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Crimmitschau. Im nahen Seelingstädt wurde am Montag die neue Kirche geweiht, welche einen Bauaufwand von 30,000 Mk. verursachte und nach den Plänen des RegierungSbaumeifiers Ländler in Dresden erbaut ist. An derselben Stelle wurde nach weislich um das Jahr 1000 das erste Kirchlein er baut, und am Allerheiligen 1533 der erste lutherische Gottesdienst abgehalten. Crimmitschau. Die am 8. November in Zwickau abgehallene Versammlung deS ärztlichen Bezirksvereins Zwickau lehnte die Gesuche der hiesigen Ortskranken kassen und des KrankenkaffenverbandeS, für ärztliche Behandlung 3 Mk. pro Kopf und Jahr zu bezahlen, mit 16 gegen 13 Stimmen ab. Die von den Kaffen gewählten Aerzte waren zur Sitzung vollzählich er schienen und stimmten sür die Gesuche. Zwickau. Die beiden hiesigen Ortskranken kassen mit zusammen 6500 Mitgliedern und über 44000 Mk. Kaffenvermögen haben ihre Auslösung bez. Verschmelzung zu einer gemeinsamen Ortskranken kaffe für Zwickau beschlossen. Chemnitz. Die Eröffnungsfeier der städtischen Vorbtldersammlung des Jndustrievereins von Chemnitz und Umgebung ist auf Dienstag, den 15. November Vormittags 11 Uhr festgesetzt. — Der Rath hat beschlossen, für die freiwilligen Feuerwehren eine andere AlarmirungSweise etn- zusühren sowie die BeruiSseuerwehr um drei Ober feuerwehrmänner und elf Feuerwehrmänner zu ver mehren und eine Dampffeuerspritze zu beschaffen und in ständige Bereitschaft zu stellen. Netzschkau. Die Feuersbrünste, die zweifellos ihre Ursache in Brandstiftung haben, mehren sich in hiesiger Gegend in erschreckender Weise. So ist in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag Früh gegen 2 ühr im benachbarten Dorfe Ltmbach in der Scheune des Gutsbesitzers Hummel Feuer ausgebrochen, wodurch diese, sowie das benachbarte große Louis Müller'sche Gut mit den reichen Ernte« und sonstigen Vorräthen ein Raub der Flammen wurden. Müller soll nicht versichert haben. Dem kräftig n Eingreifen der hiesigen, der Limbacher und einiger benachbarter Feuerwehren ist es zu danken, daß das Feuer nicht noch gröbere Verbreitung annahm. — In der fol genden Nacht vom Sonntag zum Montag ging in der 12. Stunde in Helmsgrün beiHerlasgrün dieSiöckel'sche Scheune in Flamme auk, und als diese kaum in Schutt und Asche gesunken war, brachen in dem mehrere hundert Schritte davon entfernt gelegenen Flächsigschen Gute die Flammen hervor und so wurde auch di seS Gut vollständig eingeäschert. — Montag früh in der 8. Stunde mußte die hiesige Feuerwehr nach dem Nachbarorte Brockau ausrück n, woselbst vom Donnerhackschen Gute die Scheune und oaS Hinter gebäude in Flaume» standen. Johanngeorgenstadt. Auf der neuen Eisenbahn linie nach Karlsbad erfolgt die Eröffnung der Theil- streck Neudek—Platten i. B. am 2l. November. Die Gemeindevertretung von Breitenbach ist bemüht, dahin zu wirken, daß der Verkehr bis in die Nähe der Landesgrenze ausgedehnt werde; bis dahin ist der Bau vollständig fertig. Tagesgefchtchte. Berlin. Von zuständiger Stelle wird mitgetheilt, daß der Gesundheitszustand in Ki autsch ou in Folge der sür die Regenzeit theilweise noch ungenügenden Unterkunft zeitweilig zu wünschen übrig läßt, indem die Besatzung unter Darmerkrankungen, vereinzelt unter Malaria, zu leiden hatte. Mit dem Eintritt der kälteren Witterung ist jetzt bereits eine erhebliche Abnahme des Krankenbestandes eingetreten. Todes fälle kamen insg-sammt 8, darunter einer durch Ver unglückung, vor. — Am 12. November wird ein halbes Jahrhundert verflossen