Volltext Seite (XML)
15. Februar 1901. Amerikanischer und europäischer Schiffbau. Stahl und Eisen. 167 und. Seeleute, ausgestaltet durch englische Zeich nungen englischer Schiffbauingenieure und schliefs- lich auf englischen Werften gebaut. Genau dasselbe könne man auch in Amerika erreichen, allerdings habe man hierbei darauf Rücksicht zu nehmen, dafs das verwendete Material sich besser und zweckmäfsiger den Bedingungen der Con- struction anpasse. Hieran würden fraglos die Stahl- und Eisenfabricanten Antheil zu nehmen haben. Dadurch dafs diese Herren mit den Specialbedürfnissen im Schiffbau mehr sich be freundeten, würden sie sicherlich sofort anstreben, solche Profile und Materialien zu fabriciren, welche am meisten geeignet seien, die auftreten den Spannungen und Kräfte im Schiffsgebäude aufzunehmen und dadurch das Eigengewicht des I Schiffes auf ein Minimum herabzudrücken. Hin sichtlich dieses Punktes seien die Amerikaner den Engländern vollkommen ebenbürtig und hätten auch für die Zukunft kaum etwas zu befürchten; freilich habe man in England und in Europa auf mehreren der grofsen Werften in der Her stellung jenei’ Riesenschiffe sowohl für Passagier verkehr wie für Frachttransport eine gröfsere Erfahrung wie in Amerika, allein es sei mit Sicherheit zu erwarten, dafs in sehr absehbarer Zeit Amerika auch hierin seinen englischen Vettern gleichkommen würde. Hinsichtlich der Geschicklichkeit und Zweckmäfsigkeit der Con- struction bestünde demnach ein wesentlicher Unterschied zwischen Amerika und Europa nicht. Was den zweiten Punkt, die Betriebs- und Baukosten, anlange, ein Punkt, der speciell durch die Arbeitslöhne beeinflufst werde, so müsse man berücksichtigen, dafs Amerika und England in vielen Richtungen unter ganz verschiedenen Be dingungen arbeiteten. In England werde die gesammte Eisen- und Stahlarbeit an einem Schiffe unter Innehaltung eines Einheitspreises ausgeführt, eines Einheitspreises, welcher für gewisse Schiff- baudistricte zwischen den Schiffbauern und den Arbeitervertretungen festgesetzt sei. Diese Methode habe ihren Vortheil darin, dafs sie den Kosten anschlag erleichtere, da ein gewisses bekanntes Arbeitsquantum seinen bestimmten, bekannten Preis habe. In Amerika habe dagegen jede einzelne Werft ihre besonderen Preisabmachungen mit den Arbeitern. Aus einer Zusammenstellung, welche er sich habe verschaffen können, ergebe sich, dafs auf englischen Werften der Preis für die Stahlarbeit am Schiffskörper etwa 3 Pfund 17 Shilling bis 4 Pfund f. d. Tonne Material betrage. In Amerika lasse sich dies ebenfalls erreichen, anders würde aber die gegenseitige Lage, wenn man zu der Ausrüstung einschliefs- lich der Tischler-, Zimmermanns- und Malerarbeit komme. Hier könne von einem Accord weniger die Rede sein und die Arbeitskosten verhielten sich hier etwa so,*wie die Tagelöhne in beiden Ländern. Ein allgemeiner üeberschlag ergebe, dafs an dieser Stelle Amerika etwa 25 % theurer arbeite als England, er habe das auch bei Ver gleichen über die Kosten verschiedener ameri kanischer und englischer Werften bestätigt ge funden. Was die Bureaukosten anlange, so zahle man allerdings in Amerika höhere Gehälter wie in England, inan leiste aber dafür auch mit weniger Leuten mehr Arbeit; dadurch blieben diese Ausgaben ziemlich gleich. Bezüglich der Schiffsmaschinen und Kessel habe er gefunden, dafs sie im Vergleich zu den Kosten des Schiffsrumpfes in England billiger seien wie in Amerika. Fraglos sei das darauf zurückzuführen, dafs auf diesem Gebiete in keinem der beiden Länder Accordarbeit vorherrsche und in Amerika die Maschinenschlosser’ und Kessel schmiede wenigstens 50 °/o höhere Löhne erhielten als in England. Zu berücksichtigen sei hierbei, dafs in kleinen Werkzeugmaschinen Amerika besser ausgerüstet sei als England, während hin sichtlich der schweren Werkzeugmaschinen kein grofser Unterschied bestehe. Allerdings sendeten einige hervorragende amerikanische Maschinen fabriken ihre Fabricate mit Erfolg nach England und sogar gerade in die Centren des dortigen Maschinenbaues. Es beziehe sich dies auf Land maschinen und deshalb glaube er, dafs dies auch mit Schiffsmaschinen zu erreichen sei, freilich nicht unter Beibehaltung der jetzigen Arbeits methode. Man dürfe jedenfalls nicht in jede neu erbaute Schiffsmaschine fortwährend Neuerungen hineinbringen, dadurch würde die Arbeit zu theuer. Er meine hierbei nicht, dafs man zufrieden sein solle ohne hervorragende Fortschritte im Schiffs maschinenbau ; er meine aber, dafs sich sehr wohl ein gesunder Fortschritt mit einem ge wissen schematischen Arbeiten, durch welches die Arbeitskosten moderner Schiffsmaschinen ganz wesentlich verringert würden, vereinigen lasse. Als Beispiel hierfür giebt er die Beschreibung des Betriebes einer grofsen und blühenden eng lischen Maschinenbau-Anstalt, welche er besucht habe. Diese Anstalt baue einen ganz besonderen Typ von Maschinen und zwar in allen Grofsen, von 10 bis 3000 Pferdekräften. Jeder einzelne Theil dieser Maschinen werde genau nach einer Schablone gearbeitet, alsdann durch einen er fahrenen Meister auf einer grofsen Richtbank mit genauen Mefsinstrumenten geprüft. Dieser Mann habe festzustellen, ob die Werkzeug maschinen das Arbeitsstück absolut genau her gestellt hätten, dafs alle Bohrungen, alle Winkel u. s. w. genau stimmten. Er unterzeichne die Karte des Arbeiters nur dann, wenn alles correct ausgeführt sei; im andern Falle gebe er ihm das Arbeitsstück zur Nacharbeit zurück oder verwerfe es, wenn es sich nicht corrigiren lasse. Hierbei erhalte jeder Arbeiter seinen bestimmt festgesetzten Tagelohn. Wenn nun seine ge leistete Arbeit mehr betrage, als diesem Lohnsatz