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Der sächsische Erzähler : 16.12.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-12-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735715891-192612168
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735715891-19261216
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735715891-19261216
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Der sächsische Erzähler
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-12
- Tag 1926-12-16
-
Monat
1926-12
-
Jahr
1926
- Titel
- Der sächsische Erzähler : 16.12.1926
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Der Sächsische Erzähler ten sich an k. 108 nt der sie ver- kcit «nd Spar- ger wie die im 15 S 10,g 107,8 107,5 102 101 7,8 7,9 9,1 8,9 18 17 .0,285 14. 12. 101,5 IM,6 2,35 2,4 98,5 87 IM 100,5 103 102 106,5 106F 88 81,65 168,19 1,719 58,49 106,20 112,04 112,40 10,595 19,34 20,403 4,206 16,89 81,265 63,97 59,31 12,462 5,89 3,043 0,481 2,052 7,42 21,575 5,36 Donnerstag, den 1«. Dezember 1S26 das bekannte, ikhaus Hagen Drsentcchnische lervorgeruseu, .«rück, das für > läßt sich auch n heraustom- »nmen wird, »äste am Ter- i brauchen, sa eans durch- i im Ausland pung und vor nn einmal er- ldmeugcn zu- r Börse nicht 2 Vetblatt zv Rnmmer 2V2. 12. I Bries oduktenmarlt mischen Fob- ^crminmärkie 'r Frachtsätze nvcrändertcn 5 den Markt »mehl waren Weizenliefe- ochte sich da- igcbotes, der lich Frost zu lcndeuz, nur liehe No miber 287,5, ggen märki- i,5, Mai 245 tc 192-205, rz 201, Mai !5,25—38,25, behauptet; -61; kleine en 20—22; !—15; gelbe 16,2—16,3; ->t 19,3—20; 1,50; Hafer- i; Weizen- -2,05; Roq- ksel 2,25 bis 15; Thymo- ehen sich in ihfuttcr ^j.r des Landtag» gestützten Antrag«, genügend erschien. Bet alsbaldi ger Annahme dieses Antrages würde die Regierung di« Beihilfe noch vor Weihnachten auszahlen. Wegen einer Wirtschastsbeihils« an die Staatsarbrlter würde sich die Regierung ebenfalls dem Dor geben des Reiches anschließen. Der Gesamtaufwand für Sachsen würde nach den Sätzen des Reiches mehr al» drei Millionen Mark betragen. Der Antrag wurde dem Haushgltsausschuh H überwiesen. Die nächsten sieben Punkte der Tagesordnung, die wieder ge meinsam beraten werden, behandeln Erwerbslosensragen und ähnliches. In drei kommunistischen Anträgen wird u. a. aejorderi: Ableh nung der Arbeitslosenversicherung und des Lohnklassensystems, Aus bau der Erwerbslosenfürsorge, Beseitigung der Pflichtarbeit, Auf hebung de» Sperr-Paragraphen 41 Reichsarbeitslosen-Versiche- rungsordnuna, Inangriffnahme eines großzügigen Wohnungsbau programms, sowie von Notstandsarbeiten. Erhöhung der Erwerbs losenunterstützung und Gewährung von einmaligen Beihilfen in bar, Lebensmitteln und Feuerungsmaterial. Die Begründung dieser Anträge geben vor fast leeren Bänken die Abgeordneten Schreiber, Lleberasch und Opitz (Komm). 2L7 Uhr wird die Sitzung abgebrochen. Nächste Sitzung: Donnerstag 1 Uhr. Tagesordnung: Fortsetzung der Beratung der Tagesordnung vom Dienstag: An träge der Kommunisten betreffend Urlaub und Weihnachtsbeihilfe« sür Gefangene; Lohnstreitigkeitcn in der Textilindustrie. Aus Sachien. Streik in der Dresdner Zigaretten industrie. Dresden, 15. Dezember. Die von den Dresdner Zigaretten- mafchinenführern neuerdings geforderte Lohnerhöhung war von der Ortsgruppe Dresden des Reichsarbeitgeberverbandes der Zigaret- ten-Jndustrie abgelehnt worden. Der von den Arbeitgebern da raufhin angerufcne Schlichtungsausschuß in Dresden fällte einen