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Nk. ZS. 8. MM. Ml W ss'W Unsere -Äeiinot ^onnLags-Aelldlge zmn Sächsischen Lrzäfildr Mutter MOslhe«s Liebster. Aus „Luginsland", Sammlung Oberlausitzer Dorfgeschichten, von Wilhelm v. Polenz. (Schluß.) (Nachdruck verboten.) Mutter Manisch sich Ne erneu fruchtlosen Kampf. Sie versuchte es mit Härte. Tagelang lieh sie ihn nicht irrs Haus ein, wenn er von seinen Fahrten zurückkehrte, abgerissen und abgebrannt. Da lag er dann draußen im Garten und schlief sich nüchtern. Kain er aber und winselte um Einlaß, so nahm sie ihn schließlich doch wieder auf. Gut erging es ihm dann freilich nicht. Sie strafte den alten Sünder ab. wie einen Schuljungen, und er, dem der Alkohol immer noch so viel Kraft in seinen mächtigen Fäusten gelassen hatte, um mit jedem Frauenzimmer fertig zu werden, wagte keinen Finger zu rühren gegen die Greisin. Da kam der: erzieherischen Versuchen seiner Freundin ein Unfall, den Bierlich-August erlitt, in ungeahnter Weiss zu Hilfe. Eines Nachts närnlich, als er schwer betrunken nach Harw schwankte, stürzte er von der Brücke in das Eis des gefrorenen Dorfbachs hinab, brach den Oberschenkel urtd lag stundenlang dort unten, dis Vorübergehende ihn bemerkten und aufhoben. Man hielt ihn für tot und schaffte ihn in das Haus der Leichenmuttcr. Unter den Händen, der alten Frau kam der Erstarrte wieder zu sich. Monate hindurch rang er mit dem Tode. Nur der aufopfernden Pflege, die. ihm K-rroline Mauksch angedeihen lieh, hatte er es zu verdanken, wenn er dem schweren Unterleibsleiden, das er sich im eisigen Wasser ge- - holt, nicht erlag. Sein Bein blieb krumm, trotzdem es der Doktor geschient hafte. Bierlich-August war M Krüppel geworden. Es dauerte weitere lange Monate, ehe er den Gebrauch seines gebrochenen Beines so weit bekam, daß er sich ins Dorf wagen konnte. Man fand, ihn sehr verändert, die Krankheit hatte ihn zahm gemacht. Ern Jahr lang beinahe war kein Branntwein über seine Lippen gekommen. Es war gegangen auch ohne Schnaps, was er früher nicht für möglich gehalten hätte. Am Wirtshause humpelte er jetzt mit steifem Blick vorüber, als sähe er es nicht. Es hatte wahrhaftig den Anschein, als sei Bierlich-August von der Trunksucht geheilt. So ging es ein paar Jahre. Jetzt, wo er ihr nicht mehr entwischen konnte, hatte ihn Mutter Mauksch ganz anders im Zügel als zuvor. Sie hielt das Heft in Händen, in jeder Beziehung. Bar Geld, das er für Tabak brauchte, bekam er in die Hand gezählt, und über jeden Pfennig mußte er Rechenschaft ablagen. So wußte sie ihn in Nüch ternheit zu erhallen, bis ihm die Enthaltsamkeit zur Ange wöhnung wurde, August Bierlich fing an. zu den respettabeln Leuten des Dorfes zu zählen. Hatte er doch drei Feldzüge mitgemacht. Er rückte daher mit den Jahren in die Zahl der Veteranen ein, mit denen bei festlichen Gelegenheiten parodiert wurde. Für angestrengtes Arbeiten zeigte er auch jetzt noch keine große Neigung, aber Karoline Mauksch wußte ihn zu allerhand nützlichen Hantierungen anzustellen. Er mußte, wenn sie außer Hause war, das Kücheirreisig zerkleinern, den Topf am Feuer rücken, die Ziegen melken und sie mit Ffitter versorgen. Die beiden Leute lebten miteinander friedlicher als manches Ehepaar. Zärtlichkeiten gab es nicht zwischen ihnen, was auch die Klatschbasen darüber hin und her er zählen mochten im Dorfe. Es vergingen Tage, wo kaum ein Wort gewechselt wurde. Mutter Mauksch war keine Freundin vom vielen Sprechen, und Bierlich liebte nicht, den Mund zu öffnen, weil er dann seine Pfeife, die er in Ermangelung von Zähnen mit den Lippen hielt, hätte los lassen müssen. Auch trug er in seinem großen Kopf nicht allzuviel Gedanken mit sich herum. Zu den Hellen hatte er niemals gehört, und seine Erinnerungen, aus denen er manches Interessante hätte berichten können, waren ihm bei jenem verhängnisvollen Sturz auch etwas durcheinander geraten. Eines Tages beging der Militärverein seine Fahnen weihe. Bierlich hatte als aller Krieger eine Einladung dazu erhalten. In seinen Sonntagssachen, frisch rasiert, mit den Denkmünzen aus drei Feldzügen geschmückt, humpelte er zum Festplatz. Mutter Mauksch hatte ihm eine abgezählte Summe Geldes mitgegeben, die zu zwei Glas Bier gerade reichte. Er solle noch vor dem Dunkelw«den zuriüttorn- men, hatte sie ihm eingeschörst. Arif dem Festplatz war ein Podium errichtet, Masten erhoben sich, mit Eichenlaub und Tannenzweigen umwun den, Fahnen wehten, Böllerschüsse wurden abgefeuert, ein« Ehrenwache präsentierte das Gewehr, weißgekleidete Mäd chen schmückten die Krieger mit Schleifen und Blumen. De putationen überreichten Bänder und schlugen Nägel in den Schaft der neuen Fahne. Dazu Musik, Trommelwirbel, Reden, Hochs und Hurras I Es wurde einem ganz feierlich zumute. Und als nun gar der Herr Major die Front der Veteranen adschritt und an Bierlich, der im ersten Glied stand, Worte der Anerken nung richtete, ihm die Hand schüttelte und ihn „Kamerad" nanirte, da begann sich dem alten Knaben im Kopfe alles zu drehen. So war er sein Lebtag nicht geehrt worden. Bier gab es in Menge, geradezu aufgenötigt wurde es einem. Bezahlen durfte man nichts; die Veteranen hatten ja Freitrunk. Es blieb daher nicht bei den zwei Glas, die ihm von der Gestretigcn daheim genehmigt worden waren. Als es dunkel wurde im Freien, begab man sich in» Wirtshaus. Bierlich wollte, eingedenk seine» Besprechen».