sein, seitdem der Erzherzog RetchSverweser dos Gesetz über die Einführung einer deutschen Kriegs- und Handelsflagge erließ unter Gegen zeichnung deS Reichsmtnisters des Handels, v. Duck witz. Bei diesem Anlässe erinnert die „Kölnische* da ran, wie schon wenige Tage späler Lord Palmerston im englischen Unterhaus« die übermüthtge Erklärung abgab, daß England die neue Flagge nicht anerkennen und sie nur als „Piratenflagge" behandeln werde. Die damalige Reichsregierung mußte diese Beleidigung stillschweigend hinnehmen, obwohl das ganze deutsche Volk in seltener Einmüthigkeit sür die Gründung einer eigenen Seemacht schwärmte und bereitwillig dafür große Opfer brachte. Diese geschichtlichen That- sachen, die unwillkürlich zu Vergleichen mit der jetzigen Stellung des neuen Deutschen Reiches im Rathe der Volker auffordern, mögen sich alle diejenigen recht ost vor Augen hallen, die stets bemüht sind, der aus strebenden Kraft unseres Volkes in die Zügel zu fallen; oder auch Di-jenigen, die sich für verpflichtet hallen, zuerst immer für das „gute Recht" der fremden Nationen cinzutreten, bevor sie an die nächstliegende» eigenen Interessen denken. — Einen Prozeß gegen de« preußischen Eisenbahn- fiSkuS hat ein Berliner Kaufmann aus einer seltsamen Ursache angestrengt und gewonnen. Der Klüger hatte sich im Wartesaal auf einen defekten Stuhl gesetzt und stürzte zu Boden, wobei er sich nicht unerhebliche Verletzungen zuzog. Das Gericht verurtheilte den FiSkuS zur Tragung der Kurkosten und zur Zahlung eines Schmerzensgeldes, da er mit der Sorge für die Sicherheit der Reisenden auch die Verantwortlichkeit für das Mobiliar in den War esälen und Bahnhofs restaurationen übernommen habe. Sibyllenort. Die Gesammtstrecke, welche bei den neun von König Albert veranstalteten Jagden erlegt worden ist, beträgt 3424 Stück, und zwar: 104 l Fasanenhähne, 1067 Fasanenhennen, 41 Rehe, 1031 Hasen, 53 Rebhühner, 1 Schnepfe, 183 Kaninchen und 7 Stück Raubwild. Hamburg. Die Hamburg-Amerika-Linie wird vom nächsten Jahre an ihre großen Dampfer der k- Klaffe, die wöchentlich zwischen Hamburg und New- Aork verkehren, den Hafen von Boulogne-sur mer an laufen und zugleich mit Sonderzügen, die die Reisenden in etwa drei Stunden befördern sollen, eine Anschluß verbindung von und nach Paris Herstellen sollen. Elsaß. Auf der Kanzel hatte ein katholischer Geistlicher erklärt: „Wenn die Truppen diese Woche zum Manöver einrücken, so achtet auf Euer Porte monnaies und auf Eure Kinder." Dem General kommando, das Strafantrag gestellt halte, wurde von der Strafkammer in Metz die Befugniß zugesprochen, das Urtheil in drei Zeitungen — deutsch und fran zösisch — zu veröffentlichen. Der Geistliche wurde zu vierzehn Tagen Gefängniß verurtheilt. Schweiz. Am 10. November hat in Genf der Prozeß gegen Lucchent, den Mörder der Kaiserin Elisabeth von Oesterreich, begonnen. Der Zudrang des Publikums zur Verhandlung ist groß. Der sehr beschränkte Raum, der für das Publikum reservirt ist, war wenige Augenblicke nach dem Oeffnen des Saales überfüllt. Für die große Zahl von Journalisten, die den Verhandlungen beiwohnen wollen, sind durch Aenderung der inneren Einrichtung des Saales 50 Sitzplätze geschaffen worden. Schon in früher Morgen stunde war Luccheni aus dem Gefängnis nach dem Gerichtsgebäude gebracht worden. Um 9 Uhr betrat der Gerichtshof den Saal; er besteht aus dem Präsi denten der Justizkammer Burgy und den Beisitzern Schütze und Racine; die Anklage vertritt General staatsanwalt Navazza, Offizialvertheidiger des An geklagten ist der