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^ ^^".^^^.^Erner Gemuseloffel Erdstöße beobachtet; die Erschütterungen machten sich im silberne Bestecks im schwarzen Etui, Isilber-! ganzen Gebiet der Stadt Zwickau bemerkbar. Uhren blie- 5. in weißem Ctm, 2 silberne stehen und Gebrauchsgegenstände in den Wohnungen A für S-ßspeisen. D«e Löffel und Etuis stießen zusammen. Am schwersten betroffen wurden die schritt: Friedländer, Hoffuwelier, Berlin, Un- unter denen lick, arnke Nnkilenl^ncht- mindei jahrair Gebiete von Zwickau, unter denen sich große Kohlenschachte befinden. ' dauer Straße kam «in junger Mann schwer zu Schaden; — batte ein erwachsene» Mädchen zu sich aufs Rad genomm" bl» unterhalb der Kaserne ging die Fahrt gut, dann al "s «rinu- brach durch die schwere Belastung mitten in der Fahrt da» uhr nach- Atad zusammen. Während der Fahrer schwer verletzt ins sebergafse Krankenhaus transportiert werden mußte, hatte da» Mäd ¬ chen die Augenhöhlknochen gebrochen, und an Händen und Füßen klaffende Wunden daoongetragen. Zwickau» 15. Dez. Reue Erdstöße l» der Zwickauer Gegend. In der Zwickauer Gegend wurden erneut heftig« uudeu. Dienetaasrüh rge der Amtsgericht», rat Müller tot aufgefunden. Er war noch gestern abend in einer Privatgesellschaft gewesen, wo er sich bl» 12 Uhr auf bist. E» wird angenommen, daß er freiwillig aus dem Leben geschieden ist. Zwickau, 15. Dez. Bestrafter Leichtsinn. Auf der Wer- ; er genommen, bl» unterhalb der Kaserne ging die Fahrt gut, dann aber brach durch die schwere Belastung mitten in der Fahrt da» und Hilfsmonteur Krönert wegen gemeinschaftlichen Mor de» zum Tode verurteilt worden sind, ist heute von den Ver teidigern der beiden Beturteilten Revision beim Reichsge richt angemeldet worden. Dresden, 15. Dez. Silbersacheudiebfiahl. Das Krimi- nalamt Dresden teilt mit: Am 11. 12. 26 gegen 7 I" mittags wurde aus einem Ecke Wallftraße und Wevergas, odrübergehend aufsichtslos dastehenden Personenkraftwagen ein Handkoffer, aus Bulkan-Fibre gestohlen. In dem Kof fer befanden sich 14 Damastseroietten gez. A. B., 10 silberne Eßmesser, Löffel und Gabeln, 1 Dutzend silberne Kaffee löffel T. gez. A. B. Ein großer silberner Gemüfelöffel gez, M. B., 5s ------ ner vergoldeter Saucenpffel in _ vergoldete Löffel für Süßspeisen. Die Löffel und Etui tragen di« Aufschrift: Friedländer, Hofjuwelier, Berlin, Un ter den Linden. Vor Ankauf des Diebesgutes wird gewarnt. Sachdienliche Mitteilungen erbittet die Kriminalpolizei. Pirna, 15. Dez. Zwangsversteigerung zweier größerer nicht im Betriebe befindlichen Industrleunteraehmungen. Die in Pirna gelegene Sauerstoff-A.-S. geschätzt auf 66 140 Mark inkl. 28 440 Mark Inventar kam heute vor dem hiesi gen Amtsgericht auf Betreiben der Gläubiger Hoesch L Eo. in Pirna zur Zwangsversteigerung. Als Mindestgebot waren 1610 Mark und 3 L berücksichtigt, gegeben als Höchstgebot wurden 1 610 Mark 3 L. Zuschlag erfolgt am 25. I. 27. Vor demselben Amtsgericht wurde heute in einer Gläubigervcrsammlung der Deuka (Deutsche Kunstsandstein- A.