Schiedsspruch dahin, daß die bisherigen Löhne bis Ende März 1V27 weiterlaufen. Nunmehr haben die Zigarettenmaschinenführer ohne die Verbindlichkeitserklärung dieses Schiedsspruches abzuwarten, gestern abend bei 10 Dresdner Firmen die Arbeit niedergelegt. Die am 13. d. M. stattgehabte Mitgliederversammlung des Arbeitgeber verbandes hat darauf einstimmig beschlossen, die Maschinenführer in den Betrieben, die noch nicht bestreikt werden, ab Mittwoch früh und die gesamten übrigen Belegschaften ab Freitag auszusperren. Die Verhandlungen in -er Textil industrie. Chemnitz, 15. Dezember. Die Lohnverhandlungen für die mit tel- und westsächsische Textilindustrie, sowie die In Ostthüringen ge- es ein großes Glück heute sei, nur eine halbe Stunde Ver spätung bei der Abfahrt zu haben. Zunächst ging's durch das gestern so oft überschaute Burzenland ins Gebiet der Szekler. Man sah diese bis her als Verwandte der Ungarn an, deren Sprache sie spre chen. Neuere Forschungen aber besagen, daß die Szekler germanischen Ursprungs sind. Als zur Zeit der Völkerwan derung die Hunnen nach Westen über die Karpathen vor drangen, blieb ein Teil der Gepiden im oberen Alt- und Maroschtal zurück. Im Laufe der Jahrhunderte nahmen sie ungarische Sprache und Tracht an. Wie wenig ungarischen Typus die Szekler haben, zeigt folgender Zufall. Zwei Soldaten, die ihre Ausbildung als Offiziersanwärter been det hatten, sprachen wir als Sachsen an; sie waren ja blond haarig, blauäugig, langschädlich. In gebrochenem Deutsch anworteten sie, daß sie Szekler seien. Die Siedlungen der Szekler haben ein ganz anderes Aussehen als die der Sach sen: meist sind sogar die Wände aus Holz, die Dächer immer mit Schindeln gedeckt. Kennzeichnend sind die großen, reichverzierten Hoftore, deren Ueberdachung den Tauben schlag birgt. Das Gebiet der Szekler ist außerordentlich reich an Mineralquellen. Daher gibt es viele Badeorte hier. Auf den Haltestationen brachten Kinder Erfrischungen an den Zug, die bei uns nicht üblich sind: Walderdbeeren in reich licher Menge für wenig Pfennige, so daß man in große Versuchung kam, den Magen nut der köstlichen Frucht gründlich in Unordnung zu bringen. In Csikrakos war großer Aufenthalt, da die Strecke von hier ab Schnellzugs verkehr hat. Da heißt's aufpassen, daß man rechtzeitig nach löst, weil sonst eine empfindliche Nachzahlung erfolgt, so fern man geklappt wird und man die Schleichwege weltklu ger Reisender des Landes nicht kennt. Es kann Vorkom men, daß man lediglich an der Schröpfung etwas vom Schnellzug merkt, da ein anderes Merkmal dem Zug fehlt. Das obere Alt- und ebenso das obere Maroschtal haben viel Aehnlichkeit mit dem Regental in der Oberpfalz; auch die riesigen Eünseherden sind allenthalben zu sehen. Große Schneidemühlen sind fast in jedem Ort. Je näher wir Sächsisch-Reen kommen, um so größer wird die Zahl der Steinhäuser. Auf den Feldern werden Gemüse und Tabak gebaut. In Sächsisch-Reen verließen mir den Zug. Der Bahn hof liegt weit außerhalb der Stadt. Unser Führer mietete eine Droschke, verstaute einen großen Teil des Gepäcks und fuhr davon, beneidet von uns, die wir bei sengender Hitze mangels weiterer Wagen den Weg zu Fuß zurücklegen mußten. Ich glaube, daß er in seinem Vehikel seines Lebens auch nicht froh geworden ist. Denn die Straße hatte viel Aehnlichkeit mit einem Sturzacker. Wir sahen den Wagen in eine Staubwolke gehüllt, balanzierend nach rechts und nach links, und wir konnten an den bewegten Armen nicht ohne innere Teilnahme