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Anzeiger für das Erzgebirge Muer Tageblatt »«««,!!«. f »in W.- m,^. »u f«rnspr,ch-ftnphluS Nr. SS. . , . ., . - . - . . MU>5«»-»iftznch,-»»,«-»-tt. Lrlrgrammr» Lagrblatt fturrrzgrbirg». Enthaltend sie amtllchrn Bekanntmachndgen drs aatrs bei Sladl Ukd drs Ndttsgrksthfs stur. p,stgh»ck»g«nt»r ftmt LUpzl, n». ree« Nr. 212 Montag» äea 11. September 1S22 17. Jahrgang Das Wichtigste vom Äge. In den deüts'ch-belgischeu Verhandlun gen ist noch keine Einigung erzielt wordenr der Reichskanzler sprach gestern Über die Unzuläno- lichreit sechsmonatiger Mchatzwechsel. Gestern nachmittag 2 Uhr sind die belgischen Delegierten Bemelmann und Delacroix mit ihrem finanziellen Berater Bankier Philipps».» von Berlin nach Brüssel IzurOckgeretst. Smyrna ist von den Türken genommen Mor den; die Konferenz von Venedig ist für die -Meile Septemberhälfte in Aussicht genommen. Tier Dollar notierte beute vormittag an der Berliner Börse mit 16 00. Politische Wochenschau. Vom Oberbürgermeister Dk. Külz, M. d. R. Dem oberflächlichen Beobachter will es scheinen, als sei durch die uns von der Reparationsiominis- sibn gewährte sechswonötige Stundung der ba ren Leistungen nur wenig gewonnen. Tatsächlich be deutet die Entscheidung der ReparattSnskonrmtsslon einen viel größeren Fortschritt, als gemeinhin erkannt wird. Ter praktische Gewinn liegt ja klar zutage- Die ergeb nislosen Verhandlungen zwischen Lloyd George und Poincare und die ostentative französische Drohpolitik hätten eine so starke weltwirtschaftliche Spannung und Nervosität geschaffen, daß auch der letzte Wertrest der deutschen Währung einem jäh Ihereinbrechenden Unter gang anheimzufallen schien. In diesem Vernichtungspro- tzetz ist zunächst einmal ein Stillstand eingetreten. Aber däs würde ein überaus dürftiger Erfolg! sein, wenn nicht begründete Hoffnung auf weitere Entspannung be stände, denn noch ist die Frage der Sicherheiten offen, die Belgien verlangen wird, und noch steht die endgül tige Entscheidung auf das deutsche Stundungsgesuch aus. To!ß es zwischen Belgien uNd Deutschland zu einer zufriedenstellenden Vereinbarung kommen wiH, darf mit Sicherheit erwartet werden. Ein klarer Erfolg der vor allem von Rathenau ein geleiteten Verständigungspolitik ist in dem Abkom men zwischen Stinnvs und Vubersae über die Sachleistungen für Zwecke des französischen Wiederauf baues zu erblicken.' Es handelt sich bei diesem Abkom men um die. Durchführung der Lieferungen, die in den Vereinbärungen von Wiesbaden Krischen Loucheur und Rathenau festgesetzt loorden sind. ' !Ein Treppenwitz der tnnerpolitischen Geschichte Deutschlands will es, daß das Abkommen, .Wals ein Rathenau in staatspolitischer Klug heit ohne ällen eigenen wirtschaftlichen Beigeschmack tri Wiesbaden unter schärfster Mißbilligung der Deutschen Volkspartei und insbesondere von Sttnnes abgeschlossen hat, nunmehr von einem wirtschaftlichen Führer der Deutschen Volkspartei unter eigener wirtschaftlicher Fruklifizierung durchgeführt wird. So ändern sich die Zetten, Pie Ansichten und — die Deutsche Bolkspartsi! Ob die zurzeit zu verzeichnende Entspannung sich ÜlS Anfang zu einer wirklichen Gesundung herausstellt, wird sich auf der für den Spätherbst -iu erwartenden neuen großen Konferenz -eigen. Bis