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Obwohl die Kirche keine Verbote beziiglich des Kirchenbesuchs der Wochnerinnen kennt, ist der Zwang der volkstumlichen Sitte so stark, daB sich ihm niemand zu entziehen wagt. Die Vorstellung von der Unreinheit der Wochnerin finden wir schon bei den alten Israeliten (Darstellung Jesu im Tempel 40 Tage nach der Geburt), im alten und neuen Griechenland (40 Tage), sie begegnet heute bei allen V6lkern Europas und vielen V61kern auBerhalb unseres Erdteils’. Die Taufe, os. křćeńca f., křćenje n. (dial. šćeńca, šćenje, křćiće, šćiće u. a.), ns. kšćeńe, duf’eńe 5. Ersteres geht zuriick auf ahd. Krist, »Christus«, mhd. kristen, »zum Christen machen« 2 , letzteres ist ebenso wie os. dupa, »Taufbecken«, ent- lehnt aus nd. dupen, got. daupjan, eigentlich »untertauchen«, ein Kausativum zu tief\ Nach der alten Sitte findet die Taufe am ersten Sonntag nach dei Ge- burt statt. Die christliche Taufe, die erst im 5. Jahrhundert allgemein iiblich wurde, ist an die Stelle des heidnischen Festes der Namengebung getreten, das bei den alten Griechen am 10. Tag nach der Geburt stattfand, bei den Romern am 9., wenn es sich um einen Knaben, am 8., wenn es sich um ein Miidchen handelte. Auch bei den Westgermanen erhielt das Kind nach Ablauf einer neuntagigen Frist seinen Namen. Wir wissen, daB diese Namengebung bei den Nordgermanen mit einer Weihung des Kindes durch Wasser verbunden war, was manche auf christliche Einfliisse zuriickfuhren, doch kann der Brauch mit Riicksicht auf die germanische Bezeichnung der christlichen Taufe, got. daupjan, ahd. toufan, auch einheimisch sein. VerhaltnismaBig jung ist die Patenschaft, sie wurde erst 813 auf dem Konzil zu Mainz allgemein eingefiihrt; Biirgen der Tauflinge werden allerdings schon in den ersten christlichen Jahrhunderten erwahnt 4 . Nach kirchlicher Vorschrift geniigt zwar ein Pate, doch wurde diese Zahl vielfach so stark iiberschritten, daB sich behordliche Einschriinkungen als notwendig erwiesen: so verbietet ein Gesetz vom 23. August 1723 fiir die Oberlausitz, mehr als drei Gevatter zu bitten 5 . Die Paten heifien os. ktnotr m., kmotra f., ns. kmotš m., kmotša f., aus lat. compdter; moglicher Weise ist altbulg. kbmotrb auch eine spiitere Mas- 1 Samter, GHT. 22 ff.; Biegeleisen, Matka a dziecko, 109—117; Sartori, SB. I, 28—33; Ploss, Das Kind 2 , I, 345 ff.; Bystroń, Slowiańskie obrzfdy rodzinne, Krakau 1916. — ’ Berneker, EWb. I, 634. — 3 Kluge, EWb., s. v. Taufe. — * Ploss, Das Kind’, I, 191. — 6 O. Weder, Taufgebrauche des 17. u. 18. Jahrhunderts in der Oberlausitz.