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Bezüglich der Grofsartigkeit seiner Leistungen | im Brückenbau, hat Amerika ebenfalls alle j Länder Europas weit überflügelt, was um so bewunderungswerther ist, als die neue Aera daselbst erst Ende der siebziger Jahre, nach dem Falle der Astabula - Brücke (1876), ihren Anfang genommen hat. Welchen gewaltigen Umschwung der Einsturz dieser Brücke in kurzer Zeit bewirkte, ist auf Seite 957 im November hefte v. J. näher ausgeführt. Im besonderen veranlafste er auch die Herausgabe der ersten Lieferungs-Bedingungen für die Herstellung amerikanischer eiserner Brücken (1877), welche ausreichende Vorschriften über Annahmen für Belastung und zulässige Inanspruchnahme (wor king strain) enthielten.* Die 1878 herausgege benen, von Cooper verfafsten Bedingungen der Erie - Eisenbahn haben die weiteste Verbreitung gefunden. Ein wesentlicher Unterschied der zur Zeit gebräuchlichen amerikanischen Vorschriften gegenüber den in Deutschland geltenden Bestim mungen besteht nur in wenigen Punkten. Einer dieser Punkte betrifft die Lochherstellung bei Nietungen, welche bei uns regelmäfsig durch Bohren geschieht, während in Amerika noch allgemein das Stanzen, Lochen (punching) geübt wird. Ein anderer Punkt ist die jetzt fast all gemein eingeführte Vorschrift, dafs vollquer schnittige Brückenglieder Bruchversuchen unter worfen werden müssen (»full sized members may be tested to destruction«), wobei aber die Kosten der Versuche von der Bauverwaltung ge tragen werden. In diesem Punkte ist Europa von Amerika rasch überholt worden, obwohl noch im Jahre 1870 zwei der gröfsten amerika nischen Brückenbauanstalten (Phönix Iron Com pany und Keystone Bridge-Company) nur ganz rohe Prüfungsmaschinen gebrauchten, während Deutschland bereits seit 1852 die Werder-Ma schinen besitzt. Es giebt auf dem Festlande, soweit bekannt, keine Festigkeitsmaschine, welche die für Glieder weitgespannter Brücken zum Zerstören noth wendige Kraftwirkung ausüben könnte. Die gröfsten Maschinen haben meist nur 100 t Kraft, während in Amerika viele solcher Maschinen von 400 bis 600 t, neuerdings sogar bis 1000 t, in Gebrauch sind.** Es wird jedoch, dem Vernehmen nach, die königliche mechanisch - technische Versuchs- j anstalt in Charlottenburg in diesem Jahre mit [ einer 500-t-Maschine ausgerüstet, welche gestatten wird, ganze Constructionstheile von etwa 1 m Breite oder Dickenausdehnung bis zu etwa 15m Länge auf Zug und Druck zu prüfen. Die erste amerikanische Brückenbau - Gesell schaft soll 1840 von Amasa Stone und D. L. * Im Juli 1877 kamen die Bedingungen der Lake ] Shore- und Michigan-Southern-Eisenbahn, ebenso der j Kilbourn - Brücke, im October 1877 diejenigen der : Rockton-Brücke heraus. ** Engineering 1887 vom 7. Mai. Harris in Springfield gegründet worden sein, um das Patent von William Howe, dem Erfinder des bekannten Howe-Trägers, auszunutzen.* Zur Zeil giebt es in Amerika mehr als 40 Brückenbau- Gesellschaften, darunter (nach Cooper) etwa 12, welche Brücken jeder Gröfse in vorzüglichster Güte (first-dass männer) zu erbauen imstande sind. Die Jahresleistung einer der letzten Anstalten soll sich auf etwa 125 000 t belaufen. Dem gegenüber sei mitgetheilt, dafs eins der bedeu tendsten deutschen Brückenbauwerke (Harkort in Duisburg) nach dem Durchschnitt der letzten drei Jahre etwa 13 000 t jährlich verarbeitet hat, diese Leistung aber immerhin auf etwa 20 000 l erhöhen könnte. Coopers allgemeine Beschreibung der Ein richtung einer amerikanischen Brückenbauanstalt, auf welche weiterhin näher eingegangen wird, könnte den falschen Glauben erwecken, als ob die noth wendigen sechserlei oder siebenerlei verschiedenen Arbeiten der Werkstatt, als Richten, Vorreifsen, Lochen, Zulegen, Nieten, Bearbeiten durch Ma schinen, Schmieden u. s. w. jede für sich in einem besonderen Gebäude vorgenommen würden. Er unterscheidet nämlich : 1. Receiving yard — Anlieferungshof — in welchem das Eisen sortirt und gelagert wird; 2. Straightening Department — Richte raum — in welchem die im Walzwerk nicht behobenen Unebenheiten der einzelnen Stücke beseitigt werden; 3. Template and pattern shop — Scha blonen- und Modell raum. Hier werden die Schablonen für Niet- und Bolzenlöcher an gefertigt und die rohen Umrisse aller Stücke, unter Zugabe der Mafse für die Werkzeug-Be arbeitung, festgestellt; 4. Laying out shops — Reifsböden — wo alle Stücke auf Grund der Schablonen und Modelle vorgerissen werden; 5. Punch and shear shop — Raum für Lochen und Schneiden; 6. Fitting up shop — Zulage — wo alle zu vernietenden Glieder zugelegt, verbolzt und fürs Nieten fertig gemacht werden; 7. Riveting shop — Nieterei — mit maschineller Einrichtung zum Nieten unter Anwendung von Luft-, Dampf- oder Wasserdruck; 8. Maschine shop — mechanische Werk statt — für Hobeln, Bohren, Drehen, Fraisen u. s. w. bezw. endgültige Fertigstellung aller zu bearbeitenden Flächen ; 9. Upsetting and forge shops — Stauch- und Schmiedehütte — zur Anfertigung der den amerikanischen Brücken eigenthümlichen * Transactions of the American Society etc. 1889, December, S. 567,