Volltext Seite (XML)
FEtag».U»tkrhatw«Wdk« Sächsischen Eyählers. «r^ 3» M«xspr»tch. Wenn die Armut durch die Türe kommt geschlichen r in dein Haus, stürzt auch schon die falsch« Freundschaft aus dem Fenster sich heraus. (Wikh. Müller.) Treue. Novelle von v. v. Ruperti. > (Fortsetzung.) Sie sprang aus und trat hinter die Gardinen, und ihre Wicke hingen an Eutins vornehm-schöner Gestcttt, an jeder Bewegung. Ihre eiskalten Finger schlangen sich fest, krampfhaft ineinander, sie hatte ein SefülL, als ob mit ihm ein unabwendbares Schicksal über die Schwelle des Hauses schritt, und es wäre ihr unmöglich gewesen, ihm heute, wie scmst zuweilen, auch nur einen Schritt entgegenzugehen. — Eutin hatte ein leises Erstaunen und eine heimliche Enttäuschung noch Nicht ganz überwunden, als er, dem mel denden Diener folgend, die Zimmer durchritte und dann Marie-Luise gegenüberstand. „Da bin ich wieder, Baronin, Gott zum Gruß," er küßte ihre Hand. Die Türen hatten sich hinter dem Diener geschlossen, sie waren allein. Er keß ihr« Hand nicht los, sah ihr mit warmen, tiesen Blicken in die Augen, sie wich seinem Blick aus. „Ich bin sehr, sehr überrascht, ich hatte Sie noch nicht zurückerwartet. Willkommen!" Sie sprach hastig und doch etwas stockend; unsicher, wie vorhin in den Bewegungen, nur denen sie ihm nun entgegentrat und ihm die Hand hingestreckt hatte. Klaus Eutin war wohl anfangs etwas enttäuscht, aber ein freudiges Aufleuchten blitzte aus seinen Augen, glitt über Wne schönen Züge. So verwirrt empfängt eine Frau wie Marie-Luise nur den Mann, der ihr nicht gleichgültig ist, für den sie mehr empfindet als langjährige gewohn heitsmäßige Freundschaft. Und als er ihr dann gegenüber sich und ihr von seiner Reise und seinen Erlebnissen er zählte und mit ihr über die Wirtschaftsverhältnisse in Gotz- ko sprach und nach dem Ergehen ihrer Mutter und nach Lu fragte, da fiel es ihm immer mehr auf, wie anders sie geworden. Ihr Wesen hatte etwas Unausgeglichenes, was er nie an ihr bemerkt hatte, sie wechselte ein paarmal flüch tig die Farbe, wenn sie, aufschauend, seinem Mick begeg nete, wandte den Kopf zur Sette und brach mitten in einem Satz ab, öffnete die Lippen, schwieg wieher. Eutin stieg das Blüt in die Schläfe, auch er fand schließ lich kein Wort, die Unterhaltung weiter zu spinnen und be trachtete sie schweigend. So war es noch niemals zwischen ihnen gewesen. Er sprang auf und schritt, hastig atmend, im Zimmer auf und ab, Mötzlich blieb er vor ihr stehen, und zum er stenmal nannte er sie bei ihrem Vornamen. „Marie-Luise," sagt« er mit bebender Stimme. „MarH-Lutse»' Da war es der Frau, als ob em Feuerstrom kmrch Wre Adern floh; sie dockte beide Hände üb« ihrAntktz und ftmk den Stuhl zurück , plötzlich kniete Eutin «den ihr, cke e ne Hand legte er auf di« Rücklehne de» Sessel», mit der anderen umfaßte er das schmale, schöne Gelenk ihrer Roch en und zog sie von ihren Lug«; er sah Tränen an ihr» Limpern und heiße zuckende Listen. Da nahm er «ich ä« andere Hand und umfaßte beide mit den fett»« und Wlt ie so auf ihr«« Knien fest mid sah ihr in» Antlitz. Sie Sch den Kopf sinken, um ihm ihre Tränen zu verberge«, ndoö'F» ielen herab aus ihre Hände, und er küßte sie fort, «ine HUch der anderen. - Sie könnt« nicht sprechen; ihr Her- hämmerte in der Brust, sie fichtte das laute heftige Klopfen bi» in den Hal» hinauf. Sie wollte ihm mehren, ihm etwas sag», sie konnte nicht, und er starrte sie an mit wett geöffneten, hi» ßen Augen, aus denen «ine verzehrende LeAwchhaft lammte, und mehr als das, eine tiefe, glühende Wed«, llrM diese Augen zwangen die ihren mit magnetischer Gewalt, ihnen standzuhalten, ihr Denken verwirrte ficht wie Fie berschauer jagte es durch ihren Körper. Was war es denn, was sie packt«, was in ihr vorgingS Ihr Stotz, dir reine unberührte Weibesnattir, die in ihr nie des Lebens Wirren und Fehlen kennen gelernt; zog sich zu sammen wie in einem schmerzlichen Krampf; aber ihr Herz, ihre Sinne sträubten sich dagegen. Recht und Unrecht; hei ßes Wünschen, zitterndes Verlangen, Entsagung, Pfttthk, Sieg und Schuld wogt«« im wilden Ehaos durcheinander; Sie war jung und einsam, sollte fie für immer einsam bleiben? Da kniete der Mann neben ihr, den fie Lebte, »Vie heiß, das fühlte sie erst ganz in dieser Stund«, und fi» war sie von all den innerlichen Stürmen durchwWH von der heimlich sündigen Wonne dieser Minuten hingenommen, daß sie es gar nicht merkt«, wie Klaus Eutin leise den Arm um sie legte, sie mit sanfter zwinhender Gewatt an sich zog, sich an sie anlehnte, fest, ganz fest, daß sie das Pochen sei nes Herzens fühlen, konnde . . . Die Stunde der Versuchung war da, die schwerste viel leicht, die über eine Frau kommen kann; umsangen von den Armen des Mannes, den fie liebt, und dessen Liebe fie fühlt mit jedem Schlag seines Herzens, überwältigt oo« ihrem starken, heißen Empfinden, unter dem Einfluß setteer Leidenschaft schlang sie die Arme um seinen Racken, schmieg te sie ihre Wange in sein weiches Haar, er hob sein Antlitz, und ihr« Lippen fanden sich m einem glühend zärtlichen, leidenschaftlichen Kuß. Als sie die Augen aufschlug, fielen ihre Wick« auf je nes Bild, in dessen Snschäuen sie versunken gewesen, ad Eutins Wagen vorfuhr. Ihr Gatte, ihr KttG Mit einem Schlag versank die Gegenwart »ar dem Md« jener zwei, die bisher ihres Lebens Jlchatt und : teuerster Besitz gewesen, und ein Gefühl tiefer Scham übe» kam sie bei dem Gedanken, wenn jene Augen in Wrrkkchkeit sehen sollten, was hier geschah. Die geliebteste Frau, die „lieb Mutti" umfangen von den Armen des fremde« Man nes, sie selbst ihn umschlingend, ihr Antlitz an sein Haupt