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-7-^ - Nr. 32 Donnerstag, äen 7. Februar 1824 IS. Jahrgang Anzeiger für öas Erzgebirge /luer Tageblatt «evemme, rao'diatt 'ft«,«y-,hi,g,. e»1halt»ot bl» amtlich»» 0»Iaaat«achoag»» btt Not»« b», Siabi oab btt flmt»g»»lcht« f^o». poftM^.Ront», ftm< I.,p„s n,. 1<-, Wie Frankreich Iremäenlegionare gewinnt. S»p«atist«n d»n gran,os»n in dl» HSnd» arb,it»nd. Einem unerhörten Uebergriff der Separattsten und dann der französischen Besatzungstruppen ist der ehe malige österr.-urrg. Marineoffizier Oberleutnant Ax- mann zum Ovser gefallen, der den „Leipziger Neue sten Nachrichten" darüber folgende Schilderung zugehen läßt: Ich wurde am 21. November 1923 in Speyer von den Separatisten verhaftet wegen Spiona-gever- dachtS und sollte am 24. Ftovember 1923 standrecht lich erschossen werden. Tas Todesurteil wurde von dem Präsidenten der Sevaratisten-Regierung in Speyer be stätigt und die Hinrichtung sollte im Hofe des Regte- rungsgebäudes zu Speyer erfolgen. Ta ich aber darauf bestand, .mir Beweise zu erbringen, was die Sepa- ratistenbehörden nicht vermochten, . wurde ,ich am 24. November 1923 morgens 7 Ubr unter starker Bedeckung von französischem Militär nach Mainz trans portiert und dort auf Verfügung des kommandierenden Generals von Mainz nach Metz gebracht und dort gegen meinen Willen in französische Uniform gesteckt und mit starker Bewachung nach Marseille gebracht. Tort war tete bereits ein Dampfer, der den Dienst von Europa nach Afrika besorgt, namens „Sidi Breim". .und ich wurde mit 40 anderen Deutschen aus dem Ruhrgebiet «ingeschifft. Wir reisten 42 Stunden im Mtttelmeer, bis wir eines Morgens in Oran ausste schifft und aus das Fort „St. Therese" gebracht wurden. Nach der Ver köstigung fuhren wir gegen 5 Uhr abends mit einem Personenzug nach der bekannten Europäerstadt Stdi- Bel-Abbes. Wir waren g»g»n unseren Willen in di» Fremdenlegion geschleppt, ohne jede Unterschrift. Abends 10 Uhr kamen wir in dem bekannten Fremdenlegions-Zentrallager, der „Höl le" von Sidi'-Bel-Abbes an. wo wir uns zur Ruhe be geben konnten. Nach Oesfnen der Schliestketten am 1. Dezember 1923 wurden wir alle gegen Tropenkrankl- heiten geimpft und hatten zwei Tage Ruhe vom Regt-- mentsarzt verordnet erhalten. Nachher wurden von uns Fingerabdrücke gemacht, damit wir nicht entfliehen konn ten. Diesen Schritt büßen taufende Legionärs mit dem Tode. Derm wenn ein Polizist.oder Araber einen ent flohenen Legionär einbrtngt. so erhält er eine Kopf prämie von KO französischen Franken ausgezahlt. Der Legionär kommt dann vor das Kriegsgericht und erhält eine Strafe von einem Jahr zur Kompagnie „Disziplin" nach Marokko. Die täglichen Arbeiten eines Legionärs sind: Stratzenbauten, Etsenbahnbauten, Blockhäuserbau, ten. In der sengenden Hitze, die dort tagsüber herrscht, Müssen die Legionäre für 3 Franken 75 Cents pro 14 Tage arbeiten und nachts noch Posten stehen, .um die an deren Kameraden vor Mräber-Ueberfällen zu schützen. Schläft der Posten infolge der großen Müdigkeit so kön nen morgens alle durch die Araber ermordet sein. Dis Franzosen haben große Werbestellen in SuK ktrchen. Rheinland und Mainz eingerichtet r die größte Werbestelle für die Fremdenlegion ist der Truppen übungsplatz Griesheim bei Darmstadt. ES wird dort ein jeder Angeworbene untersucht nach seiner Fähigkeit und nachher ausgefragt über Deutschlands Wehrfähig keit und Organisationen. Oft kommt ess vor, daß Deut sche Mr einige hundert Franken