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- - E H'' - " ''' - — 468 — — Den sozialdemokratischen Abgeordneten Viereck hat der kleine Krieg der Nadelstiche, den die Radikalen der Partei gegen ihn führen, auf das Krankenlager geworfen. Sein gleichfalls Halbwegs gemäßigter Frac- tionsgenosse Frohme scheint über stärkere Nerven zu verfügen. Herr Frohme genirt sich nicht, den Extremen derb wie immer seine Meinung zu sagen. Er hat in einer Frankfurter Arbeiterversammlung verlangt, daß die Sozialdemokratie deutsch werde, daß sie die inter nationale Gefühlsduselei abstreife, die zu nichts führe als zum Anarchismus; die Sozialdemokratie soll vater ländisch und national sein. Das ist eine im Munde eines sozialistischen Parteiführers so unerhörte Sache, daß man ihr schon eine gewisse Beachtung schenken muß. Die Herren Frohme und Viereck mögen inner halb ihre^ Fraktion vereinzelt sein, aber sie würden nicht so reden, wie sie es thun, wenn sie nicht «inen starken Rückhalt in den Massen fänden. Den Ver- theidigern des Sozialistengesetzes soll es unbenommen bleiben, daraus einen Erfolg jenes Gesetzes herzuleiten. Derartige Behauptungen lassen sich nicht gut beweisen und auch nicht gut widerlegen. Nur das Eine sei hier bemerkt» daß es denn doch ein ziemlich oberfläch liches Urtheil ist, wenn nian die Sozialdemokraten für ungefährlich in demselben Maße erklärt, als sie die Extreme fallen läßt und den Boden gemäßigter Er örterung betritt. Eine gemäßigte Sozialdemokratie hat schon deshalb eine größere werbende Kraft, weil sie bei ihrem Streben nach positiver Thätigkeit konkrete politische Fragen der bürgerlichen Freiheit weit mehr als bisher in ihren Bereich ziehen muß. — Die letzten 3 Jahre haben dem Bestände des schwimmenden Materials der deutschen Kriegs flotte einen recht bedeutenden Zuwachs gebracht. Von dem Bau zahlreicher Torpedoboote abgesehen, sind in dem gedachten Zeitraum 5 Schiffe für den politischen Dienst (Kreuzer), ein Schlachtschiff und vier Küstenvertheidigungsfahrzeuge, im Ganzen also zehn große Kriegsschiffe im Bau vollendet, bez. fertig ge- Depla- cement i» t 5200 866 866 1382 1382 884 2373 2373 2373 3222 20921 Von diesen Schiffen befinden sich „Brummer", „Bremse", „Blitz", „Pfeil" und „Adler" bereits iin Dienst, während die übrigen 5 Fahrzeuge sich noch im Bau, bez. in der Ausrüstung befinden. Die in vorstehender Liste genannte Kreuzerfregatte „Ersatz- Viktoria" ward bekanntlich am Sonnabend in Wil- helmshafen vom Stapel gelassen und „Charlotte" ge tauft. Bereits im November 1881 wurde der Kiel für die Fregatte gestreckt; der Bau ist nach dem ver besserten und vergrößerten Bismarck-Modell („Bis marck" 2856 t Deplacement) erfolgt. Das Schiff, ganz aus Stahl gebaut, erhält eine komplete Außen beplankung mit Kupferhaut. Die maschinellen Ein richtungen sind von der kaiserlichen Werst angefertigt; zwei selbständige komplete Compoundmaschinen sollen dem Schiff eine Geschwindigkeit von 16 Knoten ver leihen. Außer einer Bestückung von zwanzig 15-Cen- timeter-Kruppgeschützen erhält „Charlotte" Revolver kanonen und Torpedoarmirung. England. Die Londoner Zeitungen sprechen sich über den Zwischenfall in Spanien durchweg zu Gunsten Deutschlands