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UrE Weißenh-Zeitung BeranNvortlicher Rcdacteur: Earl Jehne i» Dippoldiswalde. Freitag. Erscheint ij! Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstal- ten. Preis pro Quart. 10 Ngr. Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmann 5. August 1853. "t ',«> r-.-st. t Aaserat» w«lde» HU 8 Pf. G/ di. Zeile berechnet und in alle» l Expeditionen angenommen. Tagesgeschichte. Am 3t. Juli 1853. AuS dem MügliHthale verlangen Sie Mittheckungen für Ihr Blatt; aber was soll ich Ihnen schreiben? — Die Witterung ist hier, wie bei Ihnen; eine Beschreibung derselben wird daher für Sie, wie für Ihre Leser, von wenigem In teresse sein. Gnädige und allergnädigste Herrschaften giebt es hier nicht; von dem Geruhen ober Nicht- aeruhen solcher kann ich demnach nichts berichten. Eine malerische Schilderung der mannichsachen Krüm mungen, Abstufungen, Zerklüftungen unserS Felsen- ihaleS? — Besäße ich auch die Geschicklichkeit in der Mischung und dein Aufträgen der dazu nöthigen Far ben- und Pinselstriche: doch könnte ich mich dazu nicht entschließen. Solche Scenerie kommt mir immer vor wie rin Concertzettcl ohne Musik, oder wie eine Speisekarte an der leeren Tafel; sie nimmt zwar die Phantasie in Ampruch, läßt aber Sinne und Gemüth fast ganz unbefriedigt. Wer empfänglich ist für Schön heit der Natur und solche nicht bloS im Auslande und bei den meist nur aus Gewinnsucht errichteten Restaurationen sucht, der wage eine Wanderung durch unser gekrümmtes Thal; sie wird ihn nicht gereuen. Bor 14 Tagen machte ich eine solche von Bärenstein aus und dachte dabei der alten Zeit, in der von einer gebahnten Straße an der Müglitz nur sehr wenige Spuren zu finden waren. Wie beschwerlich war'S damals zu wandern! wie noch weil beschwerlicher, zu fahren! Und jetzt? — Leicht rollt der Wagen dahin; flüchtig schreitet der Fuß fort, denn eben ist die Bahn, als ob Eisenschienen gelegt werden sollten. Ach, seufzte man in Bärenstein, wenn nur auch die Straße endlich fertig wäre bis zur Gränze hinauf! Daß eS damit gar so lange dauert! — Bei Glashütte be trachtete ich mir von Außen die Nägelfabrik der Her ren Zimmermann und Leinbrock, die schon eine ziem liche Anzahl Arbeiter beschäftigt und durch ein Walz- und Hammerwerk, was noch im Entstehen ist, erwei tert werden soll. Möchte den Unternehmern die Un terstützung, deren sie dazu sehr bedürfen sollen, auch um des allgemeinen Bestens willen, bald zu Theil werben! Naher an das Städtchen Glashütte kommend, wurde ich aufgehalten durch die Betrachtung eines Monumentes, von dem ich anfänglich nicht wußte, was eS zu bedeuten habe. Mich umschauend und gleichzeitig bei Vorübergehenden anfragend, kam ich zu der Erkenntniß, es sei dies die ehemalige Meilen fäule, die im Jahre 1723, geziert mit dem churfürst lich sächf und königl. polnischen Wappen, am Markte zu Glashütte, in der Nähe der Kirche, aüfgestellj und der Stadt verehrt, vor Kurzem aber von der jetzigen Stadtverwaltung hierher versetzt und dabei oben und unten so verkürzt worden war, daß sie in ihrer gegen wärtigen Gestalt eher einem Denkmale, waS sich Ge schmacklosigkeit, übel angebrachte Oeconomie und Ar mut!) an Pietät gegen altvaterländische Institutionen, zur Verewigung gesetzt hat, als einer churfürstl. sächs. und königl. poln. Post- und Meilensäule zu verglei chen ist. Den früheren steinernen Unterbau hat man anderweit verwendet; die in Stein gehauenen Wap pen liegen seitwärts der Straße im Kothe, und eine Inschrift sucht man vergeblich an der so beschnittenen Säule. Webmüthig gestimmt ob solcher Unrierde, folgte ich dem Menschenzuge im Städtchen hinauf. Es war der Tag des Vogelschießens der hiesigen über 300 Jahre alten Schützengesellschaft, und der Besuch von Auswärtigen wahrlich nicht gering. ES ist nicht zu leugnen, daö Städtchen ist seit einigen Jahren durch Reparatur und Abputz der Häuser, durch die Einfassungsmauern des PrießnitzbacheS und-durch den Bau einer Straße durch dasselbe, weit freundlicher geworden, als früher; allein, wie verlautete, hat sich dadurch auch die Last der Stadtschulden beträchtlich vermehrt und nicht, wie statutenmäßig geschehen sollte, alljährlich vermindert. — Unter solchen Betrachtungen kam ich an den Markt und Vas Gotteshaus. Hier fand ich den Straßenbau übel angebracht; denn auch hier hat man den Straßengraben fortgehen lassen und so Diejenigen genöthigt, über denselben zu volttgiren, welche die Kirche besuchen wollen. Und welche Masse von Schutt hat man dazu herbeiführen müssen! Hätte man die frühere Abdachung beibehalten und gepflastert: man würde kaum mehr Ausgabe, aber den damaligen hübschen freien Platz auch fernerhin und dabei zugleich eine trocknere Straße gehabt haben, als jetzt bei dem weichen und wasserverwanbtschaftlichen Material, wo mit man die Straßenerhöhung und damit einen Damm hergestellt hat, hinter dem sich im Winter der Schnee und dann bei'm Thauwetter das Wassergefluthe fuß hoch anstauet. — So mich mit mir und andern Wan derern unterhaltend, gelangte ich auf die zahlreich be suchte Schießwiese, wo es munter herging und die noch nach alt-napoleonisch-französtscher Weise unifor- mirten Schützen mich auch beinahe gemahnten wie herumwanbelnde Antiken. Sie nehmen sich jedoch nicht übel aus und mich vergnügte das bunte Treiben eine Zeit lang. Da aber mein heutiges Reiseziel an der Elbe gesteckt war und ein dahin zurückkehrender Wagen noch einen Platz für mich hatte, so rollte ich damit schnell wieder dem Müglitzthale zu und in dem selben hinab nach Weesenstein; wobei ich aller-