dahin wird auch die neueste brilkschl-fpalnzösilsche Spannung. di« hinter dem türkisch-griechischen Waf.feng.ange steht, hoffentlich einer Klärung entgegengeführt sein. Die überraschenden Erfolge der von den Franzosen offen sichtlich unterstützten Türken werden England nichts an deres übrtglassen, als den französischen Wünschen in Kleinasien zunächst einmal nachzugeben. Die endgültige Liquidation der Konkursmasse des nahen Orient» wird Wohl einem späteren Zeitpunkt Vorbehalten bleiben. Ob auch nur einige Vorarbeit dazü von der seit Anfang! September in Genf tagenden dritten Versammlung de» Völkerbundes geleistet werden wird, ist mehr als zweifelhaft. Gehr verständlicherweise Haben die bishe rigen Versammlungen de« Völkerbundes in Deutschland nur geringes Interesse ausgelöst, und auch dieser dril len Versammlung ist letzten Ende« keine andere Bedeu tung bet-umessen, als die einer konstituierenden Ver anstaltung. Ob ein Chinese oder eine Chilene dabei Vorsitzender ist, bleibt für uns ebenso nebensächlich wie die Frage, ob man ö oder 6 Arbeitsausschüsse wählt, solange diese Arbeit nicht von dem Geiste eine» wirk' ltchen Völkerbundes getragen ist. Immerhin können sich Erörterungen im Verlauf der Versammlung ergeben, die für die deutsch« Politik nicht ohne Bedeutung sind, zumal da» Schicksal DeutschMterxeich» sicherlich zur Sprache kommen wird. Einen etwaigen Beitritt Deutsch Wd» zum Völkerbund tzu «örtern, sollte man, gleichvtel wie man sich grundsätzlich! zu dieser Frage pellt, auf deutscher Seite im gegenwärtigen Augenblick au» naheliegenden Gründen außenpolitischer Taktik vermei den. Von den vielen Unerfreulichen politischen Erschei nungen der jüngsten Zett hebt sich da» Ergebnis der oherschseflschen Bolk-abstimmung über da» Verbleiben Oberschlesien» bei Preußen vorteilhaft ab. Die Abstimmung zietgi eine bedeutende Zunahme der deutschen Stimmen und ein völlig«» Fiasko der polni schen Pavole auf Stimmenthaltung. Sie zeigt aber auch noch eine Abkehr von radikalem UnttariSmu» Mir Ober schlesien ist Pas besonder» zu begrüßen. Ein im Ver bände des preußischen Staate» verbleibendes und von diesem richtig behandeltes Oberschlesien wird der pol nisch-französischen Durchdringung wirksameren Wider stand enlgegenzusetzen vermögen, al» et» neu erstehendes und deswegen innerlich noch nicht gefestigtes autonomes oberschlesisches Staatsgebilde. Abgesehen von der ober schlesischen Abstimmung wird das innerpolitische Bild auch der letzten Tage ganz beherrscht von der Not der Zeit: steigende Preise, steigend« Löhne und Gehälter, steigende Schwierigkeiten in der Versorgung Mit den Gegenständen des notwendigen Lebensbedarfes und in der Beschaffung der notwendigen Betriebsmittel für In dustrie und Wirtschaft. ' Noch erhält sich die Industrie arbeitsfähig, aber einzelne verhängnisvolle Zersetzungs erscheinungen reden eine düstere Sprache. Die Groß macht der Presse kämpft einen Verzweiflunüskampf, ohne bisher in Reichsregierung Und ReichstM einen hilfreichen Bundesgenossen gefunden zu haben. Welch unersetzliche geistige, kulturelle und Politisch« Werte wer den mit dem fast täglichen Absterben deutscher Zeitun gen saNg- und klanglos zu Grabe getragen! Und wie mit der Presse, so steht's mit anderen Drägern deutscher Kulrur- und Geistesbildung. Der