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Für die Ausführung dieses Strebens befinden wir uns jetzt in einer der denkbar günstigsten Perioden, denn der Weltfriede ist gesichert und an der Spitze Deutsch lands steht eine ebenso energische, als weitblickende Negierung, die auf wirthschaftlichem Gebiete für die deuschen Unternehmer in zehn Jahren mehr thun kann, als frühere Negierungen in zwei Jahrhunderten. Wer hätte noch vor fünf Jahren daran gedacht, daß das deutsche Reich in so ckurzer Frist Kolonien erwerben und mit solcher Ausdauer und Zähigkeit sich an der Eroberung Afrikas für die Kultur betheiligen würde? Ein Blick auf den Kongostaat, Kamerun, Angra-Pe- quena rc. zeigen in den wenigen Jahren ganz erstaun liche Fortschritte für das kölonialpolitische Vorgehen Deutschlands. Es sind nun mancherlei Zweifel über die wirtschaftliche Rentabilität dieser Kolonial-Unter nehmungen aufgelaucht, es verdient deshalb hervor gehoben zu werden, wie die Engländer, ein Volk, das seinen großen Wohlstand vorzugsweise den Kolonien verdankt, über das Vorgehen Deutschlands in Afrika urtheilen. Nachdem die politische Nebenbuhlerschaft Englands in den Kolonialfragen durch die Festigkeit der deutschen Negierung beseitigt worden ist, kommt jetzt nur noch der wirthschaftliche Wettkampf in Afrika zwischen England und Deutschland in Frage. Es ist nun dabei im höchsten Grade bezeichnend, wie eng lische Fachblätter für Industrie und Handel äußerst ängstlich das Vorgehen der Deutschen in Afrika be obachten und verrathen, England möge, wenn irgend möglich, in vielen Gegenden Centralasrikas den Deut schen zuvorkommen. So schreibt der „Jronmonger": „Sicher befinden sich zwischen dem „Kongo-Staate" und den deutschen Besitzungen in Afrika noch be deutende Gebiete, reich an Gold und Elfenbein und bewohnt von, einer zahlreichen Bevölkerung, welche englische Manufakturen kauft." — Ferner erzählt ein englischer Steifender, Mr. Powell, daß die Negervölker Centralafrikas schon auf einer gewissen Kulturstufe stehen, daß sie gern ihre schlechten Waffen, Aexte und landwirthschastlichen Geräthe mit europäischen ver tauschen, gern Kleiderstoffe kaufen, daß sie Dörser und stadtähnliche Niederlassungen besitzen, daß oft Wasserstraßen nach ihren Gebieten führen und ein Verkehr verhältnißmäßig leicht mit ihnen einzurichten sei. Aus Kamerun kommt auch die Nachricht, daß sich zwei seit einiger Zeit dort eingemanderte Schweden durch Tauschhandel mit den Eingeborenen einen Wohl stand erworben haben und daß daraufhin noch fünf junge Schweden über Hamburg nach Kamerun gereist sind, um dort ihr Glück zu machen. Sollten diese Fingerzeige nicht auch in Deutschland Beachtung finden, denn Kamerun ist doch eine deutsche Kolonie? Fleiß, Ausdauer, unerschrockene Selbsthilfe und ein kleines Kapital müssen freilich die Kolonisten besitzen, denn dort sind gar manche Hindernisse zu überwinden. -Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Das Concert am vergangenen Sonntag zum Besten der Thurmbaukaffe war sehr gut besucht und erfreute sich in allen seinen Theilen ungetheilten Beifalls, sowohl was die einzelnen Ge sangsstücke, als auch was das immer schöne Singspiel „Singvögelchen" anlangte. Da der Reingewinn 80 Mark beträgt, haben die Mitwirkenden reichen Lohn für ihre Mühe geerntet. — Der Theater-Extrazug am Dienstag ist lewer nicht sehr zahlreich benutzt worden, von Be wohnern der Orte oberhalb Dippoldiswalde gar nicht. Es war aber auch nur ein Theater in Dresden, welches Vorstellungen gab, und das Stück übte nicht die Zug ¬ kraft, wie Schauspiel oder Oper. Weiterer Grund der schwachen Benutzung des Extrazuges war wohl auch das schlechte Wetter. Wir hoffen jedoch zuversichtlich, daß die kgl. Generaldirektion trotz