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Wcheritz-Ieitliy rf. »riges Verantwortlicher Redacteur: Carl Ichnk in Dippoldiswalde 51. Jahrgang Nr. 81 Sonnabend, den 11. Juli 1885 Uhr. ge- der is- p- ist über- dieses «a. te, ck- ift ige ll- Jnserate, welche bet d« bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionelle« Theile, die Spaltenz eil« 20Pfg. Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Ein schönes Fest ist in den letztvergangenen Tagen am Rhein gefeiert worden, dessen Ufer doch schon die Zeugen so gar mancher erhebenden Festlichkeit gewesen sind. In der in einer der herrlichsten Gegenden des Rheines gelegenen rhein hessischen Stadt Bingen hatten sich anläßlich des am 4. Juli stattgefundenen amerikanischen Nationalfestes sine größere Anzahl Deutschamerikaner ein Stelldichein gegeben. Den Kern der Versammlung bildete der Verein der „Independent New-Iork-Schützen," dessen Mitglieder, von Freunden und Bekannten begleitet, eine moderne Argonautenfahrt auf einem eigens dazu gecharterten Dampfer nach der deutschen Heimath unternommen hatten, um einmal hier, an den reben- begränzten Ufern unseres schönsten vaterländischen Stromes, den Tag der amerikanischen Unabhängig keitserklärung, in festlicher Weise zu feiern. Der originelle Plan fand auch unter den in deutschen Bädern rc. weilenden Amerikanern lebhaften Anklang, welche zahlreich nach Bingen geeilt waren, um hier ihre aus New-Jork gekommenen Landsleute zu be grüßen. Was dem Binger Feste seine besondere Be deutung verlieh, war die Betonung und Bethätigung der unverbrüchlichen Treue und Anhänglichkeit an ihr altes Vaterland, wie solche aus zahlreichen Reden und Toasten hervorleuchtete. Unter diesen Kundgebungen ragt namentlich die auf dem Festbanket, welches auf dem Nochusberge stattfand, gehaltene Rede Oswald Ottendorfers, des Herausgebers der „Ncw-Dorker Staatszeitung" hervor, welcher betonte, daß, wie sehr sich auch der Deutschamerikaner als Republikaner, als Angehöriger des großen Staatenbundes jenseits des Ozeans suhle, er doch auch der deutschen Heimath in Liebe und Treue gedenke und mit Begeisterung die großen Thaten empfinde, durch welche das neugeeinte Deutschland entstanden sei. Von diesem Geiste war das ganze Fest getragen und wird darum unzweifel haft die Erinnerung an dasselbe in den Herzen aller seiner Theilnehmer noch lange fortleben. Am Montag hatten die New-Iorker Schützen noch die Ehre, von der Kaiserin in Koblenz empfangen zu werden und der hohen Frau eine Ovation darbringen zu dürfen. — Fürst Bismarck, welcher am Montag der Hochzeit seines jüngeren Sohnes, des Grasen Wilhelm Bis marck, mit Sidhlla von Arnim in Kröchtendorf bei gewohnt hatte, ist bereits in der Nacht vom Montag zum Dienstag wieder in Berlin eingetroffen. Die Annahme, daß der Kanzler sich direkt von Kröchten dorf nach Friedrichsruhe begeben würde, ist demnach eine irrige gewesen; Fürst Bismarck hat nur einige Tage in der Neichshauptstadt verweilt und sich am Donnerstag Morgen nach Varzin begeben — Mit der um vorigen Sonnabend erfolgten Vertagung des Bundesrathes bis zum 15. September hat die politische saison wart«" nunmehr vollständig begonnen. An Stoffen zu politischer Diskussion wird eS indessen noch .eine geraume Weile nicht fehlen und die braunschwei gische Angelegenheit dürfte hierbei noch immer eine Hauptrolle spielen, wenngleich Alles, was man in den Blättern über die weitere Entwickelung der braun schweigischen Thronfolgefrage liest, doch nur mehr oder minder aus Kombinationen beruht. Viel Staub wirbelt zur Zeit auch noch die Affaire des Studienerlasses des Paderborner bischöflichen Generalvikariats auf, über welchen sich die Blätter liberaler und klerikaler Nich- -tung gegenseitig noch immer schöne Dinge sagen. Da inzwischen die Verfügung des Generalvikariats durch die Erklärung vom 1. Juli wieder zurückgezogen worden ist, so hat die ganze Polemik keinen Zweck mehr und kann höchstens nur dazu dienen, die Ge- müther unnöthig zu erbittern. — In Münster (West