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D-rSOW-LrMer 2. Bischofswerdaer Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Iles Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt« Mannschaft, der Schulinspektion und des tzauptzollamrs zu Bautzen, des Amtsgerichts, des Finanzamtes und des Stadtrals zu Bischosswerda. eine Denkschrift vorzulegen über Anzahl, Höhe und Berechnungsart der seit der Staatsumwälzung für Reichskanzler und Reichsminister festgelegten Ruhe gehälter, unverzüglich einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Pensionsverhältnisse des Reichskanzlers und der Reichsministcr den jetzigen Verhältnissen entsprechend r«-«ll.E .. Unabhängige Zeitung für alle Stünde in Stadt und Land. DichtesteVerbreitung in allen Volksschichten Beilagen: Sonntags-Unterhaltungsblatt und Landwirtschaftliche Beilage Geschäftsstelle Bischosswerda, Altmarkt 15. — Druck und Verlag von Friedrich May G.m.b.H.inBischoiswerda. Fernsprecher Nr. 444 und 445 Herrn Fehrenbach den früheren Reichskanzler Dr. Marx mit der Kabinettsbildung beauftragen werde. Für Montag vor mittag elf Uhr ist nun der Führer der Demokraten, der Reichsminister a. D. Koch zum Reichspräsidenten gebeten, und cs ist anzunehmen daß nun ihm der Versuch der Kabi nettsbildung angeboten werden wird. Dr. Koch macht den Versuch. Berlin, 14. Dez. (Drahtb.) Wie die Tclunion erfährt, hat der demokratische Parteiführer Dr. Koch heute vormittag nach einer Unterredung mit dem Reichspräsidenten den Auf trag zur Regierungsbildung übernommen. Hierzu wird folgende amtliche Meldung ausgegeben: Der Herr Reichspräsident empfing heute vormittag den Reichsministcr a. D. Abg. Dr. Koch zu einer Besprechung über die derzeitige politische Lage und die Regierungsbil dung. Er richtete hierbei an Herrn Dr. Koch das Ersuchen, auf der Grundlage der Großen Koalition die Regierungsbil dung zu übernehmen. Reichsministcr a. D. Dr. Koch er klärte sich zur Uebernahme des Auftrages bereit. Es gibt zahlreiche prominente Minister a. D., die hohe Pensionen für kurzfristige Gelegenheitsarbeit beziehen. Nunmehr wissen sie, was sie zu tun haben. Als Herr Fehrenbach seinen Kanzlerposten aufgab. da war cs recht und billig, daß man ihm eine Pension gab und dabei seine Rechtsanwaltsjahre auf seine Dienstzeit anrech nete. Und Fehrenbach steht nicht allein. Man hat „Funk tionären" der Sozialdemokratie ihre Parteitätigkeit, hat ihnen sogar Jahre, die sie tm Zuchthaus verbrachten, als pensioysberechtigt angerechnet. Die deutschnationale Reichstagsfraktion hat beschlossen, zur dritten Lesung des Pensionsetats folgenden Antrag zu stellen: „Der Reichstag wolle beschließen, die Reichsregie rung zu ersuchen, 1. Schiele gibt seine Ministerpension -en Kriegsblinden. In der gesamten Presse der Weimarer Koalition ent rüstet man sich darüber, daß dem wegen Locarno aus seinem Amte geschiedenen deutschnationalen Reichsinnenminister Schiele von den zuständigen Stellen eine Pension von jähr lich 10 000 Mark zuerkannt worden ist. (Bisher hat man von solchen Entrüstungen nichts vernommen.) Die Berech nung des Dienstalters Schieles ergab unter vorschriftsmäßi ger Einrechnung seines Militärdienstes, daß die vorgeschrie- benen zehn Dienstjahre, die zur Erlangung einer Pension mindestens erforderlich sind, erfüllt waren. Die Pension wurde daraufhin ohne Wissen Schieles, der selbstverständlich auch keinen Antrag auf deren Gewährung gestellt hatte, an gewiesen. Der deutschnationale Abgeordnete Koch-Düsseldorf teilte am Sonnabend im Reichstag mit, daß Reichsminister a. D. Schiele an das Neichsministerium des Innern folgendes Schreiben gerichtet hat: „Auf das gefl. Schreiben vom 29. 