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326 Besuche den ganzen Hof durch Geist, Witz und Leben digkeit bezaubert. Auch soll er dem Kaiser das Ver sprechen abgenommen hahen, den Besuch noch im Laufe dieses Sommers und zwar nflch feister Rückkehr von der nun auf chttz 4. Äug. festgesetzten ungarischen Rundreise in Berlitz und Potsdam zu erwiedern, und nicht bis zu den Herbstmanövern zu warten. Beide Monarchen hatten lange Gespräche mit einander, bei denen auch der Minister des Auswärtigen, Graf Buok, zugegen war, und eS wird dem Letztem, einem seiner Vertrauten gegenüber, die Aeußerung in den Mund gelegt, daß der königliche Besuch seine Früchte getragen habe und wichtige Beschlüsse gefaßt worden seien. Man glaubt diese Worte nur auf die deutsche An gelegenheit der Herzogthümer beziehen zu sollen und ist der Meinung, daß man nun ernsten und ener gischen Maßregeln gegen Dänemark mit Grund ent gegensetzen dürfe. Möge eS so sein l Oeffentliche Gerichts-Verhandlungen. Vor dem königlichen Bezirksgericht zu Dres den wurde am 7. und 8. Juli ein Fall verhandelt, der bewies, wie leicht Jemand die Dummheit der Leute mißbrauchen kann, wenn er zugleich ihre Hab gier anregt. F. W. Häncl, früher Bergarbeiter, zu letzt Armenhausbewohner in Potschappel, schon mehr- malS wegen Betrügereien in Untersuchung verflochten und deshalb bereits einmal mit Arbeitshaus bestraft, hat seit einigen Jahren das Geschäft betrieben, die Gewinnlust leichtgläubiger Leute aus seiner Umgebung anzureizen und ihnen unter dem Vorwande, er habe eine silberne Ader gefunven, deren Abbau er vornehmen und an deren Ertrag er sie participiren lassen wolle, Geld abzuschwindeln. Natürlich mußten diese „Bau herren" tüchtig zahlen, angeblich um die Kosten zu decken, während Hänel die sämnnlichen Gelber lediglich zu seinem Lebensunterhalt verwendete. So hat er einem gewissen Maurer Lehmann in HainSberg, der durch Hänel'ö Schwindeleien so herabgekommen ist daß er sein HauS mit Schenkwirthschaft verkaufen mußte, vorgeschwindelt, er wisse einen Schatz zu heben, er sei ein Werkzeug Gottes, komme zu ihm als Engel des Herrn, als ein AuSerwählter des Himmels, er vermöge durch übernatürliche Mittel und Beschwörungsformeln das Verborgenste zu entdeckens. Einen gewissen Seide mann hatte er einmal an eine bei Rabenau befindliche Höhle mitgenommen, an deren Eingang derselbe hatte zurückbleiben müssen; er selbst war hineingegangen und nach einiger Zeit mit einem Crucifir zurückgekehrt, daS er von fern gezeigt. Nachher erzählte er, er habe in der Höhle an einem silbernen Tische sieben versteinerte Leichen gefunden, die er abgewaschen, so daß sie wieder wie lebend auSgesehen hätten. Diese Leichen müßten feierlich beerdigt werden, dazu gehöre wieder bedeutender Vorschuß, zu dem Begräbniß solle auch der König eingeladen werden re. ES begab sich ferner, daß Hänel eine „Brüderschaft" zur Auffindung der Silberader gegründet hatte — natürlich gegen tüchtige Zahlung der Interessenten, — bei deren Eröffnung alle Mitglieder zum König bestellt werden sollten. Die Leute hatten daS Alleö Ixwa lnie hingenommen. Der Jnculpat leugnet, will über die Beiträge seiner „Bauherren" Rechnung geführt und dieselbe zu Hause liegen haben (obgleich bei früherer Haussuchung nichts Dergleichen gefunden worben ist), will ferner daS erkaufte „Hand werkszeug" irgendwo im Walde liegen haben, auch im Stande sein, die gefundene Silberader nachzuweisen. Die Zeugenaussagen stellten deS Angeklagten Schuld heraus,, und er wurde vom Gerichtshof wegen Be trügerei und Unterschlagung zu 3'/» Jahren Arbeits haus