aus und empfehlen eine schiedsrichterliche Entscheidung der Streitfrage, betonen aber auch nach drücklich, daß Spanien Deutschland die vollste Genug- thuung schulde. Spanien. Die Regierung ist erschlossen,'alle ferneren antideutschen Kundgebungen zu unterdrücken. Mehrere Zeitungen sollen gerichtttch verfolgt werden. König AlphonS ist entschlossen, alle diplomatischen Mittel zu erschöpfen, um einen Bruch mit Deutsch land zu vermeiden. Rußland. Ueber die Summen, die der Unter halt der russischen Botschaften, Missionen und Kon sulate im Auslande kostet, bringt die „Nowoje Wr." folgende Angaben: Die theuerste Botschaft ist die Konstantinopeler. Sie kostet 115,500 Rubel inkl. 50,000 Rubel für den Botschafter; es folgen sodann die Londoner mit 9l,500 Rubel, die Wiener mit 86,000 Rubel und die Berliner mit 84,700 Rubel ipkl. 50,000 Rubel für jeden der drei Botschafter; die Pariser mit 84,600 Rubel inkl. 40,000 Rubel für den Botschafter, und die italienische mit 70,000 Rubel inkl. 40,000 Rubel für den Botschafter. Von den Missionen kommt die in Peking am theuersten zu stehen - 60,700 Rubel, wobei der Ministerresident einen Gehalt von 30,000 Rubel bezieht; die Mission in Jeddo kostet 52,000 Rubel. Die billigste ist die in Karlsruhe — 30,000 Rubel. Im Ganzen sind die Kosten zum Unterhalt der ausländischen Botschaften und Missionen Rußlands 1,060,350 Rubel, der Kon sulate auf 654,070 Rubel für das nächste Jahr ver anschlagt worden. Nord-Amerika. In den Kohlengruben von Nord- Spring fand eine Einstellung chinesischer Arbeiter an Stelle der streikenden Weißen statt und veranlaßte dies blutige Scenen. Mit Gewehren bewaffnete Weiße griffen die Chinesen an, tödteten 15 und brannten 80 Häuser nieder, schließlich wurden etwa 500 Chinesen in die Berge getrieben, wo sie Noth leiden. Königliches Landgericht Freiberg. Verhandlung vom 7. September. Geständigermaße» hat der 29jährige Malergehilfe Oskar Paul Kluge aus Meißen am 24. Juli d. I. aus einem Zimmer des Schlosses zu Reichstädt, allwo er als Gehilfe des Stnbenmalers Major in Dippol diswalde beschäftigt war, eine der Lehrerin Martin gehörige goldene Damenuhr mit goldener Kette und- zwei Medaillons (zusammen ca. 300 M. Werth) ge stohlen und diese Sachen alsbald in Dippoldiswalde und Dresden versetzt bez. verschenkt. Da Kluge in den letzten Jahren wegen Bettelns, Diebstahls und Unterschlagung sehr oft bestraft worden, mithin ein zum Müssiggang und zu Eingriffen in fremdes Eigen- thum geneigter Mensch ist, erkennt der Gerichtshof wegen dieses Nückfallsdiebstahls bei Ausschluß mildern der Umstände auf 1 Jahr 3 Monate Zuchthaus, 5 Jahre Ehrenrechtsverlust und Zulässigkeit von Polizei aufsicht. Dresdner Schlachtviehmarkt vom 7. September. Auf dem heutigen Schlachtviehmarkte Ware» 426 Rinder, 492 Land- und 380 Ungarschwcinc (inkl. 24l Uebcrständen vvni letzten Kleinviehmarkte) oder in Sumina 872 Schweine, 917 Hammel und 145 Kälber zum Verkauf gestellt. Bei mittel mäßigem Besuche von Fleischern und in Anwesenheit einiger Exporteure verlief das Geschäft in Rindern, von denen sehr schwere Waare, sogenannte Wintermast mehr als ausreichend am Platze war, sehr langsam und verblieben in allen Quali täten mehr oder weniger