wahrnehmen, wie sein Insasse unablässig beschäftigt war, das Gleichgewicht der schwanken den Koffer auf der schwankenden Unterlage zu halten. Je denfalls ist ihm der Weg nicht leichter geworden als uns: Aber die Hauptsache war, die Koffer standen vollzählig im Vor raum des Hotels, und für Kühlung war gesorgt. Es gab einen Eiskaffee, der nach Qualität, Quantität und Preisge staltung alle» bisher Dagewesene in den Schatten stellte, und nur der vernünftige Gedanke an die engbegrenzten Kräfte des Magens hinsichtlich seiner Aufnahmefähigkeit in bezug auf Eiskaffee setzte dem Konsum ein Ende. Nach der inne ren Abkühlung folgte die äußere in dem neuzeitlich einge richteten Volksbade von Sächsisch-Reen. Als wir nach dem Markte zurückkehrten, hupte schon da» Auto zur Weiterfahrt, Wir sichren durch die fruchtbare Landschaft des Nösener Landes. Studierrfahrt durch Siebenbürgen nnd die Kukonrina vom 8. bis 27. Juli 1926, leranskalkek durch das Aenkralinstilut sür Erziehung und Unterricht in Berlin. Bericht von Dr. Hüttner» Bischofswerda. Slnaia. Sinaia ist wohl jedem dem Namen nach von der Schul zeit her bekannt durch das königliche Schloß, dem Lieblings sitz des verstorbenen Königs Karl und seiner Gemahlin, der Dichterin Carmen Sylva. Ein Ausflug von Kronstadt nach dem Kurort ist bei nur 55 Kilom. Entfernung eine be queme Tagespartie. Daher bestellten wir uns für Montag vormittag einen Autobus, der uns zunächst im Tömöstal aufwärts brachte. Am Heldenfriedhof in Obertömös wurde Haltgemacht. Leider kann von einer Pflege des Friedhofes nicht die Rede sein: die Hügel sind mit Gras überwachsen, die Namen auf den Kreuzen unleserlich. Vor dem im Welt kriege hart umkämpften Predealpasse stiegen wir aus, um bei der Fußwanderung am Berghange die Aussicht auf die majestätischen Häupter der Karpathen besser genießen zu können. Im hellsten Sonnenschein lagen die Riesen vor uns, und wir gedachten der Fahrtgenossen, die in voller Ausrüstung zur Besteigung des Butschetsch, des höchsten Gipfels des Burzenländer Gebirges (2500 Meter), ausgerückt waren. Das ins Altreich führende Prahovatal ist verhältnismäßig dicht bevölkert. Insbesondere fällt Azuga als moderner Industrieort auf mit seinen Tuch-, Glas-, Möbel- und Champagnerfabriken. Sinaia ist ein moderner Kurort, wie wir ihn zu Dutzenden in Deutschland kennen. Die Lage in den bewalde ten Bergriesen teilt Sinaia mit anderen Erholungsstätten. Was Sinaia auszeichnet, sind die königlichen Schlösser und die Klosterkirche. Diese letztere ist zwar nicht umfangreich, aber mit ihren vergoldeten Wänden und Geräten, mit ihren kostbaren Teppichen erweckt sie den Eindruck des größten Reichtums der griechisch-orientalischen Kirche. Der Eintritt in die Sommerresidenz Pelesch und ebenso ins kronprinzliche Schloß Pelischor war nicht gestattet. Ich grämte mich darüber nicht. Denn unsere deutschen Schlös ser können schon dem Aeußeren nach mit den beiden wett eifern. Pelesch ist im Stil der deutschen Renaissance von einem Wiener Architekten erbaut. Bald nach seiner Ein weihung wurde es aber, da sich das Schloß als zu klein er- er- Jm Doch bevor wir die Hauptstadt des Bezirkes erreichten, sollten wir noch eine besondere Überraschung erleben. An den sauber ausgerichteten Weinstöcken, an den wohlgepfleg ten Aeckern erkannten wir, daß wir eins deutsche Siedlung berüyren mußten. Und richtig: Aus der Höhck eines Hügels» angrkommen, saben wir diesen Ort mit seinen großen Höfen mit weißen Häusern und roten Ziegeldächern vor uns im