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1068 Ergrbniß war, daß dir Partei die Candidatur de- vr. Wei- alt ersten Präsidenten nimmermehr aufgrben werde, daß sie aber bezüglich der übrigen Stellen des Kammerbüreau- zu Concrsstonen geneigt sei. Unter diesen Verhältnissen ist wohl jede Hoffnung auf eine Verständigung mit den beiden liberalen Fraktionen vollkommen abgrschntttrn, da letztere auf solcher Grund lage absolut nicht unterhandeln wollen. Karl-ruhe, 2. Oktober. (K Z.) In der gestrigen Sitzung der Ersten Kammer trug der Berichterstat ter der Adrrßcommission, Geh. Nath Bluntschlt, den Adrcßentwurf vor und begleitete denselben mit einer kurzen Begründung. I« der folgenden Debatte fand die Opposition ihren Ver treter in dem Grasen v. Berlichinqev. Derselbe erklärte sich namentlich gegen den Anschluß Baden- au den Norddeut schen Bund. ES wäre vielmehr leiten der aroßbenoglichea Staal-rraierung aus Bildung eine« SüdbundeS der lüddeutschen Staaten hinzuwirkeo gewesen, welcher da- Bindeglied »wischen Oesterreich und Preußen gebildet hätte, denn e- kvnne ein dauernder Friede nicht bestehen, wenn wir Oesterreich al- Feind im Rücken hätten. Er erblicke in dem Nordbonde nur eine Berpreußuna der andern Staaten. Auch bestebe in Baden eine große Abneigung gegen den Eintritt io den Norddeutschen Bund, und er prolesiire gegen einen solchen. Lege die Regie- rung einen dahin gehenden Vertrag vor, so erkläre er diese- Vorgehen der Regierung sür eincv Staatsstreich, da er die nach dem gegenwärtigen Wahllvsiem zusammengesetzten Kammern nicht als wirkliche Vertretung de- größten Theile- de- baden- lchen Volle- betrachten könne. Solle über eine etwaige der artige Vorlage abgestimmt werde», so verlange er entweder andere Kammern ober Volksabstimmung; werde dann der Eia- lritt in den No'dbund verlangt, so stimme er lieber sür voll ständige Annexion, als sür ein solches Verhältniß, wie eS der zeit im Norddeutschen Bunde besiehe. ES entgegneten StaaiS- rath Weizel und Mmisirrialpräsident v. Freydorf. Letzerer meiote: Wenn Gras Berl chingen, statt sich nur im Allgemei nen au die noch nebelhoste Idee eines SüdbundeS zu halten, einmal an die Ausarbeitung eines Staate- ginge, würde er auch sogleich auf die Unaussührdarkeit deS Prosect- stoßen. Gras Äerlichiugeu tadelt unser angebliches Drängen zum Ein tritt in den Norddeutschen Bund. Wenn wir einmal ent schlossen sind, in den Norddeutschen Bund einzutreten und den Zeitvunkt sür geeignet halten, ist der Weg, den wir zu gehen haben, durch Ar'. ?ü der norddeutschen Bundesacte genau noc- gezeichnet. Inzwischen haben wir niemals den E niritt Ba dens m den Norddeutschen Band als die einzige Formel der Lviung der nationalen Fruge hinaestellt, sondern stets im All gemeinen von einer nationalen Verbindung des Südens mit dem Norden Deutschlands gesorochen. Ein Drängen nach je ner Richtung Hal nicht slattgesanden, so ost auch die Zeitungen hiervon reden. Nach bccndigtcr Discussion wurdc die Adresse, wie schon gemeldet, mit 13 gegen 6 Stimmen (Graf v. Leiningcn, Bisthumsverwescr Kubel, die Grafen v. Ber- lichingcn und v. Kagcncck, die Freiherren v. Bodmann und v. Gemmingen) angenommen. — In der Ersten Kammer intcrpcllirte heute Graf v. Kagcneck den Staats- minister vr. Jolly wegen Neorganisation der Ersten Kammer auf Grund der schon im Jahre 1864 von