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DerSWscheLrzSffer Dienstag, den 17. Oktober 1S22. 77. Jahrgang dcrge.öLcrtt^ Unabhängige Zeitung für alle Stände in Stadtund Land. DichtesteVerbreitung inallenDolksschichten Bellagen: Sonntags «Unterhaltungsblatt und Landwirtschaftlich« Beilage Geschäftsstelle Bischofswerda, Altmarkt 18. — Druck und Verlag de» Buchdruckerei Friedrich May in Bischofswerda. — Fernsprecher Nr. 22 Bischofswerdaer Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Die« Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt« Mannschaft, der Schultnspektion und des Hauptzollamts -u Bautzen, des Amtsge "chts, des Finanzamtes und des Stadtrats zu Bischofswerda. Anzeigenpreis: Die Saqpallene Grundzeit« (Zlm. Mofse 1^ oder deren Raum 1L— Mk., örtliche Anzeigen S.— Mk. Im Texd ...— Mk. die 3aeipaltene Zette. Bet Med« Holungen Nachlaß nach feststehenden Saüen. — Amtliche AnMa« GrscheftuuPSweffe: Irden Werktag abends für den folgend. Tag. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle monatlich _ ... ... Mk. 148.— bet Zustellung in, Haus monatlich Mk. ISO.—, durch Im Falle höherer Gewalt — Krieg oder sonstiger trgmd welcher teil sZlm. Most« 14) 30.— die Post bezogen monatlich Mk. 155.— mit Zustellungsgebühr. Störung des Betriebe« der Zeitung oder der Befördemngseinrich- Holungen Nachlaß nach fes Alle Postanstalten, Postboten, sowie Zeitungsausträger und . die tungen — hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder die Zgefpaltene Zeile. 24.— Geschäftsstelle des Blattes nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung des Bezugspreis«. wird keine Gewähr gelt Postscheck-Konto: Amt Dresden Nr. ILLI. Gemeinde- oerbandsgirokasse Bischofswerda Konto Nr. «4. Falle höherer Gewalt — Krtei nehmen. Die Tagung . klärte, daß sie eine Nebenregierung der Gewerkschaften in dem hier und da befürchteten Sinne einer unzulässigen Beeinflussung der Regierung nicht an» strebe, wohl über habe es sich als notwendig erwiesen, dem wie vor die mit dem Namen Stegerwald verknüpft« Idee der Volksgemeinschaft vor Augen, die auch ein Bekenntnis zur Arbeitsgemeinschaft einfchließe. Aus der sehr umfang reichen Berichterstattung über die Tätigkeit im Berichtsjahr ist als besonders bedeutsam die Ausarbeitung einer für Genua bestimmten Denkschrift über Deutschlands Finanz- und Wirtschaftslage zu erwähnen, die — in vier Sprachen übertragen — besonders im neutralen Ausland größte Be achtung gefunden und von einer Reih« von Gesandtschaften ausdrücklich verlangt warben ist. Aus den Beschlüssen der Tagung ist vor allem die For derung auf Erhöhung der Wohnungsbauabgabe bis zu einem Saß, der zur Herbeiführung einer wirklich spürbaren Entlastung auf dem Wohnungsmarkt ausreicht. Hervorzuheben. Als Vorbedingung dazu wurden Maßnah men vorgeschlagen, die eine verbilligte und ausreichende Versorgung mit Baumaterialien, insbesondere mit Holz. Ziegeln und Kalk, gewährleisten sollen. Gegenüber dem Verfall unserer Währung und der sich häufenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten sei es notwendig, als Hauptursachen klar zu erkennen: den Versailler Vertrag, die Schuldlüge und die Reparationsverpflichtungen. Als weiteres Mittel werde di« Hebung der Produktion anerkannt und verlangt. Zur Ermöglichung weiterer Kapi- talsbildung sei die beschleunigte Schaffung wertbeständiger Anlagemöglichkeiten notwendig. Die willkürliche Preispo- litik zahlreicher Kartelle und Syndikate, der Jnlandsoerkauf gegen Auslands« ähruna, desgleichen auch die vorbehalt lose Anerkennung der sogenanten Wiederbeschaffungstheorie sei abzulehnen und zu bekämpfen. Di« Lasten der Geldent wertung müßte» von allen beteiligten Schichten ruck »richt lediglich von den