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«Fokaks rmd Sächstsches. Dippoldiswalde, 1. Januar. So ist denn nun daS letzte Jahrzehnt des Jahrhunderts herbeigekommen, Wer mag voraussagen, was es in seinem Schooße birgt? Nur daß es ein Zeitraum mancher wichtiger Um- und Neugestaltung werden, daß es in ihm an Ringen, Streben und Kämpfen nicht fehlen wird: das darf wohl als zweifellos angenommen werden. Und darin liegt an und für sich weder etwas Gefahrdrohen des, noch Beängstigendes. Ist doch das ganze Leben ein Ringen, Streben und Kämpfen. Wieviel Ver altetes, Unhaltbares^ Morsches ist bei diesem Kampfe nicht schon zerbrochen oder erschüttert und dem Verfall preisgegeben worden! Neues ist dafür zu Tage ge treten; ob es stets besser war, als das Alte? Dem mag sein wie ihm wolle — wer aber von dem Walten einer sittlichen Weltordnung überzeugt ist; wer den Glauben festhält, daß die Geschicke der Welt und der Menschen sich nach einem höheren Willen vollziehen und einem von demselben bestimmten Ziele — oft freilich „auf tausendfach verschlungenen Wegen" — entgegengeführt werden: der wird bei bedenklichen Er scheinungen nicht verzagen, sondern der Zukunft mit Ruhe und Zuversicht entgegensetzen und an seinem Theile dazu mitwirken, dass das Wahre, Gute und Schöne durch ihn nach Kräften gefördert und verbreitet, dem Gebote der Pflicht Gehorsam geleistet und die Liebe zu den Brüdern geübt werde. In dieser Ge sinnung steht der Mensch den Ereignissen in sich selbst gefestet gegenüber; in dieser Gesinnung wird er die Widerwärtigkeiten, die ihn treffen, mit Fassung, nicht in thatenloser Verzweiflung, entgegennehmen. Und in dieser Gesinnung wollen auch wir das neue Jahr bq- grüßen und in ihm wirken, Jeder in seinem Stande und Berufe. Aber Jeder nicht nur für sich, sondern für Alle, für daS Allgemeine. Dann steht eS wohl uiy das Reich, um das Vaterland, die Gemeinde und daS HauS. Was insbesondere wir durch unfern Beruf, als Vertreter der Presse, dazu beitragen können, wollen wir ehrlich und treulich thun. Was der AufWung über wie sich nach der sorgenvollen politischen Periode die allgemeine Weltlage gebessert und aufgeklärt hat, so darf man guch hoffen, daß im wirtschaftlichen und sozialessLSVrU allmählich die düsteren Schatten weichen und eine neue Blüthezeit beginnen wird. Dies ist unser Wunsch für das neue Jahr! wir ehrlich und treulich thun. Was der AufkMu» .wichtige Zeitsragen, den Fortschritte» Mf dem tz Wuschlicher Thätigkeit, der Verwaltung upd Eni , /ung wer Gemeinde, her Wirksamkeit der KircheHA» Schul», den Regung«» und Betätigungen heg Wlks« lrbiiM dienstlich und förderlich sei» ka«M: WS MW Zum neuen Jahre. Wenn das alte Jahr sich seinem Ende zuneigt und vaS neue mit geflügelten Schritten herannaht, so ist der sich immer nach Verbesserung seines Looses sehnende, hoffende und strebende Mensch stets geneigt, Fragen an die Zukunft zu richten und womöglich die Schleier deS uns in seiner Entwickelung noch verhüllten neuen Jahres zu lüften. Die Zukunft bleibt indessen uns Menschen immer unbekannt und dies ist auch in Hin blick auf das neue Jahr ein wahrer Segen, denn würde nicht jedes Glück, jedes freudige Ereigniß schon im Voraus verblassen und verwelken, wenn man sein Eintreffen schon Wochen und Monate vorher sicher wüßte, und müßte nicht jedes Unheil übermäßig groß