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V 206 Donnerstag den 6. September 18«« Itzummunftsprets»: ILLUi-k - « 1'dlr — »gr. l^jllkrliod: 1 „ lk „ tritt?o,t a. 8t»wP»I- Mo»»tUob: „ 1ü „ »i»ot>I»E tuL»u. Liu»slo« ttuuuooru: 1 „ »ustratruprttsr: k^Ir ä«o U»um »>Q«r g»»p»It»o«u 2«il«: 1 kkxr. Uut«r „LlQ^«»»»at" lU» L«il«: 8 digr. DreMerImmml. Verantwortlicher Redacteur: I. G. Hartmann Lrschet««: VSglicb, mit ä«r 8ooo- onä k'GtsrtaL«, «d«oä» kUr ä«a 1olxeQ<t«v »astrattmiooahmr auawört,. L»ip»iU: t» 8^»l,»r»rr»», OourminioQTr äs« vr«»ckii«r ^ourual»; , «bsaä»».: tt Duoi.«», Lvo»» ko»»! tt»u>dur^ I«rU» Vi»» knuiktarr ». U.: U^Liiiii-rüin L Vooi.«llt »«-U» U»oi-iv»'»<:bs tturük , 1t>ir>iu»r»»'» Uuresu Lr«iL»o L. 8c»i.orr»; 8r«»I»a: l,.8r»i«o«i«'»Xiil>ooi:«oburs»u, ^»»»» t 8»«»i<tUtv»>i>i i kr-uit^urt ». N : 3^««»»'»»b» Luckb.; «öl»; Xv. LLl>ii»»»ik»ri»: Uiv»», övl.l.i»» L Oo., (8, PI»«« 6« I» 8our,«); kr»^: k», Lu»l.lou'» Luokb.; Vi«o: Xl. Oro»i.i». cherau^eder: Löuigl. Lipsältioo äs» Vr«,äv«r ^oaiiutl», vrssäsu, H»ri«n»tr»»»« Ho. 7. Amtlicher Theil. Bekanntmachung deS Ministeriums des Innern, die Zulassung der „Friedrich Wilhelm" Preußischen Ledens- und Garantie Versicherungs-ÄrtiengeseU- schasl in Berlin zum Geschäftsbetriebe in Sachsen betreffend. In Gemäßheit tz 6 der Verordnung über den Ge schäftsbetrieb ausländischer Versicherungsanstalten im Königreiche Sachsen vom 16- September 1856 wird von dem Ministerium des Innern andurch bekannt gemacht, daß die „Friedrich Wilhelm" Preußische Lebens- und Garantie-Vcrficherungs-Aktiengesellschaft zu Berlin den Vorschriften in K§ 2 bis 4 dieser Verordnung Genüge geleistet und insbesondere Leipzig zum Sitz ihres Geschäfts für Sachsen gewählt hat. Dresden, den 27. August 1866. Ministerium des Innern. Abtheilung für Ackerbau, Gewerbe und Handel. Or. Weinlig. Fromm. Nichtamtlicher Theil. Uebersicht. TagrSgeschichte. Berlin: Prinz Albrecht zurück. Der französische Botschafter nach Karlsbad. Demobil- machung. Kammerverhandlungen. — Görlitz: Mi litärische Angelegenheiten. — Wien: Frciwilligen- entlafsung. Rückkehr der Kriegsgefangenen bevor stehend. Austausch des erbeuteten Bahnmaterials. Militärische Reformen. ZurHaltung der Wienek Jour nalistik gegenüber Preußen. Kein Vertragsbruch gegen Bayern. — Prag: Pöbelercesse und Plünderungen. — Trient: Die neuen Grenzverhältnisse. Getreide einfuhr verboten. Die Friedensverhandlungen mit Italien. — Pola: Eine Ansprache Tegetthoff's vor der Schlacht bei Lissa. — Venedig: Ankunft höherer franz. Offiziere. — Pcsth: Freilassung Verhafteter. — München: Bom Hofe. Der Frieden mit Preußen. — Stuttgart: AnlehenSverhandlungrn abgeschlossen. — Hannover: Erlaß betreffs der Agitation gegen preußische Kundgebungen. Beschlagnahme. Die west fälischen Obligationen. Amtsenthebung. Erklärung des Majors v. Jacobi. —Schwerin: Rückkehr des Groß herzogs. — Ful d a: Beurlaubung der kurh. Truppen. — Darmstadt: Friedensabschluß mit Preußen. Amts- suspendirung. — Wiesbaden: Anschaffung preu ßischer Fahnen angeordnet. Aus Lorch. — Paris: Vom Hofe. Die römische Legion. — Mailand: Das Schreiben Napoleon's an Victor Emanuel. — Haag: Die Scheldefrage in der Zweiten Kammer. — Lon don: Das alte Kabel. — Warschau: Zur Rusflfi- cirung der Finanzverwaltung. — Mexico: Neueste Post. Schleswig-Hslftei«. (Aus Kiel, Altona, Rendsburg, Flensburg und dem nördlichen Schleswig.) Ernennungen, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. Dresdner Nachrichten. vermischtes. Statistik und volkewirthschast. (Der landwirthschaft- liche Creditverein im Königreich Sachsen.) geuilletaa. Inserate, rageskalender. vörsennach- richien. Tagesgeschichte. Berlin, 4. September. (St.