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2 ! ' V W Tagesgeschichte. Berlin. Der Umfang der Geschäfte des Reichs - verstcherungsamtes hat sich durch das Inkrafttreten des Invalidität-- und AlterSoersorgungS-GesetzeS tat sächlich außerordentlich vermehrt. Die Zahl der Be amten ist beträchtlich erhöht worden und kanntlich hat — Wie das hiesige „Wochenbl." erfährt, hat die kgl. Staatsanwaltschaft am Landgericht zu Chemnitz die Untersuchung gegen die Warlefrau, welche vor einigen Tagen in einer hiesigen Familie dem neun tägigen Kinde an Stelle des unschädlichen Rhabarbers versehentlich Opium eingab, eingestellt, da sich nicht sicher feststellen laste, ob der Tod wirklich seine alleinige Ursache in dem eingegebenen Gisttrank habe, oder ob nicht andere zufällige Umstände denselben mit haben herbeiführen helfen. Crimmitsch au. Ein schreckliches U nglück hat die Familie des Gutsbesitzers Bauer in dem eine Stunde von hier entfernten Dorfe Langenbernsdorf in tiefe Trauer versetzt. Di» beiden Söhne desselben, der eine 17, der andere 22 Jahre alt, waren vergangenen Dienstag Nachmittag mit dem Transport von Stangen von Teichwolframsdorf nach Werdau beschäftigt. Ober halb Stöcken kam der schwerbeladene Wagen in's Rutschen und fiel um, dabei die beiden Brüder unter sich begrabend. Fuhrleute, welche einige Zeit später die Unglücksstelle passirten, befreiten mit Aufbietung aller Kräfte die Verunglückten aus ihrer Lage, mußten aber leider die Wahrnehmung machen, daß das Leben bereits aus den erstarrten Körpern entflohen war. Waldenburg. Wie verlautet, sind auch hier Er örterungen im Gange, betreffend die Einführung der obligatorischen Fleischbeschau in Waldenburg. In der letzten Sitzung des hiesigen Stadtrathes ist diese An gelegenheit bereits eingehend erörtert worden. Lausigk. Seit längerer Zeit treibt sich hier so wohl, als auch in anderen Ortschaften ein unbekanntes Frauenzimmer, Diebstähle verübend, umher. Diese Frau stammt angeblich aus Chemnitz, ist etwa 40 Jahre alt und betreibt schon seit einigen Jahren den Gardinen handel. Durch ihr Benehmen erscheint sie gebildet und als dem besseren Stande angehörig. Bisher ist es weder gelungen, ihren Namen sestzustellen, noch die Person zu erlangen. Wurzen. Am 29. Dezember blieb der erste Früh- zug von Wurzen nach Grimma zwischen hier und Oel- schütz im Schnee stecken. Der Verkehr konnte jedoch mit oem Mittagszug wieder ausgenommen werden. Leipzig. An Einnahmen aus den im Besitz der Stadtgemeinde Leipzig befindlichen 6998 Kuxen der Mansfelder Bergwerke ist im städtischen Haus haltplane für 1891 die Summe von 349,900 M. ein gestellt gegen 419,880 M. im Jahre 1890. Im Jahre 1889 betrugen die rechnungsmäßig festgesetzten Ein nahmen aus jenen Kuxen 524,580 M., im Jahre 1888 314,910 M. — In der Nacht zum vergangenen Sonnabend wurden in einer Restauration der Burgstraße zu Leip zig zwei Leute dabei betroffen, wie sie falsche Einmark stücke verausgabten. Die beiden wurden dem Polizei amte zugeführt und hier in dem Einen ein 28jähriger Bergarbeiter aus Habisbirk, in dem Andern ein 33- jähriger Schlostergeselle aus Fischhaus bei Eger fest gestellt. Bei einer Durchsuchung ihrer Wohnung wurde Handwerkszeug und Material vorgefunden, wie solches zur Anfertigung falschen Geldes gebraucht wird, so daß es wohl unzweifelhaft ist, daß die Beiden auch thatsächlich die Falsifikate anfertigt haben. — Die durch die Einverleibung weiterer Vororte herbeigeführte Vergrößerung unserer Stadt hat auch eine Vermehrung der hiesigen Feuerlöscheinrich tungen zur Folge, wodurch gegen das