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ihr liebes Kind wieder zu sich nehmen können , nur jetzt würde eine ganze Familie unglücklich, wenn die Gehurt LiS Kindes ruchbar würde; eS ist den dreizehnten Februar geboren, geben Sie ihm in der heiligen Taufe die Namen: Clara Adelheid Charlotte S . . r; o Gott im Himmel, nw soll ich Worte finden, um meinen Schmerz, meine Verzweiflung zu schildern und Ihr Herz für das unglückliche Geschöpf zum Mitleid zu stimmen, doch Ihr milder Sinn ist mir bekannt, Sie üben die Lehren der Religion nicht bloS in Worten, Sie thun auch ihre Worte. Um das Maß Ihrer Güte und Mildherzigkeit zu voll enden, juchen Sie jede Untersuchung zu verhindern, eS ist un möglich, die wahren Eltern zu entdecken, gönnen Sie einer Mutter den Trost, ihr Kind.unerkannt und unheobachtet öfters zu sehen und betrachten Sie Alles wie ein Geheinmiß, das Ihnen unter dem Siegel der heiligsten Beichte auvcrtraut ist." Man fleht, der BrUf ist, bis auf einige, namentlich Jn- terpunctionSfehler, von einer nicht unbewanderten Briefstellt- rin geschrieben..^ Die Schriftzüge vrrrathen keine Schönschrei berin, aber eine geübte Hand, und lassen kaum eine Verstellung der Handschrift annehmcn. Beschäftigen wir uns nun, bevor wir das weitere Schicksal des Findlings geben, mit dem Gange und dein Resultate der Untersuchung. . . / . . Noch an demselben Abende zeigte, auf die die Stadt bald durchlaufende Kunde, ein heimkehrender berittener GenSd'arm an, daß er zwischen sieben und acht Uhr auf der Straße von Ronneburg nach Gera, ctwL zehn Minuten vom erster» Orte entfernt, eine Frauensperson in einem dunkeln Mantel, auf dem rechten Fuße hinkend, gesehen habe. Auf diesen Finger zeig hin sattelte ein Amtsdiener sein Pferd und ritt sofort den Weg nach Gera zu. Hier begegnete er erst der von da herkom menden Ronneburger Botenfrau, welche ihm, wie dieselbe auch bei ihrer später» Abhörung deponirt, erzählte, daß sie an der (Altenburg-Rcußischen) LandeSgrenze gegen 8'/2Uhr einer sehr langsam dahin gehenden, in einen dunkeln Mantel gehüllten Frauensperson begegnet sei, die über Weg und Wetter (Schnee gestöber) geklagt habe. Ziemlich dasselbe sagte auch eine die Botenfrau begleitende andere Frauensperson aus. Ob diese Fremde mit dem Fußegehinkt, hatten Beide nicht bemerkt. Der GenSd'arm setzte hierauf, die genannte Spur verfolgend, seinen Weg nach Gera fort, wo er den Vorfall dem dortigen Criminal- gerichte anzeigte. Die augenblicklich in den Geraer Gasthäu sern vorgcnommcnen Recherchen blieben eben so fruchtlos, wie die in Ronneburg stattgefundenen. ES erfolgten nun Bekanntmachungen in dem Altenburg« Amts- und NachrichtSblatte, in der Leipziger Zeitung, in den damaligen Möbeschen Mittheilungen zur Beförderung der Si- chcrheitSpflege und in dem Eberhard'schcn Polizei-Anzeiger, al lein überall erfolglos. Die Ronneburger Criminalbehörde glaubte, daß da» Kind von Gera herübcrgebracht worden, und daß Mitglieder einer in Gera gewesenen Schauspielertrupp e betheiligt sein könnten. Die Truppe war bereits nach Halle weiter gepilgert. ES begann nun das dortige Znqutsitoriat seine Thättgkeit, und richtete die selbe namentlich gegen eine Schauspielerin K. Allein eS be stätigte sich weder ein Verdacht, noch gelang eS dieser Behörde, sonst einiges Licht in die Sache zu bringen. Nicht glücklicher war das Jnquifitoriat zu Magdeburg, welche», da die Truppe von Halle dahin sich gewendet hatte, die begonnene Untersuchung fortsetzte, schließlich aber erklärte, daß man, Lei mangelnden genügsamen Anzeichen, Anstand genommen habe, wider die An- geschuldigten durch förmliche Eröffnung der Specialinquifition zu erfahren. . l. Damit schloß die Untersuchung gegen die K. und ihre Mut ter, und wir möchten unsererseits auch kaum einen Stein ge gen Beide aufheben. Erwägt man, daß eS der K. kaum mög lich gewesen, ein neugeborneS Kind vom 13. bis 27. Februar unbemerkt — denn keine Person ihre» Hause» und Umgänge» in Gera hat nur eine