-A.) Se. k. Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen ist gestern Abend vom Kriegsschauplätze in Böhmen hierher zurückgekehrt. — Feuilleton. Dresden. In der Sitzung der zoologischen Section der „Isis" am 30. August legte Herr Neidisch zuerst im Auftrage Herrn Or. Schneider'» einige große Maden vor, die unter der Kopfhaut eines lebenden Vogels ge funden worden waren, und verlas ein hierauf bezügli ches Schreiben, sodann im Auftrage Herrn Lehrer Vet ters einige Conchylien, zuletzt eine Arachnide, die von ihm auf einer Schlange gefunden worden war, eigen- thümliche Phryganeengchäuse, darunter welche aus Süd- und Nordamerika und Exemplare einer Lortestaart. Herr Maler Wegener sprach sodann über die abnorme Geweihbildung eines Hirsches de» hiesigen zoologischen Gürtens und über seine Erfahrungen in Bezug auf die ungleiche Ankunft von Zugvögeln einer und der selben Art. Die meiste Zeit nahm ein längerer Vor trag des Herrn MedicinalrathS vr. Küchenmeister über die Befruchtung-Verhältnisse im Thierreiche in Anspruch, in welchem er ganz besonders die neuesten, sich auf die sen Gegenstand beziehenden Erfahrungen resp. Ansichten betonte, woran sich eingehendere Mittheilung über die Befruchtung bei den Fischen und über dir daraus fol genden Regeln der Fischzucht knüpften. Die Besprechung der Befruchtung der Vogeleier von Seiten Herrn Bau- meyer'S, wie dir einiger abnormer Erscheinungen im Bau de» weiblichen Körper» von Seiten de» Herrn MedicinalrathS Oe. Küchenmeister bildete den Schluß der Sitzung. X Historische Literatur. Historische Zeitschrift »vn Heinrich v. Eybel. 8. Jahrgang. 1866. 2. Heft. München, Cotta'sche Buchhandlung. Bon dieser seit 1859 regelmäßig in 4 Qnartalheften erschienene« treff- Das amtliche Blatt veröffentlicht da- vom 18. August datirte Privilegium wegen Ausgabe von 2 Mill. Thalern PrioritätSobligationen der Magde burg -Köthen Halle-Leipziger Eisenbahngesell schaft. — Wie die „N.-Z." heute meldet, ist der fran zösische Botschafter am hiesigen Hofe, Hr. Benedetti, nicht nach Paris, sondern zur Cur nach Karlsbad gereist. — (N. Pr. Z.) Laut einer königl. CabinetSordre erfolgt nunmehr nach erfolgtem Friedensschlüsse die Rückkehr der mobilen 1., 2. und Elbarmee und des 2. Reservecorps von den betreffenden Kriegsschauplätzen und die Demobilmachung derselben. Die Demo bilmachung de» großen Hauptquartiers Sr. Maj. deS Königs hat bereits am 1. d. M. stattgesunden. Nach einer anderweiten königl. Ordre ist den stellvertreten den Generalcommandos anhrimgestellt, bereits jetzt bei den innerhalb der betreffenden Corpsbezirke dislocirten Truppentheilen die eingezogenen Mannschaften derLand - wehr, soweit es die örtlichen Dienstverhältnisse ge statten, in die Heimath zu entlassen. Bei den in Ber lin garnisonirenden Truppentheilen ist bereits gestern mit der theilweisen Entlassung der Landwchrmannschaf- ten der Anfang gemacht worden. — In der Frie densdislocation der Armee treten mehrfache Ver änderungen ein. — (N.