erhebliche Ueberstände. Primaaualität stellte sich pro Ccntner Schlachtgewicht auf 59— 62 M., einzelne, besonders seine Stücke wohl auch noch höher; Mittclwaarc wurde niit 51—54 M., geringe Sorte mit 30 M. bezahlt. Hammel deckten trotz schwächeren Zutricbes den Bedarf, weshalb die vor wöchigen Preise Geltung behielten. Englische Lämmer galten pro Paar im Gewichte zu 50 Kilo Fleisch 63—66 M., Land hammel in derselben Schwere 57—60 M. Bracken 36 M. Landschweine wurden infolge schwachen Auftriebes auevcrkaust und zwar zu 10 Proz. höheren Preisen als vor 8 Tagen. Der Ecntncr Schlachtgewicht von Stucken englischer Kreuzung stieg demzufolge aus 60—63 M., der von Schlesiern auf 51—60 M., 46 Stück Mecklenburger wurden bei 40 Pfund Tara mit 57 bis 59 M., ungarische Bakonier bei 35-40 Pfund Tara mit 50—52 M. pro Centner lebendes Gewicht notirt. Der Kälber bändel verlief zu vorwöchigen Preisen langsam und kostete das Kilo Fleisch bester Waare 110 Pf., während leichtere Stücke nur mit 90 Pf. bezahlt wurden. — In den Schlachthäusern des Etablissements sind im Laufe der vorigen Woche 281 Rinder,. 482 Hammel, 845 Schweine und 573 Kälber oder in Summa 2181 Stücke geschlachtet worden. stellt worden. Es sind dies: «lasse Name Geschütz zahl Pferde kraft (indic.) Panzerschiff Oldenburg 10 3900 Panzerfahrzeug Brummer 1 1500 Panzerfahrzeug Bremse 1 1500 Aviso Blitz 5 2700 Aviso Pfeil 5 2700 Kreuzer Adler 4 700 Kreuzerkorvette Alexandrine 14 2400 Kreuzerkorvette Ariona 14 2400 Kreuzerkorvette Nixe 14 2400 Kreuzerfregatte Ers. Viktoria 20 3000 Zusammen 8tz 23200 Amtlicher Thcil. Bekanntmachung, die Landtagswahl betreffend. Die Zusammenstellung der Ergebnisse der Bezirkswahlen im 13. Wahlkreise des platten Landes wird Sonnabend, den IS. September d. I., von Vormittag S Nbr an, im Sitzungszimmer der Königlichen Amtshauptmannschaft hierfelbft vorgenommen werden, was gemäß 8 46 des Gesetzes, die Wahlen für den Landtag betreffend, vom 3. Dezember 1868 hierdurch bekannt gemacht wird. Dippoldiswalde, am 5. September 1885. Der Wahlkommiffar für den irr Wahlkreis des platten Landes. v. Einsiedel, Regierungsaffeffor. Bekanntmachung. Zufolge eines vom Vorstand der Steinbruchs-Berufsgenoffenschaft (Sektion VII — Königreich Sachsen) anher gelangten besonderen Ersuchens werden die Ortsbehörden des amtshauptmannschastlichen Bezirks hiermit veranlaßt, die In haber etwa neuentstehender, oder auch bereits vorhandener, aber noch nicht zur Anmeldung gekommener Betriebe, welche der Steinbruchs-Berufsgenossenschast an zugehören haben, auf ihre gesetzliche Verpflichtung zur Anmeldung der gedachten Betriebe in Gemäßheit des g 11 des Unfallversicherungsgesetzes vom 6. Juli 1884 aufmerksam zu machen. Dippoldiswalde, am 5. September 1885. Königliche Amtshauptmannschaft. I. V.: von Einsiedel. Semig. Tagesgeschichte. Berlin. Eine amtliche Mittheilung über die ver schwundene Kreuzer-Korvette „Augusta" wird in den nächsten Tagen erwartet. Es dürfte jetzt auch der letzte Hoffnungsschimmer geschwunden sein, daß die Korvette noch irgendwo wieder auftauchen könnte. Mehr den 200 brave deutsche Seeleute ruhen also auf dem tiefen Meeresgrund, hinabgeschleudert durch den tückischen Wirbelwind. Erfinder