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Inzwischen geht in der Türkei der große 'Zer- setzungS- und Auflösungsproceß nach Beendung des Krieges seine gewiesenen Wege; die Türket streckt sich wieder auf dem Divan des „kranken Mannes"; man verordnet ihr gegen ihren Willen heroische Arzeneien, welche für st« nicht paffen, und sie wird kränker und ärmer als vorher. Griechenland geht immer mehr seiner inner» Auflösung entgegen. Rußland weiß Beides besser, als das Abend land; eS ist „klug nnd weise"; es baut die zerschmetterten Mauern von Sebastopol wieder, denn man kann ja nicht wissen, ob sie nicht nach einiger Zeit wieder zu brauche» sind; in Nikolajeff baut man große Werften, nicht etwa für Kriegsschiffe, sondern für — „Postdampfschiffe," damit die getreuen Unterthanen nicht Mangel an Postdienst ver spüren. Oesterreich iss auch nicht ohne Sorgen. Im Westen hat eS an VaS Unterwühlte Italien zu denken; im Oste», in den Donauprovinzen, sucht es vergeblich die gebietende Stellung zu erhalten, welche es sich durch seine Truppen, den Krieg klüglich benutzend, erworben hatte. Wenn seine Truppen zurück sind, dann schwinden Vie Hoff nungen auf die Herrschaft über den Einfluß der Donau. Der Fritve versagt Nun Oesterreich, was man vom Kriege zu fordern Anstand nahm. Was kann man da jetzt thun? Man muß sich günstige Umstände für die Zukunft aufsparen. Ueberblicken wir VaS Gesagte, so würde Niemand es für wahrscheinlich gehalten haben, daß schon 4 Monate Nach dem „ewigen Frieden" solche Verwickelungen sich schürzen würden. Es wird gewiß noch eine Reihe von Jahren Ruhe bleiben; aber diejenigen hüben doch nicht ganz unrecht, welche, wie das Sprüchwort sagt, „dem Frieden nicht recht trauen." IL. Tages geschickte. Aus dem Plauen'schen Grunde berichtet man, daß das Schloßenwetter auch dort auf den Fluren, wie an den Gebäuden der Ortschaften Deuben, Nicder- häslich, Döhlen, Pokschappel, Pesterwitz, Altfranken, KohlSdors, Wurgwitz mit Hammer, Zaukerode, Nieder- uttd OberhermSdorf, Saalhausen re. bedeutenden Scha ven verursachte. Auch schlug der Blitz in Oberhermsdorf itt das Henker'sche Wohnhaus, zertrümmerte circa 30 Stück Ziegel und warf sie herab, zersplitterte einen Dachsparren, zündete aber nicht, ein Knecht wurde dabei betäubt und ist noch in Behandlung; ferner in ein Wohn haus der zu Oberpesterwitz gehörenden sogenannten Bergschmieve, woselbst er zündete, VaS Feuer aber bald gelöscht wurde; endlich in den Giebel des zu den königlichen Steinkohlenwerken gehörigen Coaksschuppens in Zaukerode, wohin sich mehrere Eisenbahnarbeiter, Schutz vor den zum Theil 3'^ Loth schweren Hagel stücken suchend, geflüchtet hatten, zündete jedoch nicht, zertrümmerte vielmehr nur eine Menge Ziegel und einigt Breter, ließ aber die erwähnten Arbeiter unbe schädigt. Auch in den Ortschaften Ottendorf, Groß-» und Klein-Okrilla, Mokitzdorf, Cunnersdorf, Medingen, Hermsdorf, Grünberg, DienSborf, Langebrück, Schön- bvrn, Lauf«, Gomlitz, Friedersdorf und Weirdorf (»wischen Radeburg und Radeberg gelegen) hat daS Unwetter bedeutenden Schaben angerichtet. Dresden, 30. Juli. DaS hiesige Vogelschießen wirb nächsten Sonntag bereits zu Ende gehen. Der Platz bietet wieder seinen gewöhnlichen, alten, bekannten und doch auch wiederum veränderten Anblick dar. Die Zahl der