gegenwärtige Jahr ein Mehraufwand von 31,592 Mark entsteht. Im Jahre 1891 werden die gesammten Unterhaltungs kosten der Feuerwehr 302,049 M. betragen, so daß, nach Abzug der eigenen Einnahmen in Höhe von 68,350 M., die sich in der Hauptsache aus den Bei trägen zur Feuerlöschgeräthkaste zusammensetzen, aus der Stadtkaffe ein Zuschuß von 233,699 M. zu leisten sein wird. Gera. Wie dem „Leipziger Tagebl." geschrieben wird, soll in nächster Zeit eine Versammlung von Aktionären der Geraer Handels- und Kreditbank einberufen werden, in welcher wegen der gegen die Verwaltungs- und Aufsichtsorgane zu unternehmenden Schritte berathen werden soll. Weiter heißt es in der betreffenden Mittheilung, durch die anscheinend von der Verwaltung herrührenden oder inspirirten Ver öffentlichungen sollte sich Niemand abhalten lasten, seine Rechte zu wahren, die Aktionäre möchten sich nicht mit Phrasen abspeisen lasten. — Der Chef der insol venten Firma Joh. Friedr. Späthe in Gera soll dem Aufsichtsrath der Handels- und Kreditbank angehört und mit den Direktoren in gewagter Weise spekulirt haben. — Es sind nunmehr hundert Jahre verflossen, daß alljährlich die Rangliste der sächsischen Armee erscheint. Sie wurde im Jahre 1790 auf Veranlassung des MinsteriumS für Militär-Kommando-Angelegen heiten herausgegeben und damit der Wirkliche KriegS- rath und Generalstabssekretär Heinrich Richter und der GeneralkriegsgerichtS-Sekretarius Ernst August Härecker beauftragt. Die ältesten Bände der „Stamm- und Rangliste der Kursächstschen — seit 1806 königl. säch sischen — Armee" sind sehr selten und bieten bei ihrer Ausführlichkeit und d-u genauen personellen, statistischen und historischen Abgaben werthoolles Material zur Entwickelungsgeschichte der Armee und ihrer einzelnen Truppenkörper. Pirna. Eine für den vorigen Sonnabend Abend in den Gasthof „zum Engel" allhier einberusene öffent liche Volksversammlung, in welcher der Buch druckereibesitzer und frühere Eigenthümer der „Sächs. Arbeiter-Zeitung", Schönfeld aus Dresden, einen Bor trag über „die Sozialdemokratie und deren Ziele" zu halten beabsichtigte, auf welchen sodann die „Wahl eines Agitations-Komitees" folgen sollte, ist vom Stadtrathe auf Grund von Z 5 des königl. sächs. Gesetzes, das Vereins- und Versammlungsrecht vom 22. November 1850 betr., verboten worden. Freiberg. Einem alten Gebrauchthum folgend, wird auch diesmal am letzten Tage des Jahres der Kerker Kunz von KaufungenS im hiesigen Rath hause geöffnet werden und vom frühen Morgen bis zur Sylvester-Mitternacht von Allen, die sich für dieses. Verließ interessiren, besichtigt werden dürfen. Der Ritter Kunz von Kaufungen, der seine vermeintlichen im Bruderkriege erworbenen Ansprüche auf die Vitz- thum'schen Güter durch den in der Nacht zum 8. Juli 1455 im Schlöffe zu Altenburg ausgesührten Prinzen raub gewaltsam durchsetzen wollte, bei dem Kloster Grünhain aber von dem Köhler Schmidt (Triller) und besten Genosten noch vor dem Ueberschreiten der böh mischen Grenze gefaßt wurde, ist bekanntlich wenige Tage später schon, am 14. Juli 1455, auf dem Ober markte zu Freiberg enthauptet worden. Die Stelle, wo dies geschah, ist auf dem Markte durch einen seit dem zum Wahrzeichen Freibergs gewordenen Basalt bezeichnet, der bei der Neupflasterung des Obermarktes wieder an derselben Stelle eingefügt wurde. Das Gesängniß, in dem der kühne Prinzenräuber bis zur Hinrichtung verwahrt wurde, gilt ebenfalls als historisch bemerkenswerth und dürfte es Vielen willkommen sein, noch vor Anbruch des neuen Jahres die Stelle kennen zu lernen, von der aus Kunz