falen) hat am Dienstag die Generalversammlung des westdeutschen Fluß- und Kanalvereins getagt, und zwar in Sachen ves projektirten Rhein-EmS-Kanales. In derselben machten der Vorsitzende vr. Natorps Mittheilungen über den Stand des Projektes und der Regierungsbaumeister Lauenroth gab solche über das neue Kanalprojekt des Ministers Maybach. Ober präsident von Hagemeister legte hierauf in längerer Rede die dem Unternehmen noch entgegenstehenden finanziellen Schwierigkeiten dar und wies darauf hin, daß der Minister daran festhalte, die Kosten für den Grunderwerb müßten durch die am Kanal Betheiligten aufgebracht werden. Von den durch die nieder rheinische Kohlenindustrie aufzubringenden 2 Millionen Mark sei eine Million durch die Bergbauhilfskaffe ge sichert, für die Aufbringung des Restes müsse der Verein in den industriellen Kreisen Interesse erwecken und ermahnte der Oberpräsident speziell die Vertreter der Aints- und Kreisverbände, in dieser Beziehung thätig zu sein. Oesterreich-Ungarn. In Wien macht die Maß regelung eines höheren Gerichtsbeamten auch in weiteren Kreisen Aufsehen, vr. v. Stourzh, Staats anwalts-Substitut am Wiener Landgericht, ist „aus Dienstrücksichten" nach Steyr versetzt worden. Diese dienstlichen Rücksichten sind varin zu suchen, daß l)r. v. Stourzh während der jüngsten Neichsrathswahlen sich in einer Rede öffentlich zu den Grundsätzen der deutschliberalen Partei bekannte und das Resultat der Wahl in den» Wiener Bezirk „Josefsstadt", wo ein Antisemit gewählt wurde, einer sehr abfälligen Kritik unterzog. Diese Aeußerungen feiner politischen Ge sinnung haben die Regierung veranlaßt, den genann ten Beamte» aus seinem Wirkungskreise in der Haupt stadt zu entfernen, und daß sie das formelle Recht besitzt, Beamte, die in politischer Beziehung zu sehr hervortreten, zurechtzuweisen, kann nicht bestritten werden. Nur ist hierbei zu berücksichtigen, daß es Beamten slavischer Nationalität unter dem Regime Taaffe erlaubt ist, ihre politischen Gesinnungen unge straft offen zu äußern und unverholen, trotz ihrer dienstlichen Stellung, für die slavische Sache zu agitiren; Beispiele hierfür ließen sich aus der eben beendeten Wahlkampagne genug ansühren. Der Fall des vr. von Stourzh beweist daher in eklatanter Weise, daß die Regierung des Grafen Taaffe nicht mit gleichem Maße mißt und daß die schöne Theorie von der Gleichberechtigung der Nationalitäten mit der Maß regelung Stourzh' wieder einmal eine eigenthümliche Uebertragung in die Praxis gefunden hat. Frankreich. Der Ueberfall von Hue hat die militärische Situation der Franzosen in dem von ihnen schon seit Jahr und Tag besetzten Anam wieder ein mal in einem sehr bedenklichen Lichte erscheinen lassen. Wenngleich der von angeblich nicht weniger als 30000 Mann unternommene nächtliche Angriff der Anamiten auf die französischen Expeditionstruppen von diesen kräftigst zurückgewiesen worden ist und die von General Courcy schleunigst angeordneten Maßnahmen augenblicklich keine weitere Besorgnisse für die Sicher heit der französischen Expeditionskorps aufkommen lassen, so beweist doch die Affaire, wie nöthig es ist, daß die Franzosen in Anam fortwährend auf dem „Hui vivo?" stehe». Zur Sache selbst melden weitere Depeschen des Generals Courcy. daß in Hue wieder Ruhe herrsche und daß die anamitischen Truppen voll ständig in der Auflösung begriffen seien. Der Regent Tuhong befinde sich in der Gewalt der Franzosen und sei von ihm, Courcy, und Tuhong eine Proklamation an das anamitische Volk erlassen worden, in welcher der Ueberfall gebrandmarkt werde und der König und die Königin-Mutter aufgefordert worden seien, nach dem Palaste zurückzukehren. Die Citadelle von Hue würde von dem 3. Zuavenregiment besetzt gehalten, die Marine-Infanterie sei aus Tonkin nach Hue be ordert worden. Im Uebrigen ist der Vertrag von Tientsin trotz des Zwischenfalles von Hue von der Deputirtenkammer am Montag ungeachtet des Wider spruches der Rechten und der Radikalen mit großer Majorität angenommen