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Wchmtz-MiW Amtsblatt für die Königliche Amlshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Dle „Weißeritz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. ztz Psg., zweimonatlich 84 Psg., einmonatlich 42 Psg. Einzelne Nummer» 10 Psg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Inserate, welche bei der ' V bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirk same Verbreitunji finden, werden mit 10 Psg. di« Spaltenzeile oder oeren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen den, Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionell«» Theile, die Spaltenzeile 2VPfg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Ichne in Dippoldiswalde. Nr. 46. Sonnabend, den 18. April 1885. 51. Jahrgang. Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Der Reichstag hat am Diens tag seine Verhandlungen mit einem ungünstigen Omen wieder fortgesetzt, indem sich im Laufe der Sitzung die Beschlußunfähigkeit herausstellte. — Das preußische Abgeordnetenhaus hat am Dienstag seine Verhand lungen mit einem Gegenstände wieder eröffnet, dem besonders die Lehrerwelt ihr Interesse entgegenbringen dürfte — mit der zweiten Lesung des von freikonser vativer Seite beantragten Gesetzentwurfes, betreffend die Pensionirung der Volksschullehrer. Die Diskussion wurde vom Finanzminister v. Scholz mit einer längeren Rede eingeteitet, in welcher er die Stellung der Re gierung zu der vorliegenden Frage eingehend erörterte, die er dahin zusammenfaßte, daß die Regierung dem beantragten Gesetzentwürfe im Allgemeinen sympathisch gegenüberstehe. Bezüglich der Details meinte aber der Minister, daß die Regierung auf den von der Kom mission auf 900 M. festgesetzten Staatszuschnß nicht eingehen könne und an einem Maximalsatz von 600 M. festhalten müsse. Im Uebrigen ließ die weitere Dis kussion fast allgemein den Wunsch des Hauses hervor treten, das Lehrerpensionsgesetz zu Stande zu bringen, nur Herr vr. Windthorst hatte wieder allerhand Be denklichkeiten. Er erklärte u. A., daß die Bestimmungen des Gesetzentwurfes im Widerspruch mit Art. 25 der Verfassung ständen, nach welchem die Gemeinden die Träger der Schullasten seien und der Staat nur aus hilfsweise eintreten solle, und beantragte er daher Zurückweisung des Entwurfes an die Kommission. Trotzdem nahm das Haus schließlich bei der Abstimmung über 8 1 denselben in der Kommissionsfassung an und setzte am Mittwoch die Berathung der Vorlage fort. — Zum Nachfolger des verschiedenen russischen Botschaf ters am Berliner Hofe, Fürsten Orloff, ist nunmehr Graf Paul Schuwaloff, bisher Kommandeur des russischen Gardekorps, ernannt worden. Er ist General lieutenant und Generaladjutant des Kaisers Alexander und ist in den Hof- und Militärkreisen Berlins wohl bekannt und beliebt. Graf Paul Schuwaloff — nicht zu verwechseln mit seinem Bruder, dem bekannten Diplomaten Grafen Peter Schuwaloff — war es auch, der den Czaren mit zur Drei-Kaiser-Zusammenkunft nach Skierniewice begleitete. Er genießt den Ruf eines intelligenten und durchaus ehrenmerthen Mannes und erscheint nach dem Tode des Fürsten Orloff, der ein persönlicher Freund des Fürsten Bismarck war, heute kaum Jemand geeigneter zur Vertretung Rußlands am deutschen Kaiserhofe, als eben Graf Paul Schu- waloffi Oesterreich-Ungarn. In Oesterreich machen sich die Anfänge der Wahlbewegung anläßlich der bevor stehenden Neuwahlen zum Reichsrathe mehr und mehr bemerklich. Allen Anzeichen nach wird der Wahlkampf diesmal hauptsächlich auf nationalem Boden ausge fochten werden und die Frage, ob liberal, feudal-kon servativ oder klerikal, nur eine untergeordnete Rolle spielen. Die slavischen Völkerschaften Oesterreichs haben ihre Erwartungen für die nächste Zukunft sehr hoch gespannt: die Czechen, wie die Polen und die Slovenen hoffen, daß der Ausgang des diesmaligen Wahlkampfes ihren nationalen Wünschen und Forde rungen entsprechen und endlich die Aera der unbe dingten slavischen Vorherrschaft im Donaukaiserreiche beginnen werde. Aber