von den Franzosen als Spione entsendet werden nach Deutschland. Es.kommen letzt von Woche zu Woche 200 Ns 300 Deutsche teil weise freiwillig und auch unfreiwillig in die Fremden legion. Diese Leut- werden kontraktlich angeblich zum Wiederaufbau angHvorben, plötzlich aber sind diese Armen in der Hölle von Stdi-Bel-AbbeS, ,wo ihnen erst daS Auge aufgeht was für einen Fehler sie begangen haben. Nachher sind die Leut« rettungslos verloren, müssen ihre unterschriebenen fünf Jahre abdienen und schwere Arbeit in einem ungesunden Klima leisten. Frankreich mordet mit den ««geworbenen dummen frem den Söldnern massenhaft di« Araber und raubt ihnen all« Schätz« de« Landes. va» läßt d« Völkerbund uud di» ganz« zivilisiert» will zu. Mm 4. Dezember 1923 wurde mir eröffnet ich müsse unterschreiben, auf fünf Jahre, auf -er anderen Seite sollte ich die Hälft« des WevbegeldeS von 250 jxan- Mischen Franken erhalten, den Rest erhalte ich nach vtermonatiger Ausbildung, ehe ich nach Marokko abgehe. Ich verweigerte die Annahme de« Geldes so wie die Unterschrift und wurde sofort aus Befehl de» /kommandierenden in dcn Brisson (Arrest) gebracht. Hi«r erhielt ich de» anderen Lage« «inen Sandsack mit einem Gewicht von 17 Kilogramm. Ich mutzte Katz« weis» mit de« sthtvere« Sandtzrcke dtt LagM SO Kilo meter im Karo laufen, und daS bet einer Hitze von 28 bi« 30 Grad. Nach zwei Stunden stürzte ich bewußt los zusammen und wurde nun von einem Deutschen setzt schon zehn Jähre dienender französischer,Sergeant mit den Füßen in der Magengegend bearbeitet und nach dem in den Arrest gebracht, um dort weiter mißhan delt zu werden. Wagt es ein Legionär, ..derartige Be richt« in Vie Heimat zu schreiben, .so wird er, falls der Brief abgefangen wird, dem Kriegsgericht zur Anzeige gebracht und erhätt eine Strafe von sechs bis zwölf Monaten Zwangsarbeit auf der Insel Korsika. Am 28. Dezember 1923 endlich wurde ich, weil ich mich trotz aller Mißhandlungen beharrlich und stand haft weigerte, den Werbeschein zu unterzeichnen, auf Grund dessen man mich dann als Bewaffneter oder als Arbeiter nach Marokko verschleppen wollte,.nach Oran geschickt zur „Kommission Special", die mich dann nach langem Zögern aus dem Heeresdienst entließ. Am 2. Januar 1924 brachte man mich auf.den Dampfer „Es- Pagne"„von Afrika nach Europa zurück. Da ich zu kei ner Anwerbung zu bewegen war, .schob man mich nun einfach an die Grenze ab. Ganz erschöpft und mit großem Fieber, infolge des Klimawechsels, kam ich an der französisch-badischen Grenze an und sehe setzt mei ner Genesung entgegen. Mein Erlebnis sollte eine War nung sein für die heutige abenteuerlustig« Jugend Deutschlands. Ms Pirmasens. Die vertriebenen Beamten kehren zurück. Der französische Kreisdelegierte für die Pfalz, General de Metz, hak den Stadtrat der Stadt Pirmasens, wo bekannt, lich ein separatistischer sogenannter ErwerbZlosenrat die Herrschaft an sich gerissen hatte und eine PlünderungZkom- mission gebildet hat, die in einer der letzten Nächte allein 8 Diebstähle beging, den Befehl zugehen lassen, einen Beschlug dahin zu fassen, daß die städtischen Beamten, die von den Separatisten vertrieben und an der Ausführung ihres Dienstes behindert werden, sofort zurückkehren und die Arbeit wieder aufzunehmen haben. Irgendwelche Garantien gegen die Ge. walttaten der Separatisten sind den Beamten von dem Gene ral de Metz nicht gegeben worden, da er ausdrücklich hinweist, daß die städtisHe Polizei vorläufig entwaffnet bleibe. Die von