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Weißeritz-Zeitung Dienstag. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post anstalten. Ur. 101. 25. December 1866. Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalten-Zeil« 8 Psg. Amt»- °»d Aiykigk-Mt der Kiiiglichm Bericht»-Ämter »nd Stadlriit-e zi Dippoldiswalde »ad /raaeiiicii Veramwortlicher Nedacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Tagesgefchichte Dippoldiswalde. In Betreff der Bärenstein- Altenberger Gesang- Vereins-Angelegenheit (s. Nr. 92 und 96 d. Bl.) ist uns jetzt aus Bären stein noch eine weitere „Berichtigung" zugegangen, der wir die Aufnahme schon deshalb verweigerten, weil wir die Sache längst für vollständig abgethan erachten, dann aber auch, weil diese Berichtigung mehrfach sehr beleidigend, und endlich, weil sie blos — 1l Quart seiten lang ist! Damit können und wollen wir denn doch unsere Leser nicht behelligen. Nur dem Wunsche des Hrn. Einsenders genügen wir: hier zu erklären, daß der Artikel in Nr. 92 unseres Blattes von einem Mitgliede des Bärensteiner „Sängerkreises" nicht her rührt. — In dem benachbarten Kreischa ist jetzt ein Fall von Bigamie oder Doppelehe entdeckt und zur Anzeige und Erörterung durch das hiesige kgl. Gerichtsamt resp. die Staatsanwaltschaft zu Dresden gebracht worden. Dresden. Se. Maj. der König hat den wegen Mordes zur Todesstrafe vernrtheilten Künschner zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe begnadigt. — Das kgl. Jnstizministerinm hat dem bei dein Leipziger Tele graphenbureau angestellten Expedienten Vetters aus Anlaß des von demselben bei der am 18. d. M. erfolgten Beanstandung der Hinrichtung Künschners bethätigten außerordentlichen Eifers eine Gratifikation zukommen lassen. — Von der bereits erwähnten Schrift „Die kö niglich sächsische Armee im deutschen Feldzuge von 1866" (Leipzig, Karl Minde), sind jetzt die Lieferun gen 2—4 erschiene», welche die diplomatischen Ver handlungen, die militärischen Vorbereitungen und die Eröffnung des Krieges bis zum Gefecht bei München- grätz enthalten. Es ist dabei auf alle sächsischen Ver hältnisse besonders speciell eingegangen worden und der Erzähler selbst steht auf specifisch-sächsischein Stand punkte, ohne dabei die geschichtliche Wabrheit irgendwie zu beeinträchtigen. Eine so genaue und wie es scheint zuverlässige Darstellung der Märsche und Kriegsthaten unserer Armee ist noch nicht vorhanden und das Buch verdient darum jedem Geschichtsfreund, vorzugsweise aber den Sachsen, lebhaft empfohlen zu werden. — Durch ein der Stände-Versammlung zugegan genes königl. Decret, den Entwurf eines Gesetzes über Vergütung der durch die k. preuß. Truppen auf die Zeit bis zum 24. Oct. den Gemeinden rc. entstandenen Kriegslasten und Schäden betreffend, sind folgende Sätze aufgestellt worden: für Soldaten auf den Tag und Kopf alle Beköstigung incl. Tabak oder Cigarren 10 Ngr. ; für Offiziere, im Offiziersrang stehende Be amte und Offiziersdienst thuende Unteroffiziere Tages verpflegung auf den Kopf 1 Thlr.; für Pferde eine volle Ration 10 Ngr. Für Fourage wird vergütet: Hafer per Centner 2 Thlr.; Heu per Centner 25 Ngr.; Stroh per Centner 22 Ngr. 5 Pf., oder per Schock 8 Thlr. Für Spannfuhren (Pferde, Wagen und Fuhr mann) werden folgende Sätze gewährt: für eine ein spännige Fuhre auf den Tag 1 Thlr 2 Ngr. ; für eine zweisvännige Fuhre auf den Tag 1 Thlr. 24 Ngr., für Vorspann (Pferde und Fuhrmann) bei einem Pferd auf den Tag 28 Ngr.; bei zwei Pferden auf den Tag 1 Thlr. 16 Ngr. Die Gesammtsumme der angemeldeten Lasten, Schäden rc. beläuft sich nach den Motiven des Decrets auf circa drei Millionen Thaler. Davon kommen allein nahe an 2,000,000 Thlr. auf geleistete Naturalverpflegung, welche jedoch zum bei Weitem größeren Theile nach nicht unwesentlich höheren Sätzen, als den im vorliegenden Entruse aufgestellten, berechnet ist. Der Aufwand füt Lieferungen an Naturalien und Ausrüstungsgegenständen aller Art beträgt über 450,000 Thlr.; dazu kommen, besonders berechnet, über 190,000 Thlr. für ausgehobene Pferde. Die angemeldeten Forderungen für Spannfuhren betragen nahezu 80,000 Thlr., der Aufwand für Lazarethzwecke über 200,000 Thlr., die Schäden rc. an beweglichem und unbeweg lichem Eigenthum circa 50,000 Thlr. Großenhain. Am 8. Decbr. Nachmittags ist im Pfarrhofe zu Ponikau ein bereits 33 Ellen tief ge grabener Brunnen plötzlich in der Mitte eingestürzt und wurden dabei die beiden Brüder Muschter aus Ponikau verschüttet. Die sofort zur Ausgrabung angestelltrn Arbeiter richteten so wenig aus, als die aus dem Kohlenwerke Dötlingen bei Elsterwerda herbei geholten Bergleute. Schon war beschlossen, den Brunnen zuzuschütten und ein Denkmal für die Verunglückten dort zu errichten; denn daß sie noch lebten, konnte Niemand annehmen, da bereits neun Tage verflossen waren. Da wendete sich die betrübte Mutter an die Steinbruchsarbeiter Gebrüder Hofmann aus Ortrand, und durch deren und des Brunnenbauers Sonntag aus Kmehlen angestrengteste Thätigkeit wurden sie am 19. Decbr., Abends */r7 Uhr, — also nach eilf Tagen — und zwar lebend, herausbefördert und gerettet! Sie befinden sich, wie sie auch selbst sagen, wohl, den Umständen nach, auch noch so kräftig, daß sie noch gehen können. Ihrer Erzählung nach haben sie die ganze schreckliche Zeit nicht geschlafen, die ersten 3 Tage auch keinen Hunger verspürt, weil sie Tabak gekaut; später sei täglich Wasser durch den Sand getröpfelt,