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Als zweiter Berichterstatter giebt darauf Herr Generalsecretär B u e c k - Berlin ein umfassendes Bild der Linienführung des geplanten Kanalnetzes, überall die für die wirthschaftlichen und Landescultur-Verhält nisse in Betracht kommenden Gesichtspunkte in geist voller Weise erläuternd. Beide Redner bitten sodann im Namen des Ausschusses, die Delegirtenversannnlung wolle folgendem Beschlufsäntrag beitreten: „Die Versammlung der Delegirten erblickt in dem von der Königlich Preufsischen Regierung dem Hause der Abgeordneten unterbreiteten Entwurf eines Gesetzes, betreffend »die Herstellung und den Ausbau von Kanälen und Flufsläufen im Interesse des Schiffahrtsverkehrs und der Landes cultur«, die feste Absicht, ein Werk zu schaffen, das in hohem Mafse geeignet ist, die Gewerbe, den Handel und die Landwirthschaft und damit das gesammte Wirtschaftsleben der Nation zu fördern und zu heben, das daher, über die Grenzen des Preufsischen Staates hinaus, von gröfster Bedeutung auch für das ganze deutsche Vaterland ist. Als wirksamstes Mittel, nicht nur den Verkehr von Massengütern, sondern in vielen Beziehungen den Güterverkehr überhaupt billiger zu gestalten und daher zu erleichtern, wird dieses Werk wesentlich dazu bei tragen, die Productionskosten zu ermäfsigen und die Erzeugnisse der deutschen Arbeit auf den Märkten des In- und Auslandes wettbewerbsfähiger zu machen. Die Versammlung der Delegirten, von der Ueber- zeugung ausgehend, dafs dieser grofse Plan und das mit ihm gegebene Beispiel zum weitern Ausbau von Kanälen und dazu geeigneten Flufsläufen nicht nur im Preufsischen Staate, sondern auch in anderen Landes- theilen Deutschlands führen wird, begrübst daher diese Vorlage freudig und mit Befriedigung und wünscht und erwartet zuversichtlich, dafs die gesetzgebenden Körperschaften den mit diesem Gesetzentwurf erfolgten hohen und bedeutungsvollen Zielen beitreten und ihm daher ihre Zustimmung ertheilen möchten.“ Diesen Vorträgen folgt eine kurze Erörterung. U. a. legt Hr. Ingenieur Schrödter-Düsseldorf die amerikanischen Eisenbahn- und Wasserstrafsenverhält- nisse dar, Hr. Oberbergrath Wachler erörtert die schlesischen Verhältnisse, Hr. Commerzienrath Grofs- Augsburg stimmt unter lebhaftem Beifall der Vorlage von dem hohem Gesichtspunkte aus zu, dafs jede Ver- kehrserleichterung schliefslich der Gesammtheit zu gute komme, Hr. Bergrath Schröder-Halle trägt die Bedenken der sächsischen Braunkohlengruben vor und Hr. Generalsecretär Ragoczy weist auf die Noth- wendigkeit der Moselkanalisirung hin. Nach dem Schlussworte der beiden Referenten wird der Beschlufs antrag mit allen gegen zwei Stimmen angenommen. Zu Punkt 4 der Tagesordnung hält Herr Syndicus Dr. Dietrich-Plauen einen Vortrag über die Hand habung der Zollgesetzgebung des Auslandes und die in den Handelsverträgen niederzu legenden allgemeinen Vereinbarungen. Dazu lag folgender Beschlufsantrag vor: „Die Delegirtenversammlung des Centralverbandes deutscher Industrieller hält es für wünschenswert, dafs von der Reichsregierung vor Neuabschlufs von Handels verträgen, vielleicht durch Vermittlung des wirthschaft lichen Ausschusses, eingehende Erhebungen darüber an gestellt werden, inwieweit die in den Handelsverträgen niederzulegenden allgemeinen Vereinbarungen den Be dürfnissen der Industrie und des Handels sowie den allgemeinen Bedürfnissen des Verkehrs entsprechen.“ Nachdem der Redner erläutert hatte, worauf sich diese. Erhebungen A. bezüglich der Waaren, B. bezüglich der Behandlung von Personen, C. bezüglich des Eisen bahn- und des Schiffahrtsverkehrs, D. bezüglich der Dauer der Verträge erstrecken sollen, beantragt er weiter: „Die Delegirtenversammlung des Centralverbandes deutscher Industrieller ersucht das Directorium des Verbandes, auch unbeschadet der von der Reichs regierung erbetenen Erhebungen, bei den zum Central- verbande gehörigen Körperschaften und in sonst ihm geeignet erscheinender Weise Erhebungen nach den vorgedachten Richtungen anzustellen und das Ergebnifs derselben der Reichsregierung zu unterbreiten.