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Samson: Weg, du Hyäne! Nur Bosheit führt dich her! Delila: Vergiß, was war! Vergib mir, was geschah! Aus diesem Kerker fort komm in mein Haus, Wo in erneuter Lieb’ und Zärtlichkeit Ich selbst dich treulich pflegen will all mein Verlassen weilt in Einsamkeit [Leben lang. Und klagt die Taube sanft ihr Leid. Doch kehrt ihr Gatte treu zurück, Entflammt sie jauchzend neu im Glück. Samson: Trieb dich Liebe? Nein, nur rasende Lust! Liebe gewinnet Liebe, dein Verrat gewinnt nur Haß! Delila: Vertrau’, o Samson, meinem Wort Und hör’, o hör’ der Liebe Ruf! Begleiterin: ’ Vertrau’, o Samson, ihrem Wort Und hör’, o hör’ der Liebe Ruf! Samson: Nie folg’ ich dir! Ich kenn’ dein lockend Lied, Die Listen und Ränke, den süßen Zauberkelch. Delila: Dulde nur, daß ich nah’, und reich’ mir deine Hand! Samson: Nein, wag’ es nicht! Daß ich nicht plötzlich dich, Von Wut erfaßt, zerreiße Glied für Glied. Dir fern, vergeb’ ich dir: und so geh’ hin Und freu’ dich des Verrates. Lebe wohl! Delila: Treuloser du! Nicht fleh’ ich mehr Um deine Gunst, Gib auf dein Drohn! Samson: ' Treuloses Weib! Nicht hör’ ich mehr Den Zauberton, Gib auf die Kunst! (Delila und Begleiterin ab) Micha: Sie flieht, der gift’gen Schlange gleich, Die dir den Stachel noch gezeigt. Samson: So laß sie gehn! Gott sandte sie, zu mehren meine Qualen. Dritte Micha: Nicht Schmeichellaut und keinen Zauberton Nein rauhen Klang erwarte, es kommt Harapha; Ich kenn’ ihn an dem Schritt und trotz’gen (Harapha und Philister kommen.) Blick. Harapha: Nicht komm’ ich, Samson, klagend um dein Los; Ich bin aus Gath und heiße Harapha: Du kennst mich nun. Von deiner großen Kraft Hab’ ich gehört (für mich Unglaubliches), Und kam zu sehn, wie weit du deinem Ruf ent sprichst! Samson: Es prüfe das, statt deines Auges, dein Arm. Harapha: Ha, forderst du mich schon zum Kampf heraus? Der sich’re Ruhm, den ich an dir gewönne, Entgeht mir: denn Kampf mit einem Blinden ehrt mich nicht. Nein, solch ein Kampf wär’ arge Schmach, Denn du erlägst dem ersten Schlag; Szene Ein armer Sieg, ein traur’ger Held, Der prahlte, daß er dich gefällt! Sieg über dich, der halb schon tot; So magre Ehr’ ist mir nicht not. Samson: Kamst du um dies, du Prahler? doch gib acht! Mein Fuß trägt Fesseln, doch die Hand ist frei: Ja, noch einmal: Blind und in Ketten; — Ich fordre dich zum Kampf! Harapha: O Dagon! hör’ ich noch dies Prahlen an, Das mir so fremd, und straf es nicht mit Tod? Samson: Geh’, Feigling, unverweilt, Eh Rach’ dich ereilt, Entflieh vor meinem Zorn. Harapha: Trau nicht auf diesen Gott, Der dich zu unserem Spott, Trotz deiner Kraft, mit Schmach belud.