-G.) im Stadtteil Copitz der Beschluß gefaßt, d«m Betrieb aufrecht zu erhalten, und auf ein Jahr bei Auswahl der Interessenten weiter zu verpachten. Lhemnih, 15. Dez. Die Irqrpe hinabgestürzt. In der Rächt zum Dienstag stürzte in einem Hause der inneren Kkosterstraße der dort wohnhafte 30 Jahre alte Dreher Fritz Kunz, als er nach dem Klosett gehen wollte, einige Stufen der Treppe hinab. Er erlitt, wie ärztlicherseits festgestellt wurde, einen Schädelbruch, der seinen sofortigen Tod her beigeführt hat. Ehemaih, 15. Dez. Grohfeuer lm Wirtschaftsgebäude eines Sportvereins. Das auf dem Fußballplatz neuerrich tete Wirtschafts- und Verwaltungsgebäude des Vereins für Bewegungsspiele ist durch ein Großfeuer fast völlig ver nichtet worden. Infolge der abgeschloffenen Lage des Ge bäudes hatte sich das Feuer unbemerkt entwickeln können «uh wurde erst entdeckt, nachdem es großen Umfang ange nommen hatte, und das Dach durchgebrannt war. Noch vor Ankunft der Feuerwehr explodierte eine zum Bierab- füllen benötigte Kohlenfäureflasche mit heftiger Detonation. Die Betriebsräume im Keller, das Geschäftszimmer und ' ««der« Räume blieben erhalten. i Aus dem Werirhtssaal. Schwurgericht Bautzen. (Nachdruck verdaten > * wegen Zeugenweineid» wurde heute gegen den IS Jahre alten, einmal wegen Diebstahls vorbestraften Porzellandrehcr Max Hermann Mickan aus Großdubrau verhandelt. Am Abend des 28. Februar 1926 hatten die Arbeiter und Porzellandreher Matschke, Franz, Horbank aus Großdubrau, Spindler und Tischer aus Erosta mit Mickan und anderen Personen im Gasthaus in Quatitz gezecht und sich von Anhängern rechtsgerichteter Parteien freihalten lassen, obwohl sic zum Teil Mitglieder des „Rpten Front kämpferbundes" waren. Spindler war damals Schriftführer der Ortsgruppe dieses Bundes. Als sie gegen Mitternacht das Lokal verlassen hatten, hatte jemand aus Scherz gerufen: „Der Stahlhelm kommt." Franz war betrunken gewesen und von Mickan geführt worden. Pie anderen hatten auf bem Zuhausewege von Zäunen Latten abgerissen, uni sich zu bewaffnen. Es waren auch u. a. ganze Zaunfeldcr ausgehoben und einige Obstbäumc an der Straße nach Großdubrau abgebrochen worden. Schon am nächsten Tage hatte Gendarmcriekommissar Wetzel die Täter ermittelt, sie auf seine Wohnung bestellt und befragt. Matschke und Horbank hatten zuge geben, daß sie Obstbäumc abgebrochen und Latten losgerissen hät ten, es seien aber Spindler und Tischer auch dabei gewesen. Mickan hatte in bestimmter Weise angegeben, Spindler habe auch mit an einem Baume gewürgt, er habe es selbst genau gesehen. In der Verhandlung vor dem Amtsgericht Bautzen am 17. Juni 1926 gegen Matschke und Genossen wegen Baumfrevels und Sachbeschädigung ägte aber Mickan auf einmal aus, er habe dem Kommissar Wetzel nicht angegeben, daß Spindler mit an einem Baume gewürgt und daß er dies selbst gesehen habe. Ferner gab er noch an, Spindler habe ihn vor der Verhandlung in keiner Weise beeinflußt. Diese Aussage, die er beschworen hatte, stellte sich als unwahr heraus. Wie heute Wetzel, Matschke und Franz bezeugten, hatte Mickan Wetzel gegenüber tatsächlich die Angabe gemacht, er habe gesehen, den dieses Sonderlings erfahren. Mer alle diese Zwischen begegnungen liegen in dem Schatten oder recht eigentlich in dein sie verblüffenden Lichte, das für mich die letzte Begeg- nung mit dem Paternosterchen bedeutete, die zugleich der Ausgang dieses