letzterer ausgegangenen Anregung dazu. Vr. Jolly erwiderte, daß die Regierung keine principicllc Geg nerin der Reform sei, zur Zeit aber eine solche ein greifendere Reform aus Gründen, welche der Minister des Nähern ausetnandersctztc, nicht sür zweckmäßig halte, daher auch keine bezüglichen Vorschläge machen werde. *Wien, 2. October. Mit kaiserlicher Entschlie ßung vom 30. v. M. ist der Statthaltcreirath in Inns bruck, Graf Gourcy-Droitaumont zum Landes- Präsidenten im Herzogthum Salzburg ernannt worden. Dagegen bleibt, wie die „Pr." hört, der Statthalter- Posten von Steiermark vorläufig unbesetzt. — Die Nachricht, daß dem Bischof von Linz die Tempora- lien (36,000 Fl. jährlich) gesperrt wurden und derselbe auf den Gehalt von 12,000 Fl beschränkt ist, findet ihre Bestätigung. Die „Oest. C.* schreibt: In Ausführung der lu kannten Resolution des Reichsraths hat cs nunmehr, wie wir hören, von der bcsondern Dotation des Herrn Bischofs von Linz durch die Ueberwcisung der Nutz nießung der dem Religionefond gehörigen Güter Gar- sten rc. sein Abkommen erhalten. — Für die Hinter bliebenen der im Plauenschen Grunde verunglückten Bergleute hat der unter dem Vorsitze des Grafen Beust gebildete Hilfscomito die reiche Gabe von gegen 30,000 Fl. absendcn können und damit seine Wirksam keit beschlossen. — Von den Landtagen liegen in Sachen der Einführung dtrcctcr NeichsrathSwahlen zu nächst die Beschlüsse des VerfassungsauSschusscs des nicdcrösterreichischen Landtags vor, welche dahin gehen: 1) die Einführung dirccter Wahlen liegt im Interesse des Verfassungslebens; 2) die directen Wahlen haben durch die Bevölkerung stattzufinden; 3) das Gruppen- system ist zu beseitigen. Sollte die Durchführung die- fis Beschlusse- mit Rücksicht auf die Abstimmungen der übrigen Landtage für jetzt unmöglich sein, so sollen die directen Wahlen aus den vier Gruppen: Großgrund besitz, Handelskammern, Städte und Landgemeinden unter Arrondirung der Wahlkreise stattfinden. — Fer ner hat der VcrfassungsauSschuß des steiermärkischen Landtags den Bericht über Wahlreform vollendet und stellt folgende Anträge: Ersetzung des Herrenhauses durch eine von Landtagen gewählte Länderkammer, direkt gewähltes Unterhaus, vierjährige Mandatsdaucr, geheime Wahlen, auf je 50,000 Einwohner ein Abge ordneter, Städte und Märkte sollen ein Drittel, die übrige Bevölkerung die zwei andern Drittel der De- vutirtcn wählen. Der Verfasser deS Berichts ist vr. Nechbaucr. — Im kroatischen Landtage wurde soeben der Antrag deS Domherrn Vukowitsch auf Vertagung des Landtags bis zum Schlüsse der Session dcs ge meinsamen ungarischen Reichstags, sowie dessen Antrag auf Vertagung der Berathung deS Landesbudgets pro 1869 mit Stimmenmehrheit verworfen. Prag, 3. Oktober. (Boh.) Der SectionSchcf vr. Banhans ist auf seine Bitte von dem Amte de- Oberst- landmarschallSstellvertreterS enthoben und andrsten Stelle der Bürgermeister von Budweis, Claudi, ernannt wor den. — Der gestrigen zweiten Sitzung des böhmischen Landtags wohnten der Reichskanzler Graf Beust und der Ministerpräsident Graf Taaffe als Abgeordnete bet. Die übrigen drei Minister, welche der böhmische Land tag noch zu seinen Mitgliedern zählt, Edler v. Plener, Ritter v. Hasner und vr. Herbst, sind bisher noch nicht erschienen. Man dürfte wohl nicht irre gehen, wenn man annimmt, daß die tschechischen