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630 bisherigen Verhandlungen. Der Abgeordnete Rittner war der Ansicht, daß sich beide ersten tztz. nickt für eine Kammerverhandlung eigneten, denn das Gedeihen deS Menschengeschlechtes sei von dem Fortschritt des menschlichen Geistes abhängig und dieser Fortschritt zeige sich auch bezüglich der Bekenntnißschriften. So seien z. B. in Luthers großem Katchismus Naturanf- fassuugen, mit denen der heutigeStand der Wissenschaften nickt mehr übereinstimme. Dieselben Fortschritte seien in der Exegese der AlterthumSkunbe und der Forschung der tobten Sprachen gemacht. Oberhofprediger l)r. Liebner erwiderte daraus, daS große Lekenntniß der Kirche sei nicht um die Geister zu binden, sondern um sie zu befreien, und Superintendent vr. Lechler bemerkte, wenn man jene KH. weglassen wolle, so könnte das den Schein erwecken, als wenn man sich nicht traue, mit den Bekenntnissen herauSzugehen. Eine Kirche ohne bestimmte Bekenntnisse aber sei ein Unding. Aber wenn Jemand gegen die Aufnahme der Bekenntnisse hier nicht« einzuwenden hätte, so bekenne er sich deshalb nock nicht zu jedem Buchstaben derselben. ES sei im Geist und Sinn der Bekenntnißschristen selbst, baß es dem Gewissen eines Jeden überlassen bleibe, in GotteS Wort zu forschen. Z. 1 und 2 werden schließlich gegen 10 Stimmen angenommen. Bei der Beratbung von §. 6 findet abermals Rittner den für Lehrer vorge- schnebenen Religionseid bedenklich, indem er von neuem darauf hinweist, daß der heutige Stand der Wissen schaften sich nicht mit allem, was in den Bekenntuiß- schriften stehe, vertrüge. Nöthige man nun die Lehrer, die in den Wissenschaften erfahren seien, zu einem solchen Eide, so könne dies unmöglich zum Gedeihen der Sckulen führen. Darauf bemerkt wieder Oberhofpre diger I)r. Liebner, der Abgeordnete Rittner scheine der Ansicht zu sei», daß die Lehrer mehr wissen, als die Bekenntnißschristen. Gegen solche Aeußerungen wolle er einfach bemerken, daß die meisten Lehrer hinter der Größe und Erhabenheit der Bekenntnißschristen weit zurück wären. Im Allgemeinen stehe cs aber mit der Wissenschaft jetzt so, das der Standpunkt, den der Abgeordnete Rittner als einen hoben bezeichnet, in Wahrheit der allerniedrigste sei, ein verfaulter und veralteter sei. Und Superintendent Vv. Lcckler fügt hinzu, die Resultate der Wissenschaften, so anerkennenS- werth sie sein möchten, wären im Allgemeinen doch zu unsicher, als daß man sie für alle Zeiten feststellen und auf die Religion anwenden könnte. Sie seien alle nicht so alt, als das jüngste Buch deS neuen Testamentes. Kammerherr v. Erdmannsdorff hofft, daß nie Lehrer angestellt werden würden, welche innerlich die Bekennt« nißschriften anzweifelten. Die Vereidigung gebe den Eltern Garantie für die religiöse Erziehung ihrer Kinder. Schließlich wird auch tz. 6 gegen 1 (NittnerS) Stimme angenommen. Riesa. Von hier werden wundersame Geschickten berichtet. Es bat sich nämlich hier unter dem besondern Schutze der Gutsherrsckast und unter der Leitung deS hiesigen Pfarrer lVl. R. ei» Verein ganz besonders frommer Leute gebildet, die zn absonderlichen AndachtS- übungen zusammenkommen. Ein der Gesellschaft ange« hörender Schullehrer soll bereits dem reliqösen Wahn sinn verfallen sein. Zugleich bat Hr. Pastor !U. R. im vorigen Jahr mit höherer Gcnebmigung einen sog. Jünglingsverein gegründet. Dem hiesigen