von Kaufungen vor 435 Jahren den letzten Gang antrat. Limbach. Bezüglich des in unserer Stadt zu er richtenden Schlachthauses will der Rath vor der Be schlußfassung über das den Schlachthausbau be treffende Gutachten des Finanzausschusses dasselbe der Fleischerinnung zur Aussprache und insbesondere Er klärung über Hie zu stellenden Bedingungen vorlegen, auch Erhebungen darüber anstellen, wie viel in den letztvergangenen Jahren in hiesiger Stadt Groß- und Kleinvieh geschlachtet worden ist und welche Steuern dafür gezahlt worden sind. Diese Erhebungen sollen in Vergleich zu anderen Städten gleicher Größe, welche Schlachthäuser besitzen, gezogen werden, um festzustellen, ob und wie sich das Anlagekapital nach den Schlacht gebühren tilgen und verzinsen würde. Zwickau. Seit einiger Zeit hat sich hier und in der Umgegend eine fromme Sekte gebildet, welche den Weltuntergang in allernächster Zeit erwartet, wes halb sich die Leute von jeder Arbeit zurückziehen und die Zeit nur mit Buß- und Betübungen zubringen. Dieselben glauben, Personen unter sich zu haben, welchen durch göttliche Offenbarungen die Zukunft ent hüllt worden ist, was diese sogenannten Medien dann weiter unter die Gläubigen verbreiten. Wie sinnver wirrend diese Weisagungen bei den Anhängern der Sekte wirken, ersieht man in dem Verfahren derselben. Nicht nur, daß sie jede Arbeit und Verdienst bei Seite legen, auch ihre früheren Ersparnisse werden von der Sparkaffe geholt und gemeinschaftlich verbraucht. Wer mit diesen Leuten in nähere Berührung kommt und mit denselben verhandelt, wird unschwer erkennen müssen, daß religiöse Wahngebilde allen diesen Leuten vorschweben und bedauerliche Wirkungen hiervon zu befürchten sind. — In der hiesigen Gegend und weiterhin bis in das Vogtland und Erzgebirge hat sich ein Schwindler umhergetrieben, der sich zum Scheine auf viele Plätze als Dienstknecht vermiethete, Draufgeld annahm Ul)d damit verschwand, ohne natürlich den Dienst anzutreten. Annaberg. Gegen die am 16. Dezember von den Stadtverordneten (14 gegen 8 Stimmen) genehmigte Biersteuer ist auf Veranlassung des Vorstandes des Bürgervereins eine Petition an das Hohe Königlich» Ministerium des Innern zu Dresden abgegangkn, mit der Bitte, diesem Biersteuerregulativ die Genehmigung zu versagen; diese Petition enthielt 1600 Unterschriften. 7 )) V lich gewesenen Heu- und Etrohvorräthe rc. durch den R i Schornstein als Entstehungsursache deS Brandes zu ' Grunde liegt. Eine absichtliche Brandlegung oder D etwaige Verwahrlosung dagegep dürfte den angestellten Erörterungen zufolge ausgeschloffen sein. Herr Boye hat sein Mobiliar bei dem Feuerschäden-Privatunter- stützungSverein an der oberen Müglitz in Liebenau versichert und sind ihm u. A. ca. 156 Scheffel Aster, 10 Centner Erbsen, 24 Scheffel Gemenge, 3 Scheffel Korn, sämmtliche Heuvorräthe und gegen 200 Centner Stroh rc. mit vernichtet worden. Zum Löschen des . Brandes ist an erster Stelle die Spritze der Gemeinde Löwenhain erschienen und mit Erfolg thätig gewesen. Später ist die freiwillige Feuerwehr von Geising und mit derselben auch die Feuerwehr von Lauenstein am Brandplatze eingetroffen, welche ebenfalls mit gutem Erfolg gewirkt haben. Höckendorf. Der hiesige Frauenverein hat auch diesmal das liebe Weihnachtsfest nicht vorübergehen lasten, ohne ein schönes Zeugniß seiner Thätigkeit zu geben. 