letzten Verbrauchern getragen werden. Zu den privaten Sachkistungsverträgen (Stinner-Lubersac u a.) stellt die Tagung fest, daß endgültige Urteile über ihren Wert mir nach politischen Gesichtspunkten erfolgen können. Wirtschaftlich bedeuten sie, selbst bei stark steigen der Produktion, Verminderung des für da« Inland verfüg baren Warenvorrates wld damit Preissteigerung und ver mehrter Noteichruck. Unbedingt zu erstreben sei das Mit« bestimmungsrecht der Arbeitnehmer in der Abwicklung sämtlicher Sachleistungsverträge. Stellung wurde weiter genommen zur Reform der Einkommensteuer, und hierzu besonders Änderung der Deranlagunaemethode verlangt. Unter Aufrechter haltung der Getreideumlage wird die ' eit einer Erhöhung des Umlagepreises in einem Ausmaß aner kannt, daß den Versorgung-berechtigten ed» merkliche Der- billigunq gegenüber dem freien Brot unbedingt aewShr. leistet ist. Zur Zuckerwirtschaft wird die Erfassung einer genüge»ch«n Meng« Derbrauchszucker durch einen Selbstverwaltungskörper unter vollberechtigter Mitwirkung der Arbeitnehmer und Verbraucher, und zur Sicherung rei bungsloser Brteilung de« erfaßten Zucker» Maßnahmen, notfalls durch Wiedereinführung der Zuck-rkarte v^'l-in-tt. In einem Vortrag von gnnchlegender Bedeutung sprach dann der Vorsitzende Step-rmald über genwärtig« Lage und die Stellung der deutschen Gewerk schaftsbewegung. Blutige ZnsanunenstStze w Berllrr. Berlin, IS. Oktober. (D. T. B.) Der Bund für Freiheit und Ordnung batte zu heute vormittag 10 Uhr seine Mitglieder nach dem Zirkus Busch zu einer «er- sammlung «tngeladen, in der bekannte Redner über Deutsch lands Not sprechen sollt«. Bereit» um 9 Uhr sammelten sich mehrere Hunderi Personen vor dem Zirkus an. die die per- sammlvnasteilaebmer durch Ledensartea «md auch tüMchaaMea. Als die Schutzpolizei«» veNeht-u zu Hilfe eilte, mucke et« Beamter am Hintmtoaf schmor verletzt, so daß er b-staaua»!»» a«ederstürzte. Tiae uffäl- Ng vockeisahrende «adfttzvatrou«e der Schutmosiz«, von 4 Mann wurde von den L«ern gerissen und aickergeschlo- gen. Vie Bäder mucken ^stöhlen, «l, weitere Verstärkun gen der Schutzpolizei heraurückten, «vor die Menne bereit, vi, auf etma 1990 Personen an gewachste Bei der Bitz mvng de» Platze» vor dem Zirkus macke tiger widerstand entgegengesetzt. Bonder B^etsführer Das Urteil im Rathenauprozetz. Leipzig, 14. Oktober. Das Urteil im Rathenomprozeß wurde nach L Ahr ver kündet. Es wurden verurteilt: Ernst Werner Techow wegen Beihilfe zum Block zu IS Jahren Zuchthaus und 19 Jahren Ehrverlust, Hans Gerd Techom wegen Beihilfe und Begünsti gung zu 4 Jahren, 1 Monat Gefängnis. Günther wegen Beihilfe in Tateinheit mit Begün stigung ,u 8 Jahren Zuchthaus und 19 Jahren Ehrverlust, v. Salomon und Niedrig wegen Beihilfe zu fe S Jahren Zuchthaus und 8 Jahren Ehrverlust, Ilsemanu unter Freisprechung von dec Anklage me gen Beihilfe und Begünstigung, wegen vergehen gegen die Verordnung über Waffenbesitz zu 2 Monaten Gefängnis. Schütt und Diestel »egen Begünstigung zu 2 Mo uaten Gefängnis, Tillessen wegen Vergehen» gegen die öffentliche Ordnung zu 3 Jahren Gefängnis plaa, wegen desselben Vergehen« zu 2 Jahren Ge fäugni». Vie Soften de» Verfahren» werde« den Verurteilten anferlegt. Frelgefprocheu werden Warnecke. Stein beck und Voß unter Auferlegung der Softe« auf die Beichskafse. Außerdem wurde auch noch auf Einziehung der Maschinenpistole erkannt. Vie Gefängnisstrafen von Schütt vnd viestel gelte« al» durch die Untersuchungshaft Vie Begründung. In der Urckstsbegrünbung heißt es unter anderem: Bel der Beurteilung der Angeklagten — die übrigens »sicht etwa, wie vielfach in der Presse angenommen wirb, nach dem Schutzgesetz, sondern nur nach dem bisherigen Straf- recht