Advokat Moriand. Die Anklage schrift ist kurz und in maßvollem Ton gehalten. Die Zeugenaussagen fielen natürlich durchweg zu Un- gunsten des Angeklagten aus und er selbst gab zu, den Mord mit Vorbedacht ausgeführt zu haben. — Lucchent wurde Abends 7 Uhr zu lebenslänglichem Zuchthaus verurtheilt. Oesterreich-Ungarn. In der Wiener Vorstadt Penzing fand am Montag Abend eine christlich soziale Versammlung statt, zu der auch vr. Lueger erschien. Er besprach unter Anderem die politische Lage und sagte zum Schluffs seiner Ausführungen: Den Ungarn muß endlich gezeigt werden, daß es auch echt österreichische Regierungen gtebt. In Ofen war es, wo tapfere Soldaten für Kaiser und Vaterland ihr Leben gelassen haben. Zu ihrem Andenken erhebt sich dort ei,i Denkmal, das nennt man das Hentzi Denkmal. Das Hentzi Denkmal muß nun von Ofen fort und wird in Wien, ich möchte sagen, mit gesenkten Fahnen zur Auf- stellung gelangen. (Mit erhobener Stimme): „Tröste dich, G ist Hentzis, tröstet euch, ihr Geister «einrr Kameraden, die Fahnen werden wieder fliegen und das Denkmal wird wieder dorthin kommen, wo ihr euer Blut und Leben sür Kaiser und Vaterland ge lassen habt!" Die Versammlung nahm diese Aus führungen mit stürmischem Beisalle auf. Italien. Die internationale Konkerenz zur Beraihung von Maßnahmen gegen die Anarchisten wird nunmehr bestimmt am 24. November in Rom zusammentretev. Zum Sitzungslokal ist das Palais Corsint ausersehen. Die italienische Regierung be absichtigt, der Versammlung fünf Punkte zur Berathung vorzuschlagen, die den an der Conferenz theilnehmenden Mächten b.reits mitgetheilt und von ihnen im All gemeinen auch schon angenommen worden sind. Nach der Meinung der offiziösen „Jtalie" erübrigt nur noch, diese Punkte sür ein internationales Gesetz festzustellen. Frankreich. Die Nachricht einer Pariser Zeitung, daß Frankreich sich für seinen erzwungenen Rückzug aus Faschoda an erster Stelle dadurch rächen werde, daß es Einspruch gegen die Abtretung der Delagoa- Bai an England erheben werde, hat schnell Bestätigung gesunden. Von Paris aus ist der portugiesischen Re gierung schon die Mittheilung zugegangen, daß man die Ueberlaffung der Delagoa-Bai an England als gegen die Interessen Frankreichs gerichtet ansähe. Zugleich soll Frankreich den Vorschlag gemacht haben, für die Regelung der portugiesischen Finanzen ein treten zu wollen. Bekanntlich beruht das deutsch, englische Abkommen über die Theilung der portugie- fischen Kolonien darauf, daß Deutschland und England durch Gewährung eine» Darlehen» den Ausgleich Portugals mit seinen Gläubigern ermöglichen. Durch Gewährung der nöthigen Mittel von französischer Sette würde also diesem Abkommen die Unterlage genommen werden. In Portugal hat die Ankündigung aus Paris die höchste Aufregung hervorgerufen. Denn, so heißt eS in einem Lissaboner Briefe, der englische Einfluß, vor Allem am Hose, ist mächtiger als je. Bekannt ist, mit welchen Mitteln die Briten seit Jahren in Lissabon gearbeitet haben. Daß es den Franzosen Ernst ist mit diesen Absichten, geht au» einer anderen Meldung hervor. Die Pariser Re- gierung hat nämlich laut einer Mittheilung aus Süd afrika den Beschluß gefaßt, den Hafen von Diego- Euarez zu einer Kriegsstation ersten Ranges zu machen. Dieser Hasen liegt im Norden von Madagaskar und würde die Linien des Verkehrs nach Südafrika wie nach Indien beherrschen. Madagaskar wird allent halben, auch von den südafrikanischen Staaten, als eine zu Südafrika gehörige Kolonie betrachtet. Frank reich zieht daraus die nothwendigen