-A.) In der heutigen Sitzung des Abge ordnetenhauses, in welcher Präsident v. Forckcn- beck den Vorsitz führte, fand die Verlesung und Be gründung der Interpellation des Abg. v. Bonin we gen Vorlage eines Gesetzentwurfs, betreffend die Na- turalleistung für die bewaffnete Macht während des FriedcnsstandeS und deren Vergütung, statt. Abg. v. Bonin entwickelte, daß die gesetzlichen Bestimmungen über die betreffende Materie, die aus den Jahren 1810—1855 stammen, den gegenwärtigen Verhältnissen nicht mehr entsprächen, und der Gegenstand einer neuen gesetzlichen Regelung dringend bedürfe, was darauf an einzelnen besonder» flagranten Bestimmungen (Natu ralleistung der Pferde; Landlieferung zur Füllung der Magazine, auf 16 bis 20 Merlen Entfernung; Forde rung von bespannten Wagen auf unbestimmte Zeit und für ungemessene Entfernungen, wobei die Beschaffung der Fahrer die größte Schwierigkeit biete), näher aus- geführt wurde. Der Minister deS Innern, Graf Eulenburg, erklärte die Bereitwilligkeit der Regierung zur Vorlage eine- Gesetzes, wie die Interpellation es verlange; das Land habe während des letzten Krieges übrigens eine große Leistungswilligkeit bewiesen und habe namentlich die Autonomie der Kreise und Gemein den PrLgravationen von besonderer Härte vorgebeugt. — In der Sitzung des Herrenhauses wurde nach einigen geschäftlichen Mittheilungen der Verordnung wegen des Verbots der Veräußerung von Geschützen ohne Debatte die nachträgliche Genehmigung ertheilt. Zweiter Gegenstand der Tagesordnung ist der Be richt der 9. Commission, betreffend die Verordnung wegen der vertragsmäßigen Zinsen. Bei der Ge- neraldiscussion nimmt zuerst der Justizminister, Graf zur Lippe das Wort, um den Standpunkt der Regie rung gegenüber dem Commissionsantrage darzulegen, welcher für Darlehen, zu deren Sicherheit nicht unbe wegliches Eigrnthum verpfändet wird, nur dann höhere Zinsen erlauben will, wenn auch die Bank ihren Z »S- satz über das gesetzliche Maß erhöht. Er weist darauf hin, daß die Aufhebung der Ainsbeschränkvng noth- Wendig geworden, und hält die Befürchtungen der Commission wegen nachtheiliger Folgen einer dauern den Aufhebung der Wuchergesetze nicht für gerecht fertigt. Der Minister erachtet allerdings den Wucher für ein schweres sittliches Verbrechen, glaubt indessen, daß der Wucher weniger Nothleidende, als vornehmlich Leichtsinnige und Unerfahrene ausbeutc. Leichtsinnige und unerfahrene Minderjährige seien indessen schon durch ein andres Gesetz geschützt; die Volljährigen aber könne der Staat nicht überall schützen, wenn sie durch lichen Zeitschrift ist jüngst wieder ein Heft herausge kommen, welche» sehr interessante Aufsätze enthält. Frie drich Kapp hat au» wenig zugänglichen, meist ameri kanischen Quellen da- Lebensbild eines ziemlich unbe kannten Deutschen des 17. Jahrhunderts entworfen, des Peter Minnewit aus Wesel, der 1626 als Generaldi rector im Auftrag der holländisch-westindischen Com pagnie der niederländischen Colonir auf der Manfatten insel, wo später New-York entstand, Festigkeit und Blü he gab und dann Gustav Adolph's großartige, durch