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Weikritz-Miliis 55. Jahrgang Beilage zu Nr. 152 Dienstag, dm 24. Dezember 1889. «.'S!- So alt das Menschengeschlecht ist, so alt ist auch das Streben, das Rennen und Jagen nach einem glücklichen goldenen Ziele! f" - ° " 7" in ihrem Fortschritt die Ziele immer mehr erkannt und mancherlei neue Wege dazu geöffnet hat. Nur mit vereinten Kräften werden die Schwierigkeiten zu besiegen sein, die sich der Menschheit bei ihrem Daseinskampf entgegen stellen. Als eine Macht von nicht zu unterschätzender Bedeutung gilt unserer Zeit mit Recht die Presse. Die sechste Großmacht hat man sie genannt. Auch wir stellen uns in ihren Dienst und haben eS bisher schon nach Kräften gethan. Wir werden in unserem Werke nicht ermüde»; auch im neuen Jahr wird jeder gesunde Fortschrittsgedanke bei uns freudige Unterstützung finden. Was in der großen Welt, insonderheit im deutschen Vaterlande vorgeht, was unser Heimathland, besonders unfern Bezirk berührt, wir werden eS durch möglichst treue und vollständige Berichterstattung zur allgemeinen Kenntniß bringen; wo etwas geschieht, der'Wissenschaft, der Kunst, dem Gewerbe, dem Handel, der Landwirthschaft, der Schule und Kirche zu Heil oder Schaden, wir werden es in unserem Blatte besprechen und das Verständniß zu vermitteln suchen; wir werden auch, wie bis' her, in unserem illustrirten achtseitigen Beiblatte für eine unterhaltende und belehrende Zugabe besorgt sein. Muthet uns diese Beilage, deren l. Jahrgang sich nunmehr in den Händen unserer Leser befindet, auch zu bezahlen haben. Es kann aber kaum einem Zweifel unterliegen, daß eine derartige, den Interessen des Deulschthums widersprechende innere Politik Oester reichs sich auf die Dauer mit einem innigen Hand-in- Handgehen Deutschlands und Oesterreichs nicht mehr vereinbaren läßt, der jetzige Gegensatz zwischen der inneren und der auswärtigen Politik des Kaiser staates ist zu unnatürlich, als daß er sich konsequent aufrecht erhalten ließe. Es muß dennoch einmal ein Zeitpunkt kommen, an welchem entweder die innere Politik des Donaureiches einen mehr deutschen Cha rakter annimmt und sich also den Bahnen seiner aus wärtigen Beziehungen nähert oder aber wo die letz teren mehr dem slawischen Charakter Oesterreichs an gepaßt werden und das wäre natürlich das Ende vom deutsch-österreichischen Bündniß. Glücklicher Weise ist an eine derartige Möglichkeit auf länger hinaus nicht zu denken, anderseits allerdings dürfte sich vorerst auch in dem System Taaffe nichts ändern und es wird demnach der österreichischen Gesammtpolitik auch noch ferner ihre widersinnige Doppelnatur anhaften — so lange, bis es eben nicht mehr gehl! Es liegt der deutschen Regierung selbstverständlich fern, sich irgendwie in die inneren Angelegenheiten der habs burgischen Monarchie mischen zu wollen, Oesterreich ist nicht der Vasall, sondern der Freund und Verbün dete des deutschen Reiches. Aber trotzdem kann es Deutschland nicht gleichgültig sein, wenn in dem ihm so treu verbundenen österreichischen Kaiserstaate die slavenfreundlichen Tendenzen mehr die Oberhand ge winnen, als für die allgemeinen Etaatsinterefsen gut ist und wie man in den Berliner leitenden Kreisen die Gestaltung der innerösterreichischen Verhältnisse ausfaßt, bekundet hinlänglich schon die charakteristische Thatsache, daß Kaiser Wilhelm II. bei seinem offiziellen Besuche in Wien den Ministerpräsidenten Graf Trasse nicht empfing und daß letzterer