Folgen, es erhebt Einspruch gegen die Abtretung des einzigen nicht englischen Hafens an der ostafrikantschen Küste an England und legt zur Festigung seiner eigenen Lage eine starke Militärstation an. — Die gesammte anständige Presse billigt das Verdikt der Kammer in der Faschodafrage. Allgemein wird zugestanden, daß Frankreich eine schwere Nieder lage erlitten habe. Immer mehr werden auch Zweifel über den Werth der russischen Allianz laut. Belgien. Es ist berichtet worden, daß aus der Brüsseler Kaserne des Petit-Chateau mittels Einbruches der Mobilmachungsplan und 72 Karten Belgiens entwendet und der diese Dokumente überwachende Feldwebel Dehon sammt zwei Unteroffizieren verhaftet worden sind. Bemerkt sei noch, daß zur größeren Sicherheit sich sogar das Bett des Dehon in diesem ,8ursuu cko la modiliWtion" befindet. Die Untersuchung hat bereits ein über raschendes Ergebntß geliefert. Dehon hat sich zu theilweisen Geständnissen Herbeigelaffen, er hat selbst die ganze Einbruchsgeschichte, die gewaltsame Er öffnung der Schlösser am Sonntag Abend, an dem er die Kaserne verließ, in Scene gesetzt, um an einen Diebstall in seiner Abwesenheit glauben zu machen. Alle drei Monate werden die sämmtlichen geheimen Dokumente, die in dem Glasschranke unter Verschluß oufbewahrt werden, von dem Hauptmann der Compagnie einer Besichtigung unterzogen. Diese Besichtigung stand j tzt bevor, daher der von ihm ersonnene und auSgesührte Einbruch. Dehon versichert, daß der Modilmachungsplan nicht erst jetzt, sondern schon früher entwendet worden sei. Weiteres hat die Unter suchung bis heute nicht ergeben, man erwartet, aber weitere Geständnisse DehonS. — In Belgien besteht-noch nicht die allgemeine Miliiärpflicht, sondern die Rechte der Einzelnen, sich von der Verpflichtung zu dienen loszukaufen. Die Bemühungen, endlich auch die allgemeine Wehrpflicht in Belgien zur Einführung zu bringen, schienen neuer dings Erfolg zu versprechen. Jetzt läßt die belgische Regierung amtlich erklären, daß der Kammer eine der artige Vorlage nicht zugehen werde. England. Die Engländer gesellen ihren kriege rischen Rüstungen jetzt große Kriegsmanöver hinzu. So wurde in Plymouth ein nächtliches Flottenmanöver ausgesührt, bst dem es sich darum handelte, einen gedachten französischen Angriff auf Plymouth zurück zuweisen. Auch in Gibraltar fand ein großartiges Scheingefecht des dort zusammengezogenen englischen Geschwaders statt. Spanien. In gut unterrichteten politischen Kreisen wird versichert, daß die Verhandlungen der spanisch-amerikanischen FriedenSkommisston vorläufig abgebrochen sind und die spanische Regierung sich nun mehr an die Mächte wenden werde, um einen Schieds spruch über die Forderungen der Bereinigten Staaten zu erwirken. Rußland. Die Ruffen machen geradezu fieber hafte Anstrengungen, um ihre Stellung in Ostasten immer imhr zu befestigen. Die Petersburger Re gierung hat, wie dem dortigen Korrespondenten deS „Berl. Tagebl." von informirter Seite versichert wird, angeordnet, daß die sibirische Bahn spätestens im Jalre 1904 bis Port Arthur f-rtiggest llt sein müsse. Der Bau der außerordentlich schwierigen Baikal-Ring bahn soll im Jahre 1902 begonnen werden. Aus Tientsin wird gemeldet, daß 40 russische Matrosen mit einem Avmiral und dem früheren Geschäftsträger Pawlow festgehalten werden und nicht ohne Erlaubniß, die bis jetzt nicht ertheilt worden ist, nach Peking können. Es scheint, daß die chinesischen Behörden sie überhaupt nicht nach der Hauptsiadt lassen wollen. Pawlow und der Admiral erklärten den Eisenbahn-