auch die Deutschen Oesterreichs sind entschlossen, sich auf den nationalen Boden zu stellen und nach dieser Richtung hin bricht sich die Volksstimmung nicht nur unter den Deutschböhmen, sondern auch unter ihren Brüdern in Mähren, Schlesien, dem Erzherzogthum Oesterreich und in den Alpenpro vinzen Bahn. Vielleicht daß bei der Zusammensetzung des nächsten Reichsrathes das deutsche Volk Oesterreichs durch einen nationalen Klub, den so vielfach ersehnten und doch nie zu Stande gekommenen „deutschen Klub" würdig vertreten sein wird. Frankreich. Aus der ostasiatischen Situation dürften nunmehr die größten Bedenklichkeiten glücklich herausgemerzt worden sein. Ein Dekret der chine sischen Negierung in der offiziellen „Pekinger Zeitung" behandelt die Friedenspräliminarien. Der Vicekönig von Nanking wird angewiesen, einen Douane-Kom- missar und einen Mandarinen nach Hanoi zu entsenden, um mit dem General Briere de l'Jsle den Modus für die Räumung Tonkins zu vereinbaren. Dem Führer der Schwarzflaggen ist in Anerkennung seiner China geleisteten Dienste der Titel Baron verliehen worden, und beabsichtigt die chinesische Regierung ihm, wie es heißt, eine bedeutende Summe zu zahlen, damit er seine Truppen entlassen könne und soll ihm außerdem die Verwaltung einer Provinz übertragen werden. Daß auch die französische Negierung fest entschlossen ist, in loyalster Weise die Friedenspräliminarien durch zuführen, wird neuerdings von der „Agence Havas" wiederum bestimmt bestätigt und dementirt das officiöse Blatt zugleich die Nachricht, die französische Regierung wolle ihre Zustimmung zum definitiven Frieden mit China von der Abtretung der Fischer-Inseln in Frank reich abhängig machen. Gegenüber diesen friedlichen Aussichten verdient die der „Times" aus Hongkong zugegangene Mittheilung, daß die Verhandlungen zwischen China und Frankreich wieder ins Stocken ge- rathen, gerade keinen großen Glauben. Italien. Die italienische Aktion am rothen Meere hat wieder einen Fortschritt zu verzeichnen. Italienische Truppen haben von Massowah aus Arafali an der Amesley-Bucht besetzt und daselbst die italienische Flagge neben der egyptischen aufgehißt. Ob diesem Schritte eine besondere Bedeutung zuzumessen ist, läßt sich aus dem vorliegenden dürftigen Berichte noch nicht ersehen. England. Der mehrtägige Besuch des Prinzen und der Prinzessin von Wales in Dublin ist am Montag zu Ende gegangen und ist die Bevölkerung der irischen Hauptstadt fast wider Erwarten sehr frei giebig mit ihren Sympathie-Kundgebungen gegenüber dem künftigen Herrscherpaare Englands gewesen. Um so taktloser erscheint das Unternehmen des Dubliner Oberbürgermeisters, die Volksmenge kurz vor der Wiederabreise der hohen Gäste zu einem Hoch auf Parnell zu animiren; erfreulicher Weise besaß aber die Volksmenge selbst so viel Taktgefühl, auf diese Demonstration nicht einzugehen. Dagegen ist das prinzliche Paar sowohl auf der Weiterreise nach Cork als auch in letzterer Stadt selbst, Gegenstand feind seliger Kundgebungen seitens der Parneliten gewesen, bei denen überall die Polizei interveniren mußte. — Kaleidoskopartig wechselt das Bild in der afghanischen Streitfrage; jeder Tag bringt neue Meldungen, ohne daß hierdurch die Hauptfrage, ob Krieg, ob Frieden, hierdurch auch nur im Geringsten entschieden würden. Vorläufig will das Londoner Kabinet des englischen Grenzkommissars Lumsden abwarten, ehe es sich zu weiteren Schritten entschließt und diese Vorsicht sticht gegen den kriegerischen Taumel, in den sich die meisten Londoner Blätter hineingearbeitet haben, vortheilhaft ab. Uebrigens erklärte der Premier Gladstone in der Dienstagssitzung des Unterhauses, daß von Petersburg gegenüber den Gerüchten von dem Vormarsch der Ruffen am Murghabfluffe die Versicherung eingegangen sei, daß ein solcher Vormarsch nach den Befehlen und Intentionen der russischen Regierung nicht stattsinden werde. Dies klingt denn doch wieder hoffnungsvoller, zunial auch die „Daily News" schreiben, daß die be treffende russische Depesche im versöhnlichsten Tone