Industrieller beantragten Ausdehnung der Aufgaben des hiesigen Seminars für Orientalische Sprachen auf die Uebersetzung von Schriftstücken unter amt licher Beglaubigung durchgreifende Bedenken ent gegenstehen und dafs dieselbe daher nicht in Aus sicht genommen werden kann. Aus der Zulassung der Uebernahme derartiger amtlicher Uebersetzungen durch das Seminar würde der Staatsverwaltung eine zu grofse Verantwortlichkeit und unter Umständen auch eine weitgehende Entschädigungspflicht er wachsen können. Die Lehrer des Seminars werden aber gern bereit sein, privatim die Ausführung von allen ge wünschten Uebersetzungsarbeiten zu besorgen; auch ist der Director des Seminars, Professor Dr. Sachau, erbötig, hierbei die Vermittlung zu übernehmen. Indem ich dem Verein gleichzeitig eine Anzahl Exemplare von vier auf das Seminar für Orientalische Sprachen bezüglichen Drucksachen zur Vertheilung an interessirte Kreise zugehen lasse, bemerke ich, dafs dem Directorium des Central-Verbandes Deut scher Industrieller ein gleicher Bescheid unter Mit- theilung von einigen Exemplaren jener Drucksachen zugegangen ist. Für den Minister für Handel und Gewerbe, g e z. v. B o e 11 i c h e r. Mit diesem Bescheide wird der Verein einver standen sein können, da auch in dieser etwas veränderten Form und ohne die (von uns nicht in Aussicht genommene) Entschädigungspflicht des Staats der beabsichtigte Zweck voll zu er reichen sein dürfte. Unter Betheiligung von Vertretern unseres Vereins, vorwiegend sogar auf deren Anregung, hatte der Ausschufs des Centralverbandes deut scher Industrieller in der Sitzung vom 23. Novbr. v. J. beschlossen, an den Fürsten Reichskanzler eine Eingabe zu richten mit der Bitte, die §§146 und 151 der Reichsgewerbeordnung dahin abzuändern, dafs an Stelle der häufig gar nicht ortsanwesenden Inhaber oder Leiter von Fabriken die für die betreffenden Betriebe verantwortlichen Beamten für die Vergehen gegen die den Schutz der Arbeiter betreffenden gesetzlichen Bestimmun gen verantwortlich gemacht werden. Hierauf hat das Directorium des Centralverbandes aus dem