dieses Mißerfolges uns künftighin wieder Theaterzüge stellen wird, was allgemeine Befriedigung und Freude erregen würde. Pretzschendorf. Bei der hiesigen Sparkasse wurden im Monat August 53 Einzahlungen im Betrage von 7232 Mark 50 Pfg. gemacht; dagegen erfolgten 14 Rückzahlungen im Betrage von 3249 Mark 9 Pf. 18! Frauenstein, 6. Septbr. Mit Genehmigung des Laudeskonsistoriums wird nächsten Sonntag in sämmtlichen sächsischen Kirchen eine Kollekte für den Kirchenbau zu Fürstenau bei Altenberg eingesamüielt. Die Parochie Fürstenau zählt einschließlich des em- gepfarrten Gottgetreu und Müglitz etwa 550 Seelen; ihr Grundbesitz etwa 100,000 Steuereinheiten. Schon seit vielen Jahren sollte die dasige baufällige Kirche renovirt werden. Man nahm aber immer wieder davon Abstand, weil die hierzu nöthigen Mittel nicht vorhanden waren. Nachdem man die Renovations kosten durch nochmalige Bearbeitung der Baupläne von 16,000 auf 13,600 Mark herabgesetzt hatte, ging man im vorigen Jahre mit schwerem Herzen an das Bauwerk. Hierbei stellte sich aber in unerfreulicher Weise heraus, das das gesummte Blauerwerk so wandelbar geworden mar, daß es ferner nicht benutzt werden konnte und sich die arme Gemeinde gezwungen sah, zu einem Neubau zu verschreiten, der bei aller angewandten Ersparniß auf 32,000 M. veranschlagt ist. Zur Deckung der Baykosten stehen der Gemeinde nur 1500 M. Beitrag aus dem Kirchenvermögen, ein von der Gemeinde zu verzinsendes und amortisirendes Darlehn von 12,000 M. und eine aus den Mitteln des Landeskonsistoriums gewährte Unterstützung von 4000 M. zur Verfügung. Möchten die Leser dieser Zeilen sich durch die Darstellung der Nothlage Fürstenaus veranlaßt fühlen, nächsten Sonntag zu der ermähnten Kollekte nach besten Kräften beizusteuern. — Herr Paster Mätig in Hartmannsdorf bei Frauenstein ist designirt zum Pfarrer in Engelsdorf bei Leipzig. Sicherem Vernehmen nach hat die Hart mannsdorfer Gemeinde einstimmig beschlossen, beim Landeskonsistorium eine Petition zu dem Zwecke ein zureichen, daß man den hiesigen Diakonatsvikar, Herrn Weigel, zum Nachfolger des Herrn Mätig ernenne. So ungern wir das Scheiden des Herrn Weigel sehen, der sich sowohl durch sein Kanzelrcdnertalent, als auch den liebenswürdigen und angenehmen Verkehr in und außer dem Amte die Herzen aller hiesigen Parochianen iy der kurzen Zeit seines Hierseins erworben, so sehr freuen wir uns darüber, daß die Nachbargemeinde Hartmannsdorf berechtigtes Vertrauen in unfern hoch achtbaren Diakonatsvikar Herrn Weigel gesetzt hat. — Heute fand im Saale des Franke'schen Gast hauses hier eine Wählerversammlung statt, bei welcher Herr Gutsbesitzer Steyer aus Reinholdshain den Wählern des 13. ländlichen Wahlkreises sein Pro gramm entwickelte. Die Versammlung wurde von Herrn Oberförster Klette aus Bärenfels eröffnet und derselbe auch zum Vorsitzenden der Versammlung er nannt. Der Landtagskandidat, Herr Steyer, erklärte, daß er wisse, daß ein Landtagskandidat sich des Tadels aussetzen müsse und daß das Sprüchwort: „Wenn Jemand gelobt sein will, so muß er sterben; will er aber getadelt sein, so muß er heirathen", auch in der Fassung: „Will Jemand gelobt sein, so muß er sterben; will er getadelt sein, so muß er sich als Landtags kandidat ausstellen lassen" wahr sei. Dies habe er erfahren, indem ihm in einer Wahlversammlung für den Gegenkandidaten, Herrn Baumeister Hartwig- Dresden, verschiedene Verdächtigungen und Verleum- dnngen zugefügt seien, die er in längerer Verthei- digungsrede entschieden zurückweist. Hierauf geht er zur Tagesordnung über und bezeichnet sich als der konservativen Partei angehörig und giebt einen Ueber- blick über den Staatshaushalt-Etat der Periode 1884/85. Die ordentlichen Einnahmen beziffern sich auf