Abgeordneten au- keinem andern Grunde von jeder Kundgebung bisher abgesehen haben, als weil sie erst die Hierhcrkanft deS Reichskanzlers abwarten und sehen wollten, ob mit derselben sich nicht vielleicht irgend welche Veränderung in ihrer Position ergeben dürfte. Eine Adresse der tschechischen Abgeordneten rxisttrt, nur hat man eS auf Grund gewisser Andeutungen für opportun erachtet, dieselbe vor der Hand noch zurückzubehalten. Graf Beust hatte übrigen- sofort Gelegenheit, den Tact je ner Herren zu bcwundern, die von ihm einen Vor schub für ihre DrclarationSpolitik erwarten. Acht tsche chische Abgeordnete nämlich, darunter Skrejsow-ky und vr. JuliuS^Gregr, welche zur Zeit der vorjährigen Declaration noch nicht im Besitze ihre- Abgeordneten- mandates waren, machten in der gestrigen Landtag-- sitzung die Anzeige, daß sie ihrrrsetl- ebenfalls jener Declaration beureten. Da- betreffende Aktenstück über- schicktrn die Herren durch einen Mitarbeiter der „Po litik*; der Oberstlandmarschall versäumte nicht, letzten» Umstand gehörig zu betonen. — Die Resignation de- vr. Klaudy auf die Stelle de- Bürgermeister- der Hauptstadt Prag wurde von dem Kaiser laut allrrh. Entschließung vom 29. September zur Krnntniß ge nommen. Brüssel, 1. Oktober. Der „Nteuwe Rotterdam'sche Cour.* erhält au-Antwerpen eine telegraphische Nach richt, der zufolge die Südcitadelle von der Negierung an ein Berliner Hau- für 14 Millionen Frank- ver kauft worden ist; Bassins für Waarenniederlagen und ein Freihafen sollen an ihrer Stelle errichtet werden. Da- „Journal de Bruxclles" reproducirt die Nach richt als Rotterdamer Telegramm, ohne sie anzuzweifeln. Wie man dem „Fr. A* schreibt, hat vr. StrouSbcrg den Vertrag mit der belgischen Negierung abgeschlossen. Bern, 30. September. Die Hoffnung, die Ver handlungen der internationalen Gotrhardconserenz bis Ende dieser Woche mit dem gewünschten Ergebnisse gekiönt zu sehen, wird sich nicht b stätigen. Wie die „Alla. Ztg.* vernimmt, spielt in technischer Beziehung die Frage der Steigung eine Hauptrolle. Während das vorliegende Projekt mit einer Steigung von 5 Pro cent sich begnügt, glauben die auswärtigen Experten, um der Concurrcnz der andern Alpenbahnen die Spitz« bieten zu können, und der Gotthardlinie wirklich den Werth einer Linie von europäischer Bedeutung zu ver leihen, eine mindere Steigung annehmcn zu müssen. Florenz, 2. Oktober. (Tel.) In einem Circular- rescrip» an die Staalsanwälte erklärt der Justizmini- ster, die Negierung stelle dcn Bischöfen den Besuch des Concils frei, behalle sich jedoch das Recht dcs Lan des wahrende spätere Entschließungen in Betreff etwai ger Eoncilsbeschlüsse vor, durch welche das Ltaatsrccht rm Allgemeinen oder die Gesetze dcs Reiches Verl tzt werden sollten. — Der König hat ein Dekret unter zeichnet, durch welches die Finanz Verwaltung in dcm Departement der Steuern reorganisirt wird. Venedig, 2. Oktober. Ein Telegramm des Wiener „N. Frbl." meldet: Die Kaiserin der Franzosen ist heute Morgen nm halb 3 Uhr angekommrn. Am Bahnhofe wurde die Kaiserin blos von den Localbchör- dcn empfangen Vom Bahnhofe begab sich die Kaiirrin sammt G-folge in Gondeln nach der Riva-tü-Schiavoni auf ihre Nacht „L'Äigle*, wo si bis zu ihrer Abfahrt zu verweilen beabsichtigt. König Victor Emanuel wird heute erwartet. Heute Abend bringen die venetianischcn Pittori der Kaiserin ein Ständchen. Morgen ist große Serenade auf dem Canale gründe. — Als dtc Kaiserin ge stern bei Magenta an dem Monumente vorbeikam, welches den auf demSchlachtfelde 1859 gefallenen franz. Soladten errichtet ist, hatte sich dort eine zahlreicheMcnge eingcfnn- den, welche der Kaiserin die freundlichsten Grüße darbrachte. Stockholm, 29. September. Man berichtet dcn „H. N.