den Separatisten eingesetzte Plündernngskom. Mission, die die Aufgabe hat, Lebensmittel zu requirieren, d. h. gewaltsam jortzunehmen, hat bei der Verteilung der Lebensmittel, die sie erbeutet hatten, Streit bekommen. Der Lebensmittelgroßhändler Kling» dessen Lagerräume von den Separatisten ausgeplündert wurden und der sich zur Wehr setzte, indem er die Eindringlinge mit Essigsäure und Pfeffer überschüttete, wurde verprügelt und durch Messerstiche verletzt. Während er auf das Rathaus geschleppt wurde, wurde er weiter mißhandelt, schließlich aber von der Einwohnerschaft befreit. Anstatt ihn zu schützen, nahm die französische Gen. darmerie bet ihm eine Haussuchung vor. Der Lebensmittel großhändler Weigel, bet dem ein Lastkraftwagen mit Lebens mitteln gestohlen wurde, hat sich bet dem französischen Be. ztrkskommissar beschwert und den Nachweis geführt, daß dis Lebensmittel französischen Ursprungs waren. Daraufhin, hat der französische Delegierte angeordnet und durchgesetzt, daß dis Lebensmittel von de« Plünderern zurückgegebeir wurden. Wiede, ein Zwischerrfall. Dio Agenoe Belg« meldet: Blättermeldungen aus Beograds zufolge wurde dort beim Versuch, drei deut sche Stetnkvhiengrubenarbeiter. die mit belgischen Sol daten in Streik geraten waren, aus einem Kaffee Lu entfernen der Offizier Beck der belgischen Milttärpoli- zet von Deutschen durch Dolchstiche verwundet. Sein Zustand ist ernst. Di« Angreifer wurden verhaftet. Französische Juftizschande. Wie die englische „Westminster Gazette" mittetlt, sollen 26 deutsche politische Gefangene, die wegen ihres Widersinn, des gegen die Besetzung des Ruhrgebietes verurteilt wurden, von der französischen Strafanstalt St, Martin de Re nach Französisch-Guinea abtransportiert werden. Sie seien mir französischen Verbrechern zusammengesperrt und müßten ihr» Strafen in einer französischen Strafkolonie in den Töpen abbüßen. „Wohlwollend« Erwägung." Pfarrer Seiler tn Essen, Leiter de« Gvang. Vretz- verbandeS, eines völlig unpolitischen Unternehmens, wurde nach viermonattger Haft von den französischen Besatzungsbehörden auSgewtesen und an der Grenze ab gesetzt, So geschehen vier Monate nach Aufgabe de» passiven Widerstandes, vier Wochen, nachdem die Füh rer der rheinischen Provinztalktrche bet der Interalli ierten Rhetnlandkommisston und bet General Degoutte wegen Zurücknahme der Ausweisungen vorstellig ge worden und mit der Aussicht auf wohlwollende Grwä- gung ihrer wünsch« detmgesehrt waren. verleumSnngen. Der 2. Ausschuß dementiert ausländische Falschmeldungen. „Daily Expreß" läßt sich aus Berlin melden, .daß die zweite Kommission gegen Wochenende abretsen wer de, ohne ihre Aufgabe erfüllt zu.haben. Die Mitglie der der Kommission seien der Ansicht, daß ein weiterer Berliner Aufenthalt Zettverschwsndung sei da die deut sche Regierung nicht in der Lage wäre, .die nötigen Auskünfte zu geben. * Die Tatsache, daß diese Meldung des nicht immer zuverlässigen „Daily Expreß" auch von anderen Stell- len in allzu durchsichtiger Tendenz aufgegriffen worden ist, .veranlaßt den in Berlin tagenden Zweiten Ausschuß zu der folgenden von WTB. verbreiteten Richtigstellung: „Die AuMerksmkeit des Zweiten Sachverständigen ausschusses ist auf .Presseäußerungen gelenkt worden, nach welchen die Ende dieser Woche erfolgende Abreise des Ausschusses aus Berlin dadurch verursacht sein soll daß die deutsche Regierung nicht imstande ge wesen sei, .Fragen, die die deutschen Auslandsgutha ben betreffen, zu beantworten. Diese