erscheinen und schon lange vorher lähmend und ver nichtend wirken, wenn eS dem Sterblichen vorher be kannt wäre? Vernünftig und heilsam muß eS daher sein, bei dem Jahreswechsel auf alle Prophezethungen zu verzichten, im llebrigen aber mit Muth, Vertrauen und treuer Pflichterfüllung in die Zukunft zu blicken. Zeigen doch auch alle Erfahrungen der Weltgeschichte wie des Privatlebens, daß gerade nach großen Prü fungen und bitterem Ungemach das Glück der Na tionen und Menschen oft noch zu herrlicher Blüthe gedieh. Ein Jahreswechsel scheint uns daher mehr zu einer innerlichen Selbstprüfung und Einkehr als zu einer prophetischen Umschau geeignet zu sein, denn die letztere ist Flick- und Stückwerk von recht zweifelhaftem Werthe, während die erstere von höchster Bedeutung für das eigene Wohl wie für dasjenige der Nächsten ist. Geht man bei einer Selbstbetrachtung mit Scharf blick dem wahren Wesen des Wohlstände» und Ledens- aljickes auf den Gmnd, so werden wir sehr bald die Entdeckung machen, daß da» wirkliche Glück sehr wenig von äußeren Bedingungen abhängt, daß eS nicht da durch gegründet wird, daß ein ehrgeiziger Wunsch in Erfüllung geht und daß man sein Vermögen vermehrt, soniuM daß eS allein in der Pflichterfüllung auf dem WM, auf den uns Gott gestellt hat, und in der Ver mehrung der persönlichen Tugenden besteht. Je tiefer man diese Wahrheit erfaßt, je größeres Vertrauen wird man auch in die Entwickelung der künftigen Dinge haben und auch im neuen Zähre getrost in die Zukunft blicken können. Was die Weltlage im Allgemeinen, anbetrifft, so ist dieselbe den auf das Wohl der Nationen wie der einzelnen Bürger gerichteten Bestrebungen auch durchaus günstige denn mehr al» es in früherrngahres- weuden der FaWwar, gilt-gerade bei diesem Jahres wechsel der Wettfriede M -a» tteue Jahr gesichert. FreiM. leben wir dageMM einer in wirthschaftlichen MbWWKr Hinsicht erDMund bedrängte» Zett, doch ljiiMchl m-elne Ru-Mmm — Alle Ppstan» Postboten, stwi« mten nehmen B«- sam« VerbreAW werden m» 1V Spaltkeile, Äi Raum berechne< bellarisch« und« .sundeemPlieiri» e mit nMwechm- VHäS: die Spalt«»«»» Sv Psg. Verantwortlicher Redakteur: Dcktti Ikhne in Dippoldiswalde. Mit achtseitige« ,Hll«strirten UnterhaltnngSblatt." MU land- und hauswirthschaftlicher Monattbeilage. Hz» nehmen an: in Dippoldiswalde: die Expedition, — in Attenberg: Buchbindermstr. Schütze, — in Franrnstein: Nadlermstr. Hardt- Veb mann, — in Glashütte: Buchbindermstr.Schubert, — inKreischa: Buchbinder Berger, — in Potschappel: Kaufmann Theuerkaüf. Nr. 1. Donnerstag, dm 1. Januar 1891. 57. Jahrgang. «E Am Rerrjahrstage. L» von alten Meistern spricht di« Märe, Die, von geheimer Furcht bewegt, Beim van« eines neuen Hause» Ein Kleinod in den Grund gelegt; Ein Opfer war» den bösen Mächten, ES hielt sie fest in Bann und gaum, Und nimmer wagte« zu betreten Sie einen so geweihten Rauq. Und heute wolle» wir beginnen Den neuen Bau, da» neue Jahr; Hoch Heven Hammer wir und Kelle, Dem Grundstein gilt e» — doch fürwahr, Wa» fügen wir al» Opfergabe gum Segen ein für diese» Hau»? Wie banne« wir die bösen Geister, Die sich ihm feindlich nah «, hinaus? — gum ersten in den Grundstein legen Wir unverzagten, festen Muth, Der ist im Sturm und Drang de» Lebens Dem Menfchenherzen noth und gut; Er Hilst un» nach dem giele strebe«, Ob e» auch fern und schwer