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uns der Brauch aber noch in ganz einfacher Form entgegen: Schon bei der Grundsteinlegung des Hauses wird eine Birke oder Eberesche (Gouv. Vladi- mir) in die Erde gesteckt oder samt den Wurzeln eingepflanzt, beim Bau eines Viehhofs in dessen Mitte eine Tanne, welche das Vieh vor dem Ver- laufen und gegen Raubtiere schiitzen und ihm Gesundheit und Fruchtbarkeit vermitteln soll. Ist der Deckenbalken eines im Bau befindlichen Hauses ge- legt, so wird in der vorderen Ecke ein griiner Zweig aufgestellt als Symbol der Gesundheit des Hauswirts und seiner Fatnilie 1 . Dem fertigen Hause verleiht ein auf der Schwelle oder iiber der Tiir mit drei Nageln und drei Schlagen angenageltes Hufeisen Gliick und Schutz 2 . Dieser Glaube an die Gliick bringende Kraft des Hufeisens ist sekundar, er beruht auf dem weitverbreiteten Glauben an die Abwehrkraft des Eisens iiberhaupt. Wir haben oben gesehen, dafl beim Taufgang eine Axt auf der Schwelle liegt und dafl man friiher bei den Sorben eine Axt unter den aufgebahrten Toten zu legen pflegte. Axt und Besen legen die Sorben als Abwehrmittel auf die Schwelle der Stalltiir, wenn sie eine gekaufte Kuh in den Stall treiben, wenn das Vieh im Friihling zum erstenmal ausgetrieben wird und wenn eine Stute nach der Geburt eines Fohlens zum erstenmal den Stall verlaflt 3 . Schon die Antike machte von der Abwehrkraft des Eisens ausgiebigen Gebrauch. Einen eisernen Ring trug in Rom die Braut und der Triumphator, vielfach der Zauberer. Das Vieh liefl man beim ersten Austrieb iiber Eisen- gerate hinwegschreiten. Hageldamonen vertrieb man durch Emporheben blutiger Axte, nachtliche Gespenster durch Einschlagen von Nageln in die Tiir 4 . Aus der neueren Zeit lassen sich fiir diesen Glauben an die Abwehr- kraft des Eisens ungemein viele Parallelen beibringen 5 . Beim Abtragen alter Hauser werden oft sogenannte Donnerkeile (pra- historische Steinaxte) gefunden, die man als Schutzmittel gegen Blitzgefahr in den Ofen eingemauert hat. Segen und Schutz bringt ein auf dem Dache nistendes Storchenpaar, Un- gliick und Krankheiten wehrt eine an die Tiir genagelte Eule ab e . Damit der Blitz nicht einschlagt, soll man bei einem nachtlichen Gewitter ein Licht anziinden, aber kein elektrisches. „Den Fresser erschlagt der Blitz“, deshalb hort man bei einem Gewitter auf zu essen 7 . Schutz gegen Feuer und Blitz gewahren auch Haussegen an Tiiren und Wanden 8 . Die Pflanze kurjatko (Semper vivum) auf dem Dach des Hauses sichert den Bewohnern Gesundheit, Gliick und Schutz gegen Blitzschlag. Apotro- paische Bedeutung hat wohl auch der haufige Giebelschmuck: Kreuze und Tierkopfe an den gekreuzten Windlatten 9 . 1 Zelenin, R. V. 288. — 2 Schulenburg, W. V., S. 244. — 3 Łužica X (1891), 5. — 4 W. Kroll, Antiker Aberglaube, 7, 16. ■— 5 HDA., s. v. Eisen. — 6 Veckenstedt 473. — 7 Kirchendiener Funke, Konigswartha (Rakecy), m. — 8 Proben bei Tetzner, 299. ■— 9 Siehe 1. Auflage, Tafel X; Skizzen bei Tetzner, 298.