“ Diese Beschlufsanträge werden angenommen. Der zweite Tag beginnt mit einem Vortrag des Hrn. Rechtsanwalts Wan del-Essen und des Hrn. Dr. Hafs- lacher-Gelsenkirchen über: „Die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches in Bezug auf das Arbeitsverhältnifs“, woran sich besondere Anträge nicht knüpfen. Sodann sprechen die HH. Syndicus Hirsch-Essen und Commerzienrath Kirdorf-Gelsenkirchen über den im Reichstage eingebrachten Antrag v. Heyl u. Gen. betreffend die Reichsaufsicht über die Syndicate Die Redner brachten folgenden Beschlufsantrag ein: „Der Centralverband deutscher Industrieller er achtet die Wirkung der gewerblichen Cartelle, welche sich die Aufgabe gestellt haben, die Gütererzeugung dem Bedarf anzupassen und die Regellosigkeit der Con- currenz zu vermindern, als eine überwiegend günstige; sie haben die Preise der Waaren zu den Herstellungs kosten in ein angemessenes Verhältnifs gebracht und die Unternehmer in den Stand gesetzt, den Arbeitern höhere Löhne und stetigere Beschäftigung zu gewähren. Für eine gesetzliche Regelung des noch in der Entwicklung begriffenen Cartellwesens vermag der Cen tralverband z. Z. ein Bedürfnifs nicht anzuerkennen. Derselbe befürchtet vielmehr, dafs ein vorzeitiges gesetzgeberisches Eingreifen in die Cartellirungs- bewegung dazu dienen könnte, die an sich gesunde Entwicklungstendenz der Cartellirung an der Entfaltung zu hindern und tiefgreifende, volkswirthschaftliche Schädigungen herbeizuführen. Die inVorschlag gebrachte Einführung einer Reichs aufsicht würde, ohne gegen Ausschreitungen der Car telle Sicherheit zu bieten, das Reich mit Aufgaben belasten, die seitens staatlicher Behörden nicht erfüllt werden können.“ In seinem Vortrage über den Antrag Heyl legt Herr Syndicus Hirsch-Essen dar, dafs dieser An trag nur die monopolistisch wirkenden Syndicate, ins besondere das rheinisch - westfälische Kojilensyndicat, treffen wollte. Da aber alle Syndicate das Ziel haben, Ermöglichung eines Ertrages der betheiligten Unter nehmungen durch eine mehr oder weniger monopo listische Beeinflussung der Marktverhältnisse im Wege der Einschränkung der gegenseitigen Concurrenz zu erreichen, so werde Frhr. v. Heyl sich bald davon überzeugen, dafs es nicht angängig sei, aus den Cartellen gewisse Kategorien herauszugreifen, und wenn sein Antrag Erfolg haben sollte, so werde er leicht erleben können, dafs mit dem sündhaften Kohlensyndicat auch das sittsame Spirituscartell und das tugendhafte Zuckersyndicat unter Curatel gestellt würden. Redner verneint sodann das Bedürfnifs einer Reichsaufsicht. Die Cartelle seien Kinder der Noth; wenn hier und da Kinderkrankheiten hervorgetreten seien, so liege das in der Neuheit der Organisation. Im allgemeinen aber hätten die Cartelle, von einzelnen Mifsgriffen abgesehen, günstig gewirkt, indem sie der sinkenden Preistendenz Einhalt gethan, den Gegensatz zwischen Erzeugung und Bedarf beseitigt und Stetig keit in die Beschäftigung der an ihnen betheiligten Unternehmungen und damit auch Stetigkeit in die Beschäftigung und Lohnverhältnisse der Arbeiter ge bracht haben, Wirkungen, die vom volkswirtschaft lichen Standpunkte aus als durchaus gesund bezeichnet werden müssen. Wenn man nun von der Staatsaufsicht die Verhinderung etwaniger Ausschreitungen erwarte, so thut Redner an der amerikanischen und österreichi schen Cartellgesetzgebung das Vergebliche dieses Ver suches dar. Gerade eine solche Staatsaufsicht dränge