des Königs Tod vereitelte Colonisationspläne fördern sollte, aber wenigstens noch 1638 eine schwedische Colonir am Delaware gründete und bis zu seinem Tode, 1641, in Blüthe erhielt. Der jüngere Droysen schildert in den „Studien zur baltischen Frage" mit feinem historischen Sinn Gustav Adolph'» Politik in Bezug auf seine In teressen an der Ostsee. Er betont hier sehr entschieden, wie in dem Kampfe beider Parteien, der Katholiken und Protestanten, auch in dieser ersten Zeit des 30 jäh rigen Krieges da» religiöse Interesse vor dem politischen zurücktrat. Dies mag bei den Fürsten und Staats männern auf beiden Seiten der Fall gewesen sein und ihre Entschlüsse und Unternehmungen zunächst erklären. Doch ist das confrsstonrlle Element nicht blo» „der Lo calton für daS Zeitgemälde", wie der Verfasser behaup tet, sondern jene Leiter und Führer wurden neben und nach den politischen Motiven auch mehr oder minder stark von confesfionellem Eifer und religiösen Beweg gründen bestimmt, und daS Volk — im weitesten Sinne —, welches auf die Gestaltung der Dinge indirekt den bedeutendsten Einfluß hatte, lebte und webte in der Zeit ganz in confesfioneller Aufregung. H. v. Holse schildert nach französischen Quellen die neuerdings wie der von ultramontangefinnten Franzosen hochgepriesrnrn Gräuel der Hugenotteuverfolgung zur Heft Ludwig'» XIV. eigene Schuld Schaden nähmen. Die andere Befürch tung der Commission, daß die Zinsfreiheit den Zins fuß für Hypotheken steigern werde, treffe ebenfalls nicht zu. In Hypotheken werde nur Capital angelegt, das sicher untergebracht werden solle, nicht aber aus Spekulation. Die Zinsfreiheit habe erfahrungsmäßig noch nie auf die Verhältnisse der Geldanlegung in Hy potheken emgewirkt, und könne deshalb dem Hause nur empfohlen werden, den Antrag der Commission abzu- lehnen und den von der Regierung vorgelegten Ge setzentwurf anzunehmen. Für den Commissionsantrag spricht zunächst Hr. v. Meding, der in längern Aus führungen, ohne indessen etwas Neues hinzuzufügen, die alten Gemeinplätze gegen die Aufhebung der Wu- chergesctze, wie man sie von der Partei der Majorität des Herrenhauses zu hören gewohnt ist, gewissenhaft zusammenfaßt. Redner weist dann darauf hin, daß Preußen, welches einen großen Krieg geführt habe, nach Beendigung desselben einen niedrigern Zinsfuß ertragen konnte, als England, das in tiefstem Frieden zu derselben Zeit der Förderung seiner Handels- und gewerblichen Interessen gelebt hat. Schließlich spricht Hr. v. Meding die Mahnung aus, daß die materiellen Rücksichten den Forderungen der Moral nicht voran stehen dürsten. Or. Dernburg und Herr v. Kleist-Retzow sprechen gegen die Commission und für den von der Regierung vorgelegten Gesetzentwurf, welcher vom Re- gierungscommissar vr. Eck, von Herrn v. Bernuth (dem früher» Justizministrr) und dem Handelsminister Grafen Jtzenplitz vertheidigt und dem Hause zur Annahme empfohlen wurde. Die Debatte wurde darauf aus die nächste Sitzung vertagt und diese auf morgen Vormittag anberaumt. Görlitz, 3. September. (Ndschl. Z.) Am Sonnabend hat auf der niederschlesisch - märkischen Eisenbahn die Truppenbeförderung begonnen. Ueberhaupt sollen, einer amtlichen Bekanntmachung zufolge, täglich bis einschließlich 11. d. M. etwa 6000 