Mitteilungen entsprechen tn keiner Weise den Tatsachen. Ter Ausschuß hatte ursprünglich gehofft daß. er seine Berliner Untersuchungen gegen Mitte dieser Wo che beendigen könne. Ein Teil des vorzubereitenden Jn- formationsmaterials erforderte jedoch unvermeidlicher? weise längere Zett als erwartet. Tatsächlich hat der Ausschuß.sowohl seitens der deutschen Regierung ,als auch seitens der Banken jede nur mögliche Unterstützung gesunden. Der Ausschuß benutzt gleichzeitig diese Gelegenheit, zu erklären, .daß in dem von den Banken übrigens frei willig zur Verfügung.gestellten Zahlenmaterial die Na men auswärtiger Kunden weder erbeten noch bekannt -gegeben worden sind. Der Ausschuß hat es nicht für nötig befunden, irgendwelche Untersuchungen anzustel len die das Bankgeheirnnis verletzen." Verrtschlan- unS Sas Mieden wllfons. Auf «eine Anfrage des deutschen Botschafters tn Washing ton, ob er das'Beileid der deutschen Regierung anläßlich des Todes des früheren Präsidenten Wilson offiziell zum Aus. druck bringen solle, hat die deutsche Regierung ihren Stand, punkt dahin präzisiert, daß von einer offiziellen Beileidskund. qebung der deutschen Regierung abzusehen sei, daß es aber dem deutschen Botschafter überlassen bleibe, ob und in well, cher Form er persönlich sich au den dortigen nationalen Trauerfeterlichkeiten beteiligen wolle. In Washington hat das Mißstimmung oder doch wenig stens Befremden hervorgerufen. Und daß die ausländische Presse dieses Verhalten der deutschen Regierung zur Hetze gegen uns benutzt, braucht gar nicht erst erwähnt zu werden. — Hat nun die Reichsve.qierung recht gehandelt? Gewiß ist Wilson „Privatmann", seit er aus seinem Pmsikentenantte geschieden ist. Aber immerhin ist er doch einmal' ein höchst bedeutungsvoller Staatsmann gewesen. Vielleicht hat sich also die Reichsregi'erung hier ein bißchen zu sehr auf einen rein doktrinären Standpunkt gestellt. Str hätte gut getan, auch dem Scheine vorzubeugen und die Konsequenzen zu vermeiden, die sich da ergeben haben. Daß mm: eine offl- zielle Beileidserklärung nicht für einen Ausbruch der Shm. paihte für dm Mann der 14 Punkte angesehen haben würde, liegt bei der Natur solcher Osftzialttäten auf der Hand. Wilsons Nachgiebigkeit. In einer tn der „Newyork World" veröffentlichten Erklärung verteidigt sich Lloyd George gegen die Angriffe, welche gegen ihn im Zusammenhang mit den Bedingungen des Friedensvertrages von.Versailles be treffend die militärische Besetzung der Rhetngrenze durch die Alliierten gerichtet worden find. Er erklärt- als er während der Hrtedensverhandlungen nach! einem j dringend notwendigen Aufenthalt in London nach Pa ris zurückgekehrt war,, habe sich gezeigt, daß Wilson wäh rend seiner Abwesenheit in diesem Punkt vor den Fran zosen kapituliert hatte. Gr habe erst kürzlich, entdeckt: daß Clemcneeau und Wilson während seiner Abwesen heit hierüber ein geheimes Abkommen unterzeichnet batten. GrheimniSvolle Vorgänge in München. Da» halbamtliche Wolffsch« Telegraphenbüro ver breitet eine Meldung au» München, -ie ein bezeichnen de» Licht auf die merkwürdigen Zustände tn der bay rischen Ordnungszelle wirft. Nach dieser Meldung hat ein höherer bayrischer Beamter in einem Privatgespräch erklärt, daß der OberlandeSgertchtsrat Pöhner, einer der Hauptangeklagten im Httlerprozeß, noch vor Prozeß beginn beseitigt oder mindesten« vernehmung»unsähtg gemacht werden würde, ebenso wie während de» Hoch- verrat»vrozess«» Such« der Angeklagte Mach-aM al» uw»