Würfelbuden hat sich vermehrt, die der Zelte 358 hingegen nicht, und wenn man auch einige neue Firmen liest — deren eine ihre Anpreisungen selbst auf die TroitoirS der Straßen und bek Brücke anzubringen wußte n so schien doch Inders und ältere. Neu erscheint ein in schweizerischem Styl aufgestellter Kuchensalon und der Tanzsalon von „BirkholzenS," der in seinem Aeußern nicht des Geschmackes entbehrt. Unter den Schaubuden sieht man neben den bekannten Firmen von „Knie" und „Wiljalba Frikell" einen magischen Salon von A. Kühne, eine englische Arena von Booms u. Chapmann, in einem physikalischen Erperi- mentalsalon einen Afrikaner und den Prinzen Colibri, unweit davon „das schönste Kind," ein mechanisches Theater, einen großen Ochsen, Seelöwen u. dergl. in. Auch eine bayrische Stelzentänzergesellschaft ist zu sehen, und was die Krone von Allem ist: die hiesige bekannte „Künstlerfamilie Magnus" ist in einem Theile bemüht, dem „geschundenen Raubritter" nun auch einen über Dresdens und SachsenS Grenzen hinauSreichenden Ruf zu verschaffen; denn daß es dieser Familie nicht an Zuspruch fehlen wird, ist sicher, und mancher Fremde dürfte auch von Einheimischen mit hineingelockt werden. Die Anwesenheit von Fremden ist nicht unbe deutend. — Auch in Einsiedel und Burkhardtsdorf bei Chemnitz werden zum I. August Posterpeditionen in'S Leben treten. Zu der Posterpedition in Frauen stein wird von derselben Zeit an auch eine Posthatlrrei kommen mit einer täglichen Post zwischen Freiberg und Frauenstein. Sayda, 23. Juli. In unserm lieben Sayda ist schon seit einigen Tagen ungewöhnlich freudig bewegte- Lebcn; wir rüsten uns zur festlichen Begehung de» am 5. und 6. August d. I. in den Mauern unsrer Stadt stattfindenden Jahresversammlung des „Dresdner Hauptvereins der Gustav-Adolph-Stiftung." Schon seit längerer Zeit ist der Local-ComitS thätig, um den Festtag durch Ausschmückung der Kirche und der Stadl zu verherrlichen. Ein Festzug durch die Stadt und Aufführung einer Kirchenmusik ist bereit- beschlossen. Die Herren Abgeordneten sollen in Privatwvhnungen untergebracht werden, und ich glaube, baß die Zahl der Abgeordneten kaum hinreichen wird, um die Wünsche der Vielen, die gern freundliche Wirthe sein möchten, zu befriedigen. Vom „Gasthofe zum Löwen" wo zugleich die Posthalterei ist, werden die Ankommenden von der Empfangsdeputation zu ihren Wirthen geleitet werden. Wenn es nicht an Ankommenden fehlt: an Unterkommen wird es nicht fehlen. Der Versammlungsort zum 5. August Nachmittags 2 Uhr wird jedenfalls das Zimmer sein, wo der Stadtrath seine Sitzungen hält. Ein Festprogramm, welches bereits gedruckt wird, enthält die Ordnung des FestzugeS, den Tert der Kirchenmusik, sowie die Ordnung bcS Gottesdienstes Mit Angabe der Lieder. — Wir begrüßen im Voraus den jetzigen Vorsitzenden des Dresdner Hauptvereinö, Herrn Pastor Böttger, nebst den einzelnen Abgeordneten der einzelnen Zweigvereine, sowie alle theilnehmenden Freunde von Nah und Fern mit herzlicher Freude. Sayda erkennt es mit aufrichtigem Danke an, daß eS im vorigen Jahre in Dresden zum Ort der bieSiährrgen Jahresversammlung deö „Gustav-Adolph-Vereins" gewählt worden ist. Der würdige Pfarrer Voiat aus Dorfchemnitz, welcher Vorsitzender deS Saydaer Zweig- Vereins ist, wird die Festpredigt halten. (Dr. I.)