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Ein amerikanischer Eisenerz-Dampfer. Von Dr. H. Wedding in Berlin. (Hierzu Tafel XL) Der Verkehr auf den nordamerikanischen Binnenseen wird, wie aus dem Berichte des Hrn. Schlink in der vorigen Nummer, S. 313, zu ersehen ist, durch etwa 2000 Schiffe ver mittelt. Ein sehr grofser Theil dieser Schiffe dient zum Transport von Eisenerzen aus dem Gebiete des Oberen Sees mit Rückfracht von Kohlen und Koks. Diese Schiffe waren in älterer Zeil sämnit lieh hölzerne Segelschiffe (Schooner); mit der Entwicklung der Dampfschiffe traten die Segelschiffe zurück oder wurden zu Schlepp schiffen umgewandelt. Im Jahre 1890 waren indessen noch immer 44 % Segelschiffe in Fahrt, deren Tragfähigkeit 37 % der Gesammtzahl auf den Seen betrug. Segelschiffe haben bei den oft plötzlich wechselnden Winden und den häufigen Stürmen auf den Seen mehr Gefahren zu bestehen, als auf offenem Meere, zudem giebt es im Sommer oft wochenlang windstille Tage, an denen den Segelschiffen nichts übrig bleibt, als sich schlep pen zu lassen. Allein für das Schleppen be stimmte Schiffe werden Barges genannt. In neuerer Zeit ist vielfach Eisen (beson ders Flufseisen, Steel) an Stelle des Holzes ge treten. Ob und wie weit der Versuch, tiefgehende, fast ganz unter Wasser fahrende eiserne Be hälter zu benutzen, welche, ohne Bemannung aufser dem Steuermann, von Dampfschiffen ge schleppt werden und ganz mit Eisensteinen ge füllt sind, gelungen ist, war mir nicht mög lich zu erfahren. Man nennt diese Behälter Steel ■ Shells; sie sollen geringere Kraft zur Be förderung brauchen, da sie dem Winde so gut wie gar keinen Widerstand bieten. Es wäre vielleicht des Versuches werth, Aehnliches für unsere Kanalfrachten anzuwenden. Wenn auch die durchschnittliche Ladefähig keit der Schiffe nur 400 t ist, so giebt es doch viel gröfsere Dampfschiffe, bis zu 3500 t und mehr. Letztere haben dann beladen 6 m (20 Fufs englisch) Tiefgang und machen mit dreifacher Expansionsmaschine 10 Knoten in der Stunde. Die Reading Company hatte bereits 1874 14 Dampfer von 500 bis 1600 t. Davon waren bis Ende 1888 vier untergegangen. Alle zusammen hatten bis dahin 7122 Reisen gemacht und 8 Mill. Tonnen transportirt. Trotz des Ueberhandnehmens der Eisen schiffe werden doch auch in der neuesten Zeit noch sehr viele Holzschiffe gebaut. Der Reich thum an gutem Holze macht diese Schiffe erheblich billiger im Bau als die eisernen. Denn während ein eisernes Dampfschiff mit voller Ausrüstung für 2500 bis 3000 t Ladefähigkeit 195000 8 kostet, ist der Preis eines gleichen aus Holz nur 135 000 $. Früher besorgten allerlei besondere Trans portgesellschaften die Verfrachtung der Eisenerze und Brennstoffe, jetzt haben die gröfseren Berg werksunternehmer eigene Schiffe, nachdem sie die üble Erfahrung machen mufsten, dafs sie gerade zu den Zeiten, wo sie am meisten zu liefern hatten, d. h. vor Schlufs der Schiffahrt im Herbst, von den Transportgesellschaften im Stiche gelassen oder unmäfsig geschraubt wurden. Einer der hervorragendsten Schiffbauer ist James Davidson in West-Bay - City. Von der Construction der von ihm gebauten Schiffe Nr. 40, 41, 42 und 43 des Jahres 1890 geben die Figuren auf Tafel XI ein Bild. Sie stellen einen grofsen hölzernen Schraubendampfer von annähernd 3000 t Tragfähigkeit dar. Fig. 1 ist eine Ansicht des ganzen Schiffes im Mafsstabe von 1 : 384, Fig. 2 ist ein Lärgs- | schnitt, Fig. 3 eine obere Ansicht, beide im | Mafsstabe von 1:192, Fig. 4 endlich giebt einen Querschnitt durch die Schiffsmitte im Mafsstabe von 1 : 96. Die Kajüten sind auf Deck angeordnet. Am Hintertheil des Schiffs ist der Speiseraum a, ferner befinden sich dort die Kajüten b des Oberingenieurs, c des zweiten Ingenieurs und des Maschinenmeisters, d die Küche, e die Speise kammer, f der Eisraum, g die Kajüte des Stewards. Vorn sind h und h die Räume des Kapitäns, i die des Steuermanns. In der Mitte des Schiffes hausen in l die Matrosen, in m die Heizer. Die Luken des Schiffsraumes dienen alle zur Füllung mit Eisenerz, mit Ausnahme von n und o, welche zu den Kohlenbunkern führen, und p, welche zu dem Raume für Schiffsersatzmateria lien geht. Es sollen im Folgenden noch die wichtigsten ! Einzel-Mafse in englischen Fufsen und Zollen angegeben werden, und zwar unter Bezugnahme auf Fig. 4. Die gröfste Breite des Schiffs beträgt 41', die Breite der Erzladeöffnungen Q an Deck 27', im Zwischendeck r 18'. Die Tiefe des Schiffs von Bord s bis zum Boden ist 26', der obere Raum hat 9, der untere Raum 11' lichte Höhe.