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Freitag. Rr. S5. 3. Mai 1872. Weißerih-Zeitung. Amts-Matt für die Kcrichts-Aemter und Stadträtyc zu Dippoldiswalde und Krauenstein. Verantwottlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis Vierteljahr!. 18'/? Ngr. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage deS Blattes eine sehr wirksame Verbreitung finden, werden mit 1 Ngr. für die Spalten-Zeile berechnet. Monats-Bericht. Auch der Monat April ist ohne ein politische« Ereigniß von hervörragender Bedeutung verlaufen. Am 8. April wurde der Reichstag mit einer vorwiegend geschäftlichen Rede des Reichskanzlers eröffnet, und hat seitdem mit gewohnter Rasch heit eine Anzahl Vorlagen des Bundesrathes erledigt. In der deutschen Presse wurde hauptsächlich der Kampf gegen den Ultramontanismus fortgeführt. Nebenher trieb die Socialdemokratie in zahlreichen Ulrikes ihr Wesen. Wie die meisten Menschen erst durch schaden klug werden, so scheint es, als sollten auch in der socialen Frage alle ver nünftigen Vorstellungen vergeblich und erst der große Schaden, den das Striken regelmäßig im Gefolge hat, im Stande sein, die Wirkung einer langsamen Heilung zu äußern. In unserem Nachbarlande Böhmen fanden die Land tagswahlen nach dem neuen Wahlgesetze statt und verhalfen der verfassungstreuen Partei zum Siege; ein, namentlich für unsere Landsleute, die Deutschen, erfreuliches Resultat. Die Gegensätze zwischen Deutschen und Czechen traten bei den Wahlen wieder in scharfer Weise zu Tage, und wird es im besten Falle einer längeren Reihe von Jahren bedürfen, um ein friedliches Zusammenwirken beider Nationalitäten zu er möglichen. Ja Frankreich ist am 22. April die Nationalversamm lung wieder zusammengetreten. Statt sich aber mit der dringendsten Frage der Geldbeschaffung zu beschäftigen, sind bisher nur nebensächliche Angelegenheiten verhandelt worden, und will man zunächst das Armengesetz in Berathung nehmen. Die Franzosen können noch immer sich nicht in die Conse quenzen fügen, welche der für sie unglückliche Krieg nach sich gezogen; sie treiben ihrem Verhängniß entgegen. In England spielt noch der Streit mit Amerika eine Rolle und hätte fast zu einer Ministerkrisis geführt. In Spanien haben die Carlisten einige Aufstandsversuche ge macht, welche zwar nicht ganz unbedeutend gewesen sein mögen, bis jetzt aber zu keiner ernstlichen Erschütterung der Regierung geführt haben. Aus Italien ist nichts zu berichten, als der seit dem 24. April mit großer Heftigkeit andauernde Ausbruch deS Vesuv, welchen einzelne Naturforscher sogar mit dem am 6. März bei uns verspürten Erdbeben in Verbindung bringen wollen. So stehen wir denn abermals im Beginne der diploma tischen Ferien und Badereisen, während welcher die Politik ruht, und wir wüßten heute keine auswärtige Macht, welche, wie vor zwei Jahren der verschollene Napoleon, diese Sommer ruhe zu stören im Stande oder geneigt wäre. —r. TageSgefchichte. Dippoldiswalde, 12. Mai. Heute Vormittag r/i10 Uhr ertönte bei uns der Feuerruf; in dem, in der Rosen gasse gelegenen Stall- und Schuppengebäude des Fleischer meisters H. Einhorn (am Markt) brannte es, und die hölzerne Bauart und gleiche Dachung dieses, sowie eines Hinter gebäudes und des daran stoßenden Schlachthauses, ließen die Löschanstrengungen fast vergeblich erscheinen. Alle drei Ge bäude brannten nieder — der Schuppen war mit Stroh, Heu, 17 Klaftern Holz, Sägespänen, Hafer rc. angefüllt — und die Bemühungen richteten sich auf den Schutz und die Rettung des Flohr'schen und anderer Hintergebäude, welche auch gelang, wenngleich sie etwa« beschädigt wurden. That- kräftige Hilfe war sofort zugegen, die Spritzen bald zur Stelle, auch die auswärtigen, und so war bald nach 10 Uhr jede weitere Gefahr beseitigt. Die Entstehungsursache ist zur Zeit noch nicht ermittelt; kurz vorher waren noch der Besitzer, sowie der Vater desselben, in dem Stall- und Schuppenge bäude gewesen, ohne etwa einen Brandgeruch oder sonstige verdächtige Moments wahrzunehmen. Dippoldiswalde. Der Verschönerungs-Verein hat, seinen Beschlüssen gemäß, auch Heuer schon einige recht hübsche Anlagen ausgeführt, andere soweit vorbereitet, daß ihre Ausführung vor Pfingsten zu erwarten steht. Recht nett wird die Anlage am Anfänge des Walksieges werden; nur ist freilich zu bedauern, daß die Wirkung derselben durch die Umgebung, Spritzenhaus und Leiterhaus, wesentlich beein trächtigt wird. — Der Schleußenbau, auf dem Oberthor- platze schreitet rüstig vorwärts, und wird sich nach Vollendung desselben gerade dort für die Zwecke des VerschönerungS-VereinS eine recht dankbare, wenn auch bei Weitem kostspieligere Auf gabe bieten, als bei den bisherige» Unternehmungen desselben. — 2. Mai. Gestern Nachmittag hat sich bei oben ge nanntem Schleußenbau ein Unfall ereignet. In einer, nach der Brauhofstraße gehenden Abzweigung, nur schmal, aber circa 6 Ellen tief und gegen einen Einsturz leider nicht ab gesteift, war der ehem. Schneider Mehl Horn, ein schon bejahrter Mann, mit weiterem AuSgraben allein beschäftigt, als plötzlich und nur von einem zufällig anwesenden Fremden bemerkt, von beiden Seiten das Erdreich einstürzte und den Mann gänzlich verschüttete. Di« sofortigen Ausgrabungen, die nur von 2 Mann, zeitweilig nur mit bloßen Händen, gemacht werden konnten, brachten bald den Kopf und Ober- theil des Körpers des Verschütteten zu Tage, der auch als bald Lebenszeichen gab und nach vollständigem AuSgraben in seine Wohnung gebracht wurde. Sein Befinden ist, da er außer Quetschungen und Hautschürsungen weiteren Schaden nicht erlitt, jetzt den Umstanden nach ein ganz erwünschtes.