seltsamen und guttätigen Menschendaseins war. Und es hieße das Leben und den Gang seiner Not wendigkeit schelten, wollte ich es „zufällig" nennen, daß ge rade ich der Zeuge dieses Ereignisses sein mußte. Es war ein schwüler Spätsommerabend. Ich hatte, aller Hitze zum Trotz, einen Spaziergang gewagt und kehrte völlig ermattet zurück. Die schattenarme Chaussee führte, bevor sie in hie erste Vorstadt mündete, an einem jener häß lichen Schuttabladeplätze vorbei, wie man sie am Rande jeder Großstadt findet. Von diesem Platze vernahm ich plötzlich ein kläglich-wildes Geschrei. Ich sah eine heftig aus einanderstiebende Herde Kinder und einen riesigen Flei scherhund, der breitbeinig und zähnefletschend über einem bloßfüßigen, jämmerlich schreienden Wesen stand. Um zu helfen, setzte ich mich in Trab. Beim Näherlaufen sah ich hinter einem Müllhaufen eine gebückte Gestalt auftauchen und mit kleinen grotesken Sprüngen auf den Hund zuschic- ßen. Das Tier ließ von dem Kinde, sprang ihn an und warf ihn zu Boden. Da war ich endlich, rufend und mit dem Stocke fuchtelnd, herangekommen. Mit großen Sätzen entfloh der Hund. Das Kind erhob sich und lies weinend davon. Vor mir aber lag im pulverigen Staube das Pater nosterchen. Seine Hellen Augen staunten wie in leiser Be fremdung in den Himmel hinauf. Ich wollte ihn aufrich ten, aber er rührte sich nicht. Ich tastete nach seinem Her zen: da war alles still. Bestürzt um mich blickend, sah Ich unweit einen alten Henkelkorb stehen, halbgefüllt mit leeren Konservenbüchsen. Dann kamen Menschen, die den Toten neugierig umstanden. Irgendwer holte einen Polizisten her bei. Keiner wußte den Namen des Verunglückten. Ich konnte wenigstens die Wohnung angebcn. Eine halbe Stunde verging, ehe das Krankenauto kam. Ich fuhr mit, als sei das selbstverständlich. Die Wohnung des Paternosterchens war nicht mehr als ein kümmerlicher Verschlag. Ich erschrak vor dieser trost losen Behausung. Man legte den Toten auf die dcrbwolle- nen Decken eines baufälligen Feldbettes. Dann begann der Polizist in sachlicher Gewohnheit das klägliche Inventar zu notieren. Dabei stieß er in einer Ecke auf eine große, mit einem Vorlegeschloß verwahrte Kiste. Der Schlüssel fand sich in der Tasche des Paternosterchens. Knarrend u. gleich sam abwehrend bewegte sich der Deckel in rostigen Schar nieren. In gemeinsamer Neugier beugten wir uns vor. Die Kiste war bis-zum Rande gefüllt mit Konservenbüchsen, und diese Büchsen enthielten allesamt Geld; Kupfer, Nickel und Silber reinlich geschieden. Obenauf aber lag ein Zettel, auf dem mit großen, kindlich-eckigen Buchstaben zu lesen war: „Für gefallene Mädchen und Vic Kinder derselben." Durch das schmale, staubgrauc Fenster fiel abendrote Sonne auf das Bett. Mit scheuer Zärtlichkeit umgriff sie das faltige Gesicht des Toten und wärmte in die erloschenen Augen hinein einen Glanz überirdischer Zuversicht. Je länger ich aber in das unbewegte Antlitz sah, umso mehr schien es mir, als beginne di« Stube in all ihrer Aermlich» keit zu leuchten von der Schönheit eines vollbrachten Ge dankens. Und fast schämte ich mich, daß ich hinter die heim liche Wohltat und den verborgenen Sinn dieses stillen und doch so menschlich-eifrigen Lebens gekommen