ca. 70 Millionen Mark, die außerordentlichen auf 16,187,000 Mark. Zu jenen 70 Millionen tragen bei: die Eisen bahnen 27,157,800, die Forsten 6,684,000, die Landes lotterie 4,645,000, Bergbau und fiskalische Hütten werke 834,000, die Domänen 513,000, Porzellan manufaktur 350,000, Steinkohlenwerk Zaukeroda 458,000, die Blaufarbenwerke zu Oberschlema 148,000, die Einnahmen der allgemeinen Kaffen-Verwaltung 1,696,000 und die Steuern 27,264,000 Mark. Herr Steyer erklärt das Bild, welches die finanziellen Ver hältnisse unseres Landes gewähren, als ein höchst er freuliches, ist aber gegen die verhältnißmäßig zu hohe Grundsteuer und bemerkt, daß bei der Einkommen steuer die Mittelklassen etwas zu scharf herangezogen seien. Auch die Urkundenstempelsteuer sei eine zu hohe. Eine Herabsetzung derselben dürfte sich sehr empfehlen. Die Erbschaftssteuer hält der Herr Redner für nicht drückend, da dieselbe nicht zu zahlen ist, wenn sich Eheleute unter sich oder Eltern und Kinder gegen seitig beerben. Die etwas ungleich wirkende Schlacht steuer sei nicht ganz zu beseitigen, wohl aber die Ab schaffung derselben bei Nothschlag wünschenswerth. Ueber die Verwendung der 70 Mill. M. Staatsein nahmen spricht sich Herr Steyer sehr anerkennend aus, und wagt nicht, hierin Sparvorschläge zu machen, da unser Finanzministerium sich stets den Ruhm der weisen Sparsamkeit gewahrt habe. Da der Staat mit dem Bau der Eisenbahnen höchst günstige Resultate erziele, sei derselbe auch verpflichtet, Bahnen zu bauen, die voraussichtlich nicht so hoch rentiren werden. Auch sei es sehr wünschenswerth, daß für den Bau besserer Waldwege in Zukunft eine höhere Summe ausgeworfen werde, indem die Forsten der Staatskasse reichen Zu fluß gewähren. Hierauf schilderte der Herr Kandidat die Nothlage der Landwirthschaft und findet diese be gründet in den zu theueren Grundstückspreisen, den zu hohen Arbeitslöhnen und den zu billigen Getreide preisen. Um eine Aenderung hierin herbeizuführen, müsse der Landwirth zunächst selbst thätig sein, indem er mehr Fleiß auf den Futterbau und die Viehzucht verwendet. Jedoch sei diese Selbsthilfe möglichst vom deutschen Reiche und dem sächsischen Staate zu unter stützen. Von Letzterem dadurch, daß er Beihilfen zu Bullenhaltungs - Genossenschaften gewährt und eine Körordnung einführt, die festsetzt, daß nur solche Bullen zu öffentlichen Zwecken gebraucht werden dürfen, welche von einer zu ernennenden Kommission als tauglich befunden worden sind. Das deutsche Reich müsse durch Kornzölle und Beseitigung der Differential frachttarife helfend eingreifen. Sehr wünschenswerth sei, daß der Staat auch den Schaden, der dem Vieb- besitzer bei Milzbrand erwächst, gesetzlich mindern hilft. Das Jagdschongesetz könne vielleicht dahin eine Ab änderung erleiden, daß die Schonzeit für Hochwild namentlich verkürzt werde. Herr Steyer erklärt zum Schluß, daß er, falls er zum Vertreter des 13. Be zirks gewählt werde, seine Pflichten gewissenhaft er füllen werde, er aber auch nicht zürne, wenn die Wahl sich auf einen Andern lenke, da er sich zur Kandidatur nicht gedrängt habe. Herr Oberförster Klette dankt << Herrn Steyer für den gehaltenen Vortrag und empfiehlt warm die Wahl des Herrn Steyer. In der darauf folgenden Debatte protestirt Herr Seidel aus Gombsen gegen die wider ihn erhobenen Beschuldigungen und sucht nachzuweisen, daß das, was er in anderen Wahlversammlungen gesagt habe, völlig wahr sei. Da er hierbei keinen Anklang bei der Versammlung findet, aus der Mitte derselben vielmehr Antrag auf Schluß der Debatte gestellt wird, erfolgt gegen >/,6 Uhr Schluß der Versammlung. HainSberg. Am Sonntag Vormittag ist hier endlich eine der neuen Doppelmaschinen für die Strecke Hainsberg-Kipsdorf angekommen, nach ihrem