Gewerbe verein ist von der Behörde die Erlaubniß, einen Ge sellenverein ins Leben zu rufen, der eine umfassendere Bildung jüngerer Leute bezweckte, versagt worden. Bischofswerda. In der Nackt vom 28. zum 29. Nov, wurde der Schenkwirth Haufe in dem benackbarten Orte Rammenau von zwei Handwerksburschen, die bei ihm übernachtet, als er eben hinzukam, wie sie ihn be stehlen wollten, dermaßen durch einen Messerstich in die Brust verwundet, daß er TagS darauf starb. Die beiden Verbrecher, ein Tuckmachergeselle auS Eamenz und ein Webergeselle auS Seifhennersdorf, sind in Frauenstein und Neusalza ergriffen worden und der That geständig. Oesterreich. In Venetien ist die Recrutenstellung für diese« Jahr ziemlich beendet. Von 6441 Mann, welche die Provinz zu stellen hatte, fehlen etwa 400 Mann, die sich geflüchtet haben und für welche nach östreichischen Gesetze» die betreffenden Gemeinden die Bcfrcinngstaxe zu zahlen haben. Die Stadt Venedig allein bat für 62 solche Flüchtlinge zu zahlen. Italien. Gaeta wird noch immer von sardinischen Truppen bombardirt, von der Festung aus aber wird das Feuer kräftig erwidert. Die heldenmüthige junge Königin von Neapel sicht man oft zwischen den Batte- rieen umhergehen. Die Plünderung des kaiserlichen Sommer palastes bei Peking. Bekanntlich bekriegt England in Verbindung mit Frankreich seit dem vorigen Jahre das chinesische Reich, erlitten aber damals durch die Tapferkeit der Chinesen eine schwere Niederlage. In diesem Jahre wurde der Krieg mit neuen ungeheuren Rüstungen begonnen. 78 englische und 243 französische Kriegsschiffe, mit 25 bis 30,000 Manu Landtruppen bemannt, mit Arm- strongkanonen und Enfieldbüchsen ausgerüstet, griffen daS Land von der Seeseite an und so mußten die Chinesen, die der Uebermacht der europäischen Kriegs waffen nicht gewachsen sind, unterliegen und Peking, die Hauptstadt des Landes, fiel, wie wir kürzlich be richtete», in die Hände der Alliirten. Freilich haben dieselben bei dieser Gelegenheit der europäischen Civili- sation wenig Ehre gemacht, wie auS einem Bericht der Triester Zeitung über die Plünderung des kaiserlichen Palastes hervorgeht. Derselbe enthält folgende Mit theilung: Der Sommerpalast Nuen-min-Nuen liegt etwa fünf Meilen nordwestlich vom Lager der Engländer außerhalb der Erdwerke. Eine Beschreibung seiner Pracht hat unter Andern« Staunton gegeben, der von Lord Ma« cartney'S Gesandtschaft erzählt. Keine Feder aber kann die Scenen schildern, die in den letzten Tagen sich dort ereigneten. Entsetzliche Verwüstungen fanden statt. Die öffentlichen Empfangszimmer, die Staats- und Privat- schlafgemächcr, Vorzimmer und Boudoirs, Alles wurde geplündert, Kunstgegenstände, Erzeuguisse inländischer und fremder Gewerbe mitgenommen oder zertrümmert, wenn sie zu groß waren, um sie tranSportiren zu kön nen. Künstliches Gittcrwerk, Schirme, Ornamente von JaSpis, Glocken, Uhren, Krüge und andere Gegenstände der Einrichtung uud des Lnxuö fielen der Zerstörung auheim. Die enormen Vorrätbe vou Kleidungsstücken, m t Silber und Gold leichgestickte und mit dem kaiser lichen Drachen versehene Röcke, Stiefel, Kopfputz, Fächer rc., ganze Zimmer anfüllend, wurden fortgeschleppt oder zerstreut und zerrissen. AuS den VorrathSkammern wurde bas in Rollen, wie es in Kanton zu 20 oder 30 Dollars pro Stück gekauft wird, aufbewahrte Seiden zeug hervorgeholt und lag auf dem Boden zur Auswahl