Fairlie-Maschine genannt. Heute Mittwoch hat dieselbe ihre erste Probefahrt gemacht. Gegen >/»10 Uhr passirte die Maschine mit einem Personen wagen die Station Dippoldiswalde. Die Maschine, die 440 Centner wiegt, gleicht 2 jetzigen aber zu sammenhängenden Maschinen, hat nur einen Kessel auf 2 unabhängig von einander wirkenden Wagen, trägt aber 2 Schornsteine. Heizer und Führer haben rechts und links neben dem Kessel ihren Platz „ein gekeilt in Drangsals fürchterlicher Enge." Röthenbach, 8. September. Der vorige Sonntag war für ein schlichtes, aber braves Ehepaar aus unserm Orte ein rechter Freudentag geworden. 50 Jahre war es her, daß Herr Karl Leiteritz, Handarbeiter hier, mit seiner lieben Ehehälfte vor den Altar getreten war, um mit ihr den Bund für ihr ganzes Leben zu schließen. Sie hatten in ihrer Einfachheit beschlossen, in aller Stille das Fest hingehen zu lassen und Gott für die nur wenigen Ehepaaren erwiesene Gnade zu danken; ihre Kinder jedoch konnten und wollten den Tag nicht vorübergehen lassen, ohne ihren Eltern ein unvergeßliches Freudenfest zu bereiten. Sie kamen aus der Nähe und Ferne, uni im trauten Familien kreise sich mit ihren Eltern freuen zu können. Auch der frühere Dienstherr des Jubilars erschien, bei dem dec Jubilar lange Jahre gearbeitet hatte, weswegen ihm die Medaille für Treue im Dienste verliehen wurde und beglückwünschte und beschenkte das Jubel paar. Wir Alle wünschen dem wackere» Jubelpaar, das seine goldene Hochzeit feierte, noch die diamantene Hochzeit. 8. Kreischa. Nachdem schon seit länger als einem Jahre bas Restaurant des hiesigen Bades geschlossen wurde, ist ein gleiches vor Kurzem mit der Anstalt selbst geschehen. Dresden. In Gegenwart des Justizministers v. Abeken tagte am 7. September in Brauns Hotel eine Versammlung, die von 150 Vertretern aller Landestheile besucht war und beschloß die Gründung einer Arbeitskolonie in Sachsen auf dem Ritter guts Schneckengrün bei Plauen i. V. — Nach Zusammenstellungen des evangelisch lutherischen Landes-Konsistoriums betrug im Jahre 1884 die Zahl der Austritte aus der evangelischen Landeskirche 310 (im Vorjahre 289), die Zahl der Uebertritte dagegen 194 (im Vorj. 129), so daß also auf 100 Austritte nur 62,« Uebertritte kommen. Die 310 Austritte erfolgten mit 37 zu der römisch-katho lischen Kirche, 2 den Deutschkatholiken, 45 den sepa- rirten Lutheranern, 90 der apostolischen Gemeinde, 108 den Methodisten, 5 den Baptisten, 17 den reli gionslosen Dissidenten, und 4 dem Judenthume, während die Uebertritte erfolgten mit 91 von der römisch-katholischen Kirche, 17 den Deutschkatholiken, 16 den separirten Lutheranern, 2 der apostolischen Gemeinde, 8 den Methodisten, 3 der Tempelgemeinde, 2 den Baptisten, 40 den religionslosen Dissidenten und 12 vom Judenthume. Sebnih. Der hiesigen Stadtgemeinde ist von den Ministerien des Innern und der Finanzen Genehmigung zur Aufnahme einer Anleihe ertheilt worden. Die selbe hat eine Höhe von 300,000 M. und wird in Schuldscheinen, die auf den Inhaber lauten, zu je 250 M. ausgegeben und mit 4 vom Hundert jährlich verzinst. Leipzig. Am 6. Septbr. wurde hier ein Falsch münzer festgenommen und in seiner Wohnung das gesammte Handwerkszeug aufgefunden.