auch vom Staats sekretär Graf Bismarck ignorirt wurde. Wenn trotz dem Gras Taaffe a^rf seinem Posten verbleiben konnte, so erklärt sich dies vielleicht mit daraus, daß er in die auswärtige Politik Oesterreichs absolut nichts hinein zureden hat und dieser Umstand kann allerdings als eine Bürgschaft betrachtet werden, daß die innere und die auswärtige Politik des Kaiserstaates trotz der Verschiedenheit ihres Wesens auch noch bis auf Wei teres nicht mit einander kollidieren. Die iuucrc Politik Orstrrrcichs vud das-cotsch- öflttttichischc KünLlliß. Unter den mancherlei Widersprüchen, welche die Verhältniffe des österreichischen Kaiserstaates dem Auge des auswärtigen Beobachters darbieten, ist der un- läugbare Gegensatz zwischen der inneren und der äußeren Politik Oesterreichs gewiß der seltsamste. Zehn Jahre sind es nun her, daß sich die letztere in den Bahnen des engsten politischen Bündnisses mit dem neuen deutschen Reiche bewegte und noch immer gewinnt diese aus die natürlichsten gegenseitigen In teressen gegründete Allianz nur an Innigkeit, wofür ja auch aus dem nun bald vollendeten Jahre erhebende Zeugnisse vorliegen. Aber ein volles Jahrzehnt ist auch verflossen, daß jenseits der schwarzgelben Grenz pfähle sich das Ministerium Taaffe am Ruder befindet und was der Name Taaffe für die innerpolitische Entwickelung Oesterreichs in dem genannten Zeiträume bedeutet, das bedarf wohl kaum einer näheren Dar legung! Die von Graf Taaffe an die Spitze seines Programmes gesetzte „Völkerversöhnung", hat zu ganz anderen Ergebnissen geführt, als der Urheber der Versöhnungspolitik wohl erwartet haben mochte, schroffer und leidenschaftlicher als je stehen sich die Nationali täten und nationalen Parteien im Donaurciche gegen über und gerade die Deutschen sehen ihre historische Stellung in Oesterreich durch das Vordringen des SlaventhumS, dem die Taaffe'sche Politik Zugeständ nisse über Zugeständnisse macht, schwer bedroht, so daß sie sich in den gemischtsprachlichen Provinzen ver- zweiflungSvoll ihrer Haut zu wehren haben. Daß in diesen unerquicklichen Zuständen zunächst keine Ver änderung zum Besseren zu erckarten ist, geht genug sam aus dec Erwiderung hervor, welche Graf Taaffe jüngst im österreichischen Abgeordnetenhaus« den Klagen und Beschwerden des greisen deutschböhmtschen Abge ordneten Ptener zu Theil werden ließ und wobei der österreichische Ministerpräsident offen verstcherte, er ge denke mit Unterstützung der MehrhritSparteien auf dem bisherigen Wege weiter zu schreiten! Allerdings hat Graf Taaffe in einer zweiten Rede die czechischen Forderungen hinsichtlich der böhmischen Königskrönung zurückgewiesen, aber hiermit ist die Stellung der Deutschen noch keineswegs gebessert und allen Ver- muthungen nach werden sie auch künftig die Kosten des Taaffe'schen Versühnung«- und AuSgleichSregime'S A-ermifchtrs. W. Im Hohenzollernmuseum sind nunmehr die Orden , und Ehrenzeichen Kaiser Wilhelms I. zur A«S- stellung gelangt. Es sind im Ganzen 51, also sieben mehr als Kaiser Friedrich besaß. Sie haben in einem großen, reich verzierten Glasschranke, dem unten eine Vitrine^ angefügt ist, Platz gefunden. Die Großkreuze herrschen vor, unter ihnen befindet sich auch jenes des siamesischen Weißen^ Elefantenordens, des persischen Sonnen- und Löwenorden», A des einst vom Kaiser Maximilian gegründeten mexikanischen A Adlerordens, wie auch des sranzösischen Ordens der Ehren- legion und des loftbar ausgestatteten ungarischen