* über die Unterschlagung von Telegram men, welche hier einiges Aufsehen erregt. Die Ne gierung hat nämlich dcn Tclegraphen-Assistcnten A. A. Lindström verabschiedet, welcher angeschuldigt ist, seit längerer Zeit an „Fädcrncslandet* Telegramme abge- liesert zu haben, die für andere Zeitungen („Afton bladet*, „Dagligt Allchanda* u. a ) angckommen waren. Weitere Aufklärungen sind von der gerichtlichen unter- suchung zu erwarten. Belgrad, 1. October. (Tel.) Heute hat die ser bische internationale Post ihre Thätigkcit begonnen. Der Prinz Byron, der hier in Sachen der serbischen Bahn war, hat Belgrad verlassen. New-Aork, 2. October. (Durch „Ncuter's Office* vermitielst deS französische atlantischen Kabels.) Einge- gangenen Berichten zufolge ist eine Expedition, die aus 3 Dampfern und 1600 Mann besteht, aus den Häfen von Florida, welche den Sammelplatz bildeten, gestern nach Cuba abgrsegelt, ohne daß die UnionS- bchörden cS bemerkt hatten. Lan-tagsotrhan-lungen. Zweite Kammer. Sitzung vom 4. Oktober. Beginn der Sitzung Vormittags 11 Uhr, in Gegen wart des RegierungScommissars geh. Regierungsraths Schmalz. Auf der Regtstrande befanden sich u. A. zwei königl. Decrete, betreffend: 1) den Schlußnach- wciS über die Unterstützungsmaßregeln infolge der Wassercalamität dcs Sommers 1858, und 2) einen Staatsvertrag mit Preußen und einen Gesctzeut- wurf wegen Abänderung einer die doppelte Bci- ziehnng zur Gewerbe- und Personalstcuer betrcfsindm gesetzlichen Leistung; sowie eine Anzahl Petitionen; so z. B. 1) des Stadtraths, der Stadtverordneten und des Eisenbahncomites zu E sterberg um Erthcilung der Concession zum Bau einer Eisenbahn von Plauen über Elsterberg nach Gera betr.; 2) des Adv. Schenk in Bautzen, die Abänderung dcs 8 6 der rcvidirten Straf- proccßordnung, und die Beaufsichtigung von SlaatS- und öffentlichen G.bäuden, sowie bas Staatseisrnbahn- wesen l etr.; 3) deS Eisenbahncomit-s in Schwarzenberg, Reichelt und Gen., den Weiterbau der Siaatsbahn von Schwarzenberg bis zur Landesgrenze bei Johanngeor genstadt ans Staatsmitteln betr., welche vom Abg. MannS seid befürwortet wird. Endlich befand sich auf derselben folgender, die Abänderung des § 83 der Vcrfasjungsurkunde vom 4. September 1831 (Freie Aeußerung der Mitglieder der Ständcverjammlung) be treffender Antrag deS Vicepräsidenten Streit und 23 Genossen: Die Zweite Kammer wolle im Verein mit der Erste» Kammer I. unter Beobachtung der Vorschriften io § lör der Ber- saffungSmkundr beschließen, daß seiner Zeit on die köuigl. StaatSrrgierung da- Ersuchen zu richten sei. dem unter < beifolgenden Gesetzentwürfe Genehmig»»- zu erihtilen und ihn al« Gesetz zu verkündigen, ll. überdies aber auch au-sprechen, daß der Laadtog »S höchst freudig begrüße» würde, weuo die königl. Siaat-rrgierung einen Gesetzemwurf, welcher die Redefreiheit «o de» Kam mer» in gleicher Weise schützt, wie «rnkel d0 der Ber si-ssung deS Nordde»tschen Bande« die Redefreiheit im '>> d tage