10. betr. die Fest setzung meiner Ministerpension beehre ich mich, folgendes zu erklären: Ohne jedes Zutun von meiner Seite ist mir von Amts wegen ein Ruhegehalt zugcbilligt worden. Wenn diese Zuwendung auch der gegenwärtigen Gesetzgebung ent spricht und daher für mich einen klagbaren Anspruch dar stellt, so habe ich doch niemals verkannt und bei den ver schiedensten Anlässen zum Ausdruck gebracht, daß die Vor schriften des Reichsbeamtengesetzes über die Ministerpension nicht mehr zeitgemäß sind und einer Aenderung bedürfen. Ich lege Wert darauf, als pensionierter Minister schon jetzt nicht günstiger behandelt zu werden, als dies nach dem zukünftigen Ministcrpensionsgesetz der Fall sein würde. In Erwarkung eines solchen Gesetzes werde ich deshalb, do ein Verzicht auf das Pcnsionsrecht staatsrechtlich unwirk sam bleibt, die mir zustehenden Pensionsraten der hiesigen Organisation der Kriegsblinden zur Verfügung stellen und dem Versorgungsaint einen entsprechenden Ueberweisungs- auftrag zugehen lassen." Die Regierungskrise. Die Neubildung der Reichsregierung verläuft anders, wie man es früher gewohnt war und den Parteien ist bei der Art, wie die Lösung der Krise behandelt wird, nicht recht wohl — ein Beweis dafür, daß diese Art so übel nicht sein kann. Die Parteien waren aus der früheren Zeit her gewohnt, daß sie sich in der Dunkelkammer zusammensetzen mid um Ministerposten schachern konnten, ohne daß ihnen dabei jemand auf die Finger sah. Eine Koalition ist doch immer auch eine Versicherungsanstalt auf Gegenseitigkeit, und solange die Hoffnung besteht, daß das Geschäft zustande kommt, behandelt einer den anderen mit Schonung. Die liebe alte Schacherpraxis aber wird empfindlich ge stört, wenn der Reichspräsident selbst sich um die Herstellung einer Arbeitsgrundlage für die neue Regierung bemüht. Da ist man nicht mehr unter sich, da steht man einer Persön lichkeit gegenüber, die nicht an Parteiinteressen gebunden ist, sondern die nur auf das Staatsganze sieht, und da fühlt man sich in der holden Gewohnheit des Schacherns und Feil schens gehemmt. Aus diesem Grunde wohl erteilten alle Parteiorgane, von dem der Sozialdemokratie bis zu dem der Deutschen Volkspartei, dem Reichspräsidenten am Sonn abend ungeduldig den Rat, nun endlich einen Kanzler zu er nennen, mit dem die Parteien „das Geschäftliche" weiter be sprechen könnten. Man sieht, das Bestreben, den Reichsprä sidenten auszufchalten, ist einstweilen das einzige Band, das die Parteien der Großen Koalition einigend durchzieht. Die Parteigrößen hatten erwartet und wohl auch den leisen Wink erteilt, daß Hindenburg den bisherigen Reichs kanzler Luther mit der Neubildung beauftragen würde. Dann würde man erklärt haben, daß Luther, der bekanntlich kein Parteimann ist, das Vertrauen der Parteien nicht be sitze, die Mission Luthers wäre als gescheitert hinausposaunt worden und die Parteigrößen hätten nach dem üblichen Lchachergeschäft sich wieder in die Ministersessel gesetzt. Aber Hindenburg durchschaute wohl das Spiel. Er gibt erst den Parteiführern Gelegenheit, ihr Können zu beweisen. Darob große Entrüstung in der demokratischen Presse. Die Zit tauer Morgenzeitung z. B. äußert sich: „Andere sollen für Herrn Luther ins Feuer gehen. Zuerst Herr Fehrenbach: wenn er nicht will, dann vielleicht Herr Marx: verzichtet dieser, soll, wie man läuten hört, Herr Koch non den Demokraten an die Reihe kommen; als letzten Notnagel hat man