Sonnenschein liegen: Tekendorf. Kaum hielt das Auto, so begrüßten uns liebe Bekannte aus Hermannstadt, und ehe wir uns versahen, saßen wir an reich gedeckter Tafel ' mit den Nationalfpeisen: Speck, Schafkäse, Rettich, Zwiebel, Brot, dann nochKleditten oder Palatschinten (eine Art Plin sen) mit Urga oder Süßkäse. Wir begriffen, daß diese schwe ren Dinge unbedingt notwendig sind zur Gleichgewichtserhal tung bei der Probe des noch schwereren Gewächses, das in der Gegend gedeiht. Das alles sollte in 20 Minuten erledigt werden. Die Aufgabe wurde restlos gelöst, (indem altum Silentium, stritor Pentium, csntus et oratio gentium durch geschickte Rollenverteilung zeitlich zusammenfielen.) Die Autohupe hatte schweren Dienst. Noch ein letzter Dank und wir schieden von Tekendorf, indem wir die Hermann- stüdter, die uns die Ueberraschung bereitet hatten, Mitnah men nach Bistritz. Man hatte hier die Hoffnung bereits aufgegeben, daß wir an diesem Tage noch ankommen würden. Aber nach 10 Uhr trafen wir doch ein, nnd große Freude herrschte, obwohl Lssen nun bereits zum zweiten Mal aufgewärmt wurde. Zwar war die Stunde schon weit vorgeschritten; aber wir mußten doch noch zur 1. Begrüßung ins Gewerbehaus. Bistritz ist die nördlichste Stadt der sächsischen Siedlun gen. Von den 12 400 Einwohnern sind 5200 Deutsche, die übrigen sind Rumänen, Juden und Ungarn. Da die Stadt im breiten Bistritztale keinen natürlichen Schutz hat, war sie von Anfang an stark befestigt. Trotzdem hatte sie viel unter Kriegsnot zu leiden und wurde bereits 1241 von den Mon golen zerstört. Von der einstigen Befestigung sind nur ein Stück Mauer und der Fahbinderturm übrig geblieben. In der großen gotischen Kirche, die in der Zeit der Reformation gebaut wurde, sind die altorientalischen Teppiche und die reichverzierten Chorstühle besonders sehenswert. Der Marktplatz erinnert an der einen Seite mit den gewölbten Laubengüugen an die malerischen Städte im westlichen Deutschböhmen, die auch diese Eigentümlichkeit des Ringes aufweisen. Die Stadt mit ihren breiten Straßen erweist sich als eine Landstadt. Seit dem Kriege hat der Ort viel jüdischen Zuzug aus der Bukowina erhalten. Die Aufschrif ten der Häuser sind im Gegensatz zum Süden des Landes mit wenig Ausnahmen deutsch. Die Umgegend von Bistritz ist außerordentlich wildreich. Ueber die große Vermehrung des Schwarzwildes in diesem Jahre beklagte sich der Bauer und nach dem, was ich von maßgebenden Nimroden der Gegend gehört habe, gibt es in diesem Winter viel Wild- schweinbraten. Aber auch der Bär haust in den Wäldern der näheren und weiteren Umgebung. 1923 wurden nicht weniger als 12 Bären bei einem einzigen Trieb erlegt. Die Bistritzer Einwohnerschaft hatte regstes Interesse an unseren Vorträgen, die in dem modern ausgestatteten Obergymnasium abaebalten wurden. Am Abend des zwei ten Tages hatten sich die Sachsen im großen Saale des Gerperbehauses zur Begrüßung eingefunden. Wir gestan den nach den aufrichtigen Beweisen herzlicher Gastfreund schaft, daß unsere Erwartungen durch die Reise in das Nösener Land weit übertroffen worden sind. Wir willen, daß die Brüder und Schwestern schwer, ja außerordentlich schwer zu kämpfen haben, und es ist zu bewundern und kann nicht Höch genug eingeschätzt werden, wie all«, manche bei Einbuße all ihrer Habe, ihr. Deutschtum so hoch halten, daß keine Not ihnen dieses Gut rauben kann. wechung wurde es aber, da sich das Schloß als zu klein wies, von dem deutschen Oberbaurat Liemann bedeutend weitert