Mann — im Gan zen also 54,000 Mann — hier einquartiert werden. — Heute kamen von den österreichischerseits freigege- benen Kriegsgefangenen etwa 260 Mann mit der Eisenbahn hierher und gleichzeitig die Ersatzcompagnie des 5. Jägerbataillons. Die Compagnie mußte noch heute Vormittag Mannschaften zur Wache geben, da — während die Landwehrmannschaften im Begriff stan den, die Wachen zu beziehen — der telegraphische Be geht zu der sofortigen Entlassung des Landwehr bataillons eintraf, infolge dessen auch die Wehrlrute heute Nachmittag schon die Sachen abgaben. Wien, 3 September. Wie die „Deb." vernimmt, hat die Entlassung von Freiwilligen der auf Kriegsdauer errichteten „Wiener Freiwilligenjägerba taillone" bereits ihren Anfang genommen. Es sollen indessen nur Wenige sich zur Entlastung melden, und die Meisten es vorgezogen haben, von der Erlaubniß, in andere, reguläre Truppencorps der k. k. Armee ein treten zu dürfen, Gebrauch machen. — Von heute an- gefangen, sollen durch einige Tage hindurch je 6000 Mann österreichischer Kriegsgefangener von Oderberg aus im Floridsdorfer Lager eintreffcn und von da aus nach kurzer Rast thcils zu den betreffenden Truppenkörpern oder, wenn dies ihr Gesundheitszustand nicht erlauben sollte, in die Spitäler dislocirt werden. — Vorgestern Abend war die Nordbahnhofhalle glän zend beleuchtet, und das Directions- und Beamtenper sonal harrte in großer Gala eines telegraphisch ange kündigten Gastes. Um ^9 Uhr kam mittelst Separat zuges ein preußischer Regierungsrath, der Gcneraldi- rector sämmtlicher preußischer Bahnen, in Begleitung einiger Beamten hier an und wurde von den am Perron Anwesenden begrüßt. Es fand hierauf die formelle Rück- und Uebergabe des österreichischer- und preußischer- seits erbeuteten Bahnmaterials durch Austausch von entsprechenden Documenten statt. — Der „Boh." schreibt man: Es kann bereit- als eine feststehende Thatsache angenommen werden, daß auf dem militärischen Gebiete eine das bisherige System A. Schäfer (früher in Dresden, jetzt Professor in Bonn) weist die Unechtheit einiger für authentisch ge haltenen Briefe Friedrich's des Großen nach. Der früher auf dem Gebiete der griechischen Geschichte rühmlichst thätige Verfasser, hat sich neuerdings vorzugsweise der Geschichte Friedrich's des Großen und seiner Zeit zuge- wcndet, wie aus seiner im ersten Hefte dieses Jahr ganges veröffentlichten Kritik der „Geheimnisse des säch sischen Cabincts" erhellt. Der nruangestcllte Professor in Leipzig, Georg Voigt, gicbt endlich seine Antritts rede über den berühmten Professor Mascow in Leipzig, der einer gründlichen und geschmackvollen Behandlung der Geschichte die Bahn brach. Zum Schluß folgt, wie gewöhnlich, ein reicher Literaturbericht. Uss. Aus den Journalen erfuhren wir in den jüng sten Tagen zwei Fälle, wo die Kunstkritik vor dem Richterstuhle sich zu verantworten hatte. In Prag war von dem Pianisten Eduard Gerstberger gegen die „Politik" ein Ehrenbtleidigungsproccß angestrengt wor den. Die Anklage besagte im Wesentlichen Folgendes: Unter der Rubrik „Kunst, Theater und Literatur" habe die „Politik" am 8. Mai d. I. eine Kritik über da- Orgelconcert des Eduard Gerstberger gebracht, welche in gröbster Weise seinen künstlerische» Ruf verletzte, „Arroganz