war. daß Spindler an einem Lamn» henunU«w»rF hab«. Mickan hatte dem Kriminalkommissar Huschmann und dem Untersuchungsrichter gegenüber erklärt, am Lage vor der Verhandlung habe Spindler mu ihn» im Gasthofe in Großdubrau über die Einzelheiten de» Vor fall» gesprochen und »sagt, er (Mickan) solle ihn nicht mit in die Schmiere hlneinziehen. Er habe vor Spindler, den» alles zuzurrauen sei, Angst gehabt. Spinner bestritt dies heute. Bei seiner Verlieh- mung nahm er einen sehr ungehörigen Ton an. Er blieb wegen des Verdachtes der Anstiftung Mickans zuin Meineid unvereidigt. Mickan, der zu leugnen versuchte, wurde voll überführt und zu 1 Jahr Zuchthaus und 3 Jahren Ehrenrechtsverlust verurteilt. Er wurde auch für dauernd eidesunfähig erklärt. Verteidiger war R.-A. Vertmann-Bautzen. Urteil im Senftenberger Stadtbnnk- Prozetz. Senftenberg, 14. Dezember. Nach sechstügiger Verhandlung wurde heute das UrteU im Senftenberger Stadtbankprozeß gespro chen. Angeklagt sind 9 Angestellte der Stadtbank wegen Untreue, Amtsunterschlagung, schwerer Amtsunterschlagung, Urkundensäl- fchung und schwerer Urkundenfälschung. Verurteilt wurde Bank- direktor Lobbes zu 1 Jahr 3 Monaten Gefängnis, vier weitere Angeklagte, der Kassierer, der Rendant, ein Sekretär und ein Buch halter der Sparkasse erhiellen Gefängnisstrafen bis zu 2 Jahren, ein weiterer Sekretär 300 Geldstrafe. Ein Angeklagter wurde srei- gespochen. * Verurteilung de» Linzer ZuwelenrSubers. Das Schöffenge richt Berlin-Mitte verurteilte den Arbeiter Reinhardt Flöte we gen schweren Diebstahls unter Zubilligung mildernder Umstände fin den Iuwelenraub bei dem Ehepaar Erdmann im Ostscehotel Binz zu zwei Jahren Gefängnis und drei Jahren Ehrverlust. Pier wegen Hehlerei Angeklagte erhielten sc drei Monate Gefäng nis, und diese Strafe wurde durch die Untersuchungshaft für ver büßt erklärt. * Line geschäftstüchtige Familie. Nach viereinhalbwöchiger Ver handlung wurde in Berlin ein Betrugsprozeh gegen siebzehn Angeklagte zu Ende geführt. Die Hauptangeklagten waren sieben Mitglieder einer Familie Koch, die in der Zeit von 1921 bis 1925 in Berlin und Umgebung Verkaufsgeschäfte, sowie Import- und Ex port-Großhandlungen errichtet hatten und als deren Inhaber Stroh männer Arbeiter und Straßenhändler benutzten. Es wurden Warenbestellungen aller Art gemacht, und man gab sich gegenseitig die günstigsten Auskünfte und bezahlte mit den Wechseln der ande ren Firmen, die nicht eingelöst wurden. Die Waren selbst wurden schnell verschleudert. Vier Mitglieder der Familie Koch erhielten Gefängnisstrafen von einem bis vier Jahren, mit teilweiser Bewäh rungsfrist. Bis auf einen Freispruch wurden die übrigen zwölf An geklagten zu Gefängnisstrafen von einem bis sechs Monate mit teils völliger, teils halber Bewährungsfrist verurteilt. * Vor dem Schwurgericht Lübeck hatte sich der Kapitän Suhr wegen Versicherungsbetrugs und Meineidszu verant- Worten. Er hatte auf hoher See den von ihm geführten Fischkutter verkästen und dann unter Cid vor dem Lübecker Seeamt Schiffbruch angegeben, um die Versicherungssumme zu erhalten. Der Fisch kutter war später an den Strand getrieben worden. Das Gericht verurteilte den Angeklagten zu zweiIahren drei Monaten Zuchthaus, tausend Mark Geldstrafe und Verlust der bürger lichen Ehrenrechte auf fünf Jahre. den, d ließ! 