und mit einer prachtvollen Terrasse versehen. T ivpenhaus steht zu lesen: „Ich König Karl hab erbaut Dem Volk, das sich mir anvertraut, Sein Königreich im Kriegsgebraus, In Friedenszeit mein eigen Haus." Auf schönen Waldwegen und gut gepflegten Straßen, wie wir sie bisher in Rumänien noch nicht gesehen hatten, wanderten wir zurück nach dem Kurort, um dann nach übli cher Rast in einem Kaffeehaus die Rückfahrt anzutreten. In Kronstadt vereinten wir uns zum letzten Mal im Ge werbehaus als Gesamtheit, da die Fahrtgenossen, deren Aufgabe erledigt war, über Bukarest und die Donau, auf wärts der Heimat zustrebten. Vie Iahet in» Nösener Laad. Die übrigen Teilnehmer aber traten die Relle nach den, nördlichen Siebenbürgen, nach dem Bistritzer (Nösener) Bezirk an. Cs Ist bei der vorhandenen Verbindung nicht so einfach, aus dem Burzenland nach der Bistritzer Gegend zu kommen» obwohl die Entfernung nur etwa 280 Kilometer beträgt. Pünktlich K6 Uhr waren wir auf dem Bahnhof, d weit draußen vor der Stadt liegt, angekommen; al» wir i :i g-g-n 6 Uhr abfuhren, meinte ein Eingeweihter, daß Sächsischer Landtag. Ale Nttnislerpräfidenlenwahl auf vier Woche« vertagt. 4 Sitzung. Dresden, den 14. Dezember. Auf der Tagesordnung der heutigen Landtagssitzung steht der Mißtrauensantrag der Kommunisten gegen die Heldt-Regierung, der Antrag der Kommunisten aus Enthaftung des Abg. Ewert, die Wahl des Ministerpräsidenten, s»w>» der Antrag der Bürgerlichen und der Altsozialdemokraten auf Gewährung einer Entschuldungs- beihilse an die Beamten und Lehrer, endlich eine Reihe von Anträ- gen der Linksparteien, Erwerbslosenfragen und ähnliches betr. Auch heute verzögert sich der Beginn der Verhandlungen bis nach 1412 Uhr, da die Fraktionen noch Besprechungen abhielten. Unter den Eingängen befindet sich ein Schreiben der Fraktion der Reichspurtei für Bolksrecht und Aufwertung, in dem gebeten wird, al» Abkürzung nicht mehr die Bezeichnung „Aufwertnngspar- tei" zu gebrauchen, sondern sie „Volksrechtspartei" zu nennen. (Un ruhe.) Die Bezeichnung „Aufwertungrpartei" umfasse einen viel zu engen Rahmen. Abg. Böttcher (Komm.) begründet sodann den Mißtrauensantrag gegen die provisorische Heldt-Regierung. Seine Partei wolle ver- hindern, daß die Heldt-Regierung mit. dem Titel einer angeblich nur geschäftsführenden Regierung als Bürgerblock in Sachsen weiterbe- stehe. Der Kuhhandel über die Regierungsbildung sei offenbar noch nicht perfekt, daher solle das Kabinett Heldt weiterregieren. Der Redner befaßt sich in langen Ausführungen mit der Reichspolitik. Es sei eine neue imperialistische Politik im Anzuge, die den Interessen des Großkapitals und der Schwerindustrie ent spreche. Böttcher sagt weiter, daß der Landtag nicht mehr dem Willen der sächsischen Arbeiterschaft entspreche und deshalb aufgelöst werden müsse. Seine Partei werde die Arbeitermassen außerpnrla- mentarisch mobilisieren. Das rote Arbeitersachsen müsse endlich durchgeführt werden. Abg. Liebmann (S P. D ) antwortete den Kommunisten in sehr temperamentvoller Weise. Der erste Mißtrauensantrag von Mücke sei schon eine Lächerlichkeit gewesen, und dieser Antrag werde nicht ernster dadurch, daß sich die Kommunisten nun mit der Wie derholung blamabel festfahren Der Ministerpräsident Heldt, der schon zwölf Mißtrauensanträge gegen sich erfahren habe, werde sich auch aus diesem neuen Antrag nichts machen. Nachdem der Redner unter großem Gelächter des Hauses von den Kommunisten noch ge- sogt hatte, daß bei ihnen die Lunge und