und Eitelkeit" ihm vorwarf. Der Referent habe dem Concertgeber auch den Rath ertheilt, „den Schwerpunkt de» moralischen Jchs hinunter zur Tiefe seine» künstlerischen Können» zu commandiren." Auch werde die unwahre und boShaste Bemerkung gemacht, Eduard Gerstberger habe, um für ein Wunderkind zu gelten, mehrere Jahre auf der Alter»stuse von 12 Jahren zugebracht. ES werde ferner v»n einem Rückschritte seiner Leistungsfähigkeit, von der Entweihung eine» vor züglichen Orgelwerk» gesprochen. Der Ankläger glaubt total verändernde Reform im Anzuge ist. Die beab sichtigte Reorganisation würde vorerst die obersten Mi litärbehörden und das Werbe-, Ergänzung»- und Ab richtungssystem der Armee betreffen. Aus all' diesen Gebieten wird eine vollständige Umwandlung vorbereitet. Man betrachtet heute schon die Aufhebung der Central- kanzlei als bald bevorstehend und glaubt, daß die ge- sammte Oberleitung der Armee einem Generalissimus übertragen wird, der ungefähr mit denselben Vollmachten ausgestattet sein wird, wie sie dem Erzherzog Karl im Jahre 1809 übertragen wurden. Wer mit dieser höchsten militärischen Stellung betraut werden dürfte, ist für jeden Kenner der letzten militärischen Ereignisse wohl leicht zu errathen. Was das Kriegsministerium betrifft, so würde selbstverständlich sein Wirkungskreis wesentlich alte- rirt und demselben vielleicht nur die Administrationsgeschäfte zugcwiescn werden. Ueber die Reformen, welche die Armee selbst betreffen, werden demnächst umfassende Mittheilungen in die Oeffentlichkeit gelangen. Dessen können Sie versichert sein, daß man mit der Reform nicht auf halbem Wege stehen bleiben will, und daß das System allgemeinster Wehrpflicht von den hochgestell testen Autoritäten entschieden befürwortet wird. — Die officiöse „W. Abdp." bemerkt in Bezug auf die Verhandlungen des preußischen Abgeordneten hauses vom 1. September über die Jndemnitätsvor- lage: „Die Bemerkung des Ministerpräsidenten, welcher am Schluffe der Sitzung das Wort nahm, daß man „„in Wiener Zeitungen und zwar denjenigen, von denen bekannt ist, daß sie die Meinungen der kaiser lichen Regierung vertreten, Aeußerungen de- Hasses und der Aufregung gegen Preußen finden werde"", wird nicht verfehlen, überall Aufsehen zu erregen, wo man Wiener Zeitungen mit Aufmerksamkeit liest. Wir, die wir diesem Geschäfte täglich obzuliegen haben, er innern uns wenigstens nicht, seit Beendigung der Feind seligkeiten Aeußerungen des Hasses gegen Preußen in völlig unabhängigen Blättern begegnet zu sein, ge schweige in denjenigen, von welchen wirklich bekannt ist, daß sie die Meinungen der kaiserlichen Regierung ver treten." — Die ministerielle „Deb." bemerkt hierzu: „Die Wiener Journalistik hat im Großen und Ganzen weder vor noch nach dem Kriege Haß und Aufregung gegen Preußen zu nähren gesucht; dazu ist sie viel zu gut deutsch gesinnt. Sie hat in Preußen stets ein beachtenswerthes Stück Deutschland gesehen; sie hat nie verkannt, welche namhaften Vortheilr Deutschland auS der Befriedigung der berechtigten Wünsche Preußens erwachsen müßten, und sie hat sich dieser Befriedigung nie feindlich gegrnübergestellt. Auch heute gönnt sie Preußen alle Erfolge, die mit den wahren Interessen Deutschlands verträglich sind, und wird jedem