Stephans- A ordens. An russischen Orden sind sieben vorhanden. Zn ^7 der Vitrine sind 19 Orden ausgelegt, welche der Kaiser silit^L Vorliebe zu tragen Pflegte. Man findet unter ihnen einens vom König von Belgien geschenkten Stern zum Schwarzen A Adlerorden, den Stern zum Schwarzen. Adlttorden, welchen » König Friedrich Wilhelm III. zu tragen pflegte, einen mit Brillanten besetzten Stern zum Schwarzen Adlerorden, den Stern zum Orden xour Io mörits mit dem Bildniß Friedrich des Großen, das fürstlich Hohenzvllernsch« Ehren kreuz erster Klaffe mit Schwertern, welches dem Kaiser am Tage seiner goldenen Hochzeit verliehen wurde, das Eiserne Kreuz zweiter Klaffe von 1813, das russische St. Georgen« Kreuz, sowie eine Kette mit 38 kleinen preußischen und aus- ' wärtigen Orden vn winiatare. Geroldsgrün, Bayern. Seltsame Todesart. Einer Fabrikarbeiterswittwe drang, während sie mit Stricken be schäftigt war und, von einer Ohnmacht befallen, vom Stuhle sank, von ihrem Strickzeug eine Nadel so unglücklich durch das Ohr in das Gehirn, daß der sofortige Tod die Folg« war. Die Folgen einer Katzenmusik. Im August heS Jahres 1888 feierte zu Albia im Staate Iowa ein'junger Mann, Namens Adams, seine Hochzeit. Während der Hoch zeitsnacht wurde er und seine junge Frau durch einen furcht baren Skandal aufgeschreckt, der von einer sogenannten vlm- rivari parti (Katzenmusik-Gesellschaft) auSging, Adams, dem der Spaß zuletzt zu viel dünkte, trat vor die Thür Mit 77 geladenem Revolver in der Hand und versuchte die lärmende Bande fortzuscheuchen. Doch da sie sich trotzdem nicht ver zog, schoß er in den Haufen hinein. Ein gewisser Sidney A. Darling sank tödtlich getroffen zusammen und Adam würde nach der Polizeistation gezerrt. Er wurde zu sieben Jahren Zuchthaus verurtheilt. Hiergegen wurde jedoch beim 7 Obergericht Berufung eingelegt und dieses entschied, daß es : den Gebrauch des „okarivsri" für barbarisch halte, daß Adams ein volles Recht hatte, sich dagegen zu vertheidigpl, ü; und daß ihm ein neuer Prozeß bewilligt werden sollte. Das . geschah, und diesmal sand die Verhandlung desselben in einem anderen Orte statt. Adams war ehrenvoll freigesprochen - und kam glückstrahlend mit seiner Frau nach Albia zurück, um sich dort wieder niederzulaffen. Doch Freund« eilten zu ihm und sagten ihm, er müsse sofort ahreisen, da sin Pöbelhaufen sich znsammenrotte, um ihn zu lynchen. In- solgedeffen floh er mit seiner Frau nach Chariton. Wirklich kam ein Pöbelhausen in der Nacht nach seinem Hause in Albia und zog, da er dasselbe leer fand, nach der Woh nung von Adams Mutter. Dort zündeten die Barbaren die Scheune an, die vollgefüllt mit Heu und Getreide war und bis zum Grunde niederbrannte. Am Telephon. Ein Londoner Telephonabonnent ver langt am Zentralbureau mit seinem Arzte in Verbindung gesetzt zu werden. Der Abonnent: »Meine Frau klagt über heftige Schmerzen im Nacken und über Schwere im Magen." — Der Arzt: »Da hat sie offenbar Fieber!" -- Der Abonnent: »Was ist zu thun?" (In tziesem Augenblick ! schaltet der Beamte die Verbindung um, und der unglückliche Gatte empfängt die Antwort eines Maschinenfabrikant«», der dem Besitzer einer Dampfmühle seinen Rath ertheikt.) Der. - Fabrikant: »Sie ist wahrscheinlich im Innern mit Ausschär sungen von mehrer» Millimetern Dicke bedeckt. Lassen Sie ' sie während der Nacht erkalten und beklopfen Sie sie des Morgens, ehe Sie dieselbe erwärmen, kräftig mit einem Hammer. Sodann waschen Eie sie