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—r 114 Da kam ihr ein hochgewachsener Herr elastischen Schrittes Französischen zu.unterweisen, das hielt entsetz >. oft hatte sie es verwünscht, sich dazu hergegeber ein junger Leutnant in Zivil. Das mußte sie sich in diesem Augen blick gestehen, während sie sich abmühte, ein freundlicheres Ge sicht aufzusetzen, um ihn ihren Verbrich nicht merken zu lassen. Erst wenn er ziemlich nahe war, sah man die Krähen- füße um seine Augenwinkel und dje scharfen Züge vor der Zeit beginnenden Al- terns. Sein etwas, spär liches Haar wurde über den Ohren schon bedenklich grau. „Ah, guten Morgen, mein gnädigstes Fräulein! Wünsche wohl geruht zu haben!" begrüßte er sie jetzt, .seinen grauen Zylin der tief herunterreißend und sich verbeugend. „Wa- ren schon so früh aus? Wohl Besorgungen in der Stadt gemacht?" Sie errötete und ant wortete gedehnt: „Ich habe Stunden ge geben." „Klavierstunden — Ge- »tick durch die neue «iseabahnbrücke auf di« chjwig.charls-vrilcke iu «anustatt. sangstunden — Malstun- Smil Nicolai, Cannstatt, Phot. <Mit Text.) d.kN?" , „Nein, ich unterrichte drei kleine Mädchen im Französischen und Englischen." „Ach was! Und das macht Ihnen Spaß, gnädiges Fräulein?" Sie geriet noch mehr m Verlegenheit, zuckte die Achseln und erwiderte mit leisem Spott: „Sie, Herr Baron, brauchen nur zu tun, was Ihnen Spaß macht. Wir andern Sterblichen müssen auch oft tun, was uns nicht angenehm ist. Ich habe mein Examen als Lehrerin gemacht; das Unterrichten ist also mein Beruf. — übrigens scheint es mir mit Ihrem Podagra nicht schlimm zu sein. Wann werden Sie mit der Kur beginnen?'' „Am ersten Duni, mein gnädiges Fräulein. Gottlob ist es nicht schlimm nnt meinem Gebrechen, und ich darf hoffen, es bald ganz los zu sein. Eben um das zu erreichen bin ich recht zeitig zur Kur gekommen. Wenn Sie gestatten, so begleite ich Sie nach Hause. — Ha, drüben kommt Militär! Die Artillerie." Lili hörte nun ebenfalls das Singen der vorüberziehenden Mannschaften und erkannte Hauptmann Pistorius auf seinem stolzen Goldfuchs. Also die dritte Batterie — da ritt ja auch Summe. Nun tollten Bianka, Aurora und Edelgard mit lautem Hallo hinaus aus dem großen, mit Raritäten und Altertümern aufs geschmackloseste ausgestatte ten, als Schulzimmer die nenden Raum, und der Vater erschien in seinem etwas schmierigen Schlaf rock einmal wieder im Rah men der Tür. Er war ein kleiner, sehr dicker Herr mit schwammigem Gesicht, häß-' lichen, etwas schielenden grauen Augen, einer mäch tigen Glatze und einem hal- .ben Dutzend Brillantringen an den plumpen, für so ei nen Schmuck ganz und gar nicht geschaffenen Fingern. Wenn Lili ihn nur sah, dann überlief es sie schon eisigkalt, und sie hätte sich am liebsten in ein Mause loch verkrochen, denn etwas Angenehmes wußte der Herr Dachpappensabrikant und Gütermakler Konstan tin Rosenauer ihr niemals zu sagen. Er war seit drei Jahren Witwer und hatte als Repräsentantin seines Hausstandes eine furchtbar gewöhnlich aussehende ältere Schwester bei sich. , Anfänglich erlaubte er sich bisweilen wohl recht dreiste Schmei cheleien gegen die junge, bildschöne Erzieherin, bis sie sich das sehr energisch verbat; und seitdem war das ein ewiges Nörgeln und Querulieren an ihrem Unterricht. Sicher sollte das nun wieder losgehen. „Morjen, Frailin!" rief er mit seiner fettigen Stimme und einem bösen Blinzeln seiner Schielaugen. „Na, hören Se mal, mit Ihrer Unterrichtsmethode kann ick mich janz und jar nich anfremden. Von Fortschritt is nix nich zu merken. Ick habe mir det soeben mal hier hinter der Tür mitanjehört, und da is mir reine schlecht bei jeworden. Wozu jibt man seine zweihundert Daler? So kann das nich weiterjehen." Lili warf den Kopf in den Nacken, richtete sich hoch auf und erwiderte im Fortgehen nur: ,,Nein, es kann nicht so weitergehen. Wenn Sie mir beständig dremreden, so bleibe ich fort." , „Oho, es is auf ein Jahr abjemacht. Das jibt es nich! Er- Li« neue »isenbahnbriilk« in Cannstatt. Emil Nicolai, Cannstatt, Phot. (Mit Text.) folge will ich sehen! Se müssen was leisten fors Jeld, sonst brauch lck es Ihnen nicht zu zahlen, Neijahr!" rief er ihr nach. „Und das mußt du dir bieten lassen!" stöhnte Lili, als sie draußen stand. „Eine Offizierstochter soll so mit sich umgehen lassen? Ach Gott, wenn ich Mama davon erzählte! Sie kann sich die Demütigungen, die dir in diesem verhaßten Hause schon Wider jahren sind, nicht vorstellen. Fändest du doch nur etwas anderes! O, das leidige Geld!" Achim. Er mußte sie erkennen, denn seine blitzende Säbelklinge senkte sich zum Gruß. Der Baron.zog seinen Zylinder und ries lachend aus: „Etwas blaß sieht der Herr Leutnant aber doch aus nach unserer gestrigen Sitzung!" Der hörte das bei der Entfernung nicht und machte ein recht gleichgültiges Gesicht, was Lili, deren Blut aus einmal schneller pulste, nicht entgmg. Sie fing ihres Begleiters Bemerkung auf und fragte, was denn gestern los gewesen wäre. „Sie irren sich recht ausführlich Leutnant v. Ni dahl mit einem ai Aber Sie müßte, doch kennen. Sie ihn ja Donnersta uns." „Ich kenne ihn, ihn recht genau, lieber Mensch. Jk mich jedoch nicht, ja auch absolut Schlimmes dabei ein Stündchen naci ternacht sitzen zu ben." Sie sagte nicht ter, aber ihre Bei derung und ein tz der Enttäuschung mochte sie nicht gc verbergen. Das muß er Ärger getan haben, te sie bei sich. Ur spielt soll er haben denke, er hatte e gelobt, keine Karte anzurühren. Ent! treibt ihn die Ver lung zum Leich oder er hält es nur mehr für nötig, st der da gewesen alten Susanne, d hatte ? Ach, darü »nie afrikanisch hörte sie ihn mit „O Lieb, du soll dich ringen, ich w Es war ihr, al als müßte sie ihm kommen, vielleicht „Gnädiges Fr Baron ihren Ged hoffentlich gestern „O ja, danke, > Gespräch wollte k Während der i daheim und ließ