wahrt, »»erwart« de« unter l gedachte» Er suche»«, und zwar schon dem jetzt versammelten Landtage vortegen würde. (Der Gesetzentwurf »ud lautet: t 83 der Verfassung-Urkunde vom «. September >831 ist aufgehoben. Au Stell» diese« Paragraphen tritt folgende B»- stimm»»»! «cm Mitglied de« Landtag« de« Königreich« Sachse» darf za irgend «i»»r Zeit wegea seiurr Ubittmma»- oder wegen der i» Au-Übung seine« Berufe« ,etha»e» Ne»ße- ruog»« gerichtlich oder 5 - iilmaiilch v<r>olgi oder außer halb der Kammer, zu welcher da- Mitglied gehört, »ar Verantwortung gezogen werde». Jed« Kammer de« Laudtag« ordnet ihren G schäft-gang »ud ihre DlSciplin durch eiae GeschLstSorduaag.) Bicepräsident Streit ergriff sofort zu dessen münd licher Begründung da- Wort und bemerkte hierbei, daß durch den vom Abg. Oehmichen eingcbrachten Ent wurf einer revidtrten Landtag-oidnung zwar mehrere Bestimmungen der Verfassungsurkunde, so z. B. über die Wahl de- Präsidenten, berührt würden, daß aber derselbe nicht beantragt habe, jene Bestimmung in 8- 83 der Verfassungsurkunde, wonach Mitglieder der Ständeversammlung wegen Aeußerungen in der Kam mer nicht nur zum Widerruf grnöthigt und au- der Kammer au-geschlossen werden könnten, sondern auch dir Möglichkeit geboten sei, dieselben wegen einer sol chen Aeußerung strafgertchtlich zu verfolgen und sie der Wählbarkeit für verlustig zu erklären, aufzuheben. Wenn cr nun auch zu constaltren habe, daß jener 8- 83 in Sachsen bis jetzt noch nicht Anwendung gefunden habe, vor Allem, daß die sächsische Negierung noch nie mals einen Abgeordneten wegen einer Aeußcrung in der Kammer habe verfolgen lasten, so könne man doch den Inhalt des §. 83 unmöglich aufs Neue gut heißen; es erscheine vielmehr geboten, die Redefreiheit der Ab geordneten in Sachsen sür alle Zukunft und kür alle Eventualitäten sicher zu stellen, was selbst für die Er haltung deS sächsischen Staates von erheblicher Wich tigkeit werden könne. Der von ihm in diesem Sinne eingebrachte Gesetzentwurf schliche sich möglichst eng an die betreffenden, für dcn Reichstag gütigen Bestim mungen an. Schließlich bemerkt Redner, daß es mit Rücksicht auf einzelne in Aussicht sichende Bundesgesetze von doppelter Wichtigkeit «scheinen müsse, die Selbst ständigkeit dir sächsischen Kammerredncr auch in dieser Beziehung gewahrt zu sehen. Weiter sind zwei Anträge des Abg. Schreck und Gen. eingcgaiigen, 1) auf Abänderung der Strafpro- ccßordnung und 2) auf Vorlegung kines Gesetzes über die Corrections und Bezirksarmenstalten, welche der selbe in der morgenden Sitzung mündlich begründen wird. Vor Ucbergang zur Tagesordnung zeigen die 2. und 4. Deputation ihre Constiluiiung an; in ersterer ist Abg. Oehmichen, in letzterer Abg. Ludwig (Chemnitz), zum Vorstande gewählt worden. — Auf der Tagesordnung steht zunächst die Wahl einer aus 7 Mitgliedern bestehenden Deputation zur Bcrathung des Oehmichcn'jch-'n Antrags auf Revision der Landtagsordnung. Sofort im ersten Wahlgange wurden gewählt die Abgeordneten: Mannsfeld mit 65, Oehmichen mit 63, Günther mit. 60, Pornttz mit 48, Wigardmit43, Bieder mann mit 43 und Ludwig mit 42 Stimmen. Die meisten Stimmen erhielten hternächst die Abgg. Mosch (21)j, Sachße (20) und Ackermann (19). Hierauf erstatieteSecrctär Dietel namens des Direk toriums Vortrag über die Wahlen im 30. und 36. ländlichen Wahlbezirke. Die