sich einen Sozialdemokraten Vorbehalten. Erst wird es hem einen oder anderen dieser Herren freundlichst überlassen, seinen politischen Ruf aufs Spiel zu setzen, und dann kommt Herr Luther auf freier Bahn als Triumphator und übernimmt schmunzelnd das wohlvorbereiiete Amt . . . Wir sind nun wirk- lich sehr gespannt, wie Herr Fehrenbach, dem zuerst die schöne Aufgabe zusällt, die groben Aufräumungsarbeiten zu leisten, sich verhalten wird." Die angebliche Spannung ist bereits gelöst, denn Feh renbach hat, wie ja vorauszusehen war, abgelehnt. Wir ver zeichnen hierzu nachstehende Meldung: Berlin, 13. Dez. (Drahtb.) wie die Telegraphen- llnion von maßgebender Kelte erfährt, hak der Reichspräsi dent heute vormittag den Abgeordneten Fehrenbach zu dem ongekündigtcn Besuch empfangen. Der Reichspräsident bot ihm die Bildung des Kabinetts auf der Basis der Großen Koalition an. Der Abgeordnete Fehrenbach lehnte jedoch "b. Indem er ausdrücklich betonte, daß er diese Ablehnung "'ich Im ."Namen seiner Fraktion aussprechen müsse. Infolge- d ''v'i entfällt auch die in der Presse angcdcutete Möglichkeit, i der Rcichspräsidrot im Fall« der «btehaaag durch Dr. Stresemarrn über das Arrslandsdeutfchtrrm. Bei einem Empfang der Berliner Presse ergriff Dr. Str«s«> mann das Wort und führte u. a. aus: Die große Ausgabe «r Gegenwart ist die Kulturarbeit an allen Gliedern deutschen Stam- - mes. 30 Millionen Menschen deutschen Blutes leben heut« außer halb der Grenzen des Deutschen Reiches. Die deutsch« Staatsgrenze fällt mit der deutschen Volksgrenze fast nirgends zu sammen, und Millionen Deutscher sind vom Kern ihres Volkes ab getrennt, im Zustand der Minderheit, unter fremder Souveränität. Hier liegen unsere großen Aufgaben. Die Deutschen im Ausland« sind nach der Neuordnung Europas zum deutschen Gesamtoolkstum in ganz neue, wichtige Fragen aufwerfende Verhältniss« getreten. Wir sehen in ihnen eine neue Gruppierung der Kullurelement«, die man früher nicht gekannt hat. Wir sehen anderseits die An wendung von Straf Mitteln, um das deutsche hochstehende Kulturelement niederzuhalten, zurückzudrängen und zu zerstören, lleberall in Europa steht das Auslandsdeutschlum in schwerem Kampfe nm die Erhaltung seiner Kultur, der aber nicht so aus sichtslos ist, daß er nicht zum guten Ende geführt werden kann. Wir hören viel vom äußeren Druck, aber der Druck erzeugt Gegen druck. Man kann vielleicht Denkmäler zerstören oder fortbewegen, aber der Geist eines Volkes ist unzerstörbar, auch wenn man ver sucht, ein äußeres Monument zum Schweigen zu bringen. Eines muß eine solche Bewegung haben: sie muß einen Mittelpunkt haben, sie muß wissen, daß irgendwo ihre Heimat ist, und muß wissen, daß die Heimat ein angesehenes Volk ist, sie muß sich zu ihr zurücksinden und muß den Gedanken hegen, daß allen Staats grenzen zum Trotz der Gedanke einer deutschen Kulturge meinschaft besteht. Deshalb sehen wir auch hier eine gan- große Aufgabe des Staates und Volkes, hier kann unendlich viel erhalten und unendlich viel vor der Verschüttung bewahrt werden. Dazu kommt ein anderes: Das Problem der Auswanderung, die eingesetzt hat mit der Verschlechterung unserer wirtschaftlichen Ver hältnisse, der Drang nach Uebersee, der viel bedeutsamer sein wür de, wenn nicht andere Staaten ihm Hemmnisse entgegengestellt hät ten. Das Ziel dieser ganzen Arbeit ist der Gedanke der kulturellen Volksgemeinschaft. Gin Schlag gegen das deutsche Turn wesen in der Tschechoslowakei. Die „Abwehr" in Warnsdorf meldet: Einer Abordnung deutscher Schützenvereine, die dieser