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232 Nr. 4. STAHL UND EISEN.“ April 1888. Preisstellung einen sehr wohlthätigen Einflufs ausgeübt. Mit den Herstellungskosten standen die Preise nicht weniger Artikel der Eisenindustrie schon seit 2 bis 3 Jahren nicht mehr im Einklang und es war hohe Zeit, dafs bessere Zeiten wieder- kehrten. Trotzdem hat angesichts der Lage des internationalen Marktes, zum überwiegenden Theil hervorgerufen durch die enorme Productions- Steigerung in Nordamerika, nicht verhindert werden können, dafs vom April 1887 ab wiederum eine Abschwächung eintrat, auf welche erst vom October ab eine gegenwärtig noch andauernde Belebung des Geschäftes folgte. Vergleicht man die heutigen Preise mit den in den Jahren 1882 und 1883 gezahlten, so sind sie gegenwärtig noch immer 10 bis 20, 30, vereinzelt sogar bis 40 % niedriger, und in den meisten Fällen ist noch nicht einmal der Preis stand vom Januar 1884 erreicht. Ueber die Höhe der Preise wird man sich demnach seitens der Consumenten und des Handels kaum beklagen können und nach dieser Richtung hin haben sich die Befürchtungen, die hier und da gegen die Bildung von Conventionen geäufsert wurden, im grofsen Ganzen als nicht zutreffend erwiesen. Nicht blofs die aufserdeutsche Massenproduction, in noch höherem Grade die Concurrenz der deutschen Eisenbezirke unter sich — sie bedingen ganz von selbst, dafs höhere Preisforderungen nur mit gröfster Vorsicht und der strengsten Berücksichtigung des vorhandenen Bedarfs gestellt werden konnten.* Auch für den Maschinenbau stellte sich von etwa Mitte des Jahres 1887 ab ein besserer Geschäftsgang heraus, jedoch mit Ausnahme der Locomotivfabrication, deren Preise, obgleich schon seit Jahren keinen Nutzen mehr bringend, infolge der schärfsten Concurrenz der Werke unter sich, in 1887 noch tiefer gefallen sind. — Der Waggonbau hat nahezu das ganze Jahr 1887 hindurch über mangelnde Beschäftigung zu klagen gehabt, doch scheint seit Anfang 1888 die schlimmste Zeit überstanden zu sein. Aehnlich liegen die Verhältnisse im Schiffsbau, da auch hier Aufträge für Neubauten etwas zahlreicher eingegangen sind. Dafs dieser für die Waggon bauanstalten wie für die Schiffswerften erst schwache Anfang zur Besserung sich weiter kräftigen möge, bleibt dringend zu wünschen. * Die von Hrn. Dr. Rentzsch nach den Monats heften des Kaiserl. statistischen Amtes aufserordentlich übersichtlich mitgetheilten Tabellen lassen wir an dieser Stelle fort, weil das Material zum gröfsten Theil auch in dem seit längerer Zeit druckfertig liegenden, an die Generalversammlung der »Nordwestl. Gruppe« zu erstattenden Jahresbericht des Geschäfts führers dieser Gruppe enthalten ist. Diese General versammlung ist hinausgeschoben worden, weil der Vorstand das Erscheinen des Gesetzentwurfes, betreffend die Alters- und Invalidenversicherung der Arbeiter, abwarlen wollte. Die Red. In allen Zweigen der Eisenindustrie und des Maschinenbaues würde in 1887 ohne Zweifel ein ungleich kräftigerer Aufschwung stattgefunden haben, wenn nicht die fortdauernde Unsicherheit der politischen Lage und die Besorgnifs, mit den angrenzenden grofsen Reichen im Osten und Westen in einen jedenfalls sehr ernsten Krieg verwickelt zu werden, den Unternehmungsgeist fortdauernd gelähmt hätte. In nahezu jedem Monat des vergangenen Kalenderjahres traten Anzeichen des wieder erwachenden Vertrauens auf, wurden Unternehmungen, deren Ausführung verschoben war, wieder vorgenommen: jedes mal trübte sich dann der politische Horizont, die Hoffnung auf das Gelingen der nur für ruhige Zeilen berechneten Projecte schwand, der Anlauf war abermals vergebens gewesen, da die weiteren Schritte unterblieben. Nach der gewaltigen Reichstags-Rede unseres grofsen Kanzlers vom 6. Februar d. J. und nach der gleich erhebenden Opferwilligkeit der Vertreter des ganzen deutschen Volkes darf die Erwartung ausgesprochen werden, 'dafs diese unerträglich werdende Lage endlich zu einem Abschlufs gelangt. Erfolgt der letztere, wie in Deutschland allseitig gewünscht wird, in friedlichem Sinne — dann dürfen wir darauf rechnen, dafs das Jahr 1888 Deutschlands Eisen industrie und Maschinenbau, die sich bis zu einem hohen Grade der Leistungsfähigkeit und zu einem hervorragenden Standpunkte ihrer tech nischen Entwicklung emporgeschwungen haben, für einen Theil der herben Verluste in früheren Jahren schadlos halten werde. Den deutschen Markl hat sich unsere Eisenindustrie bis auf ganz ver einzelte Artikel zurückerobert: auch auf dem Welt märkte hat sie trotz aller Ungunst der Verhältnisse ihre Stellung in 1887 weiter zu befestigen verstanden. Nach den von Hrn. Dr. Rentzsch mitgetheilten Tabellen über die Ein- und Ausfuhr von Eisen- und Stahlwaaren, Maschinen und Kupferwaaren im deutschen Zollgebiete vom 1. Januar bis 31. December 1887, verglichen mit dem Vorjahre 188 6, ist, wenn nur die Hauptposten erwähnt werden sollen, die Ausfuhr im Jahre 1887 geringer in: Erzen, Roheisen, Ingots und Rohschienen, Laschen und Schwellen, eisernen Brücken, Loco- inotiven und Locomobilen , Eisenbahnwaggons, Rohkupfer— höher in: Stabeisen, Winkeleisen, Draht, Schienen, Platten und Blechen, groben Gufswaaren, Eisenbahnachsen und Rädern, eisernen Röhren, Drahtstiften, groben Eisenwaaren, Näh maschinen, anderen Maschinen und Maschinen theilen, Kupfer in Stangen und Blechen und Kupferwaaren, annähernd gleich hoch in: Draht seilen, feinen Eisenwaaren, Dampfkesseln. — Die Einfuhr von Eisenwaaren, die nur noch in Roheisen, Weifsblech, Maschinen und Rohkupfer von nennenswerther Bedeutung bleibt, ist in allen diesen Artikeln theils geringer, theils an nähernd die gleiche als in 1886.