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zukehren wie das Taufhemdchen 1 . Nach Hortzschansky (op. cit. 130) pflegten manche das Hemdchen eines Knaben nach der Heimkehr von der Taufe auf eine Sense, das eines Madchen auf einen Spinnrocken zu hangen, damit er spater mit der Sense, sie mit dem Spinnrocken gut umgehen lerne. Fiir diesen Anfangszauber lassen sich aus den serbischen Taufbrauchen Parallelen bei- bringen: wahrend das Kind in der Kirche getauft wird, schnitzt die drauBen wartende Mutter (sie gilt noch als unrein!) an einem Holzchen, damit aus dem Sohnchen ein tiichtiger Meister werde, oder sie zahlt Geld, damit er ein guter Kaufmann werde; ist das Neugeborene ein Madchen, dann dreht sie ein Stabchen (=Spindel), damit es gut spinnen lerne, sticht mit der Nadel durch die Schiirze u. dgl. (Landschaft Homolje). Ahnlich heiflt es in der Nieder- lausitz, dafl die Mutter, wahrend das Kind getauft wird, zu Hause fleiflig arbeiten soll, damit das Kind fleiBig werde 2 . Nach der Taufzeremonie steckt man dem Kind den Patenbrief, os. kmotřacy list, křćeński list, křćeńska cedla, sćonk (Schleife), ns. kšćonk, pošćonk, ins Bettchen, der Miinzen verschiedener Art in ungerader Zahl ent- halt, damit es dem Kinde nie an Geld fehlen mdge. Deshalb legt man auch gern eine gefundene Miinze hinzu, denn gefundenes Geld bringt Gliick. Einem Knaben legt man gern neunerlei Getreidesamen in den Brief, damit ihm spater das Getreide gut gerate, einem Madchen Leinsamen 3 und eine einge- fadelte Nahnadel, auf daB ihm stets der Flachs gerate und es gut nahen lerne. Den Patenbrief schliefien sie nicht, sondern binden ihn blofi (daher wjazanje, Eingebinde) mit einem weiflen Zwirnfaden und einem roten Seidenfaden. Mit diesem Zwirn nahen sie das erste Hemdchen des Kindes (Ubertragungs- zauber), den roten Seidenfaden wickeln sie dem Kind um die Hand, damit es nicht beschrien werde (Abwehrzauber). Die Silbermiinze triigt das Kind spater um den Hals. In Schleife (Slepo) legt man das Patengeld gewinn- bringend an oder kauft ihm dafiir ein Kalb, einen Bienenschwarm u. a., da- mit sich das Geld fiir das Kind vermehrt 4 . Den Patenbrief soll man zu Hause iiber dem Kopf des Kindes offnen und hierbei beten, sonst kbnnte das Kind stumm bleiben. Die Mutter soll den Brief lesen, dann wird es leicht lernen. Dem Patenbrief schreibt man Segens- und Abwehrkrafte zu. Stiicke des Patenbriefes, dessen Besitzer gestorben ist, naht man als Abwehrmittel gegen bdse Einfliisse in die Kleider 5 . Die Patenbriefe waren meist deutsch, sorbische fand man sehr selten. Haufig weisen sie als Titelbild die Taufe Jesu im Jordan auf. Der eigent- liche Text enthalt ein Gliickwunschgedicht fiir den Taufling, zum Schlufi folgt die Widmung: „Seinem lieben Patenkind X, geboren ..., getauft ..., gewidmet von seinem treuen Taufzeugen ...“ DaB man wahrend der Taufe mit dem Kopf des Kindes den Talar des 1 M. Rentsch in Wuttkes Sachs. Volkskunde, 341. — 2 Łužica X (1891), 5. — 3 Auch bei den deutschen Bewohnern der Lausitz iiblich: Ruhlandt, Taschenbuch II, 104, Gdrlitz 1856. — * M. Handrik im CMS. 54 (1901), 111. — 5 Łužica X (1891), 5.