Spur oder Vermuthung hiervon gehabt — in ihrem kleinen Miethlvgi» zu verbergen; daß ferner die SOjährige Mutter K. schwerlich in den Abend- und Nachtstun den des 27. Februar bei Schneegtfiöber einen Weg von zwei Stunden von Gna nach Ronneburg und zurück zu Fuße habe machen können; daß ein vierzehntägige», noch so gut verpackte» Kind, bei solchem Wetter und solcher Kalte, kaum einen zwei stündigen Transport durch ein« Fußgängerin auShalten kann; und daß daS von dem Jnquifitoriat« zu Halle aufgenommene genaue Signalement eines Lahmgehen» der Wittwe K. nicht er wähnt , so kann man den' Beschluß des JnquisitoriatS zu Mag deburg nur gerechtfertigt finden. So war denn alle Spur verschwunden, und nur da» lieb lich« kleine Mädchen geblieben. Begeben wir un» zu ihm irr daö AmthauS, und untersuchen zuvörderst — denn e» ist ja eirr Mädchen — dessen Toilette. Da» Kind, sagt da» amtliche Pro tokoll, lag auf einem Federkissen von grau- und weißgestreiftem Barchent mit weißleinenem Ueberzuge. DaS Bett war um den Leib des Kindes mit einem weißletnenen Tuche zusammenge bunden , und über das Tuch eine gestrickte baumwollene, vier Ellen lange Binde gewickelt.*) Oven zur Gelte des Kinde» lag im Bett ein Nutschbeutel (sogen. Zulp) mit klarem Zwie back. Bekleidet war da» Kind mit einer Mütze von rosafarbe nem Atlas mit einem Vorstoßt von weißem Schwa» und einem schmalen, rosafarbenen Blondenbesatz, darunter befand sich rin anderes kleine» Mützchen von weiß genahtem Grunde, mit einem breiten Mullstreifen und schmalem Rosaband besetzt. Unter dem Kinne lag ein Stück weiße Leinwand. Um den Hal» war ein feine» baumwollenes Tuch gebunden. Da» Kind trug überdies ein Jäckchen mit Aermeln von weißem Pique, und darunter ein Hemdchen von weißem Kattun mit einem Hals streifen von Gaze. , Der hinzugezogene AmtSphysicu», Medicinalrath K., fand das Kind vollkommen gesund, durchaus, tadellos, wohlgenährt, mit schönem Kopfe, und schätzte sein Alter auf vierzehn Tag«^ was mit der Angabe in dem Briefe der Mutter übrwinstimmt«. Jetzt galt eS, für die Verpflegung des Fundes zu sorge». Diese fand sich bald. Die Frau des in Ronneburg stationirtep GenSd'armen B., welche acht Tage zuvor entbunden worden war, unterzog sich bereitwillig der Wartung und Pflege de» Findlings, welcher am I. März auf den Name» Ida Thurecht Ottilie**) getauft und in der Person eines sehr geachteten ManneS, des damaligen Advocate» »nd GerichtSdirectorS I., einen Vormund bestätigt erhielt, wie denn überhaupt vom Amte und Stadtrathe mit lobenöwerther Sorgfalt deS Kinde» sich an genommen wurde, bis am 23. März in Folg« der ergangenen öffentlichen Aufforderungen ein Menschenfreund sich für das kleine Wesen fand, ein wahrer Engel vom Himmel gesendet, dem lieblichen Kinde da» zu ersetzen, was e» nur vierzehn Tage genossen hatte: Mutter und Elternliebe. Der Kaufmann B. in dem benachbarten sächsischen Städt chen R., selbst kinderlos, entschloß sich mit seiner gleichgesinn ten Gattin, nach vorher gepflogener schriftlicher Verhandlung mit dem würdigen Superintendenten S-, sich des Kindes anzu nehmen. Die Unterhandlung war kurz. Der Stadtrath, dem die Sorge für daS Kind oblag, und der Vormund willigten «in; — B. macht« nur di« Bedingung, daß das Kind seinen Namen führe, und so erhielt B., jedoch „bis jetzt blo» auf un bestimmte Zeit," dasselbe zur unentgeltlichen Erziehung auS- *) So sorgsältia auch «l«s« Dttpackunz war, so dürst« sl« doch zu «inrm Schutz« grgrn die Kält« rln«S -«druarabrndt tut «In«m »ußtrantport« oon Giro nach Ronnrburg schwrrllch autg«»icht had«n. "> Warum dl'srn SIam«n, s«h«n wir um so n>«nlg«r «in, alt d«r oon »«r MuNrr <uigeg«b,n« Rom« doch möglich,r Wris, z» «ln«r 0,k,nnUng sätzru, könnt«. Di« »«rjoglich« Land«tr>gl«rung ju Altrndurg macht« lnd't »t«s«t iv«rs«l)<n wl,t«r gut, lnd'M dl«s«!b« un»«rm 14. August I«4I »«rordn't«, »all dir von d«r Mutt» gkwiinschte Ram« nachtiägllch an d«r d«tr,ff,»d<n S>»0« drt KirchrnbuchkS noch «lngrtragrn wrrdrn löst«.