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ächt Groschen begnüge; wären Sie einigermaßen von christlicher Gesinnung beseelt, würden Sie mir eine solche Anmuthung gar nicht stellen und freiwillig noch vier Groschen zulegen." Jetzt ward es dem Candidaten zu arg:' Der jüdische Trödler zog sogar seine christliche Gesinnung i» Zweifel-, bei ihm, einem so gottesfürchtigen Can« dldutfy der GotteSgelahrsamkeit! Das war nicht zu ert^agnr. Halb Zorn, halb Wehmuth im Herzen, wollte EliaS ohne ein Wort zu erwiedern davon. „So warten Sie doch," rief ihm der Trödler nach, ,,cin Gebot giebt das andere, Thal und Berg kommen zusammen, warum wir nicht." „Nimmermehr!" antwortete EliaS, „aus unserm Handel kann auf dieser Welt nichts werden." ! So kommen Sie nur einen Augenblick zurück," Mk der Trödler drängend fort, „Sie wären der Erste Nicht, mit dem ich nicht noch Handels eins ge« nwrden wäre." Unschlüssig zögerte Elias. Endlich ließ er sich bewegen, nochmals umzukehren. „Nun," begann der Trödler den Handel von Neuem, „ich will an Ihnen mein Möglichstes thun, obschon ich nicht weiß, wie ich es bei meiner Frau verantworten will. Unter der Bedingung, daß Sie gegen Jedermann reinen Mund halten, sollen Sie mir nur vier Groschen herausgeben nächst dem Fracke, dann will ich das herrliche Jäckchen, so weh mir'S thut, verschmerzen." Der Candidat ergriff abermals bei diesem Vor schläge die Flucht und kam auf des Trödlers Bitten nochmals zurück. „Sie sind auch schrecklich kurz angebunden," sprach letztrer. „Unter der Bedingung, daß sie mich künftig Wreddr in Nahrung setzen, sollen Sie mir dießmal nichts heräusgeben." EliäS konnte sich noch immer nicht zum Handel entschließen. „Nun" rief der Trödler im verstellten Tone des höchsten Erstaunens, „Sie wollen doch nicht etwa noch heraushaben?" „Allerdings," gestand der Candidat stockend, der durch die Aechtung, die der Handelsmann über seinen Frack ausgesprochen, an diesem selbst ganz irre ge worden. „Nun daS ist spaßhaft," fuhr der Händler iro nisch fort, „waS verlangen Sie denn?" „Unter einen Thaler," sprach leise EliaS, „kann ich den Frack gegen das Jäckchen nicht abtreten." „Was, einen Thaler?!" schrie hier der Tröd ler mit einer Stentorstimme, daß der Candidat er- schrack und ihn bat, nicht 10 außerordentlich zu schreien. Da half aber kein Bitten und Zureden. Der Händler that unermeßlich aufgebracht über solches Gebot. Doch damit wir diese Angelegenheit nicht zu weit ausspinnen, das Ende vom Liede war daS Gewöhnliche. Durch beiderseitiges Nachgeben ward man endlich dennoch Handeleins. EliaS erhielt für seinen Frack daS Rankinajäckchen nächst sechSzehn Gro schen schlecht Geld, obschon der Trödler fortwährend schwur und betheuerte, daß er gewissenlos an Weib und Kindern handle. "u Der Candidat wurde nun inetamorphosirt. DaS gelbe Nankingjäckchen stand ihm ziemlich possirlich zu seinen schwarzen Beinkleidern und schwarzer Weste. Allein da es gerade Sommer War, MM sonderbare Tracht nicht weiter auf. In dem benachbarten AuS schnittladen begann EliaS nun einen neuen Handel kaufte für vierzehn und einen halben Groschen Kat tun, allerdings nicht den feinsten, und für drei Gro schen ein Halstuch für den Bruder. Himmelselig wanderte er nach diesen für ihn so wichtigen Geschäften zum Thore hinaus. Er konnte sich's zwar nicht verhehlen, daß ihn der Verlust seines soliden Fracks etwas schmerzt, das Jäckchen war auch gar zu luftig, und daß er so wenig auf seinen Schwar zen herattSbekommen; wenn er aber deS Kattuns ge dachte, des Halstuchs und der Freude, die er damit anrichten werbe, so verschwand jede wehmüthige Em pfindung, denn der Himmel einer rührenden kindlichen Liebe mit all seinem Segen ruhte in seiner Brust. Jetzt ging dir Reise leichten Schritts auf Feld wegen zwischen wogenden Kornfeldern hindurch, von Dorf zu Dorf, immer in der Richtung nach seiner Heimath. Der Abend war schon hereingebrochen, als er oin armseliges Dörfchen erreichte, wo er zu übernachten beschloß. Jetzt fühlte er recht den Man gel seines Fracks, denn mit einem solchen hätte er als frommer Candidat vielleicht bei dem Ortsgeistlichen Abendimbiß und Nachtherberge gefunden; in seinem dermaligcn Costum wagte er aber nicht seine Auf wartung zu machen. Am folgenden Tage kam ihm die Gegend, wo an den Rainen häufig wilde Himbeeren wuchsen,, recht zu Statten. Er lebte fast den ganzen Tag von nichts als solchen Beeren, welche ihm nebst einem Stück trocknem Brode herrlich mundeten, und konnte dem lieben Gott nicht genug danken, daß er eine solche herrliche Frucht erschaffen habe zum Nutzen und Front- mmen der Wanderer, die in den Wirthshäusern nicht viel aufgehen lassen konnten, wie dieß bei ihm der Fall war. Gegen Mittag deS zweiten Tags stach die Sonne gewaltig aus ihn herab. Vergebens sah er sich weit und breit nach einem schattigen Plätzchen um. Nir gends war ein solches zu erblicken; nur in vor Ferne winkte ein Dorf, Keuchend und halb verschmachtet erreichte er endlich dasselbe, .Et srug nach der Schenke, eö gab keine im Orte. Er bat in einigen Bauern häusern tim einen Trunk Wasser. Man wieS ihm hartherzig die Thür. Endlich in einem der letzten ward seine Bitte erfüllt. Er bekam für sechs Pfen nige auch ein schön Stück Brod und ein wenig But ter. Hier denn lagerte sich EliaS unter einem weit schattenden Nußbaum in'S weiche Gras und verzehrte sein frugales Mitlagsbrod. Gastlich blickte daS statt liche Pfarrhaus zwischen hohen Ulmen zu ihm herüber. „Ja, wer einen Frack hätte," sprach Elias, „der könnte vielleicht dort drüben an stattlicher Tafel sitzen in gelahrtem Gespräch mit dem Herrn Pfarrer." Ein Seufzer entstahl sich seiner Brusd, dxr Arme hatte nun seit fünf Tagen fast von nichts als trocknem Brod gelebt. Da fiel aber sein Blick auf daS Päck chen Kattun, und alles Leib wär vergessen ^ denn er gedachte der Freude, die er seiner alten Mutierend seinem kranken Bruder bereiten würde, n r i ? EliaS beschloß während.seiner Mittagsmahlzeit, von nun an kein Nachtquartier ^ weiter, zu machen, sondern in einer Strecke f-rtjmvandevn.bis zu seinem Wohnorte, welcher nicht mehr zu weit entfernt war. Nachdem er sich gelabt, gestärkt und ausgeruht hatte, setzte er wohlgemuth seine Wanderung fort. Wieder begann die Sonne zu stechen, als ihn bald ein schattiger Wald aufnahm. Wer war froher als