erste, c, gegen welche drei Proteste von Eingesessenen dcs Wahlbezirks cingclaufcn waren, wurde auf Antrag dcs Direktoriums, dicfe Pro teste auf sich beruhen zu lassen, ohne Debatte einstim mig für giltig erklärt. Hinsichtlich der zweiten Wahl, welche mit 524 von 839 giltigen Slimmcn auf den Gutsbesitzer Schulze gefallen war, beantragte das Di rektorium, dieselbe sür nichtig zu erklären und das Ministerium des Innern um schleunige Anordnung einer neuen Wahl in dcm fraglichen Wahlbezirke zu ersuchen. Der Vortragende motivirte diesin Antrag dadurch, daß Schulze das Grundstück, welches er früher zu Jahnsdorf besessen, vor dem Wahltage (4. Juni) veräußert, an demselben zwar ein anderes Grundstück bereits erstanden, aber noch nicht adjudicirt erhalten, als Rentier den Ccnsus nicht erreicht habe; erst am 30. Juli sei die Eintragung Schulze'S ins Grund- und Hypothckenbuch erfolgt; zuvor schon sei rin von einem Friedensrichter und 17 Gcmeindcvertretern unterzeich neter Protest gegen die Wahl eingcgangcn. Auf Be richt dcs Wahlcommissars habe das Ministerium des Innern, nachdem sich Schulze, wie schon gleich nach der Wahl, nochmals zur Annahme der Wahl bereit er klärt, die Entscheidung über die Giltigkeit der Wahl an die Kammer verwiesen. Nach Ansicht dcs Direkto riums sei, nach 8 20 des Wahlgesetzes und 8 6 der Ausführungsverordnung dazu, nicht zweifelhaft, daß Schulze zur Zeit der Wahl nicht die Wählbarkeit ge habt habe, Witt er noch nicht Eigenthümcr des erstan denen Grundstücks gewesen; ebenso unzweifelhaft sei srellich, daß derselbe jetzt die Wählbarkeit besitze, da er allein mit den von seinem Gute bezahlten Grundsteuern den CcnsuS erreiche. Das Gssrtz enthalte jedoch gar keine Bestimmung über die Sanirung eines zur Zeit der Wahl bestandenen Mangels der Wählbarkeit; Unter diesen Umständen habe das Direktorium zu seinem Be dauern nur zu dcm von ihm gestellten Anträge ge langen können. Stach Eröffnung der Debatte ergreift das Wort: Abg. vr. Biedermann: Er sei nicht Jurist, meine aber auch nicht, daß solche staatsrechtliche Fiagen, wie die vorliegende, mit privatrechllicher Gründlich!, it zu entscheiden seien. Das Eigenthümliche der fraglichen gesetzlichen Bestimmung sei nur der Gegensatz gcgcn andere Besitzweis-n, Pacht und dergleichen; dieselbe könne nicht auf tue Erfüllung bloser juristischer Formalitäten bezogen werden. Gerade die Ausführungsveroronung gebe ihm Veranlassung, geg^n die Casstrung der be strittenen Wahl zu sprechen, denn sie interpretire da- Gesctz in einer seiner Ansicht nach unmöglichen Wcise: bei dieser Auslegung entziehe der rein zufällige Um stand, daß die juristischen Formen des Eigenlhums- Uebergangs noch nicht erfüllt seien, möglicherweise zwei Personen, und jedenfalls einer, die Wählbarkeit. Nicht mehr auf Grund von Grundeigcnthum, nicht mehr nach Ständen, sondern nach CcnsuS werde gewählt; man solle daher keinen übertriebenen Werth auf das Zusam mentreffen von Grundeigcnthum und Steuer legen. Daß die Eintragung Schulze'- sobald nach der Wahl erfolgt sei, darauf lege er keinen Werth, sondern auf die nolhwendige Unterscheidung zwischen Staat-recht und Privatrecht. Abg. vr. Minckwitz erklärte sich ebenfalls für Gil tigkeit der Wahl. Abg Temper: Man müsse sich streng an da- Ge setz haltcn, dicse-fordere zwu Bedingungen zur Wähl barkeit: Grundeigenthum und