25 Armen, 14 Erwachsenen und 11 Kindern, ist am vierten Adventsonntag in der Konfirmanden stube deS Pfarrhauses ein Weihnachtstisch gedeckt wor- * den. Es wurden bei brennendem Christ bäume ein paar Verse eines Weihnachtsliedes gesungen; Herr Pastor Widemann hielt eine kurze Ansprache („Der heilige Christ hat uns beschert, — der heilige Christ ist uns beschert"). Danach folgte die Vertheilung durch die anwesenden Mitglieder des Vereins. Manches Wort deS Dankes, mancher Händedruck lohnte die er wiesene Liebe. Gott segne ferner die Arbeit, mit der der hiesige Frauenverein seine herrliche Aufgabe zu er füllen bestrebt ist. ObercuuuerSdorf bei Klingenberg. Se. Majestät der König hat dem ehemaligen Maurer Kärnth und dessen Ehefrau aus Anlaß ihres fünfzigjährigen Ehe jubiläums vom 22. November ein Gnadengeschenk von 20 Mark zu bewilligen geruht, welches dem Jubelpaar nachträglich zu seiner größten Freude am vorigen Sonn abend durch Herrn Pastor Widemann in Höckendorf überbracht worden ist. 4 Poffendorf. Unter dem Vorsitze des Herrn Rittergutsbesitzer Fiedler-WilmSdorf wurden im hiesigen landwirthschaftlichen Verein im vergangenen Jahre 1890 8 Vereins-Versammlungen abgehalten. Der Besuch derselben war stets ein zahlreicher, ein Beweis, daß das Interests am landwirthschaftlichen Vereinswesen mehr und mehr zunimmt. Von den ge haltenen Vorträgen, welche besonders das Gebiet der Landwirthschast berührten, erwähnen wir folgende: Zugprüfungen und Zugleistungen unserer Hausthiere, Referent: Rittergutsbesitzer Fiedler-Wilmsdorf (gehalten am 8. Januar). Wiesenbau und Wiesenpflege, Ref.: Oek.-Kommiffar Merbach-Dresden (12. März). Ueber Stallbauten, Ref.: Rittergutsbesitzer Diedrich Kreischa (9. April). Ueber Heubereitung, Ref.: Ritterguts besitzer Friedrich-Theisewitz (26. Oktober). Ueber Schweinezucht, Ref.: Freigutsbesitzer Hahmann-Oelsa (26. Novbr.). Düngungsfragen,Ref.:Landwirthschafks- Lehrer vr. Klöppel-Meißen (17. Dezbr.). H Hänichen. Bei der hier stattgefundenen Er- . gänzungSwahl des Gemeinderathes wurden die Herren Gutsbesitzer Voigt, Hausbesitzer und Bäcker meister Lehnhard als Angesessene und Bergarbeiter Frey als Unangesessener wieder- bez. neugewählt. Dre-den. Staatsminister von Nostitz-Wall- witz hat wegen eines nervösen Augenleidens sein Ab schiedsgesuch eingereicht. Die Nachricht dürfte im ganzen Lande, aber auch über Sachsens Grenzen hinaus, mit allgemeinem Bedauern vernommen werden, denn der nunmehr aus seinem Amte Scheidende hat sich im Lause einer vieljährigen Wirksamkeit nicht nur durch eine bewundernswerthe Beherrschung der ihm er wachsenen Aufgaben, sondern auch durch hervorragende gewinnende Charakterzüge und Bekundung einer wahr haft edlen Gesinnung die größte Hochachtung der ihm unterstellten Beamtenkreise und aller Kreise der weiteren Bevölkerung Sachsens erworben, v. Nostitz-Wallwitz ward am 30. März 1826 zu Oschatz geboren, besuchte die Fürstenschule zu Meißen, studirte sodann in Leipzig die Rechte, war 1851—57 Landesbestallter der sächsi schen Oberlausitz, 1857—61 Amtshauptmann in Löbau, dann in Bautzen, 1862—66 Kreisdirektor daselbst und übernahm alsdann 1866 das Ministerium des Innern. 1874 ward von Nostitz-Wallwitz Mitglied des Reichs tages, übemahm nach von Friesens Rücktritt bis 1882 auch die auswärtigen Angelegenheiten und trat als sächsisches Mitglied in den Bundesrath, in Folge besten er sein Neichstagsmandat niederlegte. In der geraumen Zeit von fast 25 Jahren hat sich Herr von Nostitz- Wallwitz große, bleibende, Verdienste um Sachsen er worben. UebecauS glänzend hat sich u. A. das hoch bedeutende organisatorische Talent des Zurücktretenden bet der Durchführung der Autonomie der sächsischen Gemeinden bewährt, mit welcher bekanntlich die Tren nung der Justiz von der Verwaltung Hand in Hand ging.