tüchtig mittelst eines Wasserstrahls von starkem Drucke." (Zu seiner Verwunde rung hat der Arzt seinen Patienten nie wiedergesehen.) (Man muß sich zu helfen wissen.) Die letzten spanischen Gemeinderathswahlen, schreibt die »Tägl. Rdsch.", haben wieder «ine wahre Unsumme von abenteuerlichen Wahl kniffen gebracht. Zu den Neuheiten aus diesem Gebiet gehört unzweifelhaft ein aus Oropesa in der Provinz Toledo gemel deter Vorfall. Dort hielten sich Ministerielle und Karlisten die Waage; die Ersteren hatten sich mit Hilfe der Obrigkeit des Wahlraums bemächtigt und die Wahlkommiffare aus ihren M M An unsere Leser! Abermals mahnt uns der bevorstehende Jahresschluss an die Flüchtigkeit der Zeit und di« Vergäng lichkeit der irdischen Dinge. Was aber bei der Wandelbarkeit der Menschen und der Mannigfaltigkeit der Er eignisse in der Hauptsache sich stets gleich bleibt, das ist der Kampf umS Dasein, das Hinausmüffen ins feindliche Leben, das Wirken und Strebe«, das Wetten und Wagen, das Glück zu erjagen.— Nur ist es nach und nach merkwürdiger Weise immer schwieriger geworden, obschon die Zeit itt die Ziele immer mehr erkannt und mancherlei neue Wege dazu geöffnet hat. Nur mit entgegen stellen. Als eine Macht von nicht zu unterschätzender Bedeutung gilt unserer Zeit mit Recht die Presse. Die sechste Grossmacht hat man sie genannt. Auch wir stellen uns in ihren Dienst und haben eS bisher schon nach Kräften gethan. Wir werden in unserem Werke nicht ermüde»; auch im neuen Jahr wird jeder gesunde Vaterlande vorgeht, was unser Heimathland, besonders unfern Bezirk berührt, wir werden eS durch möglichst l ' ------- - - - ' der Kunst, dem Gewerbe, dem Handel, der Landwirthschaft, der Schule und Kirche zü Heil oder Schaden, wir werden es in unserem Blatte besprechen und das Verständniß zu vermitteln suchen; wir werden auch, wie bis her, in unserem illustrirten achtseitigen Beiblatte für eine unterhaltende und belehrende Zugabe besorgt sein. Muthet uns diese Beilage, deren l. Jahrgang sich nunmehr in den Händen unserer Leser befindet, auch namhafte Opfer zu, so bringen wir diese im Interesse unserer Abonnenten um so lieber, als wir mit derselben ein Beiblatt bieten, wie es in gleicher Ausstattung und in gleichem Umfange weit über die Grenzen unserer Amtshauptmannschaft hinaus von keiner Zeitung seinen Lesern geboten wird, und hören wir mit Ver gnügen, daß sich die Beilage überall eines ungetheilten Beifalles erfreut. Was aber unsere illustrirte Beilage für alle Zeiten werthvoll macht, ist, daß dieselbe in allen ihren Theilen der Unterhaltung gewidmet ist und nicht, wie in vielen sogen. Unterhaltungsbeilagen, die jetzt an Abonnenten vertheilt werden, einen großen Theil für werthlose Inserate in Anspruch nimmt. Da uns aber solche Opfer nur bei freundlicher Unterstützung unserer Abonnenten und Mitarbeiter, deren Zuwachs wir erstreben, möglich sind, so laden wir hierdurch nicht nur zu gefälliger und baldiger Erneuerung des Abonnements ein, sondern hoffen auch im neuen Jahre der Freunde noch mehr zu finden, indem wir versprechen, uns dem Interesse unseres Bezirks in jeder Hinsicht mit Eifer wie bisher zu widmen und uns als Organ seinen Wünschen bereitwilligst zur Verfügung zu stellen. Daß Bekanntmachungen bei der starken Auslage unseres Blattes und seiner Verbreitung im ganzen Bezirke der Amtshauptmannschast eine wirksame Verbreitung finden, glauben wir noch besonders bemerken zu sollen Die Expedition der „Weißeritz-Zeitung".