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Um die kleine Gestalt schlotterten Kleidungsstücke, die nur durch ihre vielen Flicken miteinander harmonierten. Dem Männ chen fehlte die rechte Hand. Auf dem wagerecht gehaltenen Unterarm aber trug es, sorglich nebeneinander geschichtet, Streichholzschachteln und Schlüsselringe, die es mit freund licher Stimme feilbot. Ich sah in die Helle Tiefe der auf mich gerichteten Augen; fingerte mir einen Zehner herzu und wies jedwedes Koufobjekt zurück. Aber der Alte schob mir energisch zwei Schachteln auf den Tisch und sagte: „Ehr licher Handel währt am längsten. Zwei Schachteln — mit NachtzUschlag! Ehrlich im Tun, ehrlich im Denken — dabei kann man getrost alt werden." Ein wenig verdutzt über diese Maßregelung sah ich dem Seltsamen nach und taufte ihn im stillen mit dem Namen, den sein Anblick mir ein gab: das Paternosterchen. Ich haste diesen Menschen zuvor niemals zu Gesicht be kommen. Jetzt aber war es, als hätte unsere ebenso zufällige wie flüchtige Begegnung uns irgendwie miteinander ver- j bunden. Schon am nächsten Tage stieß ich wieder auf ihn. i Als ich spät nachts durch eine parkartige Anlage heimwärts < ging, fand ich das Paternosterchen, von einer Gaslaterne , halb beschienen, auf einer Bank sitzen. Und das Paternoster- : chen weinte. Ich trat hinzu und fragte nach dem Grunde seiner Traurigkeit. Das Männlein schluchzte eine mühsame i Antwort heraus: „Meine Frau ist gestorben, meine gute I Frau!" — „Nanu", verwunderte ich mich, „wann denn, wo- i ran denn — und so plötzlich?" — „Heut akkurat vor dreißig i Jahren", sagte das Paternosterchen. Ueberrascht von der er- § staunlichen Nachträglichkeit dieses Schmerzes, war ich um i eine Entgegnung noch verlegen, als das Paternosterchen in I seiner Tränenseligkcit schon weiter redete: „Sie war so gut ! und brav geworden. Ich habe sie damals gefunden — i müssen Sie wissen — als sie noch blutjung und am längsten I Mädchen gewesen war. In einer schlimmen Kneipe habe ich ! sie gefunden. Da hatte sie gerade der Erste verlassen. Ich nahm sie mit mir, wir haben geheiratet, und sie ist ! Mir kreuztreu geblieben, vielleicht nicht nur aus Dankbarkeit. ! Wir waren glücklicher als viele andere. Aber dann ist sie < mir eines Tages doch gestorben, am bloßen Tode ist sie ge- Pprben, denn sie war nicht krank vorher." Hier fuhr dem ' Alten der Schmerz mit neuer Heftigkeit ans Herz, er stöhnte , und kroch in sich zusammen, richtete sich aber plötzlich auf, sagte mit veränderter Stimme: „Albernes Geflenn!" fuhr , sich mit dem schwarzumwickelten Handstumpf über das Ge- , ficht, stand auf und schlurrte grußlos davon. , Am anderen Morgen lief mir das Paternosterchen an i «rck- de« aft-tt Markte« in »»en Dea. E« schlevpte sich I Imit einem Pack Zeitungen, die es krähend ausrief. „Schon I viele Worte gewechselt, belanglose und ernsthafte, und ich wieder frisch?" fragte ich. Der Geschäftige blinzelte mich er- habe allmählich und in lauter kleinen Bruchstücken das Le- kennend an. „Das Leben rennt", sagte er eilig, „sogar über an.