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lassen stand sie hier, und ein noch nie empfundenes Grauen beflügelte ihren Gang, bis sie endlich Schutz und Ruhe in der nahen Mühle fand. Als aber daö Gewitter sich entladen, und der Himmel wieder rein war, so achtete sie nicht der Nässe, sondern schritt mit Verlangen die Wiesen entlang und stieg bei M.ü hlbach den steilen Pfad hinauf. Hein rich sprang fröhlich voraus und rief dem ersten alten Bekannten zu: „Jobst, Jobst!" und hing am Halse deS greisen Verwalters, der die Gewohnheit, den Kna ben zu hätscheln, noch nicht verlernt hatte. „Heinrich! Mariechen!" rief er voll Freude. — „Mariechen, liebes Kind, wie bist Du groß und schön geworden! — Aber ach! Dein armer Vater; — na! wir wollen nicht daran denken, Herzenskinder; wie wird die gnädige Herrschaft sich freuen!" — Und mit der, dem Alter eigenthümlichen Geschwä tzigkeit erzählte er alle die erlittenen Schrecknisse. Er war nicht vom Gute gewichen, und, war die Gefahr groß, dann hatte er sich in die Höhlen der Kalkbrüche geflüchtet. Sein Herr, Abraham von Schönberg aber, hatte mit seiner Ga'lin Zuflucht bei seinem Bruder, dem Justizrathe zu Dresden, gesucht und war nur vor wenig Tagen erst zurück gekehrt. Mit offenen Armen empfingen diese Edlen sie, und ihr HauS ward fortan der Aufenthaltsort der armen Waisen. Marie war auf der Brandstätte deS väterlichen Hauses gewesen und hatte am Grabe der Mutter ge betet. Sie hatte sich auögeweint, und die Güte ihrer Pfleger rief den Frieden in ihre Brust zurück. Sorgsam stand sie dem Hauswesen vor und theilte daS rege Thun und Treiben Abrahams mit gleich wohl- ihätigem Erfolg, denn schon vergaß dieser den Verlust unter Entwürfen neuer Gebäude. Diese erstiegen bald, und lustig wehrten die Bänder, als unter Jubel und Gesang der erste Erntewagen von den Felder» in daö Thor des Gebäudes einzog. Ein fröhliches Fest schloß den gesegneten Tag. Auch M arie nahm herzlichen Aniheil. Aber sie war nicht mehr das fröhliche Kind; Vie Begegnisse der jüngsten Jahre hatten ihrer Freude einen schwermü- lhigen Anstrich gegeben. Nicht ohne Theilnahme bemerkte dies Kaspar, der Sohn des Hauses, der Spielgefährte ihrer Kind heit. WaS iie sprach und that, erhöhete den Eindruck ihres ersten Erscheinens um so mehr, da er Soldat war und in einer Reihe blutiger Kriegsjahre faßt der Sanftheit entwöhnt war. Bald knüpfte er daS trauliche Verhältniß der Jugend auf'S Neue an und ward immer mehr von inniger Zuneigung gegen Marie erfüllt. Doch ihre zu Gülden stern gefaßte Zuneigung blieb wach und ward durch die Entfernung des Theuern nur noch ver stärkt. Ihr Gcmülh trug diese sanfte Zuneigung auf die leidende Menschheit über und sie ward so in den Hütten der Armuth ein helfender und tröstender Engel. So schritt sie eines TageS durch die waldige Schlucht in daö Thal von Lungkwitz herab, um einer kranken Mutter in Kreischa eine Labung zu bringen. Sie eilte, um ihr dieselbe recht bald zu ge währen, achtlos an dem Manne vorüber, welcher ab feit des Weges unter einer Eiche am Bache saß. Doch als er jetzt rasch sich erhob, lenkte sie den Blick auf ihn hin — und alle ihre Pulse stockten. — Das ist der Schwede! rief ihr Herz; aber eine unsichtbare Kraft trieb sie von dannen der noch weit entfernten Hütte zu. Erst, als ein Gebüsch sie um fing, blickte sie nach ihm zurück — «nd noch stand er auf derselben Stelle mit verschränkten Armen; ohne einen Fuß, ihr zu folgen, weiter zu sehen. War er eS auch? fragte sie sich selbst; — di« Jägertracht rin der große Hund an der Seite machten es zweifelhaft. Doch diese Züge und die Narbe deS Gesichts sprachen dafür. Wenn er es war, wie hätte er eS unterlassen können, sie anzureden? „Nein, er kann eö nicht gewesen sein!" seufzte bas Mädchen, als eö in dieHütte trat und die Frage der Kranken: „Wer denn, Mariechen?" brachte sie m Verwirrung. Ohne zu antworten, entledigte sie sich ihrer Ga ben und eilte bald wieder hinweg, mit dem Verspre chen, bald wieder zu kommen. Doch was sie in der Hütte der Kranken zu ver bergen bemüht gewesen, das entging der Fran von Schönberg nicht, ohne den Grund errathen zu können; doch ihrer Güte und Unschuld vertrauend, ließ sie Marie am nächsten Tage wieder nach Kreischa gehen, beschloß jedoch, auf Alles ein wachsames Auge zu haben. (Fortsetzung folgt.) Vermischtes. Der Kaiser von Frankreich hat befohlen, daß dem kaiserlichen Prinzen schon jetzt dieselben militärischen Ehrenbezeigungen er wiesen werden, wie dem Kaiser und der Kaiserin. Auch hat er angeordnet, daß der Prinz als Soldatenkind in die Listen deS ersten Gardegrenadier-RegimenteS eingetragen werde. Die Pariser Gesellschaft „Lrväit wobiUer" hat 1SSÜ mit ihren umfänglichen Spekulationen und Finanzoperationen einen Gewinn von 24'/r Millionen FrcS. gemacht. Mittheilungen über die Verhandlungen der Stadtverordneten in Dippoldiswalde. 9. öffentliche Sitzung am 2S. April Gegenwärtig: Ich ne, stellvertr.Vorsitzender; Lauschke, Günther, Dörner u. lvchernal, sowie di« Echtchmänner Kästner, Gottlob S chmidt und Letch«r. Nachdem man 1) von dem Danksagungsschreiben de« Herr« Lomnran- danten der hier OrtS in JnterimSgarnison gestandenen Artillerie- Abtheilung Kenntniß genommen, beschloß man 2) in Betracht, daß di« von dem Stadtrathe mttgetheilte summarische Ueberstcht der durch die zeither im Rathhause vorge nommenen Baulichkeiten entstandenen Aufwände als eine geeig nete Unterlage zur Prüfung nicht anzusehen, die Vorlegung einer specicllen Baurechnung, mit Beifügung der dazu gehörigen Unter lagen, zu beantragen; 3) den in Vorschlag gebrachten äußern Abputz des Rath» Hauses wenigstens zur Zeit aufstch bcruhenzu lassen, dahlnsteae» aber den Stadtrath zu ersuchen, die äußerst uothweMs^äe RüAew Restauration der hiesigen Stadtkirche und Einleitung dnSsallsigtr Verhandlungen öei der Königlichen Kirchen-Jnspeetion zu bean tragen. ) ttU Ferner genehmigte man !!>,:> r-,>, 4) dieAuösetzung eine« jährlich« Mchalieg vo, SYTHkr«, für die dritte NachtwächterMe, ingltLch« Hs« Gewährnng einer jährlichen Unterstützung von 25 Thlrn. an den wegen Dvnß- untüchtigkeit zu entlassen gewesen«, bezieh«ndiich im Dienst ver unglückten Nachtwächter tzlebscher unter gewissen Borkehalten, gleichergestalt auch