deutsche Anwaltstaa mußte abgesagt werden, eine kurze nüchterne Meldung, aber blitzartig beleuchtet auch sie die Situation, die aus der materiellen Not eine Kulturgefährdung entstehen läßt. Ueberall die ernste Lehre und Mahnung: «S ist höchste Zeit, aus dem alle» vernichtenden Trucks von außen den Weg ins 'Freie zu gewinnen! Noch keine Einigung mit Belgien. Vas Mandat Ser Selgirr beendet. Die Besprechungen init den Vertretern der belgischen Delegierten in der Fräge der Schatzwechsel wurden an: Sonnabend zu Ende geführt. Ein abschließen de» Ergebnis wurde noch nicht erreicht. Wäh rend in wesentlichen Punkten eine Einigung erzielt wer den konnte, hat die Frage der Verlängerung der Lauf srist der Schatzwechsel über 6 Monate hinaus Schwie rigkeiten «geben, da diese Verlängerung nach Auf fassung der belgischen Regierung Über den Rahmen der Entscheidung der Repairationskommisston hinauSgeht. Die belgischen Vertret« wollten am Sonntag nach Brüs sel zurückreisen, um ihrer Regierung Bericht zu erstat ten. Sie betrachten ihr oben umschriebenes Mandat augenblicklich als beendet, was jedoch einer Wiederauf nahme der Verhandlungen nicht «ntgegensteht. » wir könne» auch in sechs Monaten noch nicht zahlen. Ein« Red« d«i Reichskanzler«. Ltzr Reichskanzler Dr. Wivth hielt gestern nach- mittag anläßlich eines Empfanges de» Oberschlesischen Hilfskomitees beim Reichspräsidenten eine politische An sprache. in der er auf die außenpolitische Lage Deutsch lands, insbesondere auf da» RepavationSproblem, etnging. Die tiefe Bedeutung der ReparationSfrage lieg« darin, Pen Gedanken de» Wiederaufbaue- Europa« und der Welt au« den Händen der Rachepolitiker hin überzuschieben auf ein Gebiet, wo ein« nüchtern«, wirtschaftlich rechnerisch« Erwägungpi« Vor herrschaft habe. Trotz der gemachten Fortschritte werde dieser Gedanke mitunter wieder verdunkelt. So habe die belgisch« Regierung eine Einigung in der Frage der Verlängerung der Schatzwechsel vorläufig unmöglich gemacht, Weik sie sich an den Buchstaben der Entscheidung der Reparattonskommission klammert und erklärt, Über di« Laufzeit von sechs Monailen nicht hiuyusgehen zu können. Wa» helfen DeutsMakd aber Schatzwechsel auf lech« Monate« die im Februar nächsten Jahre», wahrscheinlich in der schwierigsten Zeit, die Deutschland zu durchlaufen haben wird, fällig werden? Roch einmal j seien also politisch« Epwägunden vor die Wirt-! fch östlichen getreten. Deutschland und die deutsche Wirtschaft könnten jedoch Mr tragen, was wirtschaftlich möglich ist. Bi» diese Erkenntnis sich in Europa durch gerungen haben Werve, Müsse Deutschland alle staat liche Energie aufbringen, um in einem Zgsammenwtr-i len oll« Kräfte van Wo-d und Süd al» «in« einig« Ra ¬ tion di« schwer« AufgaH« zu meister». Im Vordergrund! soll di« Sorge um das gro ße Problem der Erhaltung der deutschen Nation stehen.! Die Red« de» ReichSkanz. ler» wurde von den Versam melten mit lebhaftem Bei fall ausgenommen. ! Der türkische Sieg. dir Zrledenskonferemz la Venedig! Der italienische Geschäftsträger hat eine Note seiner Regierung überreicht, in welcher diese die französi sch« Regierung ersucht, sich mit iHv und der grie chischen Regierung zu verständigen und Ver treter zu einer Konferenz in Venedig zu ent-! senden, die die Grundlage We «inen eventuellen! Vor