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P'"'st«g. «r. 47 IS. Juni 18««. Erscheint S«cikmh-Zcil»„g. H Ms- nu- Anzeige-Matt der Königlichen Gerichts-Ämter uud Stadträthe zu Dippoldiswalde, /rauevstein und Attenberg. Verantwortlicher Redakteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Der Krieg ist also ausgebrochen! Die Thatsachen der abgelaufe- nen Woche haben sich in rascher Folge gedrängt und mit einem Schlage allen Reflexionen über das Thema: „ob Krieg, ob Frieden?" ein Ende gemacht. Es gilt nunmehr, über den Krieg und seine Wirkungen zu reflectiren, und wir wollen dies mit Humor versuchen. Zunächst ist Alles aus Rand und Band. Der Eisenbahn- und Postenlauf ist gestört, der Philister be kommt nicht einmal seine Zeitungen und Briefe regel mäßig: das ist faul! Die Weiber stürzen nach den Gemüseläden, um die unmäßigen Vorräthe in der Hitze desto sicherer verderben zu lassen nnd dann wegzuschütten. Matratzen, Decken, Stroh wird in Menge eingetragen, um die Einquartierung von Menschen und Vieh ver pflegen zu können. Der gemüthliche Sachse tröstet sich damit, daß vor der Hand hier nicht geschossen wird, und er wird seine deutschen Brüder aus Preußen eben so freundschaftlich aufnehmen, wie er die Oesterreicher und Baiern ausgenommen hätte, wenn diese herein gekommen wären. Unter dem gebildeten Publikum finden wir eben so wenig Besorgniß vor dem Kriege, als Begeisterung für denselben. Man ist gleichgültig. Man kann eö gar nicht denken, daß Deutsche gegen Deutsche gehen, daß die Preußen unsre Feinde sein sollen. Es liegt etwas ungemein Unnatürliches und Künstliches in der ganzen Situation, an der die Völker keinen Theil haben. Einen unbedingt komischen Eindruck hat die seit Kurzem gänzlich veränderte Physiognomie eines großen TheilS der sächsischen Presse gemacht. Die in Dresden erscheinende „Reform" brachte in ihrer gestrigen Num mer nichts weiter, als das Dresdner Einquartierungs regulativ! Eö würde leicht sein, die komischen Bilder zu vermehren; die Berliner werden in Sachsen reichen Äorrath für ihren „Kladderadatsch" finden. Horaz hat recht: „Es ist schwer, nicht satyrisch zu schreiben." Muth, Charakter, Ueberzeugungstreue werden jetzt rare und gesuchte Artikel. Wir erinnern uns der In schrift einer Denkmünze aus dem letzten Kriege; sie lautet: Die Hoffnung bcssrer Zeiten, — wo bleibt sie? Sic fragt nach gnten Leuten, — wo sind sie? Tagesge schichte. Dippoldiswalde. Von unserm Stadtrathe ist zur Aufrechthaltung der Ordnung und zur Sicherung für die hiesigen Einwohner und deren Eigenthum die Errich tung einer Nacht-Schutzwache beschlossen und solche bereits eingeführt. Von Abends 9 bis Morgens 3 Uhr sind je 20 Mann zur Wacht und zum Patrouilliren in der Stadt und den Vorstädten beordert. Als Abzeichen tragen sie eine weiße Binde um den linken Arm. — Von Seiten der Postbehörden wird bis auf Weiteres für alle Sendungen keine Gewähr mehr ge leistet, und erfolgt die Beförderung nur auf Gefahr der Absender. (S. die Inserate.) — Wie machen aufmerksam, daß bis zum 20. Juni bei hiesigem Postamte die Zahlung für Zeitungen rc. zu erfolgen hat, wenn solche im nächsten Vierteljahr ohne Unterbrechung bezogen werden sollen. °AuS Altenberg. Wie der Bergbau in alter Zeit fast die einzige Erwerbsquelle des Erzgebirgs war, so hat derselbe auch in kritischen Zeiten immer eine gewisse Zähigkeit bewährt. So hat man denn, während allerwärts Massen von Fabrikarbeitern entlassen worden sind und brodlos umherirren, noch nicht gehört, daß eine massenhafe Entlassung von Bergarbeitern eingetreten wäre oder in nächster Zeit bevorstände. Insbesondere freut es uns, von hier aus bestätigen zu können, daß die Zwitterstocksgewerkschaft zwar einige Betriebsbe schränkungen hat eintreten lassen, eine massenhafte Ent lassung von Arbeitern aber für die nächste Zeit nicht beabsichtigt, vielmehr entschlossen ist, das Werk so lange als möglich zu halten. Es ist dies um so anerkennenS- werther, als bekanntlich jetzt Geld nur unter schweren Opfern zu erlangen ist, und man zu außerordentlichen Finanzmaßregeln wird greifen müssen, weil der Zinn absatz ebenso wie das Holzgeschäst fast gänzlich stockt. Für hiesige Stadt ist jener Entschluß um so werthvoller, als die zweite Hautnahrungsquelle des Orts, das Stroh flechten, fast gänzlich darniederliegt. Das Stroh geflecht ist bis auf die Hälfte des früheren Preises gesunken und dafür nicht einmal an den Mann zu bringen. Gebe Gott, daß wir bald wieder zu geord neten Zuständen in Deutschland gelangen, damit nicht auch der hiesige Bergbau zum Erliegen kommt. * Altenberg. An einem Nachmittage der letzten Tage voriger Woche stieg aus dem, der Stadt gegen über gelegenen Naupmannsbusche, gemeiniglich Raupen nest genannt, starker Rauch auf. Herr Förster Schmidt, aus dem Dienst kommend und darauf aufmerksam ge macht,' kehrte um, untersuchte die Sache und fand an den Aesten hängende, noch brennende alte Lumpen, traf jedoch Niemand dort an. Wahrscheinlich liegt hier böswillige Brandstifung zu Grunde. Die angestellten GenSdarmerie-Recherchen waren bis jetzt ohne Erfolg. Dresden. Um dem augenblicklich hervorgetretenen Mangel ausreichender Geldrepräsentationsmittel abhelfen