zu erfolgen hat — ist sich der Gerichtshof bewußt gewe- sen, daß hier nur bewiesene Tatsachen, nicht bloße vennn- borgen zugrunde zu legen sind. Daher ist die Annahme abaeletzat »oockeu, daß der Er mordung Bathen au, da» Komplott einer organisierten Mörderbaude zugrunde Legt, nach deren Anweisung jeder einzelne Beteiligte nach vorher übernommener Gehorsamspflicht, jeder an der ihm bestimm- ten Stelle, «handelt hat. Zwar ist die Möglichkeit vor- banden, daß eine solche Organisation, di« dst Ermordung Rachenau» betrieb, bestanden hck, bewiesen ist « je- doch bisher nicht, «uh nicht, daß der Mordplan bei Kern und Fischer «ntstmien ist und daß diese di« SetegeNheit benutzt -Len, die für schuckia befundenen Angeklagten noch uA nach in di« Sache hinemsuziehen. w kann »sicht ein ZwestS darüber bestehen, daß ein Morb oorltegt, daß di« Tötung mit voller Überlegung ausgeführt wurde und daß all« Beteilig- ten sich diese» Merkmal» bewußt waren. Bei den «tnhelnen Angeklagten ist folgende« als emsis- sm zu beachten und gmsii rbigt: »et dürften von dm Teilnehmern der Versammlung und na» den Demonstranten 26 Person« verletzt sein. Vier Beamt» haben Verletzungen erlitten, davon zwei sehr erhebliche. Bet dm Tumultszen en sind am Eingänge des Zirkus Busch mehrere Fensterscheiben und Türm zertrümmert wordeu, Den verhafteten wurden auf der wache Dolche, Totschläger Schlagringe und andere gefährliche Waffen abgenommey. Von den zwei schwer verletzten Unterwachtmeisckrn ist der eine schwer verletzt und befindet sich in Lebensgefahr. Man hatte die Beamten hinterrücks überfallen und ihn« mit ihren eigenen Seitengewehren die Verletzungen beige bracht. Zwei Versammlungsteilnehmer wurden von de» Demonstranten ins Wasser geworfen, aber vou einem Schiffer gerettet. Ein Zeitungsverkäuser, der die „Deutsche Zeitung* feilbot, wurde von der Meng« furchtbar mißhandelt und seiner Zeitungen beraubt. Nach der Ansicht der Ärzte dürft« er nicht mit dem Leben davon- kommen. Um 11 Uhr war die Versammlung zu Ende. Die Teilnehmer zogen in kleinen Trupp« davon. We Sei tenstraßen werden noch immer von zahlreichen Demonstran ten besetzt gehallen. Berlin, 15. Oktober. (W. T. B.) Di« zahlreiche« De monstranten, die »rach den Ausschreitungen vor dem Zirkus Busch noch einzelne Nebenstraßen besetzt hielten, zerstrei ten sich schließlich in den ersten Nachmittagsstunden, ohne daß es zu weiteren Zusammenstößen gekommen wäre. Einer der verletzten Demonstranten, der einen Bauchstich «halt« hatte, ist seinen Verletzungen inzwischen erlegen. Deutschlands Kapitalschwund. Obwohl die Preisentwicklung auch dem wirtschaftlichen Asien deutlich klar machen müßte, wie unzuverlässig der Maßstab unseres heutigen Geldes ist, so finden doch Klagen drohenden Übergewicht bestimmter Interessengruppen erU- und Borwürfe gegen angebliche „übermäßige Profite* der gegenzutreten und damit eine praktische Sleichberech- deutschen Wirtschaft immer wieder offene Ohren. Es ist so tigung der Arbeitnehmer herbeizuführen. Als wett gekommen, daß der praktische Wirtschaftler. Industrie-!politisches Ziel stehe dem Deutschen Gewerkschaftsbund nach eil«, Kaufmann oder Bankier, durch seine Arbeit und Pro - - - - duktion sein Betriebsvermögen fortgesetzt selbst mindert, während er durch Festlegung seiner Betriebsmittel in Devi sen, ausländischen Noten kcker Sachwerten sein Vermögen auf dem früheren Stand gehalten hätte. Wer z. D. im Juni Ls. Js. einen Posten Waren für 10000.— produzierte und für Mk. 15 000.