Steuer. Grundetgenthum werde lediglich durch Eintragung erworben, cin andere- gebe eS nicht; daran müsse man unter alle». Umständen festhalten. Abg. Näser: Er erkläre sich sür die Giltigkeit der Wahl auS dem Grunde, weil die Regierung, indem sie die Entscheidung dcr Kammer anheim gefüllt habe, selbst der Ansicht gewesen zu sein scheine, daß die Au-- legung de- Gesetzes nicht zweifellos sei; sei dies dcr Fall, so müsse man sich an ein aadercs ausschlaggeben des Moment hallen, da- sei sür ihn die Stimme der Wählerschaft. Er stelle daher den Antrag, dir Wahl für giltig zu erklären. Dieser Antrag wird ausreichend unterstützt. Abg. Sekretär Dietel: Er mache dara f aufmerk sam, daß thatsächlich am Wahltage nur rin Erstehung-- recht dcs Gewählten vorhanden, nicht einmal die Ad judikation rrfolgt, also auch kein Naturalbesitz begrün det gewesen sei; denn die Erstehung gebe doch nur rin brdingtrs Rrcht auf Adjudikation. Dir Entscheidung über die Wahl der Kammer zu überlassen, dazu sei das Mtnisterium wohl nur durch die Nähe dcs Landtag- bewogen worden. Regicrungscommissar geh. Reg. Rath Schmalz: da mehrfach auf die muthmaßliche Ansicht der Regierung Bezug genommen worden sei, müsse er dieselbe mit einigen Worten klar stellen. Der Negierung sei keinen Äugend! ck zweifelhast gewesen, daß beiocs: Ccnsus und volles bürgerliches Eigenthum zur Wählbarkeit ersor- derlich sei. Die Negierung habe aber schon auZ dem Grunde, weil der Gewählte selbst seine Wählbarkeit ausdrücklich behauptet habe, die gesetzliche Verpflichtung gehabt, die Entscheidung der Kammer zu überlass.n. Die Debatte wurde hierauf geschlossen und det der Abstimmung dcr Antrag des Dlrectoriums mit allen gegen 19 Stimmen angenommen. Weiter erstattete Secretair Ur. Gensel Directorial- vortrag über einen ^von rc. Uhlemann und Genossen in Pcnig ausgegangenen Protest gegen die Wahl im 13. städtischen Wahlbezirke: Abg. Ur. Hahn in Burgstädt. Dieselben begründen diesen Protest mit Hinweis darauf, daß die Wahlliste in Penig nicht vom Stadtrathscollegium, wie es nach ihrer Ansicht das Gesetz vor schreibe, sondern von einem Subalternbeam- tcn dcs Stadirathes abgefaßt worden sei, und daß tn dieser Wahlliste ihre, der Beschwerdeführer, Namen ge fehlt hätten. Da nun dcr Gegcncanbibat Dr. Meisch ner 592, Ur. Hahn über nur 615 Stimmen erhalten habe, so würde, wenn sie, die sie für Ur. Mciichner gestimmt hab.n würden, ihre Stimme hätten adgcbcn können, das Wahlresultat ein anderes geworden sein, und Letzterer dre 'Majorität (615 Stimmen) erhalten haben. In einer heute eingcgangenen Eingabe bezie hen sich die Belchwerdesührer noch oaraus, daß bei oer öffentlichen Bekanntmachung der Wahl auch das Recht dcr Einsicht in die Wahllisten nicht besonders ausmerk am gemacht worden sei, und behaupteten außerdem das Vor- kommniß ungesetzlicher Wahlbeetnflussungcn. Das Direktorium weist zunächst das Unbegrün dete der letzteren Behauptung nach und darauf hin, daß nirgends die Ausstellung der Wahllisten durch das Stadtrachecollegium gesetzlich vorgischrteben sei, daß nach §. 