verurthetzt. Ein Kind, das seine Eltern sucht. (Der hier,folgende Aufsatz ist unter obigem Titel von dem unterzeichn. G. A. bereits an die Rkdäctiok» der „Gartenlaube," d.s in Berlin erichcinenden ,,Va- zar" rc. gesandt und von denselben veröffentlicht, von dem Verfasser ober der Wnrisch um grofMiogkiche Verbreitung ausgesprochen worden weshalb wir unfern Lesern den Artikel hier ebenfalls miktheilen. D. Red.) Am 27. Februar 1841, kurz vor 7 Uhr Abends, zü einer Zelt also, wo die Sonne bereits untergegangen, trat auö einem Gäßchen neben dem Gasthof zum Roß eine "ältliche, in Kunkeln Mantel gehüllte Frau auf den „Kornmarkt" der Altenburgischen Stadt Ronneburg, und ging auf einen 14jährigen Knaben zu, welcher eben für seinen Pflegevater Bier in der dortigen RathS- kellerci geholt. Die Frau fragte nach dem ersten Geistlichen (dem Obergeistlichen) des Orts. Der Knabe, unbekannt mit den geistlichen Verhältnissen seiner Vaterstadt, nannte der Fra genden mehrere Geistliche und unter Andern, seiner Meinung nach, als Oberprediger den Adjunct R., zu welchem die Frauens person nun von dem Knaben geführt sein wollte. Dieser gelei tete die Fremde in die große Kirchgaffc, zeigte ihr hier daS HauS des Adjuncten, und wollte nach geleistetem Dienst seinen Weg gehen, um des Meister« Durst zu löschen. DaS aber lag nicht in dem Plane der Frau, sie blieb plötzlich stehen, zog ein weißes Packet unter dem Mantel hervor, gab eS dem Knaben mit der Bitte, dasselbe zum Oberprediger zu tragen, sie selbst wolle um Mittag des andern Tags sich dort einstellen, und ging, nachdem sie noch dem Knaben zwei Zweigroschenstücke für den Weg und einen unadressirten Brief zur Uebcrgabe mit dem Packete eingehändiget, nach dem Markte zu, wo sie Im Dunkel der Nacht verschwand. Außer dem dunkeln Mantel war die Gehcimnißvolle nur noch an einem etwas fremdartigen Dialekte (oder, wie der Knabe bemerkte, „vornehm" sprechend) und an einem Hinken des rechten Fußes kennbar. Peter, der Knabe, trat, um seinen Auftrag auszurichten, eine mit den Enden zusammengeknüpfte Serviette am Arme hängend, in daö geistliche HauS, wo er die Frau und Tochter deS Predigers anwesend fand, denen er Bündel und Brief übergab. Die Frauen, vermuthend, das Päckchen komme als Vorläuferin einer Freundin, öffneten, um sich von der Wahr heit ihrer Vermuthnng zu überzeugen, die Serviette, hoben das oben «»fliegende Flanellstückchen weg und —> La streckten sich ihnen zwei kleine liebliche Kindcrärmchen entgegen. Man denke sich die Ueberraschung der beiden Frauen. „Ach Gott, ein Kind, ein Kind!" tönte eS aus einem Munde. Man rief den Vater und Schwestern herbei, wieS ihnen den Fund und berathschlagte, was zu thun sei. DaS Ergebniß war: man band die Serviette behutsam wieder zu, ließ vom Dienstmädchen daS Kind tragen und schickte diese« nebst Petern, der vorher noch seinen Pflegevater, den Zeugmacher S., dazu, abgeholt hatte, in das Justizamt, wo nun alsbald Abends gegen 8 Uhr die Untersuchung begann Doch geben wir erst den daS Päckchen begleitenden Brief der — unglücklichen oder leichtsinnigen Mutter. »,Jhro Hochwürden! „Die unglücklichste Person liegt vorJhnen auf den Knieen, und fleht Sie für ein armes, unschuldiges Kind um Erbarmen an, Gottes Barmherzigkeit und Milde ist ohne Ende, Sie find auf Erden sein Stellvertreter; eine Mutter, deren Herz durch die Trennung von ihrem Kinde beinahe bricht, fleht Sie bei Ihrer ewigen Seligkeit an, daS Kind Lei guten Leuten unter zubringen, die ihm eine gute rechtliche Erziehung geben. Die Verhältnisse fügen sich vielleicht bald so, daß dir währen Eltern