— viermonatigem Ziel verkaufte, hat seinerzeit den Gegenwert von 30 Dollar aufgewandt und erhAt heute nur noch fünf Dollar dafür wieder. Selbst wenn es dem Fabrikanten gelingt, seine Verkaufspreise nachttäg- lich um 50 Prozent oder gar 100 Prozent zu erhöhen, so wird er damit doch nur bis höchstens V, des früher investierten Kapitals zurückerhalten. Am furchtbarsten ist natürlich der Kapitalschwund in allen den Unternehmungen, di« mit verhältnismäßig geringem Sachkapital arbeiten und vorzugsweise mit unserem entwerteten Papiergeld handeln, also bei den Banken. Wer im Frühjahr bei einer deutschen Bonk einen Kredit von «lt 100000 für 6 Monate in An spruch nahm und heute das Geld zurückzahll, hat über 80 der geliehenen Summe — natürlich auf Kosten der Bank — verdient, wenn er im Frühjahr Realwerte anschaffte oder das Geld zu einer Reihe von Handelsgeschäften benutzte. Der Kapitalschwund droht für die Zukunft der deutschen Wirtschaft viel gefährlicher zu werden, als die Stockung des inländischen und ausländischen Absatzes und selbst als die Schwierigkeiten in der Beschaffung ausländischer Rohstoffe. Was dem Produzenten an Kapitalwert davonMeßt. geht zum Teil in den Verzehr des Volkes über, zum Teil aber wird es auch von den Ausländern aufgesogen. Nun wird be kanntlich ein großer Teil der in das Volk dringenden Ver mögenswerte in fremden Valuten angelegt und dem Kapi talmarkt entzogen. Eine künstliche Mobilisierung dieser ge- sperrten Kapitalien ist so gut wie ausgeschlossen. Das ein zige wirksame Mittel ist die Verhinderung weiterer Mark entwertung und di« Wiederherstellung des Vertrauens da rauf, daß es vernünftig und vorteilhaft ist. die Ersparnisse wieder in deutschem Papiergeld hinzulegen. Wenn schon früher der Haß der Waffen gegen die „Kapitalisten*, d. h. gegen di« Besitzer der Produktionsmittel, vielfach aus un sauberen Quellen floß, so ist jetzt das Wüten gern das Kapi tal nicht nur moralisch anrüchig, sondern dazu noch sachlich töricht und sozial verderblich. Es muß einmal offen ausge sprochen werden, daß alle in die Verfügungsgewalt der Massen überführten Wertteile unter den heutigen Verhält- niffen restlos verbraucht werden, und daß nur die in den Händen wirtschaftlich Starken verbleibenden Vermögens werte dem Produktionskapital erhalten werden. Noch den Orgien des Neides und der Begehrlichkeit, die seit Johrzebn- ten in der Wirtschaft toben, wird es vielleicht einmal wieder eine Epoche gÄen, in welcher der Besitzer und Ausnutzer de« Produkttonskapitals als ein unentbehrliches Glied der Volks wirtschaft anerkannt wird. Sogar derjenige Kapitalbesitzer, der »sicht selbst mitarbeitet und nur auf den Derzehr seine« Kapitals verzichtet, ist volkswirtschaftlich berechtigt, was man auch vom moralischen Standpunkt gegen ihn einzuwenden vermöchte. Alle die Toren, die bei jedem Einschrumpfen des Kapitals triumphieren, werden sich einmal davon überzeu gen muffen, daß die Fernhaltung der Kapitalwert« vom Derzehr und ihre Bewahrung vor Einschrumpfung die Da- seinsbedingungen für alle Teile eine« Volkes bedeutet. Zusatzbestimmungen zur Devisenordnuug. Berlin. 18. Oktober. sDrahtb.) Der „Montagspost* zufolge werden demnächst Zukatzbestimmungen zur Devisen ordnung erscheinen, die ein« Reih« von Lücken ausfüllen. Namentlich wird bei der Umwandlung der Verordnung des Reichspräsidenten in ein Gesetz von der Regierung beim Reichsrat verlangt werden, daß Bestimmungen ertasten werden, die die Wirksamkeit der Vorschriften erhöhen und di« insbesondere die nachträgliche Revision der bisher ge machten Devisengeschäfte ermöglichen sollen. Tagung de» Deutschen Gewerkschastsbunde». Eine Arbeitnehmertagung von großer Bedeutung hat, wie uns geschrieben wird, vom 3. bis 5. Oktober in Halle statt gefunden. Unter dem Vorsitz des Ministerpräsidenten o D. Stegerwald war dort der große Ausschuß de« Deutschen Gewerkfchaftsbunde« zusammen««- treck» um zu einer Reih« wichtiger Fragen Stellung zu