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Wer sich auf eine Reise begibt, soll mit dem rechten FuB iiber die Schwelle treten und nicht mehr umkehren, sonst hat er kein Gliick. — Der Glaube an die gliickbringende rechte Seite ist alt und weitverbreitet: Das heilige RoB des Swantowit in Arcona lieB man vor Beginn eines Krieges iiber Speere steigen. Stieg es mit dem rechten FuB dariiber, so galt das als gutes Zeichen fiir den Ausgang. Das Verbot des Umkehrens wurzelt genau so wie das des Umsehens beim Taufgang, im Hochzeits- und Leichenzug in der Geisterangst. Man sucht den Anblick der nachdrangenden Geister zu ver- meiden. Bei den alten Griechen war diese Vorstellung vollkommen lebendig: „Wenn du von Hause abreist, so kehr nicht um, denn hinter dir sind die Erinnyen“, heiBt es in einem griechischen Spruch 1 . Wer nach dem Heraustreten aus dem Hause ein junges Madchen oder einen Greis begegnet, wird Gliick haben, wahrend eine alte Frau oder eine Katze Ungliick bedeuten. Ein Hase, der iiber den Weg lauft, bedeutet Gliick, aber einer, der vorauslauft, Ungluck. Gliick steht auch dem bevor, der unter- wegs einen Maulwurf findet und dessen Vorderpf6tchen zu sich steckt 2 . Menschen, die einem den Weg kreuzen, bringen Mifierfolg. Das gilt besonders fiir Taufgange und Hochzeitsziige 3 . B. SAAT UND ERNTE Saen und Pflanzen 124. Wer im Friihjahr das erstemal grabt (als Vorbereitung des Flachs- teldes) oder pfliigt, wird mit Wasser beschiittet. Burschen beschiitten die Madchen, die Hauswirtin ihr vom Feld heimkehrendes Gesinde, damit es an- geblich das Jahr iiber gesund und fleifiig bleibe oder dafi es die Miicken nicht stechen 4 . — In Wirklichkeit handelt es sich bei diesem Brauche um einen Regenzauber, der dem Saatfeld das himmlische NaB gewahrleisten soll. Denselben Zweck hat das Beschiitten des Gesindes, das im Friihling mit der ersten Kleefuhre heimkehrt (Hochkirch). Dafi der sorbische Bauer vor Beginn des Leinsaens auf dem Felde zwei Eier ifit (Fruchtbarkeitszauber), wurde bereits oben gesagt. In der Gegend von Schopsdorf (Šepčecy) 5 werden diese mitgegebenen Eier ausgesat und erst beim Eggen aufgelesen und gegessen. In Schleife bleiben sie in der Erde 6 . Ist man im Begriffe, Lein zu saen, so mufi man den Samen recht lang in den Sack laufen lassen, weil er dann um so langer wachst. In Schleife stecken sie nach der Aussaat des Leins Erlenruten, damit auch der Flachs so hoch wachse’. Andere werfen beim Saen ein Ei hoch in die Luft und sprechen 1 Samter, GHT. 148. — 2 Schmaler, Volksl. II, 260; Veckenstedt 469. — 3 Handrik 125; Parallelen im HDA., s. v. Angang. — 4 Schulenburg, W. V., 115; Handrik im ČMS. 54 (1901), 124: Schleife (Slepo). — 6 Kirchendiener Funke, m. — 6 Handrik 122. — 7 Handrik 122. Man vergleiche hierzu das Stecken von Weidenruten beim ersten Austrieb.