Schrrtte Preußens mit aufrichtiger Theilnahme folgen, der auf dem Pfade des Rechts und der Moral das Beste Deutsch lands anstrebt. Die Behauptung des Herrn Minister präsidenten stimmt daher keineswegs mit den Thatsachen überein. Allerdings erstrecken sich unsre Sympathien nicht auch aus die Politik, welche die gegenwärtige Si tuation herbeigeführt und sie auszunützen sucht. Doch die Antipathien gegen diese Politik sind so wenig anti preußisch, daß sie in den Kreisen der besten preußischen Patrioten herzlich getheilt werden. Diese Antipathien bilden denn auch ein Band zwischen uns und allen jenen Kreisen, die so wie wir zwischen der schwankenden Tages politik und den stetigen Gesetzen höherer Ordnung zu unterscheiden wissen; dies:s Band wird allmählich er starken und wird sich zum Besten Aller, die ein warmes Herz für Deutschland haben, in der Stunde bewähren, in welcher das Spiel, von dem Graf Bismarck spricht, zu Ende gespielt werden wird." — Weiter schreibt die officiöse „W. Abdp.": „Süd deutsche Blätter sprechen neuerdings von einem „„Ver tragsbrüche Oesterreichs gegen Bayern"". Wenn sie dabei eine Stelle in der Rede des Ministers v. d. Pfordten anziehen, so legen sie derselben einen Sinn unter, welcher darin ganz gewiß nicht enthalten sein sollte. Denn der königlich bayrischen Regierung ist ja sehr wohl bekannt, daß Preußen sich ausdrücklich wei- sich durch diese Angaben dem öffentlichen Spotte preis- gegeben. Franz Pivoda, der Musikreferent der „Po litik", setzt auseinander, wie ihn das „Hervortreten deS Widerspruchs zwischen Leistungsvermögen und Vergeben des Leistungsvermögens" zu dem absprechenden Urtheile veranlaßt habe, und fährt fort: Ueber die Leistungen seines Anklägers wolle er sich nicht weiter auslassen, denn er stehe hier vor einem Der Präsident de» Gerichtshofs bemerkt: „Sprechen Sie den Satz nur auS; Sie wollen sagen: vor einem nicht musikvcrständigen Richtercollegium", wogegen Pivoda bethcuert, daß er weit entfernt war, das zu sagen, er habe nur gemeint, daß eine Detailbesprechung von Gerstberger'S Leistungen nicht hierher gehöre. Der al» Sachverständiger vor geladene Chorregent von Et. Castulus, Ottomar Smo- lik, behauptet, daß Eduard Gerstberger den gebundenen Orgelanschlag sich nicht angeeignet habe. Auch mit der Wahl der Orgelpiecen erklärt er sich nicht einverstanden. Die Behauptung Pivoda'S, Gerstberger habe Rückschritte gemacht, erklärt er für begründet, denn Fortschritte habe Gerstberger nicht gemacht und Stillstand in der Kunst sei Rückschritt. DaS Urtheil lautete auf Freisprechung vom Vergehen der Ehrenbeleidigung, und hat infolge dessen der Privatkläger die Kosten deS Strafverfahren» zu tragen. Nicht so günstig für den Kritiker fiel ein Preßproceß aus, der neulich in London verhandelt wurde. Ein Abendblatt hatte in seinem Referate über die erst« Ausführung eines gewissen Drama» behauptet: die Rolle eine» der Hauptschauspteler „sei von dem Souffleur höchst kräftig gesprochen worden." Der Schauspieler, dessen Gedächtniß auf diese Art in Frage gestellt wurde, war natürlich der Meinung, sein Charakter al- Schau spieler leide darunter, wenn diese Behauptung wider- spruch»lo« aufrecht erhalten bleibt. Da e- ihm jedoch nicht gelang, da» beleidigende Blatt zur Zurücknahme