erscheint, Und jede» Hindern«- besiegen, Bor dem der Schwächling zagt und weint. Zu« zweiten bergen wir im Stein« DaS Helle Kleinod der Geduld, Die, wenn un» trübe Wolken nahen Durch fremde oder eigne Schuld, Un» anstecht hält «nd di« im LMe Sich still der Hand de» Höchsten neigt, DeS Nächsten Schwäche trägt, dem Feinde Vergebung selbst und Sanstmuth zeigt. gum dritten füge» wir dem Grund« Der Hoffnung edle Perle ein, Sie gkebt, wa» auch die Tage bringen, Dem neuen Bau de« Sonnenschein; Rur Der hat jede» Licht verloren Und unglückselig ist der Mimn, Der, von de» Schicksal» Hand g«schlage«, Im Herzen nicht mehr hoffen kann. So tretet her mit rechtem Sinne Und thnt den erste« Hammerschlag: Gott geb' de« Baue sei« Gedeihens Und wa» auch immer komme« mag, G» macht Geduld und Muth und Hoffe« Die Seele fest, da» Auge klar; So seh'« wir ruhig Dir entgegen — Sei un« gegrüßt, Du «eue» Jahr! wir in den Bereich unserer Besprechung ziehen und hoffen hierbei auf recht thatkräftige Unterstützung. Und so wünschen wir denn allen unfern Lesern, allen Freun den und Mitarbeitern unser» Blattes, daß da» nsüe Jahr sie alle stets frisch und munter finden möge in Haus und Berufsstatt, daß'ihnen darin die reinst« und reichst? Freüde erblühen und Jeder mit herzlicher Genugthuung am Jahresschlüsse möge zurückblicken können auf das Jahr 1891. — Am 2. Weihnachtsseiertage ist der im l. Semester stehende Müllerschüler Gustav Beyse aus Aschersleben, hier bei Frau verw. Preisler in Wohnung, während eines Besuchs in Leipzig im SS. Lebensjahre am Herz schlag plötzlich verstorben, das erst- Opfer, da» der Tod aus der jutzendfrischen Schaar unsere- Müller schüler gefordert hat^ Der Verstorbene, der das GvMk. nasium besucht hatte, hatte bereits als Freiwilliger gedient. — Am 28. Dezember wurde im größten Theile Sachsens und auch ist unserer Gegend Abends gegen '/t8 Uhr ein glänzende» Meteor in bedeutend hellerem Lichte als die Venus beobachtet. Dasselbe war nur wenige Sekunden lang sichtbar und zog in der Rich tung von Süden nach Osten. — Am 2. Januar 1891 erfüllen sich 50 Jahre seit Einführung des neuen sächsischen Münz gesetz eS, welches die guten alten Groschen zu 12 Pfennigen abschaffte und dafür die Neugroschen zu 10 Pfennigen schuf. Die komischen.Verwechselungen und heillosen Verwirrungen, welche eS in Folge dieser Veränderung gab, kennt nur, wer dieselbe selbst mit durchgemacht hat. Trotz aller Gebot» und Verbote rechneten die Marktfrauen und die meisten kleineren Geschäftsleute noch Jahre lang nach dem alten Münz füße. Lauenftein. Am Montag, den 29. Dezember, Vormittags gegen '/,1t Uhr, ist das Wohnhaus de» Gutsgehöstes C.-Nr. 1 in dem zur hiesigen Stadt ge hörigen OrtStheil Unterlöwenhain in Brand ge raden und im Oberbau vollständig eingeäschert worden, während die dicht daneben befindliche, weichgedeckte Scheune nur geringe Schäden am Dache und gn einige» Fenstern erlttten hat. Der zerstörte Komplex gehört der hiesigen SutSherrschaft, ist an den Oetoao- mrn Henn Boye verpachtet und von dem GeyaNtW, dessen Dienstpersonal und hsA Korfigehilfen SchWM .bewohnt worden. Der Br^nd A unmittelbar bei Hm Esse,,,zum Ausbruch gekommen und obschon letzt?« nachgewiesener Maßen sich t» gutem Zustande befunden Hat, tst nach Lag- der Sache dennoch nur anzunehmen, daß eine Entzündung der auf dem Bodenraum befind»