-- ki-k» Gräber. Man muß nachkommen." Und schon war er ein ' Stück weiter. Zwei Tage danach bummelte ich nachmittags zu eurem vor der Stadt liegenden jahrmarktähnlichen Vergnügungs platz. Der Zugangsweg war mit Leierkastonmännern besetzt, die sich, da sie allzu dicht aufeinander saßen, gegenseitig ihre rührselige Musik verdarbeir. Gleich der erste Musikant war das Paternosterchen. Es saß auf einem zusammenlegbaren Stuhl, lächelte vergnüglich vor sich hin u. handhabte mit der Linken eine frischlackierte Drehorgel. Ich muß gestehen, daß mir die Rührigkeit und berufliche Vielfältigkeit dieses alten Mannes ebenso imponierte wie die stolze Sicherheit, mit der er das eine wie das andere tat. Und dann kam der Abend, da mich das Paternosterchen als letzten Gast in der verqualmten Hinterstube eines Cafös aufstöbertc. Ich kaufte die üblichen zwei Schachteln Streich hölzer und lud den späten Handelsmann zu einem Glase Bier ein. Ein Weilchen widerstrebte er, aber dann gab er nach, und wir kamen schnell in ein müdes und doch bewegtes Gespräch. Auf die beiläufige Frage nach seinem Alter erhielt ich eine seltsame Antwort: „Auf meine Kinderschuhe kann ich mich nimmer besinnen. Eltern werde ich wohl gehabt haben, aber die sind rein heraus aus meinem Gedächtnis. Meine Frau ist dreißig Jahre tot, das ist eine feste Zahl. Und als wir uns zusammentaten, hatte ich auch schon graue Haare und einen krummen Rücken. Und sonst hab' ich mein Leb tag nicht Zeit gehabt, mich um die Zeit zu kümmern." — „Lohnt es denn überhaupt, das ganze Leben?" warf ich ein, denn ich war damals der Ansicht, das menschliche Dasein sei eine recht unsinnige Angelegenheit. — „Was lohnen?!" entgegnete Paternosterchen. „Das ist unbillig verlangt; zum puren Spaß sind wir bestimmt nicht da, und aus lauter Lohnsucht soll man nichts tun. Und doch ist das Tun die Hauptsache. Ob einer Schuhe besohlt oder Zeitungen druckt oder Streichhölzer verkauft, das achtet der Himmel nicht, denn das ist nicht das wahre Tun. Man muß dabei noch etwas heimlich im Sinne haben, irgend etwas Gutes, so oder so. Keiner braucht's zu wissen. Aber nur das Gute gilt." Bei diesen Worten stieg in seine Augen ein Heller, wärmender Glanz, und es kam mir seltsam, fast mit einem kleinen Neidaefühl zum Bewußtsein, daß dieses dürftig aus sehende Menschlein um seinen eigenen guten Weg mit freu diger Zuversicht wisse. — Wir haben noch manches hin und Ker geredet, und als wir aufbrachen, bedachte ich mich nicht, sondern gab dem Paternosterchen das Geleit. Es war ein recht langer Weg. Zuletzt liefen wir in einer Vorstadt ein so verworrenes Zickzack, daß ich meinte, ich würde mich nicht zurückfinden. Vor einem nüchternen Gebäude hielt endlich das Paternosterchen. „Da oben — links — gleich unterm Dach", sagte es und versuchte den Kopf aus den Schultern zu heben. Unbeholfen gab es mir feine linke Hand. Ohne recht zu wissen, wozu es dienen sollte, prägte ich mir Straße und Hausnummer ein. — Wenige Zeit darauf verließ ich für fast drei Jahre die Stadt. Ms ich zurückkam, suchte ich die Stätten früherer Gewohnheit wieder auf, und es dauerte nicht lange, bis ich «uh wieder mit dem Paternosterchen zusammentraf. An chm und seinen Berufen hatte sich nichts geändert. Wir sind uns in der Folgezeit noch ost begegnet, wir haben noch