Tage im Innenmini sterium gegen die Knebelung der Vereinsfreiheit und des privaten Eigentums, wie sie in dem bekannten Erlaß be treffend die „Reorganisationen" des Schützenkorps zum Ausdruck kommt, protestierte, entgegnete ein maßgebender Ministerialbeamter, daß der Erlaß unabänderlich sei und nur die Interessen des Staates gegenüber den Schützenkorps wahrnehme. Im übrigen werden in der nächsten Zeit ähn liche Verfügungen an die Turnvereine erlassen werden, um liefe Vereine in den Dienst der militärischen Jugenderzieh ung zu stellen, wie sie vom Ministerium für Nationalbildung geplant ist, um eine Verringerung der aktiven Militärdienst zeit zu ermöglichen. Wie aus den Aeußerungen des Mini sterialbeamtern hervorgeht, die nicht privater, sondern amt licher Natur sind, da sie einer Abordnung gegenüber getan wurden, liegen die -mtsprccl-enden Erlasse schon fertig in den Schubladen des Innenministeriums. Sie werden nicht nur ein Eingreifen in das nationale Leben sein, sondern auch — wie alles in diesen, Staate — ein Versuch, sich des Eigen tums der Turnvereine zu bemächtigen, wenn sich diese den Bestimmungen des Erlasses nicht fügen wollen. Drotlosmachung der deutschen Eisen bahner in der Tscheche-. Prag, 12. Dez. Die „Cesko Slowo" befürchtet, daß der von den, früheren Eisenbahnminister Franke so zielbewußt durchgeführte Abbau der deutschen Eisenbahner durch den Regierungswechsel ins Stocken geraten könnte. Dabei er fährt man, daß bisher 9000 deutsche und ungarische Eisen bahner entlassen worden sind und daß noch weitere 5000 deutsche Eisenbahner auf die Straße geworfen werden sollen. Gegen die D^tscherrverfoLgrrrrg Der im Wahlkreise Ostsachsen gewählte deutschnationale Abgeordnete Dr. Ouaatz hat im Reichstag folgende Inter pellation eingebracht: Italienische Behörden und Faschisten verbände üben in Südtirol wieder einen geradezu unmensch lichen Terror aus. Namentlich gilt die Verfolgung dem deutschen Priratunterricht. Jeder Versuch, deutschen Kin dern Kenntnis der deutschen Kultur zu vermitteln, wird als eine Straftat angesehen. Nicht nur Beschlagnahmen, Geld strafen usw. werden verhängt, sondern es wird auch mit Ortsverweifungen und Einkerkerungen voraegangen. Eine Reihe italienischer Untertanen deutscher Nationalität sind bareit» in das Gefängnis geworsen. Tagesschau. * Der Zentrumsabgeordnete Fehrenbach hat den Auf trag zur Kabinettsbildung abgelehnt. Montag vormittag ll Uhr ist der Führer der Demokraten, Koch, vom Reichs präsidenten empfangen worden. Er hat den Aufrag ange- rcmmen * Der Reichstag hat die Anträge seines Hauptausschus ses auf Erhöhung der Erwerbslosensürsorge um 20 bezw. Ä v H. angenommen. Die Beamtenbesoldungsfrage steht Rvntag zur Debatte. * Bei einem Empfang der Berliner Presse vertrat Dr. Slresemann den Gedanken einer kulturellen Volksgemein schaft mit dem Auslandsdeutschtum. Der vorbereitende Ausschuß für die Abrüstungskonfe renz soll am 15. Februar 1926 in Genf zusammentreten. Durch eine Verordnung des bayerischen Staatsministe- riums ist der Ausnahmezustand in Bayern wieder aufge hoben. Zu den mit * bezeichneten Meldungen finden die Leser Aus- jährliche» an anderer Stell«. Ersch innngowrtfe: Jeden Werktag abends ,ür den ivlgend. Tag. Bezngaprei» illr die Zeit eine» halben Monats: Frei ins Haus halbmonatlich Mk. 1.20, beim Abholen in der Geschäftsstelle wöchentlich 50 Pfg. Einzelnummer iS Pfg. — Alle Postanstaltrn, owie unsere Zeitungsausträger und dir Geschäftsstelle nehmen iederzel, Bestellungen entgegen. 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