26 des Wahlgesetzes Jedem die Einsicht der Wahllisten freistehe, woraus folge, daß Jeder sich die FolgeneinerNichlausübung dtesesRcchteslediglich selbst zuzuschrciben habe, und daß daher so wcnig man die constatiite Mangelhaftigkeit in der Führung der betref fenden Wahlliste und das Unterlassen eines Hinweises auf das Recht der Einsicht in die Wahlliste billigen könne, eine Nichtigkeit der Wahl aus diesen Vor kommnissen nicht gefolgert werden dürfe. Es schlägt daher vor, den gegen die Wahl erhobenen Einspruch auf sich-beruhe« zu lassen, und wild dieser An trag ohne Debatte einstimmig angenommen. Der letzte Vortrag desselben Referenten betrifft eine von dem Edlen v. Querfurth und Genossin tn Schönhaide ausgegangenen Protest gegen die Wahl deS Abg. Nestler (42. ländlicher Wahlbezirk). Die ser Protest gründet sich auf die Behauptung, daß bei dieser Wahl und besonders bei der Wahlhandlung in Nittersgrün Gesetzwidrigkeiten vorgekommen seien, welche darin bestanden, daß nicht nur eine Anzahl Stimmzettel von Frauen und Kinvern, sondern auch eine erhebliche Zahl der Stimmzettel offen abgegeben wvrdcn seien. Referent geht nun in seinem Vortrage specicll auf die lheils vom Ministerium des Innern, thctls vom liberalen Wahlcomite angestellten Erört.run- gen ein, und constatirt das Vorhanoensetn der in dcm Proteste behaupteten Thatsachen, sowie dcn Um stand, daß das Wahlprotokoll Falsa enthalte, in dem cs behaupte, daß die Stimmzettel verschlossen, wie es das Gesetz vorschreibe, abgegeben woroen seien. Es sei also ganz offenbar gegen Bestim mungen dcs Wahlgesetzes gehandelt worden. Hierbei bemerkt Redner, daß bei der vom Ministerium dcs Innern angcordneten Befragung deS Wahlvorstandes und der Wahlgehilfen feiten dcs tnquirirendcn Richters mit wenig Sorgfalt verfahren, und den Befragten of fenbar die zu gebende Antwort in dcn Munv gelegt worden sei. Das Direktorium würde sich nun nicht bedacht haben, die Wahl als ungiltig zu bezeichnen, wenn cs nicht gchoffl hätte, daß es gelingen werde, durch weitere geschickte cvmmissarische Erörterungen zu einem ganz bestimmten Resultate zu gelangen und die Zahl der ungtltigen Stimmen fcstzustcllen. Da dies auch von den Antragstellern lebhaft gewünscht werde, so beantrage es: die Wahl Ncftler's zu bean standen und das Ministerium des Innern zu ersuchen, durch kommissarische Erörterungen an Ort und Stelle die Zahl der ungtltigen Stimmen möglichst festzu,teilen. Abg. vr. Wtgard bemerkt, daß diese Wahl viel mehr verdiene, casstrt zu werden, als die heute zuerst behandelte, bei welcher man die Cassation ausgesprochen habe. Auf die Ansichten der Antragsteller rücksichtttch der Vornahme weiterer Erörterungen könne hier keine Rücksicht genommen werden, eS liege vielmehr rm öffent- lichcn Interesse, das Wahlrcsultat definitiv festzusteUen, was durch nachträgliche Anstellung kommissarischer Er örterungen kaum möglich sein werbe, sondern wozu eine Neuwahl unbedingt erforderlich erfcheine. Uebrigens stehe soviel fest, daß gegen das Gesetz gehandelt wor den sei durch Abgabe offener Stimmzettel und dadurch, daß nicht Männer, sondern Frauen und Kinder ge stimmt hätten. Diese horribeln Illegalitäten müßten ganz unbedingt zu eincr Cassation der Wahl führen, und beantrage er daher: „dir Cassation der Wahl schon jetzt auszusprechen.* (Wird sehr zahlreich unterstüht) Referent macht darauf aufmerksam, daß Nestler 551, sein Gegenkandidat Kirbach 528 Stimmen erhalten hätten. Es sei nun anzunehmrn, daß mindestens 42 ungittige Stimmzettel tn Ritter-grün abgegeben worden seien. Da nun Kirbach dort überhaupt nur 13 Stimmen er» halte« habe, so müßten von den für Nestlern abgr.