worden. Die Annahme des Friedensoertrages mit China durch die Kammer ist ein entschiedener Erfolg des gegenwärtigen französischen Kabinets, da die Nachricht von dem blutigen nächt lichen Kampfe in Hue dem Ministerium Brisson ge fährlich werden konnte und namentlich de Freycinet darf sich daher zu diesem ersten größeren parlamen tarischen Erfolge Glück wünschen. England. Der am Montag nach zehntägiger Pause erfolgte Wiederzusammentritt des englischen Parlaments hat dem Premier Salisbury Gelegenheit gegeben, die afghanische wie die egyptische Frage einer eingehenden Erörterung zu unterziehen. In Bezug auf erstere gelangte Salisbury zu dem Schluffe, daß England in Mittelasien eine energische Jntereffenpolitik zu entwickeln und namentlich die indische Nordwest grenze stark zu befestigen habe. Die Sprache des englischen Premiers war überhaupt eine selbstbewußte und staatsmännische, aber wohin er mit dieser Politik steuert, das bleibt eine offene Frage; der Eindruck seiner Worte ist weder kriegerisch noch friedfertig, er kann Beides sein. Das offiziöse „Journal de St. Petersbourg" äußert sich denn auch sehr reservirt und kurz über diesen Theil der Salisbury'schen Rede, in dem es meint, es wolle sich über die russisch-englischen Verhandlungen nicht ausführlicher äußern, als Salis bury, es genüge ihm (dem „Journ. de S. P.") der Wunsch, die Verhandlungen zu einem Einvernehmen führen zu sehen. — Auch hinsichtlich der egyptischen Frage hat Salisbury jedes entscheidende Wort ver mieden, aber er betonte dennoch, daß England be flissen sein werde, für Herstellung und Erhaltung ge ordneter Zustände in Egypten zu sorgen und zunächst die finanzielle Seite des egyptischen Problems und danach die politischen Grenzen Egyptens im Sudan und seine internationalen Beziehungen zu den übrigen Ländern ordnen werde. Eine Vervollständigung dieses Programms lieferte dann noch Lord Carnavon mit der Erklärung, daß das Kabinet in Irland nach den gewöhnlichen Gesetzen zu regieren gedenke. Ferner gab in der Dienstagssitzung des Unterhauses der Schatzkanzler Hicks-Beach die Erklärung ab, daß die Negierung an der Entsendung Sir Drummond Wolffs nach Egypten festhalte, doch seien die besonderen Einzel heiten seiner Mission noch nicht sestgestellt. Australien. Vom Dampfer „Samoa" der deut schen Neu-Guinea-Kompagnie ist ein Bericht über die letzte Untersuchungsreise, welche vr. Flinsch vom 5. bis 28. Mai im Kaiser-Wilhelms-Land unternommen, eingeiroffen. vr. Flinsch untersuchte die bisher unbe kannte Strecke von Astrolabe-Bay bis Humboldts-Bay. Es wurden mehrere gute Häfen und ein schiffbarer Fluß entdeckt. Das Land eignet sich sowohl zur Kultur, wie zur Viehzucht. Die Eingeborenen waren freundlich. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 10. Juli. Bei Gelegenheit der Trottoirlegung und Neupflasterung des Kirchplatzes ist die schon' seit Jahren aufgetauchte, aber immer wieder aä aota gelegte Frage einer zweckmäßigen Aus schmückung des zwischen der Kirche und dem Pfarr garten gelegenen wüsten Terrains aufs Neue angeregt worden Da die jetzt im Flusse befindlichen Arbeiten die Erledigung dieser Angelegenheit wesentlich erleichtern, so hat der Kirchenvorstand an vergangener Mittwoch an Ort und Stelle über die angemessenste Art der Herstellung des fraglichen Raumes Berathung ge pflogen, und wenn auch ein endgiltiger Beschluß zur Zeit noch nicht gefaßt worden ist, so ist doch entschieden die Majorität für eine würdige Herstellung des Platzes gewonnen. In der Hauptsache gehen die Vorschläge dahin, einen 5 Meter breiten Fahrweg nach dem Hauptportale zu führen, denselben an beiden Seiten mit Linden zu bepflanzen und rechts und links davor Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Dir „WeiSeritz. Zeitung «-scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners- tag und Sonnabend. — Preis »ierteljahrlich 1 M. Ai Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — All« Postan. fialten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. 0. h ein