der Kehlkopf größer seien als der Verstand, erklärte er überraschenderweise, daß seine Fraktion doch noch für den kommunistischen Antrag stimmen würde. Abg. Belhke (A. S. P. S.) erklärte, daß er an der Abstimmung nicht teilnehmen werde und wandte sich gegen die Ausführungen Liebmanns mit der sehr viel bemerkten Begründung, daß durch sol che Reden, wie sie Liebmann gegen dis A. S. P. S. gehalten habe, die Dinge zerrissen würden, die man einmal notgedrungen wieder anknüpfen müsse. Abg. Dr. Eberle (Deutschnat.) erklärte sich namens der Parteien, die sich'an der Diskussion nicht beteiligt haben, gegen den Antrag. Diese Parteien hätten keine Veranlassung, an dem Waschfest, das hier die linken Parteien untereinander zur Beschämung aller ande- ren Parteien ausführen, tetlzunehmen. Der Mißtrauensantrag wurde dann gegen 46 Stimmen abgelehnt. Die beiden National- Sozialisten stimmten mit den Kommunisten und Linkssozialisten da- Dann folgt« die Beratung de» Antrag?» der Kommunisten auf Haftentlassung des Abg. Ewert. Abg. Dr, Vlüher (Deutsche Vp.) beantragte, den Beschluß solange auszusegen, bis der Prüfungs ausschuß die Frage der Gültigkeit des Mandates des Abg. Ewert entschieden hat. Dieser Antrag wurde abgelehnt und der kommuni stische Antrag mit den Stimmen der Demokraten, der Aufwertungs- parteiler, der Nationalsozialisten, der A S P. S. und der beiden Linksparteien angenommen. . Nun sollte nach der Tagesordnung die Wahl de» Ministerpräsidenten erfolgen. Abg. Dr. Blüher (Deutsche Vp.) beantragte namens der Parteien von den Deutschnationalen bis zur A S. P. S-, die Wahl heute nicht vorzunehmen und bis zum 11. Januar 1927 auszusetzen. Abg Belhke (A. S. P. S.) machte den Vermittlungsvorschlag, die Wahl nur auf acht Tage auszusetzen und erinnerte daran, daß seine Fraktion schon erklärt habe, im Zwangsfalle evtl, mit der äußersten Rechten oder mit der äußersten Linken in-eine Regierung zu gehen. Dieser Zwangssall liege vor. wenn durch weitere Ver tagung der Parlamentarismus diskretiert werde. Abg von Mücke (Nat..-Soz.) behauptete unter allgemeinem Ge lächter des ganzen Hauses, daß heute die Entscheidung gefallen sei und daß daran die Nationalsozialisten das Hauptoerdienst hätten, worauf der Abg. Böttcher (Komm.) erklärte, daß Herr von Mücke mit seinen Aeußerungen die Karten verraten und die Katze aus dem Sack gelassen habe. Der Antrag, die Ministerpräsidentenwahl bis zum 11. Januar auszusetzen, wurde angenommen mit den Stimmen aller Parteien von den Deutschnationalen ibs zur ASPS. Abg. Bethke (ÄSPS.) stimmte mit den Linkssozialisten und Kommunisten dagegen. Hierauf folgte die Beratung des gemeinsamen Antrages der Abgg. Hofmann, Dr Blüher. Kaiser, Dr. Seyferir Wirht, Dr. von Fumettt und von Mücke auf Gewährung einer Cnlschuldungsbeihllfe an die sächsischen Beamten und Lehrer, den der Abg. Gelferl (Dt. Vp.) begründete und den Antrag auf so fortig« Schlußberatung stellte. Diesem Anträge konnte nicht statt gegeben werden, weil die Sozialdemokraten widersprachen. Namens der Regierung gab Ministerialdirektor Fritzsche eine Erklärung ob, in der u. a ausgesührt wurde, daß die sächsische Regierung vor Eingang der vorliegenden Anträge bereits Vorbe reitungen getroffen habe, um dem Landtag alsbald nach Abschluß der Landtagsoerhandlungen eine Vorlage wegen Uebertragung der Reichsmaßnahmen auf Sachsen zu unterbreiten. Sie habe schließ lich davon abgesehen, da ihr die Annahme eines von einer Mehrheit
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