ge halten und als Fortsetzung der durch die Affaire bei Pendjeh unterbrochenen Verhandlungen anzusehen sei. Hoffentlich dauern diese friedlichen Symptone an, trotz aller Nachrichten über die fortgesetzten Flottenrttstungen Englands. Central-Amerika. Die Feindseligkeiten zwischen den mittelamerikanischen Staaten haben, einer Depesche aus La Libertad zufolge, aufgehört. Eine allgemeine Amnestie ist verkündigt, und sind die Friedensgrund lagen von San Salvador wie von Guatemala acceptirt worden. Die Bevollmächtigten der mittelamerikanischen Republiken würden demnach zum Abschluffe eines de finitiven Friedensvertrages in Acajutla zusammen treten. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Nach dem uns vorliegenden Jahresbericht der Kinderbewahr-Anstalt ist die selbe auch in dem verflossenen Jahr fleißig benutzt worden, denn innerhalb der 12 Monate des Jahr« 1884 haben nicht weniger als 13,574 Kinder an 288 Tagen dort Aufnahme, Beaufsichtigung, Beschäftigung und leibliche Verpflegung gefunden, das ist also durch schnittlich pro Tag 47 Kinder. Hieraus erwuchs der Kasse eine Einnahme, nämlich pro Kind 10 Pf. pro Tag, von Summa 1357 M. 40 Pf. An Beiträgen der Mitglieder (82 an der Zahl) flössen der Kaffe 254 M. 60 Pf. zu, außerdem 75 M. als Beitrag von hiesiger Stadt, 50 M. von I. M. der Königin, 180 M. aus hiesiger Jäkel-Stiftung, 60 M. durch zwei Privat-Stiftungen und 14 M. 56 Pf. als Hälfte des Reinertrages einer Theatervorstellung von der Gesellschaft „Erholung". Die Nutzungen des Anstalts- Grundstückes ergaben in Summa 82 M. 25 Pf. Was I die Ausgabe anlangt, so beträgt der Gesammt-Wirth- schafts-Aufwand zur Verpflegung obiger 13,574 Kinder einschließlich der Bestreitung kleinerer Haushaltbedürf nisse insgesammt 1184 M. 42 Pf. Für Gehalt und Löhne wurden verausgabt 380 M. 5 Pf., für Zinsen und Abgaben 106 M. 29 Pf. Die Kosten für die Instandhaltung des Anstaltsgrundstückes beliefen sich auf 55 M. 66 Pf., während zur Beschaffung des Feuerungs-Materials inkl. Fuhr- und Holzmacherlöhne 66 M. erforderlich waren. — Auch in diesem Jahr konnte einer großen Zahl von Kindern (66) der Weih nachtstisch gedeckt werden, wozu 182 M. 63 Pf. ver ausgabt, welcher Betrag zum größten Theil durch eine hierzu separat veranstaltete Sammlung inkl. 12 M. für gleichen Zweck bestimmte Legatzinsen gedeckt wurden. Außerdem hat das verflossene Anstaltsjahr noch einen Festtag zu verzeichnen, welcher den Pfleglingen der Anstalt durch eine freundliche Privatstiftung bereitet und der durch Veranstaltung eines kleinen Vogel schießens nebst anderen Belustigungen, wobei es auch an dem üblichen Kaffee und Kuchen zur Bewirthung der Kinder nicht fehlte, gefeiert wurde. Wir schließen diesen Auszug, indem wir genannte Anstalt, dieses freundliche, schützende und behütende Heim unserer arinen Kinder, der ferneren Gunst und Mildthätigkeit, sowie einem warmen herzlichen Interesse hiesiger Be wohner anempfehlen. — Im Anschluß an diesen Be richt können wir noch die erfreuliche Mittheilung machen, daß der in Dresden kürzlich verstorbene Herr Priv. August Cuno, früher in Dippoldiswalde, der Kleinkinder-Bewahranstalt ein Legat von 1000 Mark testamentarisch ausgesetzt hat. Selbstverständlich können von demselben nur die Zinsen verwendet werden. — An die Bewohner der hiesigen Stadt richten wir hier mit die dringende Bitte, die so segensreich wirkende Anstalt, so viel in ihren Kräften steht, zu unterstützen; die Anforderungen, die an die Anstalt gestellt werden, sind nicht geringe und außerdem wäre sehr zu wün schen, daß die Schulden, die auf dem Anstaltsgrund stücke lasten, möglichst abgestoßen würden, damit die Anstalt, mehr noch als bisher, ans eigenen Füßen stehe. Dippoldiswalde, 16. April. Gestern war endlich der von dem jungen Nachwuchse unserer Schuljugend wohl meist niit Sehnsucht erwartete Tag der Auf nahme in die Schule erschienen. Der Kinderfreund mußte seine Freude haben an den freundlichen, säubern Knaben und Mädchen, die an der Hand des Vaters oder der Mutter, oft auch geleitet von Beiden, dem