frieden zwischen Griechenland und der Türkei bilden soll und zu der auch Vertreter Griechenland» und de« Türket eingeladen werden sollen. Der italienische Vor schlag empfiehlt den Kriegführenden die Einstellung der Feindseligkeiten, um di« Arbeiten der Kon ferenz zil erleichtern. Ein Schritt zur Erlangung von Waffensttllstandsbedingungen wurde von den Alliierten auch bet der Regierung drin Angora unternom men. Wenn die Antwort Ango ras annehmbar ist, kann die Konferenz in der Mitte der zweiten Septemberhälste beginnen. > Smprna kn Türt'enhand. DU« französische Marinemtnisterium empfing eine Depesche aus Smyrna, wonach Snahrna durch die zweite türkische Kavalleriedivtsion besetzt worden ist. Alles verlief ruhig und ohne di« geringste Inkorrektheit de« Türken. ' '> , ' Engländer statt Grieche«. Petit Paristen meldet, e» seien Telegramm« einge gangen, wonach die griechische «Behörden im Be zirk von Bigha an der astatischen Lküste de» Marmara- meeres und der Dardanellen die Gegend verlas sen hätten und durch englische Kontingente er setzt seien. Die Nachricht sei bisher noch ohne amtliche Bestätigung, ober da» Matt glaubt zu der Erklärung ermächtigt zu sein, daß, wenn sie richtig sein Zollte, für eins sofortige Entsendung französischer Kontingente in diese Gegend zur Folge haben würde. . ' ' ! Schwere Zrledensbedlngungen -er Türkei. Der Pariser Vertreter der Regierung von Angora Achmed Fertd Bei, hat dem Jntransigeant gegenüber er» klärt, die Forderungen seiner Regierung Mr den Frie den seien dieselben wie vor drei Jahrenr Konstan tinopel, Adrianvpel und Thrazien sowie Ent schädigung für den durch die Griechen angerichteten Schaden. Diie Kemalisten würden unter allen Umstän den die Dardanellen in Besitz nehmen, welche Truppen auch immer sich Port befinden mögen. « Abdankung,absichisn König Konstantin«? An politischen Kreisen Athens hat man den Eindruck daß König Konstantin die Absicht hab«, ab zu danken. Man rechnet in diesem Falle damit, daß Prinz Georg von Griechenland provisorisch dkß Negierung gntveten werde. Die Bevölkerung ist Pen Ereignissen auf pem Kriegsschauplatz gegenüber außerordentlich teil nahmslos, dagegen ist die Stimmung der au» Smyr na kommenden Verwundeten verzweifelt. Die Hon spitäler haben von der Regierung den Auftrag erhalten, jede Berührung zwischen den von der Front kommende» Truppen und der Bevölkerung zu unterbinden. Vie griechisch« Kahin«tt«irlfi». KalogervPuloS hat die Kabinettsbildung.über nommen. > Der Nathenau-Morä vor Gericht. Nus -er Mlagesthrlst. Den.18 Angeklagten im Rathenau-Mord-Pro-eß ist nunmehr die Anklageschrift zugestellt worden. Einer Berliner Lvkalkorresponden- zufolge führt die Anklage schrift au», daß dje Vorbereitungen zur Tat nach dem Ergebni» der Voruntersuchung etwa in die Zett bi» zum 10. Ami Men. Um diese Zett kamen Fischer und Kern, di« bi» dahin in Flöh« im Sachsen gewesen wa ren, noch Berkin und stiegen 1» einem Pensionat in der Bernburger Straße ab, um nach einigen Tagen in die Pension Scheer, AM Zirku» 10, zu übersiedeln. Mt ihnen zusammen wohnte dort auch der Ang«schuldigt« v Salowvn, der sich vergnügungshalber in Berlin und Potsdams aufhten. Kern erzählte Salomon, daß er einer nationalen Sache wegen in Berlin sei, Autz gewissen Andeutung«» glaubte Salomon ektnehmen zu